Moderation: Mario Barth. Auf der Bank der Ankläger sitzen: Verona Pooth, Michel Friedmann, Johannes Heesters, Stefan Raab, Benjamin von Stuckrad-Barre und Dieter Bohlen. Das Studio ist gut gefüllt. Dann wird das Licht gedimmt und Mario Barth schleicht zu seiner Anmoderation auf die Bühne:
„Neee, neee. Echt ey. Alle hier. Herzlich Willkommen, ich glaube es ja nicht. The Roast of Steffen Seibert. …
Meine Freundin mag ihn ja. Ja, sie mag ihn. Sacht mir immer: Den Seibert, den sehe ich zu gerne. Dann sach ich immer: Da bist Du nicht die Einzige. Na ja, die Einzige ohne Gehhilfe, vielleicht. Echt ey.
Gut. Die Erste „Rösthilfe“ ist Verona Pooth. Und wisst ihr, wie die sich die 11-88-0 mittlerweile merkt? 11 Euro kostet ihre gesamte Kollektion bei Kik, 88 Näherinnen sind neulich in ner Kik-Fabrik in Bangladesh an Erschöpfung gestorben, und Null Leute hats interessiert. Hier ist: Verona Pooth.“
„Äh, ja … hallo. Danke Mario. Kannst Deiner Freundin sagen: Ich weiß wie sie sich fühlt. Unbefriedigt.
Und das bringt uns gleich zu Steffen. Steffen: Jetzt gehst Du weg vom ZDF, zur Bundesregierung. Deine bisherigen Zuschauer sind jetzt die Leute, die Deine neue Chefin gewählt haben. Die, und die Zivis die sie ins Wahllokal geschoben haben.
Aber ich möchte noch jemanden begrüßen: Dieter. Meine große Liebe. Niemand kannte mich bevor wir geheiratet haben und mittlerweile will mich niemand mehr kennen. Bitte, Dieter, nimm mich zurück. Oder lass mich wenigstens einmal DSDS gewinnen, dann hab ich wenigstens die Chance einen bescheuerten Sommerhit zu singen und anschließend beim Tanz der Vampire aufzutreten.“
Mario Barth schreitet ein:
„Danke Verona. Das war vielleicht etwas zu weit ab vom Thema. Unsere nächste Rösthilfe ist Michel Friedmann. Einige kennen ihn vielleicht auch unter dem Namen: Paolo Pinkel. Allerdings wenn diese Personen heute hier sind: Wie seit ihr aus der Zwangsprostitution entkommen?“
„Danke, Mario und ich grüße Sie, Herr Seibert.
(Ans Publikum) Wussten Sie das Herr Seibert eine Goldene Kamera für seine Berichterstattung zum elften September bekommen hat?
Für eine Vorzeigejuden, wie mich, ist es schön zu sehen, dass außer den jüdischen Lobbyisten in Washington, die den US-Präsidenten nach 9/11 dazu brachten in zwei islamische Länder einzufallen, noch jemand aus dem tragischen Tod von tausenden von Menschen im World Trade Center Kapital geschlagen hat.
Aber wir wollen nicht bei diesem Thema bleiben. Obwohl: Ich sehe gerade Herrn Heesters im Panel, obwohl er wahrscheinlich nicht weiß was Panel heißt, oder welcher Tag heute ist, oder ob er schon wieder in seine Windel gemacht hat. Auf jeden Fall: Herr Heesters. Sie sind doch damals gerade in Rente gegangen, als in Deutschland vier Millionen meiner jüdischen Glaubensgenossen getötet wurden. Möchten Sie mir erklären, warum sie nie was dazu gesagt haben? Oder haben sie damals schon so schlecht gehört, dass ihnen das Schreien und Weinen aus den Wagons, die Richtung Osten fuhren, nicht aufgefallen ist. Ich frag nur.“
„Danke, Herr Friedmann.“, schreitet Mario Barth ein. „Bitte, bedienen Sie sich. Hinter der Bühne gibt es Koks und Haargel. Und falls sie eine Prostituierte brauchen: Drücken Sie die Neun. Morgen können wir dann mit einer der unwichtigen Zeitungen wieder eine Entschuldigung von ihnen bei Bärbel Schäfer protokollieren. Danke.
