Be Kind Revote

Wenn ich nicht in den Achtzigern geboren wäre, sondern vielleicht … in den Fünfzigern, dann wäre ich in den Sechszigern zehn Jahre alt gewesen. Jaha, die Sechziger.
Die Zeit der wirklich guten Baseballkarten. Die Karten mit Mickey Mantle, mit Ernie Banks, mit Pete Rose und Sandy Koufax. Ja, Sandy Koufax. Das war ein Spieler. Pitcher, um genau zu sein. Kam aus Brooklyn, spielte für die Dodgers, in Brooklyn und Los Angeles. Spielte nie für ein anderes Team. Besonders nicht für die New York Giants.
Ja. Was für ein Spieler.
Wäre ich in den Fünfzigern geboren, dann hätte ich meine Sandy Koufax-Baseballkarte geliebt. Zu meinem zehnten Geburtstag, zusammen mit seinem alten Baseballhandschuh, hätte mein Vater mir die Sandy Koufax-Karte geschenkt. Er kaufte sie für sechs Dollar einem Kollegen in der Fabrik für Schuhcreme ab. Zusätzlich musste mein Vater dann auch noch an vier Samstagen den Rasen vor dem kleinen Bungalow des Kollegen mähen, aber es lohnte sich: Nie wieder strahlten meine Augen so, wie an meinem zehnten Geburtstag als ich Sandys Karte in der Hand hielt.
Wie wäre es schön gewesen. Und wie kitschig.
Gäbe es heutzutage Baseballkarten, sagen wir, nicht von Baseballspielern (weil die sind mittlerweile überbezahlt und ihren Vereinen mehr als untreu) sondern von … Politikern. Welche wären dann die guten Karten?
Welche Karten würde man tauschen und welche würde man unter Glasglocken verschließen und erst auf einer Sotheby’s-Auktion für ein Vermögen abtreten?
Welche Karten hätte ich? Mal sehen.
Im Starter-Pack gleich zu Anfang die große Enttäuschung: Die Erwin Huber -Karte zeigt in einer zackig gepinselten Annäherung an das Original ein diabolisches Grinsen. Hua. Nein. Einen Huber tauscht mir niemand. Weiter: Natürlich ist, wie in jedem Starter-Pack, eine Merkel-Karte dabei. Die brauch’ ich nicht mal aufheben, die wandert gleich in den Mülleimer. Weiter: Ha! Die erste SPD-Karte. Neues Team, neues Glück. Aber Obacht!
Hubertus Heil auf der goldumrandeten Generalsekretär-Sonderkarte. Die sticht, leider nur die Staatsminister der eigenen Partei. So gut wie wertlos. Na, vielleicht krieg’ ich ihn auf eBay bei nem kurzsichtigen Alt-Juso los, wenn ich nur schreibe: Ehemaliger Bezirksvorsitzender, Braunschweig (das beeindruckt mich nicht, aber … wer weiß).
Nächste Karte: Franz Müntefering. Ups. Da hab’ ich wohl ein altes Starter-Pack erwischt. Weiter! Jetzt kommen wir zu den Linken. Ha! Ein beidseitig bedruckter Fehldruck mit Bisky und Lafontaine auf einer Karte. Kurios! Wenn man die Karte Oben und Unten mit jeweils einem Finger festhält und dann schnell dreht hat man „Lasky“, den Doppel-Vorsitzenden. Okay. Dafür gibt es ordentlich Schotter. Behalten? Ne! Niemals. Die ist sofort an einen Sammler abgetreten … ich weiß auch schon wen.
Wer mir eine Freude mit einer Politikerkarte machen will, muss schon lange suchen und tief ins Portemonnaie greifen. Da sind Recherche und umkämpfte Auktionsstunden bei eBay nötig. Wie zum Beispiel um die kaum erhältliche Tarek Al-Wazir-Karte. In einigen Safes japanischer Großunternehmen bereits unter optimalen Bedingungen eingeschweißt und lichtgeschützt verpackt, kriegt man diese Karte eigentlich gar nicht mehr. Natürlich. Nicht jeder ist ein Sandy Koufax. Leichter hat man es da schon mit der Ole von Beust-Karte. Rar, aber nicht so rar. In der etwas abgegriffeneren Ausgabe, noch aus der Zeit vor der Bürgerschaftswahl 2001, kriegt man diese Karte allerdings auch kaum noch. Mittlerweile zwei Mal wiederaufgelegt, ist Ole allerdings auch ne recht gute Geldanlage für die Zukunft. Ähnliche Zuwächse hat da eine Klaus Wowereit-Karte, in Preis und Ansehen (natürlich).
Ansonsten? Was ist mit der Ypsilanti-Karte? Eher mäßig. Oder Steinbrück, oder Steinmeier? Hm, nicht so. Sehen auch nicht schick aus, auf dem Sideboard. Egal in welchem neuen Design dort auch was raus gebracht wird: Irgendwie sieht das immer gleich langweilig aus. Lustig war natürlich die Echthaar-Ausgabe der Kurt Beck-Karte, mit angeklebtem Bart. Aber nach dem ersten Hype: Nischt mehr zu hören. Das war wie mit den Tamagochis. Irgendwann ist man es einfach Leid sie zu füttern und lässt sie sterben.
Im nächsten Pack wünsch’ ich mir vielleicht mal eine der Retro-Karten. Einen Fischer, oder einen Brandt.
Komisch finde ich, dass sie fast jeden Monat den Schmidt wieder neu raus bringen. Der kriegt eine Auflage nach der nächsten. Wer kauft den?

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