In einer Demokratie soll jeder Bürger gleich sein. Vor dem Gesetz, vor der Polizei und vor dem Scheidungsrichter. Immerhin: Jeder hat bei Wahlen nur eine Stimme. Und alle Stimmen zählen (theoretisch) gleich viel. Nur kann eben ein Hartz-IV-Empfänger seiner favorisieren Partei nicht so viel spenden, wie ein Manager eines DAX-Unternehmens. Und damit wiederum hunderte, wenn nicht tausende weitere Wähler beeinflussen. Aber im Grunde sind ja alle gleich. So gleich, dass das Allensbach-Institut, im Auftrag des Magazins Capital (auch so eine Gleichheit: Welcher Hartzer soll sich ein Magazin kaufen, was als Titel schon beinhaltet, was er nie haben wird. Vielleicht sollte es dann auch ein „Kein Capital“-Magazin geben.) die 520 wichtigsten Entscheider aus Wirtschaft und Politik befragt hat, was sie von der Regierung und sowieso so von allem halten. Rausgekommen ist erst mal: Zukunftsangst hat eigentlich keiner von ihnen, oder dürfte keiner haben. Man blickt optimistisch, ja wohl gelaunt nach vorne. Die Bestelllisten sind voll, überall wird produziert, selbst den Banken geht’s hervorragend. (Warum sollte es auch anders sein, ist ja nicht so als hätten die gerade Milliarden vernichtet.)
Nun müsste man eigentlich denken: Ja. Dann ist ja alles tutti. Aber nein. Soweit würde keiner aus der befragten „Elite“ gehen. Man ist sogar unzufrieden, geradezu sauer auf die Bundesregierung. „78% der Topentscheider (Was zum Teufel ist ein „Topentscheider“?) halten die Bundesregierung für schwach.“ Und warum? Weil man ja nicht so schnell aus der Kernenergie aussteigen darf. Weil das dann vielleicht heißt das Strom ein wenig teurer wird. Weil damit zwar unser Planet gerettet wird, nicht aber die steigende Gewinnkurve der nächsten paar Monate.
Liebe „Topentscheider“: Fuck you!
Ich halte diese Regierung auch für schwach, aber nur weil sie (ganz klientelpolitisch) Steuerkürzungen für die Hotelbranche einführt und es nicht schafft den Höchststeuersatz für Besserverdiener raufzusetzen, dort wo er hingehört. Außerdem kriegt sie es nicht hin Hartz-IV ordentlich zu erhöhen (oder das System mal zu überarbeiten) und dann gibt es da noch ein paar Probleme mit der barbarischen Zuwandererpolitik (die nicht besser wird, wenn man jetzt gnädig Professoren ins Land lässt, wenn einem die Wirtschaft das befielt!) und der Beteiligung an mehreren Kriegen! Was den Ausstieg aus der Kernenergie angeht: Lieber jetzt auf den Trichter kommen, als gar nicht.
Ich glaub ich weiß was „Topentscheider“ wirklich sind. Die entscheiden sich immer für das, was TOP für sie ist. Was TOP für alle anderen ist, ist ihnen scheißegal. Aber so ist das in einer Demokratie: Jeder darf auch nur an sich denken. Ich frage mich, wann das Allensbach-Institut mal eine Volksumfrage macht, wie sehr Deutschland mit den Topentscheidern zufrieden ist …
HARLEKIN POST (011) Gleicher als andere
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