Rückenschwimmen fördert die Vorstellungskraft. Vorausgesetzt, man schwimmt nicht in einem dieser langweiligen Schwimmbäder, mit vergilbten Deckenlamellen, dann fördert es wohl nur den Drang endlich Kraueln zu lernen. Unter freiem Himmel allerdings … wobei: Man sollte schon eine Badehose anziehen. Nur so als Tipp. Es gibt ja auch Raubvögel. Gerade unter freiem Himmel.
Worauf ich eigentlich hinaus will: Viel von dem was wir so machen, ich so mache (ich muss aufhören im Kollektiv zu sprechen!), hat neben der offensichtlichen Eigenschaft, dem offensichtlichen Vorteil noch eine ganze Reihe von Nebenvorteilen. Oftmals kaum erkannt oder wenig erforscht.
Rückwärtsgehen. Ein Mann in Indien hat jetzt den Rekord im Rückwärtsgehen aufgestellt. Er ist in knapp vier Monaten rückwärts von Mumbai nach Neu-Delhi gelaufen (oder vorwärts von Neu-Delhi nach Mumbai, je nachdem welcher Denkschule man angehört). Achttausendsechsundneunzig Mal ist er hingefallen. Außer den offensichtlichen Vorteilen (Landschaft genießen und keine Tränen in den Augen durch Fahrtwind) wurden ihm so auch die nicht so offensichtlichen Vorteile (Gottvertrauen und Stärkung des peripheren Sehens) klar. Sechs Mal ist er übrigens von einem Auto angefahren worden. Nur einer der Autofahrer hatte dabei einen Airbag. Was uns dass, indirekt durch das Rückwärtsgehen, über die Zustände indischer Fahrgastsicherheit sagt? – Indische Airbags sind scheinbar viel zu sensibel eingestellt, wenn sie schon durch Rückwärtsgeher ausgelöst werden.
Aktien. Wer bisher an das schnelle Geld durch Aktien geglaubt hat, lernt nun die alte Weisheit „Kakao ist es, worin Du investieren sollst!“. Na gut, es ist keine wirklich alte Weisheit, aber wäre doch toll wenn. Und warum gibt es eigentlich keine Notierungen für Lakritze? Im letzten Quartal hab’ ich deutlich mehr Lakritze gegessen als Kakao getrunken. Es gibt auch keinen Schaumgummi-Index, Shrimp-Cocktail oder Chipsletten. Aber Soja und Orangensaft, war ja klar. Warum alle in Weizen investiert haben, wobei es doch auch wunderschöne Aktien zu Edelweinen oder Kaviar gibt, bleibt mir ein Rätsel. Das tolle Spiel mit Kursentwicklungen, hübschen Grafiken und den roten oder grünen Pfeilen, nach Unten oder nach Oben, lässt sich doch genauso gut ohne an Unterernährung sterbende Kinder in Afrika betreiben. Oder macht es dann keinen Spaß mehr? Einer der Vorteile der Finanzkrise ist vielleicht der endgültige Beweis der Komplexitätstheorie: In New York kann ein Broker Weizen oder Reis empfehlen und in Simbabwe gibt es Jubelschreie oder Massensterben. Der Broker ist natürlich nicht allein verantwortlich. Ich bin es mit ihm (oh wie gerne würde ich jetzt wieder zum Kollektiv greifen!). Jedenfalls solange ich nicht selbst-geklöppelte Holzschuhe, gewebte Hosen, gestrickte Pullover mit Wolle von südhessischen Schafen, Kartoffeln aus dem eigenen Garten, Wasser aus dem Brunnen nutze und in einer Hütte aus deutscher Eiche schlafe. Klingt doch garnicht so schlimm … jedenfalls wenn die Hütte WLAN hat.