Der nächste Ankläger ist Stefan Raab, weil Johannes Heesters nicht aufstehen kann, er hat vergessen wie. Stefan, würdest Du und Dein Grinsen und wenigstens eins Deiner karierten Umstandshemden auf die Bühne kommen. Danke.“
„Danke, Mario. Äh, äh, äh … Du wirkst im richtigen Leben gar nicht so witzig, muss ich Dir sagen. Außerdem muss ich Dir sagen, äh, äh, äh … Du musst als Kind viele Videospiele gespielt haben, direkt vor dem äh, äh, äh … Fernseher: Dein, äh, äh, äh … Rücken ist ganz krumm. Oder bist Du noch gar nicht zum aufrechten Gang entwickelt. Ha, ha, ha. (Niemand lacht.) Wie auch immer: Ich kenne Steffen Seibert nicht, äh, äh, äh … dafür hab ich mit allen Mitgliedern von Monrose, Preluders, Queensberry, NoAngels, Bro’Sis, Overground, Room 2012 und Nu Pagadi geschlafen. Some & Any kommen nächste Woche dran. Und wer die nicht kennt, äh, äh, äh … der ist selber doof. Ey!
(Stille: Niemand lacht. Das Publikum ist zusammengesetzt aus der Zeit-Wirtschaftsredaktion, zwei diplomatischen Corps islamischer Länder und den letzten Überlebenden der ersten Adorno-Vorlesung.)
Okay. Wen ich aber, äh, äh, äh, kenne ist Verona. Verona: Deine Stimme … willst Du nicht mit mir einen Song aufnehmen? Lena konnte auch nicht singen und die hat Stockholm gewonnen. Die war einfach so natürlich, äh, äh, äh … Wie wär’s? Wir machen was zusammen? Vielleicht n’bisschen ne andere Richtung? Eher so Tierimitationen? Hm?“
„Danke, Stefan.“ Wieder schreitet Mario Barth ein. Langsam wird er sogar den Zuschauern sympathisch.
„Wenn jemand wieder sehen will, wie Du und die Überlebenden der Kelly-Family einen Berg in einem Soßentopf runterrutschen oder sich in fahrenden Werbebannern gähnend langweilige Duelle liefern, rufen wir Dich.
Der nächste Ankläger ist Benjamin von Stuckrad-Barre. Benjamin: Ich hab’ keins Deiner Bücher gelesen. Ich kann nämlich gar nicht lesen. Aber irgendwann in den Neunzigern haben ein paar ungewaschene Redakteure und genauso viele Leser von elitären Wochenmagazinen beschlossen: Sie brauchen einen koksenden Anführer, ein Idealbild. Aber da Christoph Schlingensief keine Zeit hatte, haben wir Dich eingeladen. Bitte verklag mich nicht wegen dem Witz. Danke.“
„Werde ich nicht, werde ich nicht.“, sagt Stuckrad-Barre und richtet sich erstmal den P&K-Anzug. Die Augen sind leer. Sein Blick wandert zu Michel Friedmann:
„Herr Friedmann. Keine Angst. Ich werde keine Witze über einen Juden machen. Ich bin die furchtvolle Nachfolgegeneration der Verdränger. Ich mache keine Witze über Juden, über Nazis ja. Natürlich. Nur. Über meine eigenen Unsicherheiten, ja. Natürlich. Nur. Aber ich mache die Witze über mich. Niemand sonst.
Steffen Seibert: Über Sie kann ich auch keine Witze machen. Wie auch? Sie sind die Durchschnittlichkeit in Person. Das Mittelmaß. Die Glocke, nicht die Kurve. Ebenso wie die Regierung, wie Schwarz-Geld, eigentlich nur wie Schwarz. Sie greifen nach allen die Ihnen in die gleiche Richtung laufen. Oder: Sie greifen einfach nach allen. Nach allen Seiten. Ohne politische Meinung, ohne Verstand. Rechts, Links, Rot, Grün, Gelb, Pink, Braun … Wenn man alle Farben lange genug mischt kommt immer schwarze Suppe heraus: Alles tendiert dahin. Nun tendiert schwarz auch zu allen.
Dieter Bohlen: Was soll man da noch sagen. Im letzten Jahrzehnt, oder so, haben Sie ihr Ding ungefähr in alles rein gehalten, was in der Gala auf Seite Drei abgebildet war: Und im Hintergrund eines Fotos von irgendeiner Premierenfeier, oder der Eröffnung einer Douglaz-Filiale im Breisgau stand. Sie und Oliver Pocher und Lothar Matthäus sollten eigentlich in jeder Dorfdisko einen eigenen Raum bekommen: Nur damit es leichter wird.“ Mario Barth steht auf und applaudiert: Die letzten beiden Namen kannte er auch.
