Zuhören & Anschnallen

Experimente sind dazu da, sie zu machen. Keine Ahnung wer das gesagt hat, oder ob. Aber irgendjemand wird es schon gewesen sein. Zitate sind sowieso besser, wenn sie nicht von Gandhi, Churchill oder Sokrates stammen. Wenn niemand so recht weiß, von wem der Satz stammt, umweht ihn gleich so ein „Hauch von Geheimwissen“.
Anders kann ich mir nicht erklären, warum ich in der zehnten Klasse eine Klausur mit Zitaten von Bo-Xi-Yui spicken konnte, um meine doch recht krude globalpolitische Analyse und Einbettung von Effi Briest zu begründen, aber niemand nachfragte: Wer ist eigentlich dieser Bo-Xi-Yui? Und warum sind da drei Bindestriche in seinem Namen? Ist das nur ein Name? Ein Vorname? Ist das so wie bei Moby oder Pelé?

Also: Experimente machen!
Zum Beispiel hab ich eine Woche lang nicht gelogen.
Na gut. Das stimmt so nicht. Natürlich hab ich gelogen. Geschwindelt. Übertrieben. Verallgemeinert und unterschlagen. Aber im Vergleich zu meiner sonstigen Lügen-Menge … war es ein riesiger Erfolg. Überschlagen waren es nur ca. 25 Lügen in einer Woche. Das macht weniger als 4 Lügen pro Tag! Das ist beeindruckend. Nicht wahr?
Vielleicht nicht, wenn man Spock als Maßstab nimmt. Oder Jim Carrey in „Der Dummschwätzer“, nachdem sein Sohn ihm diesen Fluch aufgedrückt hat.
Mir egal.

Über Lügen wird wahnsinnig viel geschrieben und geforscht. Weniger als vier Lügen am Tag … sind schon eine Leistung. Wenn ich denn wirklich alle gezählt habe.
Der Punkt ist der: Nach einiger Zeit merkt man … man lügt weniger, wenn man mehr zuhört. Beziehungsweise: Weniger sagt!
Zurückhaltung ist das A und O für die Wahrheit. Einfach mal nichts sagen!
Na gut. Mit der Erkenntnis schaffe ich es vielleicht nicht auf ein besticktes Sofa-Kissen, aber es hat mir (und wenn nur für eine Woche) ein ganz neues Gefühl gegeben.
Und ich danke der Person, die für dieses Experiment verantwortlich war. Und bitte: Nie wieder!

Was ich in der „Woche ohne Lügen, fast“ viel getan habe: Ich habe nachgedacht.
Kein Wunder. Während alle Kollegen am Mittagstisch quatschten, hab ich mich zurückgehalten. Warum sollte ich in eine Unterhaltung, die sich um Skateboardfahren drehte, mit einsteigen: Jede Behauptung, ich hätte Ahnung vom Thema (oder nur eine Meinung), wäre meilenweit übertrieben (bzw. gelogen) gewesen.
Ja. Wahr ist: Ich hatte zwei Skateboards. Eines war breit und klobig. Das andere schmal und aus Hartplastik. Aber wahr ist auch: Ich habe keine Ahnung warum das eine oder das andere benutzen, geschweige denn überhaupt Skateboard fahren sollte. Ich stand drei Mal drauf, bin runter gefahren und seitdem liegen die Bretter bei meinen Eltern im Keller. Wer so wild auf halsbrecherische Abenteuer im Straßenverkehr ist: Fahrräder werden immer noch gebaut, oder?

Mein Nachdenken hat mich auf einiges gebracht. Unter anderem: Die größte Lüge meines Lebens. Und die ist: Ich fühle mich alt.
Natürlich ist das nicht die größte Lüge meines Lebens. Aber eine, definitiv.
Ich fühle mich nicht alt. Ich fühle mich noch genauso wie vor zehn Jahren, eigentlich wie vor zwanzig. Ruhiger bin ich geworden. Aber in bestimmten Situationen werde ich noch genauso nervös. Sogar nervöser! Ich singe laute Gangster-Rap-Lieder mit, mache andauernd das Lichtschwert-Geräusch (z.B. wenn ich mir – unbeobachtet – am Sonntag ein Brötchen schmiere) und fühle mich absolut unwohl in allen Schuhen, die keine Turnschuhe sind!
Trotzdem denke ich: Die Gesellschaft … nein. Streichen wir das. Andere Menschen erwarten von mir, mit meinem Alter zu kokettieren. Weil sonst, hätte ich kein Recht Kapuzenpullover zu tragen. Hätte ich kein Recht T-Shirts mit Spreeshark-Aufdruck zu tragen, oder zwei Nächte in Folge Starcraft 2 zu spielen.
Natürlich ist das ein Klischee. Auch noch so eine Lüge. Als wären wir keine Klischees. Ich bin ein Klischee. Und fühl mich pudelwohl als Klischee, obwohl ich dauernd versuche so zu erscheinen, als würde ich keins sein.

Klischees sind auch Lügen. In dem Sinne, dass sie mein Leben viel einfacher machen.
Das Leben ist auch viel einfacher ohne Experimente. Wenn man ausgetretene, statt überwucherte Pfade entlang läuft. (Wow. Noch so ein schlechter Satz fürs Poesiealbum.) Ohne Experimente findet man allerdings nichts raus. (Hammer Erkenntnis! Und Marie Curie klatscht Beifall!)
Was bisher ne Lüge war: Ich bin experimentierfreudig. Ich bin offen. Ich bin ehrlich. Ich gehe den steinigen, den überwucherten Weg.
Aber das muss ja keine Lüge bleiben.

HARLEKIN POST (043) Helden

Am Ende des ersten „Stirb Langsam“-Films (1988), reißt Bösewicht Gruber John McClanes (Bruce Willis) Ex Holly mit aus dem Fenster. John kann Holly gerade noch festhalten und Gruber hängt an Hollys. McClane versucht den Griff zu lösen, doch es gelingt nicht. Dann hebt Gruber eine Pistole. Er zielt auf Holly und John. Erst in der letzten Sekunde schafft es McClane Hollys Armbanduhr zu öffnen – Gruber fällt in die Tiefe. Happy End.

John McClane (Bruce Willis) ist das Vorbild für den modernen, agilen Actionhelden. Ein Actionheld mit moralischen Vorstellungen. Wie zum Beispiel:
Man schießt erst, wenn auf einen geschossen wird.
Niemals zuerst zuschlagen, außer der andere hat eine Geisel oder eine Waffe.
Frauen und Kinder schlägt man schon mal gar nicht.
Und töten überhaupt nicht.
Hunde sind tabu, genauso wie Pferde und Katzen. Eigentlich alle Tiere.
Ein Held darf sich selbst überschätzen, im Sinne von: Einer gegen Sieben.
Und ein Held darf sich selbst zerstören, im Sinne von: Hoher Alkoholkonsum und Zigaretten.
Er darf auch mal seine Freundin versetzen, um dann verlassen zu werden und am Ende des Films alleine zu sein.
Das ist alles okay. Einzelgänger = ja. Egoist = nein.
Das Leben eines einzelnen (Helden) zählt immer weniger als das aller anderen. Er opfert sich auf.

Und genauso hab ich mein Leben angelegt. (Okay. Das mit dem „aufopfern“ hat noch nicht so geklappt, aber ich zerstöre mich selbst und ich hab noch nie einen Hund, eine Katze oder ein Pferd getötet!)
Wie dem auch sei: Ich habe nach den Regeln von John McClane und Jack Traven gelebt… erinnert sich noch jemand an Jack Traven? Nein. Ich musste den Nachnamen auch erst wieder bei IMDb nachschlagen. Jack Traven (Keanu Reeves) war der Held in „Speed“. Ja. Genau. „Speed“. Als Blockbuster-Actionfilme noch 30 Millionen kosteten und 350 Millionen einspielten, ohne dabei auszusehen wie „Fire with Fire“.
Himmel war der furchtbar. Da sieht ne Folge „Homeland“ besser aus.
(Diese Scheiß-Inflation!)

Ja. Die guten, alten Actionfilme der 90er. Eben echte Helden.
Doch dann kamen die 2000er und mit ihnen eine neue Generation. Ich nenne sie die „Crystal-Meth-Heldengeneration“. Vollkommen außer Kontrolle!

Den Umschwung – von den klassischen 90er Helden auf die neuen Helden – kann man ziemlich deutlich an zwei Filmen festmachen:
„End of Days“ (1999) und „Collateral Damage“ (2002).

Ich bin ein großer Fan von Arnold Schwarzenegger. Wirklich. Ich habe alle Filme gesehen. Und wenn ich meine: Alle, dann auch wirklich alle.
Sogar „In 80 Tagen um die Welt“, in dem er Prince Hapi spielt – und ab und an guck ich mir „Welcome to the Jungle“ an, nur weil er da am Anfang ein Cameo und einen Satz hat.
Man kann also sagen: Ich habe Arnold in mein Herz geschlossen. Besonders seit er als T-800 im zweiten „Terminator“ die Aufforderung des jungen John Connors ernst nahm und WIRKLICH KEINEN MENSCHEN TÖTETE. In der großartige Szene, in der der T-800 im ersten oder zweiten Stock des halb zerstörten Cyberdyne-Gebäudes steht, sich die Mini-Gun greift und sämtliche umstehenden Polizeifahrzeuge vernichtet, ohne dabei einen einzigen Polizisten zu töten. Großartig. Ein echter Held – und der war nicht mal ein Mensch. Aber das war 1991.

1999 spielt Arnold dann seinen bis dato dunkelsten Helden in „End of Days“. Jericho Cane trinkt (Selbstzerstörung), hat seinen Familie verloren (Einzelgänger) und tritt u.a. mit einem Raketenwerfer gegen den Teufel an (Selbstüberschätzung). Herrlich. (Also das mit dem Raketenwerfer, nicht die Sache mit der Familie!)
Ich will eigentlich nichts verraten, aber: Entweder hat man den Film schon gesehen, oder man wird ihn nie sehen, weil man irgendwelche verqueren Ansprüche an Geschmack und Inhalt hat! Also: Am Ende des Films schmeißt sich Jericho in ein Schwert. Damit widersteht er dem Teufel und verhindert dass sein Körper missbraucht und eine junge Frau von ihm getötet wird. Selbstaufopferung samt Selbstzerstörung. Ein echter Held. Kein Happy, aber ein gutes Ende.

2002 spielt Arnold dann einen Feuerwehrmann in „Collateral Damage“. Der Feuerwehrmann verliert auch seine Familie.
Und wer hier denkt: Gleiches Muster. Langweilig. Falsch gedacht! Diesmal sterben Frau und Kind durch einen Terror-Angriff. Nicht so wie in „End of Days“, wo Frau und Kind durch Auftragsmörder sterben. Nein, nein. Niemand hat hier einfach Copy&Paste betrieben, und die erst Hälfte des vorherigen Drehbuchs einfach kopiert.
Nein, nein. Zwei vollkommen unterschiedliche Storys!
Jedenfalls: Der Feuerwehrmann Brewer (geiler Name!) ballert und kämpft sich durch Kolumbien und bis nach Washington D.C. Nur um am Ende einen Mann mit einer Axt zu zerteilen und eine Frau in eine offene Starkstromleitung zu werfen. Tada!
Am Ende wird er dafür sogar ausgezeichnet. – Happy „fucking“ End! Frau und Kind tod, aber dafür andere Frau umgebracht. Rache ist super!

Was ist da in zwei Jahren passiert? Von Aufopferung zu „Alle sterben, außer ich“.
Wie kommt so etwas?
Die einfach Antwort ist: Der elfte September.

So schlimm der Angriff und die Zerstörung des World Trade Centers waren, so nachhaltig haben sie Amerika verändert.
Auf einmal war es Auge um Auge & Zahn um Zahn. Die „Bitch“ musste sterben.
(Gut. Frauen hatte Arnold Schwarzenegger vorher auch schon getötet: Sharon Stone (als falsche Ehefrau Lori in „Total Recall“) starb z.B. 1990 durch Quaid (Schwarzenegger) auf dem Mars. Aber die war auch echt giftig. Und es ging immerhin um die Zukunft aller Mutanten. Um Mutanten-Kinder und Menschlichkeit und so. Also um Minderheitenschutz. Da kann man Sharon Stone schon in die Tiefe stürzen.)

