The Daily Show With Jon Stewart | Mon – Thurs 11p / 10c | |||
Jason Jones: Behind the Veil – Persians of Interest | ||||
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The Daily Show With Jon Stewart | Mon – Thurs 11p / 10c | |||
Ebrahim Yazdi’s Arrest | ||||
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Jason Jones: Behind the Veil – Persians of Interest | ||||
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The Daily Show With Jon Stewart | Mon – Thurs 11p / 10c | |||
Ebrahim Yazdi’s Arrest | ||||
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Moment mal! Wir haben „zweitausend Jahre Varusschlacht“ und keiner hat was gesagt?
Ich hätte mir nen Anzug angezogen oder wenigstens das Hemd gebügelt.
Ach … Erst im Herbst? Gut, kann ich noch was aufholen.
Mal sehen: Angeblich hat damals … im Herbst 9 nach Christus … also dieser Arminius (den wir heute der Einfachheit halber Hermann nennen) ein Achtel des römischen Heeres vernichtet. Ein Achtel. Klingt erstmal nicht viel.
Aber wer schon mal versucht hat sich mit einem Achtel des A-Teams anzulegen (was ungefähr zwei Goldketten und die Faust von Mr.T ist), der weiß es besser.
In diesem Fall waren es 20 tausend Mann. Okay, es waren Römer, aber immerhin …
Hermann versteckt sich also, mit einer unbekannten Anzahl von Germanen (die damals zusammengewürfelt aus einer Vielzahl von wirklich beschissen klingenden Stämmen wie Marser und Chauken kamen), irgendwo im Gebirge. Varus – ein römischer Stadthalter, der nach Germanien geschickt worden war um es zu befrieden und Steuern zu erheben (was so dumm ist wie es klingt: War ja klar das sich da jemand wehrt!) – war auf dem Weg zurück aus dem Norden ins Winterlager. Irgendein Idiot erzählt Varus also, dass es Aufstände in einer relativ unbekannten Region Germaniens gibt. Varus nimmt – römisch überheblich – einen Umweg und Baam! (Der Idiot hat sich bestimmt nicht nach Rom getraut!)
Die gut durchmischten Germanen, vom Aussehen wohl irgendwo zwischen Kelly Family und Wildecker Herzbuben, stürzen sich auf die ungelenken Römer, die vorher mit „Weg frei räumen“ und „Bäume fällen um weiterzukommen“ beschäftigt waren. Man kreist den gemeinen Legionär in kleinen Gruppen ein und nimmt Männer und Pferde gepflegt auseinander. Varus, die feige Nuss, nahm sich, bevor man ihn gefangen nehmen konnte schön das Leben und als Kaiser Augustus später Varus Kopf präsentiert bekam rief er:
„Varus, Varus! Gib mir meine Legionen wieder!“
Was für mich persönlich zum geflügelten Wort wurde, weil es ein alter Geschichtslehrer von mir in geradezu inbrünstiger Art immer wieder und wieder ausrief (selbst als wir im Unterricht längst bei Hitler waren).
Was ich mich bei allen Berichten über die Varusniederlage oder Hermannschlacht (wie man sie in Detmold nennt, wo man gleich übereifrig das Hermannsdenkmal aufgestellt hat) irritiert, ist: Eigentlich weiß niemand einen Scheiß was damals passiert ist.
Fakt ist: Keiner der Typen (Ovid, Tacitus, Cassius Dio und wie die alle hießen) die drüber geschrieben haben war dabei.
Fakt ist auch: Keiner weiß genau wo die Bambule wirklich abging. Einige sagen in Detmold und im östlichen Teutoburger Wald (was der echt beschissenste Ort für ne Keilerei ist, ich meine: Verklicker mal deiner Truppe am Wochenende beim Grillen: „Hey, ich hab’ im Herbst bei Detmold den Römern eins auf die Nuss gegeben und dafür gesorgt, dass die langfristig ihre Bemühungen nördlich des Rheins Fuß zu fassen aufgeben.“ Klingt doch nach gar nichts!), andere sagen südlich vom Teutoburger Wald, bei Beckum (was nicht viel besser als Detmold klingt) und wieder andere meinen das sich alles bei Kalkriese abspielte (was der wenig belebten Gegend bei Osnabrück ein bisschen zu viel Ehre zuteil werden lässt, wenn man mich fragt).