„Danke, Benjamin: Verursacht es eigentlich körperliche Schmerzen, wenn man mal für Harald Schmidt geschrieben hat, als dieser noch wirklich wichtig war, und jetzt von einem proletarischen Analphabeten (Verona kichert: „Er hat anal gesagt!“) von der Bühne gewunken wird, der jetzt wirklich wichtig ist? Denk darüber nach, während Du und Florian Illies wieder an den Milliarden Kopien eurer neuen Bücher erstickt, die wieder niemand lesen will und wieder alle Feuilletons besprechen.
Der letzte Ankläger ist Dieter Bohlen: Dieter, komm nach vorne. Stell Dich genau auf den Stern und … Du kennst den Rest.“
„Ja … moin, erstmal: Danke Mario. Du kannst jetzt mal abwackeln und weiter Dankesgebete gen Himmel schicken, dafür dass Du nicht – wie alle anderen „Comedians“ in diesem Land – dauernd bei „Genial Daneben“ auftreten musst.
Steffen Seibert. Sie sind Konvertit. Ich wette aber sie tauchen in keiner Datei von Wolfgang Schäuble auf …
(Ein Raunen geht durch das Publikum. Niemand hat diesen Kommentar von Dieter Bohlen erwartet. Gespanntes Erwarten, dann dreht sich Dieter Bohlen zu Verona Pooth.)
Verona. Du bügelfreies Männerhemd. Du billige Velur-Kabeljau-Fregatte.
(Und Dieter ist zurück wo er hingehört. Das Publikum entspannt sich wieder.)
Johannes Heesters. Sie sind so alt, sie hatten schon was gegen Juden, da haben die noch Jesus ans Kreuz genagelt.
Michel Friedmann. Sie haben zum Thema Willensfreiheit in Philosophie promoviert. Da steckt ein guter Witz drin, in Beziehung zu Zwangsprostituierten, aber davon hatten wir schon einen, also diese Frage: Wo ist die Willensfreiheit in der jüdischen Gemeinschaft, wenn sie immer wieder aalglatte und gottlose Sheyster wie sie in den Vorsitz des ZdJ wählen?
Stefan Raab. Seit Moses Pelham Dir eine reingehauen hat, hat keiner mehr von ihm gehört. Danke dafür.
Und Benjamin von Stuckrad-Barre: Wer liest schon die Welt?“
Mit diesen Worten verlässt Dieter Bohlen die Bühne. Mario Barth kommt zurück:
„Okay, ja … äh. Neee, neee. Wir sind noch nicht am Ende. Für die Antwort kommt jetzt Steffen Seibert auf die Bühne. Steffen … bitte.“
Mäßiger Applaus.
„Danke Mario. Ich will nur eines sagen: Mich interessiert das alles eigentlich überhaupt nicht. Warum auch? Ihr seid so unwichtig. Die Menschen im Fernsehen, ohne jede Bedeutung. Das wichtige ist: Ich bin jetzt Regierungssprecher, der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Ich bin im Rang eines Staatssekretärs. Ich habe ausgesorgt. Ganz Oben in der Nahrungskette, und ich bin noch nicht mal Fünfzig. Ich brauche nichts machen, außer lächeln und stetig sinkende Arbeitslosenzahlen verkünden, oder mal betroffen für ein Unglück gucken. Und es wird viele Unglücke geben und die Arbeitslosenzahlen werden weiter sinken, weil immer weniger Leute einen Job brauchen. Ja. So ist das. Und ich werde es als Erfolg verkaufen. Es ist mein Job. Verkaufen. Ihr interessiert mich nicht. Wähler interessieren mich nicht, weil ich nicht gewählt werde. Ich werde angepasst geboren und so komme ich nach Oben. Und vielleicht, wenn es keiner merkt, bleibe ich auch bei der nächsten Regierung. Und die Nachrichten die ich rausgebe: Es sind keine Nachrichten. Es sind Pressemeldungen. Statements. Und sie interessieren mich einen Dreck. Also entschuldigt wenn ich mich einen Dreck um euch schere.“
Mit diesen Worten lässt Steffen sprichwörtlich das Mikrofon fallen, es gibt einen kurzen Rückkopplungseffekt und er geht von der Bühne.
Es wird unruhig im Saal. Selbst Mario Barth weiß nicht was er tun soll. Dann greift er sich das Mikrofon.
„Wer weiß was der Unterschied zwischen dieser Show und der Wirklichkeit ist? In der Wirklichkeit würde er niemals das Mikrofon fallen lassen.“
The Roast of Steffen Seibert
Schreibe eine Antwort