Doch nicht nur Arnold Schwarzenegger war von der Gewaltwelle betroffen. Nach 2001 wurden die Helden in amerikanischen Actionfilmen gewaltbereiter, gerade wenn es gegen Terroristen ging.
Wunderbar sieht man den Übergang von der alten zur neuen „political correctness“ in der „Stirb Langsam“ Reihe. 2007 prügelte sich Bruce Willis im vierten Teil mit einer Asiatin, tötete sie und berichtet dann – geschmacksbefreit – am Telefon dem Ober-Bösewicht ganz genüsslich vom Ableben der (Zitat) „Schlampe“.
War ja auch total vertretbar. Immerhin: Die „Schlampe“ hat Amerika bedroht.

Den Vogel hat jetzt Gerard Butler abgeschossen. In „Olympus has fallen“ überwältigt er zwei Terroristen, fesselt sie an Stühle und befragt sie dann. Obwohl „befragen“ ein echter Euphemismus ist. Als sie nicht antworten, rammt er einem seiner Gefangenen ein Messer durch den Hals in den Kopf.
Ja. Ernsthaft. Durch den Hals in den Kopf. Einem gefesselten und geknebelten Mann!
(Nicht mal Jack Bauer würde so etwas tun, und was Helden angeht war der bisher einer der Kaputtesten.)
Ich hätte beinahe mein salziges Popcorn wieder ausgekotzt. Hinterher rammt Butler dann das gleiche Messer dem anderen Gefangenen ins Bein. Danach wird schnell weggeschnitten, was uns vor weiterer Film-Folter bewahrt. Wow. Vielen Dank.

Aber was erwarte ich: Ein Land jubelt und feiert den offiziell angeordneten Mord an einem Terroristen in echt, warum sollte es sich über den Tod eines Film-Terroristen aufregen.
Dirty Harry fragte einst einen angeschossen Mann, der unbewaffnet am Boden lag und nach einer Schrotflinte greifen wollte: „Do you feel lucky, Punk.“
Damals galt das als unmoralisch. Dirty Harry wurde als Anti-Held betitelt, als moralisch fragwürdig.
Gerard Butler würde einem unbewaffneten Mann, der nach einer Schrotflinte greift, wahrscheinlich direkt zwischen die Augen schießen. Und hierher sagt niemand: „Oh Gott, wie konnte er.“ sondern „Gut so!“

Die zweite, viel kompliziertere Antwort auf die Frage, warum amerikanische Actionhelden so viel unbarmherziger geworden sind, lautet:
Sie sind gar nicht unbarmherziger geworden. Wir sind es.
Wir sind Unbarmherzigkeit und Gewalt mittlerweile gewohnt.

Das ist keine grundsätzlich kulturpessimistische Aussage, sondern einfach zu erklären: Durch tausende von digitalen Fernsehkanälen, zehn hoch tausend Webseiten im Netz, durch 24 Stunden Nachrichten aus aller Welt und einem ständig größer werdenden Angebot an Entertainment. Durch all das Unterhaltungs- und Ablenkungsangebot wird diese Unterhaltung nicht nur mehr, sie wird breiter.
Die Randgebiete müssen dauernd neu ausgelotet werden, sonst lässt sich die „dreckigste Komödie aller Zeiten“ oder der „brutalste Horrorfilm aller Zeiten“ nicht mehr vermarkten. Unterhaltung ist es eben nur noch, wenn es neu ist. Und neu ist, was anders ist.
So wird in der Breite verschoben. Und so werden bei „Wetten dass..?“ eben nicht mehr „Automodelle am Geschmack der Fußmatten“ erkannt, sondern es wird mit Sprungfeder-Schuhen über Kleinwagen gesprungen.
Und diesem Entertainment-Anspruch muss sich natürlich auch der Action-Held anpassen. Er wird größer (siehe die Schwemme an Superheldenfilmen) und brutaler.

Das klingt natürlich alles sehr pessimistisch. Ist es aber nicht.
Der große Wandel der Actionhelden vollzog sich vor etwas mehr als zehn Jahren. Die Zeit für einen weiteren Wandel scheint gekommen.
Und auch wenn Superman in „Man of Steel“ einfach mal eine komplette Stadt (samt Bewohner) zerstört, nur weil er mehr Bock auf Kämpfen als auf Retten hat, ist diese Heldenfigur noch nicht verloren. Oder wenn bei „Fast & Furious 6“, ohne Kommentar, mit einem Panzer über Kleinwagen gebrettert wird, ohne auf Fahrer oder Beifahrer zu achten: Kein Grund nicht auf Teil 7 der Reihe zu hoffen.

In „World War Z“ spielt Brad Pitt seine erste Blockbuster-Franchise-Hauptrolle. Seine erste ECHTE Action-Helden-Rolle (mal abgesehen von Achill in „Troja“ – Aber das war ja … ach. Das war garnichts!).
Pitt spielt den fürsorglichen Familienvater, schießt erst wenn auf ihn geschossen wird und tut alles um eine einzelne Soldatin zu retten. „World War Z“ hat weltweit fast eine halbe Milliarde eingespielt (und damit auch knapp die enormen Produktionskosten). Der scheinbar „sanfte“ Held Brad Pitt kommt gut an.

2015 soll der nächste „Stirb Langsam“-Film rauskommen. „Die Hardest“ soll die nächste Bruce-Willis-Actionnummer heißen. Vielleicht heißt es dann ja mal wieder: John McClane kommt nach Los Angeles. Vielleicht sucht er wieder Kontakt zu seiner Ex-Frau Holly. Vielleicht gerät er dann mal wieder mitten in einen ausgeklügelten Coup. Vielleicht hängt am Ende Holly wieder aus einem Fenster. Und vielleicht löst John die Situation stilecht mit dem Öffnen einer Armbanduhr.
Wie bei allen meinen Helden aus den 90ern: Die Hoffnung stirbt nie.

HARLEKIN POST (042) Volkssport

Ich bin seit jeher skeptisch gegenüber Massenbewegungen. Da bin ich sehr undeutsch.
Ich war einmal auf der Love-Parade, einmal auf dem CSD und einmal am FKK-Strand. Dort hab ich überall mehr gesehen als ich wollte und fühlte mich weniger akzeptiert als ich wohl sollte.
Ich gehe regelmäßig in Fußballstadien, dort schüttel ich jedes mal den Kopf über Fanblocks. Ich verabscheue Betrüger genauso wie jeder andere, hab am Ende aber trotzdem zu Guttenberg gehalten. Ich mag Underdogs und Loser.
Deswegen bin ich auch tierisch inkonsequent: Ich war auf Demos für mehr Lehrer und weniger Atomkraft. Bei Länderspielen schrei ich den Fernseher an und freu mich über Blutgrätschen gegen Cristiano Ronaldo. Ich wähle ein Volkspartei und trage die meistverkauften Sportschuhe der Welt. Ich hab alle „Fast & Furious“-Teile gesehen, mehrmals. Und den ersten Transformers-Film kann ich mitsprechen.
Ich bin die Masse. Und ich bin nicht die Masse.
Letzteres besonders wenn es ums Fernsehen, Filme und Videos geht.

Im letzten halben Jahr, wahrscheinlich im letzten halben Jahrzehnt oder gar im letzten halben Jahrhundert, haben sich die deutschen Kritiker des Fernsehens und des Kinos hinter einer Front vereinigt:
Alles wird schlechter. Fernsehen sucks! Und: In Deutschland besonders.
Eine Vielzahl an Kritiken, Blogs und Zeitungsartikeln überschwemmen mit immer der gleichen, weichgespülten Botschaft die Kanäle und verstopfen mir Augen und Ohren.
Aber jetzt ist Schluss!
Mit der Schärfe einer Kultur-Pessimisten-SS und der Eindringlichkeit einer Beleidigten-Gestapo. Die Masse der Kritiker-Nazis schlagen um sich. So sehr: Mittlerweile gibt niemand den ich kenne mehr zu: Ich gucke Fernsehen.
Besonders Leute die Fernsehen machen, sagen: „Nee. Ich guck kein Fernsehen. Und wenn, dann nur 3Sat und Arte.“
Das ist so wie die Szene aus „Mein Führer“, in der sich Hitler den jüdischen Schauspiel-Lehrer Grünbaum bringen lässt, weil der ja ein „Talent“ hat.
Dieser Jude ist gut, den Rest: Weg damit!
Oh. Die Nazi-Fernsehen-Vergleiche gehen zu weit? Fuck you, ihr political-correct-Heuchler. Ihr applaudiert, wenn bei „Braking Bad“ ein Lehrer Crystal Meth – die zerstörerische Droge aller Zeiten – vertickt, aber mit Nazis darf euch niemand vergleichen. Scheiße. An der ein oder anderen Stelle unseres Lebens sind wir alle Nazis.
Das Fernsehen zu hassen ist Volkssport in diesem Land. Und Volkssport betreiben wir gerne.

Natürlich sind Programme wie „Familien im Brennpunkt“ oder „Berlin Tag & Nacht“ furchtbar. Aber wer einmal „The Real Housewives of Beverly Hills“ gesehen hat, der sieht die faustische Genialität der neuen Folgen „Germanys Next Topmodel“.
Was der präsenten und der sonstigen deutschen Fernsehkritik fehlt sind … Eier!
Genau. Richtig melonengroße, haarige Eier. Mut. Chuzpe.
Jeder Artikel über die deutsche Fernsehlandschaft beginnt und endet mit Entrüstung. Alles ist sooo schlecht. „Nee. Also dafür will ich meine Rundfunkgebühren nicht ausgegeben sehen.“
Dabei gibt es viele großartige Sendungen, Filme und Videos (auch im Netz). Aber über die wird nur in Nebensätzen geschrieben, während im Hauptsatz gestöhnt wird.
Über den grandiosen Versuch einer obskuren Comedy-Serie, den das ZDF mit „Lerchenberg“ gestartet hat, wurde immer nur im Zusammenhang mit dem „so furchtbaren Sendeplatz“ geschrieben. (Wenn überhaupt mal geschrieben wurde.) Die beeindruckend-unterhaltsame Talkshow „Roche & Böhmermann“ hat man nicht unterstützt, sondern erst beachtet, als sie schon abgesetzt war. Die Kritiken beschäftigten sich mehr mit Günther Jauch und „wie schlecht wieder alles war“. Oder das „Wetten dass..?“ mit Lanz nicht funktioniert. (Ist doch klar! Es ist Markus Lanz! Da kann man genauso gut fragen: Warum schmeckt Styropor so trocken?)
Dabei laufen dutzende Formate (z.B. die heute Show & Extra-3) die auch ein großes Publikum ansprechen und nicht an Bissigkeit verloren haben.
Und dann beschweren sich immer alle Kritiker über das deutsche Kino.
„Oh Boy“ haben sie auch immer nur im Kontext von: „Warum sind nicht alle deutschen Filme so?“ Weil nicht alle fucking, deutschen Filme ein Schwarz-Weiß-„Manhattan“-Aufguss sein können. Verdammte Zucht!
Sicherlich: „Schutzengel“, „Kokowäh 1 bis 11“ und „Der Baader-Meinhof-Komplex“ waren Grütze. Aber als Dani Levy mit „Mein Führer“ eine der besten Komödien aller Zeiten drehte, fragten die Kritiker nur: Darf man das? Uh. Hitler. Der darf doch als Mensch nicht lustig sein. Pfui!
Aber dann aufstehen und Bruno „talentlos “ Gans als Hitler-Abklatsch zujubeln. Da war ja Harald Schmidt als Hitler glaubwürdiger und weniger Klischee.

Der Fernseh- und Medienkritiker Thorsten Dewi hat jetzt einen Abschiedsbrief ans Fernsehen geschrieben. Ans deutsche Fernsehen natürlich. (Weil das französische Fernsehen sooo geil ist. Da mal versucht eine ordentliche Nachrichtensendung, oder eine Show zu finden? – Ist auch nicht alles ARTE im Land von Alexandre Dumas! Musketiere am Arsch.)
In dem Brief also, macht Dewi mit dem deutschen Fernsehen Schluss. Vielen Dank auch. Tolles Bild. Wirklich. Diese formvollendete Sprachgewandtheit – hinreißend.
Thorsten will jetzt mehr mit „on-demand“ machen. Das ist so, als würde man nach einer langen Beziehung mit einem Flugzeugträger, auf ein Ruderboot umsteigen.
Äpfel & Birnen, mein Lieber.

Ich sehe das eher so: Fernsehsendungen sind wie Frauen. Nur weil mal eine dabei war, die scheiße war, mir das Herz gebrochen hat, mich betrogen und belogen hat, schrei ich doch nicht gleich in die Welt: Nie wieder Frauen!
Erstens: Das glaubt sowieso niemand. Und zweitens: Deswegen gibt es doch so viele Frauen (beziehungsweise Fernsehsendungen!). Damit man sich ausprobieren kann (z.B. mit Olli Dietrichs „Frühstücksfernsehen“ … ist ne nette Flirt-Beziehung. Nicht zu ernst … eher casual) … dann die Hörner abstoßen … (mit den MILFs „Maybrit Illner“ und Sandra „Maischberger“ … bis man merkt: Vielleicht sind die zu alt … oder ich noch zu jung, wenn auch nur gefühlt) … dann probiert man vielleicht mal ne dauerhafte Beziehung … (mit „Türkisch für Anfänger“ oder „KDD“) … allerdings werden die dann auch abgesetzt. Und schließlich landet man bei der Richtigen. Die richtige Beziehung, die große Liebe … vielleicht ganz nah … dort wo man sie nicht vermutet hätte. Vielleicht schon immer da gewesen.
Ich habe einen Kumpel der ist seit Jahrzehnten der „Lindenstraße“ treu. Kehrt jeden Sonntag zu ihr zurück. Am Samstag schläft er mit der „Sportschau“ und gelegentlich am Sonntagabend mit dem „Tatort“. Immerhin: Polygamie ist mit Fernsehsendungen möglich. Man muss nur wissen: Wann hol ich mir was und wo!
Mal bin ich Masse. Mal eben nicht.

HARLEKIN POST (041) Zehn Gründe …

Der neue Star Trek Film „Into Darkness“ ist mittlerweile die zwölfte Installation der Reihe. Allerdings ist es der erste Film, der ein direktes Remake einer der elf vorherigen Filme ist.
Zeit Star Trek 2 mit Star Trek 12 zu vergleichen. Beziehungsweise in kulturpessimistischer Art und Weise dieses Blogs zehn Gründe zu finden, warum Star Trek 2 „Wrath of Khan“ besser ist als Star Trek 12 „Into Darkness“.
Aber der Reihe nach:

Erster Grund: Die Geschichte

Keine Ahnung was die drei Autoren Kurtzman, Orci und Lindelof geraucht haben, aber entweder sie wechseln den Dealer oder reduzieren die Dosis. Im Rausch (den man schon mal kriegen kann, wenn einen jemand anruft und sagt: Du schreibst den neuen Star Trek Film!) haben sie vergessen das Original von 1982 zu gucken. Hätten sie das getan: Sie hätten die Hände von einem Remake gelassen.
„Der Zorn des Khan“ hat eine geradezu spielerische Einfachheit in der Zusammenführung aller Charaktere und Geschichten. Es gibt einen Bösewicht (Khan) der seine Motivation, Kirk zu töten, wunderbar aus fast 15 Jahren herleiten kann, die seit dem Ende der Original-Serie vergangen sind. Seit damals schmort Khan in der Isolation und wird nun – durch Chekov, der sich – anders als die Figuren in Star Trek 12 – tatsächlich fortentwickelt hat – wieder frei gesetzt. Dazu kommt eine der besten Raumschlachten der Science-Fiction-Geschichte, ein Vater-Sohn-Komplex (mühelos und nicht sperrig in die Handlung eingebaut) und der finale Tod von Spock (Ups. Spoiler!). Ja! Und – obwohl es eine kleine Szene mit Hoffnung gibt („Das alles, vergiss bitte nie.“) – am Ende von Star Trek 2 ist Spock wirklich tot. Nicht so wie Kirk in 12 stirbt, nur um drei Minuten später wieder aufgeweckt zu werden. (Haha. Nichts passiert. Ätsch!) Man kann eben seine Zuschauer fordern (und die Geschichte einer Freundschaft, in Star Trek 3, anbahnen) – oder verarschen.

Zweiter Grund: Die Optik

Okay. Star Trek 11, also der erste Star Trek nach dem Reboot (und der Abram-isierung des Franchise), war optisch wirklich ein Genuss. Neue Effekte, neue Leichtigkeit in der Inszenierung, neue Kragenweite der Action. Einfach ein Star Trek Film für 2009. (So einen Star Trek Film haben wir gebraucht, nach Jahren der Jonathan Frakes Syfy-MoW-Optik.) Und jetzt haben wir 2013: Und auf ein mal … leuchtet alles zu doll. Die Brücke der Enterprise sieht aus wie ein Apple-Store (nicht meine Worte) und mit Lense-Flare-Effekten holt man auch niemanden mehr aus der Reserve. Dagegen war Star Trek 2 von 1982 ein solider Science-Fiction-Film. Alles sah irgendwie gebraucht aus, abgewetzte Raumschiffe, abgewetzte Kulissen, gleichzeitig niemals altbacken fotografiert. Er konnte sich mit Filmen wie Outland und Aliens messen. Gleichzeitig war die Darstellung immer erhaben und dem Alter der Schauspieler angemessen. Der erste „echte“ Unterhaltungsfilm, nachdem damals Star Trek den Sprung auf den Silver-Screen versucht hatte.

Dritter Grund: Die Uniformen / die Kostüme

„What the Fuck?“ möchte man sagen: Wie kam J.J. Abrams dazu diese bescheuerten Badeanzüge im neuen Star Trek Film abzunicken. Glaubt der denn wirklich er sei der Gott der Coolness und alles geht? Und dann die Uniformen: Danke für den Retro-Look, aber irgendwann ist ja mal Schluss. Alle Hemden sehen aus wie eingelaufen.
Deswegen trugen die Helden in Star Trek 2 auch Zweiteiler und auch alle in Rot. Selbst Ricardo Montalban, der Khan von einst, ist in seiner zu weit ausgeschnittenen Sibirien-Kutte viel besser zu ertragen, als „Robocop“-Peter-Weller in seinem 2013-Schlafanzug.

Vierter Grund: Die Zitierbarkeit

„Der Zorn des Khan“ gab uns das erste Mal den „Kobayashi Maru“-Test. Den Abrams dann in Star Trek 11 so schön kopiert hat. Außerdem zitiert Khan in Star Trek 2 das legendäre, klingonische Sprichwort: „Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert.“
Keine Ahnung woher Khan, der niemals einen Klingonen getroffen hat, klingonische Sprichwörter kannte. Aber selbst Quentin Tarantino fand den Spruch so geil und setzte ihn als Motto vor Kill Bill.
Einzig zitierbar von „Into Darkness“ war … war … wa — keine Ahnung. Mir fällt nichts ein. Selbst die Sprüche im Trailer waren mies.

Fünfter Grund: William Shatner

So sehr sich Chris Pine auch anstrengt, aber er ist einfach nicht mit William Shatner zu vergleichen. Aber wer mag ihm das vorwerfen: Es ist Wiliam „Tiberius“ Shatner. Krik spielt Shatner und Shatner spielt Kirk. So wie Al Pacino Michael Corleone und Ian McKellen Gandalf ist.

Sechster Grund: Leonard Nimoy

Siehe Fünfter Grund, tausche Chris Pine gegen Zachary Quinto und William Shatner gegen Leonard Nimoy und ergänze:
Zachary Quinto spielt in seinem zweiten Star Trek Film Spock noch etwas schlechter als in seinem ersten Star Trek. Eigentlich ist er kein schlechter Schauspieler, aber irgendwie geht ihm was abhanden. Oder ist es die Beziehung zu Uhura, die Spock jetzt zu menschlich macht?
Außerdem: Wenn man sich als Spock aus Dimension 2 Rat vom alten Spock aus Dimension 1 holen muss … uah. (Aber das kann man Quinto nicht vorhalten, dafür sind wieder Kurtzman, Orci und Lindelof verantwortlich. Sollten die auch Star Wars schreiben … puh. Bloß nicht dran denken.)

Siebter Grund: Je Oller desto doller!

Einem alten Kirk, der mit seiner eigenen Sterblichkeit und dem nahendem Rentenalter kämpft, nimmt man die Entscheidungen und die Cleverness in Star Trek 2 einfach ab. Er hat eben schon drei Staffeln und einen Kinofilm, plus diverse Comic-Episoden hinter sich. Aber einem jungen Kirk … der eigentlich noch grün hinter den Ohren ist: Warum sollte der gegen Khan gewinnen? Warum sollte er überhaupt so einen Hass und so eine Energie aufbauen, wie es Chris Pine in Star Trek 12 spielt? Es macht keinen Sinn. (Erneut: Minuspunkte verdankt dieser Film direkt Kurtzman, Orci und Lindelof. Warum braucht es bei diesem Film eigentlich drei Idioten um ein Drehbuch zu versauen? Aaron Sorkin schafft alleine gute Drehbücher zu schreiben (siehe: The Social Network) und im 3er-Team auch (siehe: Moneyball). Sind Orci, Lindelof und Kurtzman so viel schlechter? Ja!
Ah. Super Idee: Sorkin schreibt Star Wars 7. Dann hört sich ein Gespräch von Leia und Han ungefähr so an:
(Um den richtigen Effekt zu bekommen, bitte sehr hektisch und schnell lesen, dabei sich die beiden Figuren in einem komplizierten Labyrinth aus Gängen, laufend vorstellen.)
Leia: Han? Hast Du das Geschenk besorgt?
Han: Welches Geschenk?
Leia: Das Geschenk zum Geburtstag meines Bruders.
Han: Oh. Das war heute?
Leia: Du bist unmöglich.
Han: Jetzt tu mal nicht so. Vor Endor wusstest Du nicht mal das Luke Dein Bruder ist.
Leia: Wir stehen uns aber seitdem sehr nah.
Han: (leise) Kein Wunder, bei dem Vater.
Leia: Was?
Han: Nichts. Aber ich kenne haufenweise Familientherapeuten …
Leia: Erzähl Du mir nichts über Therapie. Diese komische Herr-Sklaven-Beziehung, die Du mit diesem Pelz-Vieh hast … dafür bräuchte man eine Armee von – – –

Ja. Ja. Übrigens wirken die „Kinder“ auf der Brücke der neuen Enterprise manchmal wie Twilight mit Außerirdischen. Beziehungsweise: Ohne Außerirdische. Ist nur noch ein Haufen Kids … und die gucken irgendwie komisch. Ich vermisse Weisheit.

Achter Grund: Das Budget und das Einspielergebnis

Normalerweise finde ich ja das Einspielergebnisse, besonders vom ersten Wochenende, nichts über Filme aussagen. Aber wenn sie meine Argumente untermauern: What the hell.
Star Trek 12 kostete 190 Millionen Dollar und spielte am ersten Wochenende 70 Millionen ein. Das sind weniger als 40%. Er wird die 180 Millionen natürlich noch erreichen, mit internationalen Ergebnissen und DVD-Verkäufen und so weiter.
ABER: Star Trek 2 kostete 11 Millionen und spielte alleine am ersten Wochenende nur in Nordamerika 14 Millionen ein.
Die Fortsetzung einer abgesetzten TV-Serie, deren Vorgänger-Film so verdaulich war wie 2001… und trotzdem: Ruckzuck das Geld eingespielt. Das muss dem Regisseur Nicholas Meyer mal einer nachmachen!

(Kurze Frage an mich selbst: Warum hab ich gerade Nordamerika, statt nur Amerika geschrieben?)

Neunter Grund: Echte Star Trek Momente

In „Into Darkness“ gibt es ein Haufen Anspielungen auf Star Trek-Momente aus den vergangenen 11 Filmen. Ein Tribbel taucht auf, Spock schreit „Khan“ (wie es einst William Shatner), die oberste Direktive wird angesprochen … aber keiner dieser Momente zieht auch nur im Geringsten. Es sind eine Anhäufung von leeren Story-Elementen (Lindelof!!!), unausgereift präsentiert und meistens schlecht gespielt. In Star Trek 2 gab es hingegen eine junge, noch frische Crew. Alte Hasen die sie ausbilden, eine aufmüpfige Vulkanierin, die Selbstzerstörungssequenz wurde aktiviert … Es gab Star Trek Momente, ohne irgendetwas billig zu zitieren. Gleichzeitig schloss der Film (mit der Figur Khan) leichtfüßig an die Serie an.