Das heißt also: Im Grund hat vor zweitausend Jahren ein Deutscher nem Italiener und seiner 20tausend Mann Bande irgendwo mit was-weiß-ich-wievielen Kumpels richtig eins reingewürgt.
Und da es damals noch kein Twitter gab, gibt es auch keinerlei Berichte aus erster Hand und wie es wirklich abging, was die Jungs so genau trieben oder wo sie dabei eigentlich rumhingen.
Apropos Twitter:
Der Trend geht ja nun eindeutig in die Richtung sich überhaupt nicht mehr persönlich zu treffen, trotzdem aber alle Welt über jeden Scheiß auf dem Laufenden zu halten.
Bald schon heiraten wir bestimmt virtuell … ach: Dat gibt’s schon?
Na dann … dann will ich wenigstens virtuell zur letzten Ruhe gebettet werden. Mit Gästebuch und dem Button „Would you like to share this Funeral on Facebook?“. Ich will dass meine “Freunde” sich meine Beerdigung auf ihrer MySpace-Seite “embedden” können und einen Livestream aus dem Sarg will ich auch. Ich will ein Voting zum Thema „Einäschern oder Vergraben“ und anschließend „Urne oder Asche auf dem Meer verstreuen / ins All schicken“. Ich will Werbebanner auf meiner MyFuneral-Seite für das neue Miley Cyrus-Album und ich will ein Haufen Weiterleitungen unter dem Titel „Wenn sie diese Beerdigung mochten, mögen sie vielleicht auch die folgenden Beerdigungen:“
Und ganz Unten, ganz weit Unten auf der Seite. In dem winzigen Text den jede Webseite mittlerweile hat und der die meisten Anbieter von der Haftung für ihren abscheulichen Inhalt ausschließt, irgendwo in diesem winzigen Text steht der Name Joe Blitz. Und man kann auf den Namen klicken und wenn man das tut, dann öffnet sich ein neues Fenster und das neue Fenster ist absolut leer. Und man muss wieder ganz weit nach Unten scrollen um überhaupt was zu sehen. Und da steht dann:
„Joe Blitz ist L. Ron Hubbard.
Ein unterdurchschnittlicher Science-Fiction-Autor, der es tatsächlich geschafft hat eine eigene Religion zu gründen, die heute größer ist als jemals zuvor. (Und das mit dem Vornamen Lafayette!) Eine eigene Religion, die nicht weniger Religion wird, nur weil wir sie Sekte nennen. Eine Religion, verdammte Scheiße! Von einem Science-Fiction-Autor! Wer hat wohl die Bibel geschrieben?“
Und unter diesem Text ist ein winziger Button und darauf steht:
„Computer runterfahren, dann aufstehen, mal wieder rausgehen und nen klaren Kopf bekommen, weil diese Welt das echt nötig hat!“
Und ich wette: Wer diesen Button, diesen Knopf dann drückt, der textet im Rausgehen seinen Kumpels via Twitter:
„Hab’ diesen Knopf auf ner Funeral-Page gefunden. OMG Muss meinen Computer neu starten. Geh’ mal eben raus und seh’ nach ob jemand da ist.“
Zwei Minuten später folgt dann:
„War draußen. War ganz alleine. LOL Keiner hat’s gehört!“
Im Finale von Worlds Next Messiah stehen ein ziemlich dicker Dauergrinser, ein Mann mit langem Spitzbart und ein Junge aus dem Westjordanland.
Der Moderator ist, wie könnte es anders sein, