Ich will nicht schon wieder über einen Schreiber von spiegel-online herfallen, aber ich hätte große Lust dazu. Große Lust auch mal alle Kritiker von „The Happening“ an einen Tisch zu holen und ihnen ordentlich den Kopf zu waschen. Werkimmanenz, meine Herren & Damen, Werkimmanenz!
Die meisten (sehr negativen) Kritiken zu M. Night Shyamalans neuem Film lesen sich mehr wie eine persönliche Abrechnung, als der Versuch sich dialektisch einem Thriller zu nähern. Was hat er euch getan? Irgendwas passiert, was mir mal wieder entfallen ist? Ist M. Night Shyamalan in einem F40 über den Sunset Strip gefahren und hat dabei geschrieen „Ihr könnt’ mich alle mal, ich bin der König der Welt!“? Und wenn schon.
Hat es euch gestunken dass er der „neue Spielberg“ genannt wurde? Ist doch egal … und, nur mal so zum Vergleich: Shyamalan hat in den letzten zehn Jahren „The Sixth Sense“, „Unbreakable“, „Signs“ und „Lady in the Water“ gemacht. Auf die Haben-Seite von Spielberg gehen hingegen Meilenstolpersteine wie „Indiana Jones 4“, „Munich“, „Saving Private Ryan“ und „Artificial Intelligence: AI“. Das ist abstruse Sci-Fi-Fantasy-Abenteueraufguss-Kacke plus übermoralisierter Abrechnungs-Pseudo-Thriller, ein verdrehter Weltkriegs-Schmalz-Epos mit Fahnensalut und außerdem die Grabschändung von Stanley Kubrick auf Crack und diesen leuchtenden Neon-Stäben die Raver immer durch die Luft wirbeln! (Okay, die ersten 10 Minuten von Private Ryan nehm’ ich raus. Die sollten jedem Staatschef bevor er in den Krieg ziehen will mehrmals vorgespielt werden – Aber das war auch ein Unfall, okay? Nicht Spielbergs Schuld! Wahrscheinlich vom Regieassistenten geplante Sequenz, oder sowas … )
Aber ich habe diese Filme Herrn Spielberg vergeben. Immerhin hat er mich mit „War of the World“, „Catch me if you can“ und „Minority Report“ unterhalten. Nicht seine besten Streifen, aber okay. “Terminal” war ein Neutrum. Ebenso hab’ ich die „neunzig Minuten auf eine Pointe“ von „The Village“ Shyamalan verzogen. Was sollte er machen: Alle wollten den plot twist.
Was uns zu „The Happening“ bringt: „Kein plot twist am Ende“ haben viele bemängelt. Immer noch besser, als (wie Spielberg) am Ende von Indy 4 eine (den ganzen Film schon über) offensichtliche Schwäche im Drehbuch als solchen plot twist und UNGLAUBLICHE Enthüllung verkaufen zu wollen (Ja! Ich spreche von den Außerirdischen!).
Und der Rest? Es war bizarr komisch, situationsabhängig lustig, gespielt wie in einem Hitchcock-Film (Mark Wahlberg war immerhin mal für einen Oscar nominiert – „not this time … but“) und manchmal sogar gruselig. Ist doch okay. War’n netter Abend.
Lieber vier Filme wie „The Happening“ machen und insgesamt nur 168 Millionen ausgeben, als für 180 Millionen nur einmal Bullshit mit Harrison Ford obendrauf kriegen.
Tatsächlich ist „The Happening“ nämlich nur der Beweis für die Schritte die ein Regisseur nehmen muss. Alfred Hitchcock, zum Beispiel (ja, ich erlaube mir diesen Vergleich), begann seine Karriere mit Filmen wie „The Man who knew too much“, „39 Steps“ und „Sabotage“. Hatte dann wenig Erfolg mit seinen Zwischenwerken (wie „I Confess“), die aber in der Rückschau zu seinen eigentlichen Zierstücken gemacht wurden. Schließlich folgten dann die immer noch bekanntesten Werke „North by Northwest“, „Psycho“ und „The Birds“. Und überlegen wir mal was eigentlich bekloppter klingt: Das jemand (der vollkommen ängstlich und verwirrt ist) kurz mit einer Topfpflanze unterhält, oder das jemand auf freiem Feld aus einem Bus steigt und plötzlich von einem Flugzeug gejagt wird?
Übrigens wurde auch Hitchcock immer wieder als „überholt“, „ungenügend“ und „unzeitgemäß“ oder „lächerlich“ betitelt (zum Beispiel für sein Spätwerk „Topaz“). Das ändert nichts daran: Egal welchen Film man sich von ihm ansieht, irgendwie rocken die immer noch (und wenn auch nur kurz, oder für eine einzige Szene). Mir reicht das immer vollkommen aus. Wie in „Jaws“ die Stelle an der Roy Scheider „we need a bigger boat“ sagt, oder in „Unbreakable“ der Sohn am Morgen erkennt das Bruce Willis der Unbekannte aus der Zeitung ist. Genau das sind die wichtigen und meine persönlichen Lieblingsstellen, natürlich in einer werkimmanenten Betrachtung.
Mittwochnachtkritik I
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