Zehnter Grund: Richardo Montalban

Okay. Hier ist es fast ein Unentschieden. Montalban gegen Cumberbatch. Nur meine nostalgische Art lässt mich zurückfallen: Der alte Khan war besser als der neue Khan. Benedict Cumberbatch versucht sich tapfer als großer Bösewicht, als Gegenspieler (aber auch hier machen ihm die Drehbuchautoren einen Strich durch die Rechnung: Warum rettet er Kirk und dann will er ihn wieder töten? Warum dieses hin und her und warum diese bescheuerte Sequenz am Anfang, mit dem todkranken Kind? Findet der beste Krieger und Attentäter keinen anderen Weg in eine gesicherte Anlage? Und wenn damit die tiefe der Figur gezeigt werden sollte, warum sagt er später: Alle minderwertigen Menschen müssen sterben? Das ist nicht charaktertief, sondern inkonsistent!) Der mexikanische Gentleman Richardo Montalban, auch bekannt aus „Fantasy Island“, war als Khan einfach mehr. Er spielte die behauptete, gentlemanhafte Überlegenheit und den Fanatismus irgendwie immer mit. Und genau das fällt Benedict Cumberbatch in all dem Khan-kämpft CGI-Gewimmel gar nicht leicht. Na ja. Sagen wir: Montalban gewinnt 4 zu 3. So wie Bayern. Nicht verdient, aber nach Punkten.

So. Zehn Gründe für den alten Star Trek „Khan“-Film. Einräumen muss ich hier noch: Es gibt natürlich auch Gründe für den neuen Star Trek:
Alice Eve, Simon Pegg, tolle Effekte, John Cho, Zoe Saldana und natürlich die Tatsache das es ein fucking neuer Star Trek Film ist. Irgendwie muss man den einfach gucken und auch seine Schwächen verzeihen. (So wie man es auch mit dem furchtbarsten aller Star Trek Filme getan hat: Star Trek Nemesis. Immerhin wurde danach der Fan belohnt: Star Trek 11 kam!)
Dazu fällt mir eine Szene aus Star Trek 2 ein. Kirk liest aus „Die Geschichte zweier Städte“ das Zitat vor: „Es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmste aller Zeiten.“
Spock antwortet: „Sicherlich mit die beste aller Zeiten.“ Irgendwann wird er wieder recht haben.

HARLEKIN POST (040b) More Super-Villains

The Daily Show with Jon Stewart Mon – Thurs 11p / 10c
Tax Men – Apple
www.thedailyshow.com
Daily Show Full Episodes Indecision Political Humor The Daily Show on Facebook
The Daily Show with Jon Stewart Mon – Thurs 11p / 10c
The Princess and the P.R.
www.thedailyshow.com
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HARLEKIN POST (040) The World Needs Supermen

Momentan läuft „Iron Man 3“ im Kino. Bald kommt „Man of Steel“ raus und irgendwann dann auch der neue „X-Men“-Film. Superheldengeschichten häufen sich. Und jeder Superheld hat seinen Superschurken. Eine Nemesis, einen Gegenspieler.
Im aktuellen Iron Man ist es der Mandarin. Was sich wie eine Fanta-Sorte anhört ist tatsächlich ein Terrorist und einer der klassischen Marvel-Superbösewichte.
Ich möchte eine kleine Geschichte eines anderen Superbösewichts erzählen. Vielleicht nicht so bekannt wie der Mandarin, aber er steht ihm im „Bösewichtsein“ in nichts nach.
Das Licht im Kino wird gedimmt. Der Vorhang öffnet sich und der Projektor startet:
Die Weltkugel rollt ins Bild – das Orchester spielt auf – Universal Pictures. Kurz Schwarz, dann die erste Szene:
Auf einer Farm in Nordamerika (wir könnten hier auch Hochebene in Indien, in Südamerika oder in Mecklenburg-Vorpommern (wo es weniger Hochebenen, dafür aber mehr Tieflandschaften gibt) sagen). Der Farmer steht an einem sonnigen Morgen am Traktor und will gerade raus aufs Feld. Er muss sich um die Ernte kümmern. Die Tage werden schon wieder kürzer.
Da fährt ein grauer Mittelklassewagen auf sein Grundstück. Eindeutig ein Mietwagen. Wo kommen die Leute her? – Zwei Männer steigen aus. Schwarze Anzüge. Sie fragen den Farmer ob er der Eigentümer sei. Er nickt. Dann weisen sie sich als private Ermittler aus. „Ermittler für wen?“ Keine Antwort. Stattdessen: „Sie haben doch nichts dagegen wenn wir uns umsehen, oder?“ „Doch.“ „Warum? Haben Sie etwas zu verbergen?“ „Nein, aber – – -„ „Na dann.“
Nach kurzem hin und her machen die privaten Ermittler klar: Der Farmer bekommt Probleme, wenn er ihnen keine Einsicht in seine Unterlagen gewährt. Sie wollen doch nur sichergehen dass er keine Patentrechte verletzt hat.
„Patenrechte? Ich baue Mais an.“ „Die Patenrechte unseres Auftraggebers.“ sagt einer der Ermittler mit felsenfester Stimme. „Wie bitte?“ „Haben Sie etwa noch nie von … Monsanto gehört?“ (Kamerafahrt auf das Gesicht des privaten Ermittlers. Die Musik schwingt sich auf.)
Der Farmer schaut sich um, Reißschwenk, dann zoom in seine Lagerhalle: Säckeweise stapelt sich hier das Monsanto-Saatgut. Der Farmer schluckt. Abblende.

Bevor wir in die Gegenwart zurückkehren und unseren Superschurken auf seinem Höhepunkt erleben, folgt eine kurze Montage der Vergangenheit. (Mit Saxophon unterlegt. Langsame Zooms auf alte Fotos, Überblendungen. Eben der typischen Rückblick-Schnickschnack. Dazu vielleicht eine tiefe Erzählerstimme. So in die Richtung Götz George, oder der Cowboy aus Big Lebowski.)
1901 wird Monsanto in St. Louis geboren. Er stellt zuerst Saccharin her und verkauft dieses an die Coca-Cola-Company. Saccharin gilt als zweifelhaftes Produkt. Es gibt Studien die ein Gesundheitsrisiko nicht ausschließen. Monsanto will davon nichts hören. Die Produktion läuft weiter.
1907 wird der Pure Food and Drug Act eingeführt: Saccharin als Zugabe in Lebensmitteln wird verboten. Monsanto steht vor dem Aus. Mit dem Rücken gegen die Wand entscheidet sich der junge Konzern das Gesetz zu brechen. Die Regierung mag Saccharin für gesundheitsschädlich halten, doch dies stört nicht. Mit seinem Kumpel, Coca-Cola, wird weiter Saccharin in die Cola gepumpt. Der Weg zum Schurken wird eingeschlagen.
Als 1924 die Regierung vor Gericht scheitert ist der Weg frei. Die Studien sind nicht eindeutig. In Hinterzimmern besticht Monsanto Experten und fälscht Unterlagen. Heute kann immer noch kein direkter Zusammenhang zwischen Saccharin und Krebs hergestellt werden. Noch nicht. (Die Szene endet mit einem Foto von Monsanto: Ein leichtes Lächeln um die Mundwinkel ist dem jungen Kerl von damals schon anzusehen. Hinter seinen Augen funkelt der gerade geborene Bösewicht!)

Dann kommt der Vietnamkrieg. Und Monsanto trifft auf seinen Mentor, den Ober-Superschurken. Den Lehrmeister: Das amerikanische Militär.
Das Pentagon hat Schwierigkeiten gegen den Vietkong aus der Luft vorzugehen. Der Dschungel ist zu dicht. Also schmiedet man einen teuflischen (und vollkommen bekloppten Plan): Entlaubung.
(Wie bitte? Ja, ja. Noch mal? – ENTLAUBUNG. Ent-Laubung! Die Entfernung von Blattwerk aus den Bäumen, um bessere Sicht auf Bodentruppen zu bekommen. Klingt das nicht vollkommen bescheuert? Wie aus einer Folge „Pinky und Brain“, oder? Ist aber so geschehen. Hat natürlich nicht funktioniert. Jedenfalls nicht so wie beabsichtig.)
Um die Entlaubung zu betreiben, braucht das US-Militär ein Herbizid. Monsanto (bekannt für ätzende Substanzen!) entwickelt also Agent Orange. Was für ein großartiger Tag! Während der Herstellung wird Agent Orange mit TCDD verunreinigt. Die Herstellung muss schnell gehen, und Sicherheitsmaßnahmen sind teuer.
Viele hunderttausende Bewohner und noch mehr US-Soldaten erkranken irreversibel, durch die Wirkung von Agent Orange. Eine Katastrophe. Oder?
Doch es gibt nichts, was Monsanto nicht mit Geld regeln kann:
Sieben Firmen lieferten Agent Orange. Diese Firmen zahlen auch in einen Entschädigungsfond ein. 3788 Dollar pro Person. Insgesamt 180 Millionen Dollar, verteilt auf sieben Unternehmen. Schon 1955 hat Monsanto alleine einen Jahresumsatz von 632 Millionen Dollar. Monsanto zieht sich also ohne Schäden aus der Affäre. In den Entschädigungsfond wird aus der Portokasse eingezahlt.
Der Aufstieg zum Superschurken ist geglückt. Nun kann Monsanto niemand mehr aufhalten. Monsanto wächst und wächst. Der Superschurke wird global.

Was folgt sind dutzende Gerichtsprozesse. Monsanto besticht z.B. 140 indonesische Regierungsbeamte um Umweltkontrollen zu unterlaufen. Die Strafe: 700 tausend Dollar. (Noch mal: 700000 … das ist alles!)
Dann kommt Monsanto mit Gen-Technik in Kontakt.
Jetzt sind wir in der Gegenwart. Monsanto hat ein riesiges Imperium aufgebaut. Unternehmen aus allen Bereichen wurden aufgekauft, zwischenzeitlich Ölförder-Betriebe (mittlerweile wieder verkauft) und vor allem Agrarmittelproduzenten. Der Netto-Jahresumsatz liegt bei 1,66 Milliarden Dollar.
Und nun kommt die Gen-Technik. Besser gesagt: Gen-Manipulation von Feldfrüchten.
Und dieser Teil ist jetzt wirklich komplett aus dem Superschurken-Handbuch:
Monsanto hat erkannt das die Menschen immer eine Sache tun müssen: Essen. Wer Nahrung kontrolliert, kontrolliert die Menschen. (Das hätte auch Lex Luthor nicht besser beschreiben können!)
Und Nahrung sind Agrarerzeugnisse. Selbst wenn die Menschen Fleisch essen, muss dieses Fleisch (respektive die Tiere von denen es kommt) ja mit irgendwas gefüttert werden. Und Monsanto hat sich nicht dem Agrarsektor zugewandt, weil es die Menschheit ernähren wollte. Das war keine humanitäre Entscheidung. Monsanto hat erkannt: „Wenn die Menschen immer essen müssen, kann man mit Nahrung immer Geld verdienen. Aber selbst Nahrung herzustellen, anzubauen ist zu kompliziert. Ich verkaufe jetzt Saatgut! … Und wie stelle ich es an das jeder Saatgut bei mir kaufen muss? – Mit Gen-Manipulation, Motherfucker!“

(Nur so als kleiner Einschub: Gen-Manipulation betreiben Forscher und Farmer seit langer Zeit. Und grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Gen-Manipulation ist auch die Zucht, die Kreuzung von Saatgut. Anpassung eben, Verbesserung. Der Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug entwickelte in den 40er Jahren für das amerikanische und das mexikanische Agrarministerium, zusammen mit gemeinnützigen Einrichtungen, verschiedene, verbesserte Weizenarten. Mit seiner Hilfe konnte die Weizenproduktion Mexikos und die Ernteausbeute in Indien verbessert werden. Hundertausende Menschen sind dank ihm nicht verhungern. Merke: Staatliche Behörden & gemeinnützige Einrichtungen! Nicht: Großer, am Gewinn orientierter Konzern. Das nennen ich mal: „Mit Gen-Manipulation, Motherfucker!“)

Monsanto schwingt sich also zum größten Lieferanten für genverändertes Saatgut auf. Und warum ist das Saatgut genverändert? … Und warum sollte ich das als Farmer kaufen?
Weil dieses Saatgut hitzeresistenter und kälteresistenter als das normale, alte Saatgut ist. Nicht viel, aber gerade genug damit man „Neu!“ auf die Packung schreiben kann.
Und dann, wenn alle Farmer und Bauern das neue, „bessere“ Saatgut von Monsanto gekauft haben, geht der teuflische Plan auf:
Monsanto knüpft nämlich Verpflichtungen an den Kauf vom neuen Saatgut: Der Farmer darf nicht die Keimlinge vom letzten Jahr auf seinem Feld aussäen, er muss sich neues Saatgut von Monsanto kaufen. Jedes Jahr. Dazu verpflichtet sich der Farmer beim Kauf des Monsanto-Saatguts. (Wir erinnern uns an die privaten Ermittler aus der Eingangs-Sequenz!) Und das neue Saatgut muss er kaufen, weil es alle anderen Farmer auch benutzen. Und deren Ernte fällt sonst besser aus. Er will nicht zurückfallen, also …
Außerdem ist das Saatgut von Monsanto unfruchtbar. Keimlinge von diesem Saatgut können also nicht nächstes Jahr wieder gepflanzt werden. Jedes Jahr neues Saatgut … mit neuen Features … wieder etwas teurer. So macht Monsanto die gesamte Agrarwirtschaft von sich abhängig.
Das ist ein bisschen so wie es Heroindealer machen: Der erst Schuss ist fast umsonst. Die Nächsten dann nicht mehr.

Das ist der Punkt an dem der Superheld im Film spätestens auftauchen sollte. Aber wirklich allerspätestens. Eigentlich ist es hier schon zu spät. Monsanto kontrolliert die Welt … da braucht es schon die Avengers um das wieder gerade zu biegen.
Leider sind die Avengers Filmfiguren. Nicht real. (Abgesehen von Hawkeye. Aber ganz ehrlich: Hawkeye kann gegen Gen-Saatgut soviel ausrichten, wie der Hulk gegen Mundgeruch.) Monsanto steht aber, als Basis von hunderttausenden Lebensmitteln, wahrscheinlich in jeder Küche dieses und fast aller anderen Länder dieser Erde.

Und wer soll nun gegen den Superschurken antreten? Monsanto ist ein genmanipulierender, Gerichtsurteile niederkämpfender, Herbizide vergiftender Riese. Ein echter Megaböseweicht. Wer soll was gegen diesen Konzern ausrichten?
Die UNITED STATES SECURITIES AND EXCHANGE COMMISSION etwa? (Die versucht es immerhin.)
Ich hätte nichts dagegen wenn der Film sich nach dem furchtbaren und hoffnungslosen Anfang in einen Handlungszweig mehrerer, engagierter Ermittler stürzt. Sie arbeiten unnachgiebig und krempeln ihre Hemdsärmel bildwirksam hoch. Diese alltäglichen Helden kämpfen und triumphieren am Ende im Gerichtssaal. Und während der Abspann schon läuft, eine Montage von Bildern: Auf der ganzen Welt werden Monsanto-Produkte eingezogen und zurück gerufen, Firmenschilder werden abmontiert und die Verantwortlichen wandern in den Knast. (Ende.)
Leider wird der Film so nicht enden.
Monsanto bekam in seinem letzten Verfahren eine Strafe von nur 1,5 Millionen Dollar. Eins Komma fucking fünf Millionen Dollar. Das ist nischt. Nada. Ein Witz. Niemand wurde gefeuert, niemand ging in den Knast. Der Konzern, der Superschurke hat nicht einmal gezuckt.

Deswegen rollt der Abspann nicht nach dem Triumph des Helden, sondern nachdem der Schurke die Welt als Geisel genommen hat. Und aus lauter Frust, weil keiner sich für die verschissenen Geiseln interessiert, wird eine Geisel nach der anderen umgebracht.
Und nächste Woche kommt der nächste Teil. (Wenn so etwas am Sonntagabend im Fernsehen laufen würde, die Zuschauer würden vor Angst erstarren, und dann schnell die letzte Staffel How I Met Your Mother auf DVD rauskramen, um sich der Realität nicht stellen zu müssen.)
Und es gibt viele Superschurken die auf ihren Film warten. Die ihren Film schon leben:
In „Superschurke II: Dark Water“ lernen wir den Fiesling Nestlé kennen. Er übernimmt mehr und mehr Süßwasserquellen auf der Erde und zapft afrikanischen Dörfern ihr Grundwasser weg, um es in Flaschen zu füllen und an die Reichen zu verkaufen.
In „Superschurke III: Wings of No Liberty“ wird dann Red Bull vorgestellt. Dann IKEA, Google, Amazon, Apple, Nokia, Facebook, Microsoft, Unilever …
Jede Woche ein anderer Superschurke, gleiche Handlung. Gleiches Ende!

Eigentlich ist das Problem nicht das die Helden fehlen, sondern das die Superschurken leider keine Schurken sind. Es sind Unternehmen. Und Unternehmen können als einziges Ziel ausgeben: Mehr Gewinn. Koste es was es wolle. Jeder akzeptiert das.
Ein Unternehmen kann man nicht einsperren, nicht in einem Showdown niederringen und nicht in seiner geheimen Basis, einem ausgebrannten Vulkan, aufspüren. (Nein. Unternehmen haben riesige Firmenzentralen. Direkt in der nächsten Großstadt … und mein Onkel arbeitet da, oder meine Schwester, oder ich.
Fuck. Wir sind die Superschurken! – Guter Twist fürs Ende!)
Ein Unternehmen kann man nicht in die Fresse schlagen, auch wenn man das manchmal will. Deswegen wird das Franchise von Superschurkenfilmen noch eine ganze Weile weiterlaufen. Teil 2, und 3, und 4 … und auch in 3D. Und wir sind die Zuschauer. Ohne das wir was dagegen machen können. Wir lösen die Tickets, wie Zombies. Wie wollen wir das nur aufhalten?
„Mit Gen-Manipulation, Motherfucker?“
Schön wär’s.

HARLEKIN POST (039) Frei, wie alle

Nun ist es raus: Mario Götze war in der Waffen-SS. Hitlers falsche Neun.
Oder hab ich da was nicht richtig verstanden?
Müsste er dann eigentlich erst recht, oder dürfte er dann nicht zum FC Bayern?
Apropos: Selbstanzeige. Warum wartet Uli nicht einfach bis alles auf DVD raus ist?
Oder CD? Und ein Apropos weiter: Wer verschickt heute eigentlich noch Steuer-CDs? Passt da überhaupt alles drauf? Was ist mit Extras? Audiokommentaren, Making-Of, Englische Tonspur. Warum nicht Blu-Ray? Oder einfach ein Stick? Vielleicht ne SD-Karte? Warum nicht per Steuer-Cloud? Dann kann man die Daten im Stream abrufen. Ist auch kostengünstiger. Den Speicher zahlt der Anbieter. Und darum geht es den Jungs doch, oder?

Überhaupt: Ist das sicher? Steuer-CDs mit der Post zu verschicken? Machen die das per Einschreiben? Oder mit „pin“?
Irgh, „pin“. Dann kann man es auch gleich lassen.
Ich hab neulich ein Schreiben vom Bürgeramt im Hausflur auf dem Boden gefunden. Auf dem Boden! Gleich neben dem Mülleimer, der immer mit Werbezetteln überquillt, die der Nachbarjunge wegwirft statt sie auszutragen. Welcher „Postal Service“ (ha!) hat diesen Brief wohl geliefert?
Da lobe ich mir DHL: Wie schnell die mir von Quasi-Zwangsarbeiter-Händen gepackte Amazon-Pakete zustellen … Unglaublich!
Was ist das überhaupt: „Quasi-Zwangsarbeit“? Muss sich nicht, kann sich aber zwingen?
So wie Vegetarier, die dann doch auch mal Fisch essen? Weil der wird ja nicht brutal in Schleppnetzen, zwischen verendeten Delfinen, gefangen. Ooooh Nein!
Oder wie die freiwillige Frauenquote.
Ha! … Da muss ich jedes Mal lachen. Freiwillige Frauenquote. Diese Schröder… hu. Ist die bescheuert. Was für eine Idiotin! Kann man die nicht mal absägen? Die hat doch auch nen Doktor. Da findet man bestimmt was. Schröder-Plag … Oder war die vielleicht auch in der Waffen-SS? Hach, wäre das herrlich. Aber nein: Frauen waren ja nicht in der Waffen-SS. Glück gehabt.

Derrick ist die am weitesten verbreitete, deutsche Serie auf der Welt. War doch klar das die was mit Nazis zu tun hat. Wenn man in Machu Picchu, auf 2350 Metern, einem alten Peruaner begegnet und der dann fragt: Wo kommst Du her? Und ich antworte: Deutschland. Sagt der doch ganz bestimmt „Ah. Heil Hitler!“ und lacht mit seinen drei Zähnen.
Vorurteile gehören dazu. Immerhin hab ich noch alle 29 Zähne … nicht gerechnet die Brücke und die zwei Goldenen. Wir sind zwar Nazis, aber immerhin haben wir Zahnhygiene.

Und die Niederlande wollen jetzt keine Wiederholungen von Derrick mehr ausstrahlen … hm. (Ich dachte immer alle Derrick-Folgen wären Wiederholungen. War Tappert eigentlich bei der Erstausstrahlung noch in der Waffen-SS?)
Wie kommt das holländische Fernsehen zu diesem Schritt? Derrick, alias Horst Tappert, war also auch in der Waffen-SS? Oder wie jetzt? Der Schauspieler ist die Rolle, die Rolle ist der Schauspieler?
Dann dürfte man auch nicht mehr die „Nackte Kanone“-Filme in Holland zeigen. Da hat O.J. Simpson mitgespielt.
Oder heißt es: O.J. ja, Nazis nein? Beides schlimm, aber ist der Nazi schlimmer als O.J.?
Was ist mit Neo-Nazis? Geert Wilders. Gab es da nicht auch so ein Problem mit nem Film? – Die Niederländer sind nicht gerade sehr … offen … für die Ideen der freien Meinungsäußerung, hm?

Aber zurück zur Gleichung: Filmfigur = Schauspieler = Ignoranz.
Hm? Geht es dann eigentlich auch andersrum? Muss man Anthony Hopkins einsperren, weil er Hannibal Lecter gespielt hat? Das gibt dem Begriff „Method Acting“ eine ganz neue Dimension.
Und noch was: Ist Horst Tappert nicht tot?
Welche Filme von toten Nazis darf man dann auch noch nicht mehr zeigen? Zwischen 1933 und 1945 waren doch alle Nazis. Besonders die beim Film. Ich glaube „Jud Süß“ ist zwar nicht in Deutschland, aber in Holland zu erhalten. Hm …???

Unsere Großeltern-Generation erzählt: „Also ich war damals nur in der Waffen-SS weil … weil es ja gar nicht anders ging.“
Ihre Kinder und Enkel sagen dann: „Also ich wäre niemals in der Waffen-SS gewesen.“
Aber mal ehrlich: Damals in Deutschland in der Waffen-SS gewesen zu sein war wie heute bei Facebook zu sein.
Es führt kein Weg daran vorbei! Die Masse ist … wo die Masse ist. Eine SUUUPER-Erklärung!
Genau die gleichen Kinder und Enkel sagen nämlich auch: Ich bin nur bei Facebook, weil alle bei Facebook sind.
Bullshit. Die größten Facebook-Hasser sind bei Facebook, weil sie da sein wollen.
Und sie regen sich über Facebook auf Facebook auf, weil sie dort das größte Forum haben. Weil sie Teil von etwas sind. Sich alleine über etwas aufregen ist soooo langweilig. Und irgendwann kommt man auf den Trichter: Scheiße. Ich kann ganz andere Dinge mit meiner Zeit machen.
Aber nicht so die „aktiven“ Facebook-Hasser. Und wir sind alle aktive Facebook-Hasser … oder?
Wir sind alle wie übergewichtige Teenager, die noch mehr fressen, weil sie es nicht ertragen dick zu sein. Wir sind alle Heuchler.
Immerhin haben die übergewichtigen Teenager noch ne Erklärung für ihre Sucht: Zucker, Fett und … hab ich schon Zucker gesagt?
Und ich steh auf Zucker und Fett. Ich steh auf die Kommentare, auf die Antworten, auf die Nachrichten, auf den News-Feed im Facebook-Fenster.
Ich bin zu dick weil ich zu dick bin. Nicht weil da Zucker in der Lakritze drin ist. Ich könnte, wenn ich wollte, will ich aber nicht! Wir sind frei zu wollen, aber nicht gewillt frei zu sein.
„Oh. Mein Gott! Es war die Masse. Ich musste mitmachen. Hilfe! Hilfe! Ich hatte gar keine andere Wahl als Mitglied der NSDAP … äh … Facebook zu werden. Da waren doch alle anderen auch! Ich hatte keine Ahnung was da hinter den Kulissen ablief … der Daten-Holocaust!“ (Too soon?)

Ich kenne ein paar Menschen die nicht bei Facebook sind. Wahrscheinlich sind die einfach nur nicht so verdammt abhängig von der Meinung anderer! Nicht so schwach! Sie wollen nicht unbedingt Teil des Kollektivs sein. Diese Menschen können sich übrigens auch beherrschen, wenn vor ihnen eine offene Tüte Chips auf dem Tisch liegt. Ich nehm die Tüte in die Hand und leg sie erst wieder weg wenn sie leer ist. Aber wenigstens beschwer ich mich nicht, wenn mich die H&M-Verkäuferin mustert und fragt: „Wollen sie die Jeans nicht doch lieber in ner 34 nehmen?“

Horst Tappert ist einer wie alle. (Wow. Große Erkenntnis.) So sind auch Uli Hoeneß und Mario Götze. Und wer jetzt sagt: „Ich würde niemals zu den Bayern gehen oder Steuern hinterziehen …“
– Schon mal die Chance gehabt? Nein? Also: Shut The Fuck Up! Und zurück auf Facebook … Kommentare schreiben!

HARLEKIN POST (038) Karate Jesus

Es ist Ostermontag. Die Eier sind gesucht, der Eierlikör geflossen und der betrunkene Onkel liegt auf der Couch und schläft seinen Rausch bis zum Nachmittagskaffee aus.
Die Kinder sind enttäuscht von zu kleinen Geschenken in zu wenigen Eiern. Doch schließlich haben wir eine Finanzkrise und „die Kinder auf Zypern kriegen dieses Jahr überhaupt keine Eier!“ Also sitzen die Kleinen vor dem Fernseher und suchen nach etwas „das zum Thema, also zu Ostern passt“, wie Oma vorgibt. Und irgendwann bleibt man bei Ben Hur hängen, weil die „Maria“-Neuverfilmung in Co-Produktion mit der ARD einfach unerträglich ist. Josef, Maria oder Jesus in HD: Bah! Ohne Weichzeichner & Filmkörnung? Viel zu viele Parallelen zu „Verbotene Liebe“ und GZSZ! Da fehlt nur der passende Cliffhanger: „Wird Jesus von Judas verraten? Schalten Sie morgen wieder ein!“
Schlimm. Aber ich hab Bibel-Filme noch nie gemocht. Für mich war und ist der beste Oster-Film auch immer noch „Karate Tiger“. Nein, wirklich. Wenn es nach mir ginge würden wir zu Ostern alle diesen Film sehen. Nicht nur sehen. Wir würden seine Geschichte als die neue Oster-Geschichte annehmen. Ha!
Ein paar Gründe warum:

Die Oster-Geschichte, wie sie in der Bibel steht, beschreibt die Auferstehung Jesu. Ohne Karate.
Schwer zu glauben. Ich hab extra nochmal nachgeguckt. Es stimmt. Kein einziges Wort von Karate zu lesen. Wie uncool ist das. Jesus am Kreuz, Jesus in der Höhle. Nicht ein einziger Karate-Kampf.
Außerdem, zweiter Punkt für „Karate Tiger“, spielt die Auferstehung am Anfang des vorletzten Jahrtausend. „Karate Tiger“ spielt in den 80ern. Jesus war cool, aber die 80er sind cooler.
Dann der Titel: Auferstehung. Pfff. So passiv, leidend. „Karate Tiger“ heißt im Original „No Retreat, No Surrender“. Also wenn das der Untertitel der Kreuzigung wäre … das ist besser als „Rumble in the Jungle“ oder „Judgement Day“.
Okay. Beim Namen des Helden gebe ich Jesus einen Punkt. In „Karate Tiger“ heißt der Held Jason Stillwell. Kein Luke Skywalker, aber gut. Wenn man allerdings der „König der Könige“ heißt … Hu. Das zieht natürlich. (Besser als Tschiller ist es auf jeden Fall. Was war das eigentlich? Hat n’Tatort-Redakteur gelispelt?)

Alles beginnt mit Jasons Vater. Er ist Besitzer eines Karate-Dojo in Los Angeles, in dem er auch Jason trainiert. Ein Karate-Dojo ist sowas wie die moderne, Problembezirk-Variante einer Kirche. Mehr oder weniger.
Plötzlich kommen da also ein paar Gangster und wollen das Karate-Dojo übernehmen. Also die Kirche. Jasons Vater spielt da natürlich nicht mit – warum sollte er auch, die Kerle sind nur zu Dritt. Dann kneift Jasons Vater aber doch, nachdem Jean-Claude Van Damme (ja, genau der!), in seiner Rolle als „Ivan, der Russe“, ihm das Bein bricht. Vor versammelter Mannschaft und ohne irgendwelche juristischen Konsequenzen.
Also ganz ehrlich. Das waren die Achtziger … aber trotzdem: Hat da keiner Zeit für eine einfache Zeugenaussage bei der Polizei?
In einer kurzen Sequenz, eher einem Voice-Over plus ein paar Außenaufnahmen, wird erklärt: Die Bösen wollen die Dojo-Kirchen als Fassade für das organisierte Verbrechen nutzen. (Als würde ein Karate-Dojo, in dem aufgepumpte Typen trainieren wie man noch besser Leute verprügelt, nicht ohnehin nach Verbrechen schreinen!) und Jasons Vater flüchtet nach Seattle. Außerdem gibt er eine Karriere als Karate-Lehrer und Dojo-Besitzer, für die er wahrscheinlich sein gesamtes Leben trainiert und gearbeitet hat, einfach auf um Barkeeper zu werden. Absolut nachvollziehbar.
Zusammen mit Jasons Mutter (die im gesamten Film keine Großaufnahme hat – wie die Menschen bei Tom & Jerry!) und dem jungen Bruce Lee-Fan und Karate-nerd Jason zieht er nach Seattle. Wohlgemerkt: Vor Nirvana und Starbucks!
Das ist beinahe so, als würde man aus Berlin nach Passau ziehen. (Immerhin haben sie in Passau höchstwahrscheinlich ein Starbucks!)

Jasons Vater verbietet Jason natürlich weiter Karate zu machen und Jason hört natürlich nicht auf ihn. Er versucht in Seattle Freunde zu finden, lernt einen Breakdancer namens RJ kennen und gleich auch dessen Erzfeind. Ein fetter Kerl der 1zu1 aussieht wie eine dickere, jüngere Variante von Phillip Seymour Hoffman. (Er ist es aber nicht. Ich hab nachgesehen.) Der fette Seymour hat irgendwie Hass auf RJ … keine Ahnung warum. Jedenfalls schwärzt er Jason beim örtlichen Karate-Dojo an (bzw. erzählt den Karate-Kämpfern da, dass Jason Los Angeles-Karate viel besser als Seattle-Karate ist. Was in Karate-Kreisen scheinbar eine unglaublich böse Beleidigung ist!) … und Jason wird hier erstmal ordentlich vermöbelt und darf dann auch nicht mitmachen.
Später wird er dann nochmal auf der Geburtstagsfeier von Kelly vermöbelt – von der gleichen Gang-Schrägstrich-Karate-Lehrern aus dem Dojo von Kellys Bruder (der wird noch wichtig!). Jason kennt Kelly aus L.A. – und sobald Jason bei ihrem Geburtstag auftaucht und ihr ein Kaninchen in einer Box (ohne Luftlöcher drin!!!) schenkt, knutschen die Beiden rum! Also um ehrlich zu sein: Da hat er das zweite Vermöbeln auch verdient!
Jedenfalls ist nach dem Vermöbeln erstmal Schicht im Schacht mit Kelly … warum nochmal? … ah! … Weil sie ihm gegen vier trainierte Karate-Kämpfer nicht geholfen hat? (Was für eine blöde Kuh?!?)
Wie dem auch sei … RJ bringt die beiden mit einer verrückten Disco-Tanz-Nummer später wieder zusammen. (Hach. Die Achtziger! Da ging sowas noch!)
Nebenbei legt sich Jason ein eigenes Karate-Trainings-Studio in einem leerstehenden Haus zu (davon gab es scheinbar in den Achtzigern schon ne Menge … wieviele es jetzt davon in den USA wohl gibt?). Und – nachdem Jason heulend vor Bruce Lees Grab saß – erscheint ihm der Geist von Sensei Lee in seinem Trainingshaus und trainiert ihn.

Eine der besten Szenen der nun folgenden, obligatorischen Trainings-Montage ist, als Geister-Bruce dem jungen Jason mit zwei Gläsern, Wasser und ner Dose Cola erklärt wie das mit dem Training und Karate und sowieso allem funktioniert.
Also: Ein volles Glas mit Wasser ist alles was Jason weiß und kann. Klar.
Und ein volles Glas mit Cola (Coca-Cola! Nicht Pepsi. Coca-Cola!) ist alles Wissen und Können, welches ihm Sensei Lee beibringen kann.
Wie kommt nun das Wissen – die Cola – in das volle Glas mit Wasser?
Natürlich indem man das Wasser weg schüttet. Und das leere Jason-Glas wird irgendwann ein volles Coca-Cola-Glas. Genial!
Das ist so unterschwellig-offensichtliches Product-Placement! Wow. Und das alles war Jahrzehnte vor dem „Wetten dass..??“-darf-Axel-Schulz-ein-Fackelmann-Cappy-im-öffentlich-rechtlichen-Fernsehen-tragen-Problem. Ganz ehrlich: Wenn Axel Schulz für Fackelmann Werbung macht, weiß ich schon mal genau wo ich keine … Öfen? … Kerzen? … Was zum Teufel stellt Fackelmann her? Korkenzieher? Käsereiben? …
Es geht immer darum wer für etwas Werbung macht. Wenn Bruce Lee sagt: Coca-Cola ist Wissen und damit gut. Dann ist das so! (Und nebenbei weiß ich jetzt auch warum ich seit den Achtzigern Cola-Abhängig bin. Danke Sensei Lee!)
Jedenfalls bringt Geister-Bruce Young-Jason dann Karate bei und auch, dass Karate immer nur als Abwehr-, niemals als Angriffs-Technik benutzt wird. Was mich immer wieder stutzig macht:
Als ich als Kind zwei Jahre lang Judo gemacht habe, dachte ich immer: Judo sei die Abwehr-Technik. Und Karate benutzen nur kampflustige Raufbolde und Maulhelden? (Übrigens zwei Worte die in der deutschen Fassung von Karate Tiger mehrmals gesagt werden und die ich fast vergessen hätte. Wow! Maulheld. Sag das mal zu nehm brüllenden Teenie-Arschloch in der berliner U-Bahn. Der denkt Du sprichst Latein!)
Natürlich kommen die Bösewichte dann auch nach Seattle und fordern den Bruder von Kelly zu einem Turnier heraus, bei dem über die Zukunft der Stadt entschieden wird. Na ja, vielleicht nicht die Zukunft der gesamten Stadt aber … darüber ob alsbald alle Dojos in Seattle … oder wenigstens das Dojo von Kellys Bruder … den Ostküsten-Raufbolden gehört.
Vielleicht sollte man an dieser Stelle fragen: War es in den Achtzigern wirklich so, dass man öffentliche Karate-Turniere ausgetragen hat, bei denen es um die illegale Monopolstellung von Verbrecher-Karate-Dojos geht? Aber warum? Und wie?
Wahrscheinlich weil in den Achtzigern und den frühen Neunzigern die Polizisten mit anderen Dingen beschäftigt waren. Fragt mal Rodney King!

Beim großen Showdown-Turnier poliert Jean-Claude Van „Ivan“ dann Kellys Bruder und all den anderen Seattle-Karate-Kämpfern ordentlich die Fresse. Dabei sieht Jason natürlich erstmal nur zu. Und er regt sich erst, als Kelly einen Hocker in die Hand nimmt und damit Ivan eins über braten will, weil er ihren Bruder zusammenschlägt. (Was übrigens absolut legitim ist … also das Zusammenschlagen. Niemand hat Kellys Bruder dazu gezwungen zu Jean-Claude Van Damme in den Ring zu steigen! Ich meine: Es ist Jean-Claude Van Damme! Ich erwarte ja auch nicht von meiner Schwester mit dem Gartenschlauch auf Chuck Norris loszugehen, nachdem der mich zerlegt hat, weil ich ihn einen reaktionären, rechtskonservativen Zerstörer von Kinderträumen genannt habe. Es ist zwar wahr, aber so etwas sagt man doch niemandem ins Gesicht. Dafür gibt es anonyme Blogs und Facebook und Markus Lanz.)
Jedenfalls greift Jason erst ein als Jean-Claude Kelly an den Haaren zieht. Und dann zeigt er „Ivan“ was Angriffs- … äh, ich meine Abwehr-Karate ist.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann tragen die dreißig Statisten aus der letzten Einstellung Jason heute noch im Ring auf Händen und werfen ihn in die Luft. Hat hat man in den Achtzigern eigentlich prinzipiell unangenehm lange auf den Abspann warten müssen? So lange … man fragt sich: Kommt da noch was?

In der Ostergeschichte geht es – grob zusammengefasst – um Jesus Auferstehung. Das war’s. Kein RJ, kein Jean-Claude Van Damme, und keine Disco-Tanz-Nummer. Vor der Auferstehung wird ein bisschen gefoltert, gekreuzigt und dann der scheintote Leichnam in eine Höhle gelegt, vor der ein riesiger Steinbrocken klemmt. Schließlich läuft Jesus einfach wieder los, erscheint ein paar Leuten und begründet damit die christliche Religion! Mit ein bisschen Hilfe seiner Apostel.
Die Geschichte ist ein fast wie „Karate Tiger“. Jason (Jesus), der durch die Hilfe des Geister-Bruce (Gott?) seine Auferstehung findet und damit in Seattle (dem gelobten Land???) die neue Kirche der freien Dojos gründet. Frei vom Bösen … den Ju- – – Uh! … Nein. Also wir wollen nicht das organisierte Verbrechen von der Ostküste mit den Juden von vor zweitausend Jahren vergleichen (auch wenn die schon nicht ganz unbeteiligt am Verrat und Mord an Jesus waren). Aber: Jesus war auch Jude. Und Jason kommt nicht von der Ostküste und ist auch kein Verbrecher …
Obwohl es an ein Verbrechen grenzt, dass Kurt McKinney, der Darsteller von Jason und mehrfacher Taekwondo & Kickbox-Champion, aus Angst vor Type-Casting nach „No Retreat, No Surrender“ kaum noch Karate-Filme machte, sondern lieber 5-Sätze-Episodenrollen bei General Hospital und ALF spielte. (Was für eine Verschwendung!)
Die Frage ist also nicht ob „Karate Tiger“ und die Auferstehungsgeschichte exakt gleich sind. Die Frage ist: Was wollen wir für eine Ostergeschichte als Grundlage für unser viertägiges Couch-Fest nehmen?
Und es spricht einiges für „Karate Tiger“.
Die Mode: Jesus Leinengewänder und Latschen zu Beginn des vorletzten Jahrtausend sind zwar Klassiker (besonders in den unrasierten Ecken des Prenzlauer Bergs), aber schrill-bunte Adidas-Anzüge, Karottenjeans und diese weiten Tank-Unterhemden … das ist voll retro und heute – mehr als damals – hoch aktuell!

Und dann die Karate-Action: Bei „Karate Tiger“ gibt es Roundhouse-Kicks, lange bevor sie das Markenzeichen von Chuck Norris wurden.
Aber das Beste ist die Philosophie! … Jesus hängt am Kreuz und fragt: „Mein Gott. Warum hast Du mich verlassen.“ Erstmal: Was für ein Vater-Sohn-Verhältnis wird hier angedeutet? Der Sohn spricht den Vater in der dritten Person an. Sowas geht doch nicht. (Außer in ner Folge MAD MEN natürlich.)
Jason bekommt von Sensei Lee dagegen wertvolle Ratschläge und in Glückskekse passende Formeln, wie: Antworte niemals auf eine Frage mit einer Frage. (Sonst gibt’s Schläge von Geister-Bruce.)
Das ist elementar: Wenn ich in der achten Klasse die Antwort auf eine Mathe-Frage nicht wusste, hab ich niemals den leichten Ausweg genommen und in Frageform geantwortet: „Wurzel aus Sieben?“ … und so darauf gehofft das der Lehrer denkt ich habe wenigstens den Rechenweg verstanden. Nein. Keine Frage auf eine Frage! Ich hab damals stolz gesagt: „Ich hab keine Ahnung was da raus kommt, aber ich bin mir sicher Sie, Herr Lehrer, werden es mir beibringen. So wie Bruce Lee es getan hätte.“ (Ja, ich war ein Schleimer. Aber ich war auch der Einzige der, trotz nicht nie gemachter Hausaufgaben, niemals schlechter als ne Drei in Mathe war. Punkte für Ehrlichkeit!)
Hm? Wie kontert Jesus das? Ha? … Welche Religion erzieht ihre Anhänger schon zu Ehrlichkeit?
… Ehrlich gesagt tun das alle Religionen. Aber mal im Vertrauen: Nach mehr als zweitausend Jahren Erfahrung … hält sich irgendjemand dran? Nein.
„Karate Tiger“ ist also auch actionreicher und philosophischer als die Auferstehungsgeschichte … Was ist mit dem Gefühl? Die menschliche Komponente.
Gibt es da Punkte für Jesus? – Vielleicht. Immerhin. Er ist für die Sünden der Menschheit gestorben. Kudos! Nicht schlecht.
Dennoch fehlt mir in der Bibel immer die Love-Story. Jedenfalls im neuen Testament. Adam und Eva … das war okay. Ich weiß nicht wie Frauen das lesen … die ganze „Apfel“-Geschichte (sehr stereotyp, wenn man mich fragt) … aber egal. Bei Jesus: Null Boy-meets-Girl. Nicht mal Boy-meets-Boy und auf keinen Fall Girl-meets-Girl.
Bei „Karate Tiger“? Eins-A-Love-Story! Nur wegen der Perle Kelly … (Kelly. Was für ein Name!) … nur wegen Kelly springt Jason in den Ring und tritt gegen die Kampfmaschine Jean-Claude Van Damme an.
Kleiner Tipp an die Jungs in der Bibel-Redaktion: Guckt euch da was ab. Mehr Love-Story, weniger Namen von Söhnen von irgendwem (kann sich sowieso niemand merken).
Und wie cool wäre das: Jesus schiebt den Stein vor dem Höhleneingang zur Seite (vorher natürlich eine Trainings-Montage mit Musik: Jesus stemmt Gewichte. Jesus übt Wunderwirken. Jesus läuft übers Wasser … Oh! Erster Versuch gescheitert. Jesus fällt in den Pool. Sein Sidekick Paulus lacht. Ha ha ha. Und auch Jesus grinst. Er trainiert weiter. Dann: Geschafft!) … Jesus klettert also raus und erstmal direkt zu Kelly. Okay, vielleicht ist Jesus nicht der Richtige für eine Kelly. Sagen wir eine Nancy? Ja? … Jesus hat da also diese Affäre … muss es geheim halten, weil sonst die Anhänger durchdrehen … Royal Wedding und so. Da muss man die Familie einladen … das wird peinlich wenn sein Stiefvater Josef mit am Tisch sitzt … Gott kommt dazu … dann die Gespräche: Ah! Maria hat Josef den Zimmermann geheiratet. Was macht der leibliche Vater von Jesus nochmal? Hm. Herr über den Tag und die Nacht und die Zeit? Na ja … dachte wohl die Karriere geht vor … hat die Familie im Stich gelassen … Was? Maria ist fremdgegangen? War Jesus also das Ergebnis eines One-Night-Stands? Ein Unfall? … Uh. Und Jesus kommt damit klar? Habt ihr mal über Therapie nachgedacht? Eben noch ein Missgeschick, jetzt am Kreuz … Aber jetzt ist er cool mit seinem leiblichen Vater? Und was ist mit Josef? Ist der cool mit Ehebruch … ich meine: Es dauert noch mindestens zweihundert Jahre bis das neue Testament raus kommt … das Update geladen ist … bis dahin gibt es kein „andere Wange hinhalten“, sondern „Auge um Auge“ und „begehre nicht Deines Nächsten Weib“ …und wenn ja: Kann der Mann, falls er Angst vor dem Typen hat der sein Weib begehrt, auch gerne das Weib einfach umbringen. Ja. War damals so wie es heute in Saudi-Arabien ist.
Wo war ich?
Jesus und Nancy also. Jesus rennt direkt von der Höhle zu Nancy. Und steht dann plötzlich bei ihr im Zimmer. Sie denkt aber: Er ist seit drei Tagen tot!
Jesus öffnet also schon den Gürtel seines Gewandes … immerhin: Drei Jahre wandern, kein Sex. Er hing drei Tage am Kreuz, an irgendwas muss man ja denken … Jesus ist auch nur ein Mann. Und Nancy ist ne heiße Jüdin aus dem West-Jordanland. … Sie kommt also rein und da steht Jesus wie Gott … also sein Vater … ihn schuf. Das heißt: Wenn Jesus Gottes Sohn ist und Gott ihn schuf … dann ist Jesus echt gut bestückt. Ich meine: Direkte Connection zum Schöpfer muss ja irgendeinen Vorteil haben. Deswegen ist Jesus auch immer so wahnsinnig cool. Ich meine: Der Typ hat ein unglaubliches Selbstbewusstsein. Das kommt von seinem messiasmäßigen Gehänge!
Aber Nancy dreht voll durch, immerhin haben die Beiden noch nie: Kein Sex vor der Ehe und so. Waren ja eher traditionelle Juden. Sie also: „Was? Ich dachte Du bist tot!“ … Jesus: „Bin ich auch. Aber ich darf ne Ehrenrunde drehen. Deswegen ist es auch okay wenn wir Sex haben. Ich bin ja kein Lebender mehr. Da gelten die Regeln nicht. – Aber: Wer ist eigentlich der Typ da im Wohnzimmer?“ … Nancy beginnt zu schwitzen. „Ehm. Das ist Pontius. Ich hab ihn bei Deinem Prozess kennengelernt.“ Peinliche Stille. Pontius: „Hey. Ich kann auch gehen.“ Jesus voll sauer: „Ja, bitte!“ Pontius: „Hey, Alter. No hard Feelings, okay? Das war alles nicht persönlich gemeint. Du verstehst das, ja?“ Jesus dreht durch, greift sich die Schrotflinte und erschießt zuerst Pontius, dann Nancy und richtet die Schrotflinte dann auf sich selbst: „Ich häng bestimmt nicht nochmal am Kreuz!“ Bam! Natural Born Christ!

Und dann dämmert es selbst Jesus. Das erste Leben ist immer der Probelauf. Ahhh! Es geht um die Auferstehung. Die Story danach macht den Film. Nicht einfach raus aus der Höhle und das Buch ist zu ende. Was passiert dann?
Das ist die absolute Wahrheit. Die echte und einzige Moral in allem was an Ostern im Fernsehen läuft: Man muss zuerst das Wasser weg schütten, um anschließend Cola trinken zu können! Danke Sensei Lee. Fröhliche Ostern. Amen.

HARLEKIN POST (037) Shit. Ich mag den Scheiß.

Als ich in der Schule war – so ungefähr Mittelstufe – las die Parallelklasse im Deutschunterricht Sibylle Bergs Erstling „Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“.
Während in meiner Klasse Effi Briest durchgenommen wurde, las ein Viertel meines Jahrgangs ein Buch, erschienen 1997.
Da es aber einen regen Austausch im Jahrgang gab, und ich in den 5-Minuten- und der „Großen“-Pause Gespräche über dieses komische, nicht-klassische Buch mitbekam, lieh ich mir eine Ausgabe aus.
Das Buch war gut. Wirklich gut. Es ist gegenständlich geschrieben, was immer das auch genau heißen mag (aber es stimmt). Die Geschichte, bzw. das Kaleidoskop der Geschichten die im Buch angerissen werden, handeln von alltäglichen Dingen und doch vom Großen-Ganzen! Es geht um Einsamkeit. Ich mag dieses Thema. Einsamkeit bewahrt uns vor dem Wahnsinn des „Zuviel“. Alleine sein ist wichtig. Es regelt die Selbstwahrnehmung, lässt uns auf uns hören.
Einsamkeit ist anstrengend, bitter und kommt mit einem ewigen Kampf, die Einsamkeit wieder loszuwerden. Es ist ein guter Kampf.

Sibylle Berg schreibt mittlerweile für SPIEGEL ONLINE. Eine Kolumne. Natürlich. Weil „echte“ journalistische Arbeit zu anstrengend wäre. Weil der Kommentar, der kleine Bruder von allem ist – ich weiß wovon ich rede. Der Kommentar ist das Kompensat der Einsamkeit von einsamen Menschen. (Oh ja. Das will ich auf einem T-Shirt!)
Nun hat Sibylle Berg über Katja Riemann geschrieben. Über den Aussetzer von Riemann in einer Talkshow und darüber das die Medien ja etwas hassen müssen. Hassen für die Masse. Weil die Masse sich empören, aufregen und den Kopf schütteln will. Weil die Masse neidisch sein will. Neidisch ist.
Was für ein gequirlter Scheiß. Natürlich wollen wir uns aufregen, natürlich sind wir neidisch. Wir alle, auf alle.
Der erste Schritt eines Menschen, aus der Höhle heraus, war ein forschender Schritt: Was ist hinter dem nächsten Hügel? Warum geht die Sonne unter? Was sind das für Punkte am Nachthimmel? Und natürlich auch: Warum hat der da Feuer und ich nicht? Das will ich auch! Warum wohnt der in einem Zelt und ich nur in einer dreckigen Höhle? Das mach ich jetzt auch!
Wir sind neidische Wesen. Ich bin kein Pessimist, aber wir sind alle von Neid getrieben. Wahrscheinlich war es Neid, der Katja Riemann ein „Star“ werden lies. Und „Neid“ ist es, der sie ein Star sein lässt. (Was ist das überhaupt: Ein „Star“? Klingt so wie ein Schimpfwort. Keiner will ein „Star“ werden, oder? Und wenn ja, hat er es doch verdient dafür gehasst zu werden. Jedenfalls sollte ihm das klar sein. Es schwingt im Titel mit. So wie „Models“. Kann ich auch nicht leiden.)
Nur weil die „Masse“ neidisch ist, kriegt Katja Riemann die Gagen, die sie bekommt. Und jetzt ist das schlecht?
Darstellende Künste sind nun mal darstellend, sonst würde Riemann zuhause sitzen und für sich alleine spielen. Wenn ich schreibe und es nicht veröffentliche, nicht blogge oder Bücher schreibe und Verlage finde die es drucken, dann kann dass Kunst sein. Aber es ist keine darstellende Kunst. Für die Darstellung brauche ich das Publikum, egal wie groß es auch sein mag. Dies ist der Vertrag.
Der Fernsehmonteur montiert. Das ist sein Job. Dafür wird er bezahlt. Der Darsteller, stellt dar. Darstellen heißt: Er stellt sich dem Publikum (cleverer Wortwechsel, ha?). In all seiner Form.

Sibylle Berg hat auch Til Schweiger erwähnt. Die Medien hassen Schweiger, hat sie geschrieben. Alle hätten ihn abgeschrieben, würden ihn vorverurteilen. Lange bevor sein Tatort ausgestrahlt war, war das Urteil bereits gedruckt. Vernichtung. Hass.
Das stimmt. Zum Teil. In einem SPIEGEL ONLINE Interview, vor zwei Wochen veröffentlicht, kann man die Wut des Interviewers gegen Schweiger praktisch spüren. Immer wieder die gleichen, quasi-provokativen Fragen. Immer wieder nur Anspielungen, eigene Meinungen und kein Funken journalistischer Finesse. Wenn ich mit einem afrikanischen Warlord spreche, erwartet niemand dass man sich nur über das gute Wetter unterhält, aber Til Schweiger ist kein Warlord. (Gut das ich das nochmal festgehalten habe.) Christian Buß behandelt ihn aber wie einen. Mit Ablehnung von der ersten, ungelenken Frage an. So führt man kein Interview. Jedenfalls keins, welches jemand lesen will. Andererseits: Wer führt heute noch gute Interviews? (Kürzlich war in der, von mir so geliebten, 11 Freunde eine absolute Zeitverschwendung von einem Interview (mit Marko Arnautovic) zu lesen. Christoph Biermann hat sich da wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Keine einzige Information, nicht mal annähernd unterhaltsam waren die Fragen und Antworten. Den mutmaßlichen „Bad Boy“ reduzierte Biermann alleine auf ein schmales Image. Mit den vier Seiten Papier hätte man auch Besseres anstellen können! Erster Tadel! Setzen, drüber nachdenken, nicht noch einmal machen.)
Eigentlich gab es doch mal ne gute Interview-Kultur: Über eines der legendärsten Interviews (Frost/Nixon) wurde sogar ein Film gedreht. Ein guter Film.
Zurück zu Sibylle Berg.

Ja. Es gibt eine Vorverurteilung von Til Schweiger. Aber das macht dem doch nichts aus. Millionen Deutsche rennen in Kokowääh 2, oder kaufen die DVD von Männerherzen. Und das ist gut. Besser als die neue „Big Mamas Haus 6“-DVD zu kaufen, oder? (Auf jeden Fall ist es nicht schlimmer.)
Kommerzieller Erfolg ist Anerkennung. Wozu braucht Schweiger da noch die Anerkennung von den Kritikern und den Wenigen, für die diese Kritiker sprechen? (Und ich wette Schweiger denkt ähnlich.)
Wer sich für den Beruf des Schauspielers entscheidet, entscheidet sich für die Darstellung. Er weiß: Seine Gage kann nur dann gezahlt werden, wenn jemand zusieht wie man spielt und dafür bezahlt. (Soweit waren wir schon.) Und zum Spiel gehört auch das Interview. Wer sich im Interview daneben benimmt kriegt eben in den Medien auf die Fresse.
Und wenn ich meine „daneben benimmt“, meine ich nicht: Mal „Scheiße“ oder „Ficken“ sagen, rülpsen oder die falsche Krawatte tragen. So was verzeiht sogar die Meute, die wir heute so nett „Social Web“, „Social Media“ und ganz allgemein „Internet“ nennen. Ich meine wirklich über die gesamte Distanz verkacken. So richtig. Mit Ansage. So wie es Katja Riemann getan hat. Und dabei auch noch deutlich zeigen: Ich hab keinen Bock!
(Wenn mein Sohn so lustlos und bockig Basketball spielen würde, nachdem ich extra am Sonntagmorgen um halb Neun aufgestanden bin, ihn ins Auto gepackt habe, um bis nach Buxtehude zu fahren, nur um ihn dann vollkommen aggro und als quasi nicht-existenten Flügelspieler auf dem Basketballfeld zu sehen, dann sag ich auch zum Trainer: „Wechsel ihn aus!“ Und zu Floris-Maximilian-Henri Jr.: „Alter! Reiß Dich zusammen. Große Scheiße war das. Ein bisschen mehr Einsatz. Vorhin hat Dich ein Mädchen geblockt. Ein Mädchen! – Oder sieht dieser übergewichtige Junge nur aus wie ein Mädchen? Mit den langen Haaren und dem spitzen, aber Doppelkinn?!? Ich kann das nicht unterscheiden, nicht in dem Alter und nicht bei dem Bauchumfang. Auf jeden Fall hat er Dich geblockt. Verdammt. Geblockt. Zwei Mal! Springen, werfen. Ist das so schwer. Setz Dich auf die Bank. Reiß Dich zusammen. Im dritten Viertel will ich wenigstens ein bisschen Begeisterung sehen. Und wenn Dich das dicke Jungen-Mädchen-Whatever dann blockt. Ist das okay. Aber SO nicht!“)
Wie auch immer: Man kann mit den falschen Fragen eines Interviewers auch anders umgehen. Kürzlich gesehen bei der Post-Oscar-Pressekonferenz von Jennifer Lawrence. Komische Fragen, gute Antworten. Und witzig.
Und Katja Riemann ist doch witzig. Kann sie jedenfalls sein. Sie ist eine großartige Schauspielerin. Brilliert in Nebenrollen, genauso wie in Hauptrollen. Neulich erst in die „Relativitätstheorie der Liebe“ und „Türkisch für Anfänger“. Warum muss man sich da so wundern, wenn man ein Interview verhaut und dann dafür bluten muss. Dann eben kein Interview geben. Geht auch. Kein Bock, kurze SMS – Absage. Und die Sendung findet ohne sie statt. Niemand interessiert sich dafür.

Schauspieler und „Stars“ (buah!) begeben sich auf die Autobahn, die das öffentliche Interesse ist, und versuchen Fahrt aufzunehmen. Sie fahren entweder beständig auf der rechten Spur, versuchen geduldig voran zu kommen, ordnen sich ein. Oder sie überholen ab und an, beweisen Weitsicht. Einige rasen auch, dabei erregen sie natürlich Aufmerksamkeit, werden als rüpelhaft betitelt, aber da sind sie schon weitergefahren (siehe Vettel!). Außer sie bauen einen Crash. Aber kein Autofahrer, der mit 220-Sachen in die Kurve geht und dann aufm Acker landet, beschwert sich hinterher über die Autobahn!
Wenn ein Kritiker Til Schweiger ans Bein pissen will ist das ungefähr so, als würde ein Fiat Punto einen Panzer abdrängen wollen. Nicht die beste Idee des Puntos. Der Panzer rollt so oder so weiter. (Passendes Bild für den Schutzengel Schweiger!)

Apropos Schweiger: Ich hätte ein Interview mit ihm wahrscheinlich anders geführt. Hätte ein paar anerkennende Zahlen zu seinen Filmen herunter gebetet, seine Erfolge betont, bevor ich gefragt hätte: Warum lassen sie nicht alle Journalisten zu Premieren ihrer Kinofilme zu? Haben Sie Angst, oder einfach keinen Bock? Und warum muss ihre Tochter immer ihre Tochter spielen? Sehen sie als Vater überhaupt wie schlecht sie spielt? Und warum liegen sie in jedem Film mit ihr im Bett? (Die letzte Frage nur so als Provokation. Aber ist das noch jemandem aufgefallen? In jedem Schweiger-Film liegt er irgendwann neben seiner Tochter im Bett und philosophiert über irgendwas…)
Wenn das dann vorbei wäre, und mir Til Schweiger die Fresse poliert hätte, würde ich noch etwas zugegeben:
Wie sehr ich mich auch über fehlende Plot-Points, eine saubere Geschichte oder die ewigen Zeitlupen bei „Schutzengel“ aufrege; Wie sehr ich auch seine Tochter untalentiert und schrecklich in ihren Rollen finde; Und wie sehr ich sein diktatorisches Gehabe hasse – hasse wie die Masse, oder jedenfalls die Medien – so sehr unterhalten mich seine Filme doch. Filme mit ihm und von ihm. Seine jüngeren Filme sind toll abfotografiert und immer wieder lustig und gut besetzt. (Und ich kann es irgendwie anerkennen, dass er auch stets seine Freunde besetzt … abgesehen von seiner Tochter. Gab es da wirklich kein Mädchen das besser war? Familie und Freunde besetzten, gut und schön, aber: Spielen sollten sie schon können.)
Zu meinen deutschen Lieblingsfilmen wird immer „Knockin’ on Heavens Door“ gehören. Danke dafür Til Schwieger. Schutzengel 2 guck ich mir wahrscheinlich nicht an, aber so sicher wie ich den nächsten Fast & Furious gucke, mit „Mass Effect 3“ die Nächte verbringe (sobald ich meinen PC aufgerüstet habe, damit dieser Grafikspeicher-Fresser läuft) oder mich an Sibylle Bergs Kolumne auf- und abrege, so sicher guck ich auch den nächsten Tatort mit Til Schweiger. Und bin neidisch: So nen Film will ich auch mal machen. Schöne Bilder und Explosionen. Mit mehr Geschichte drin und so, natürlich. Aber … ich will auch.
Shit. Ich mag den Scheiß.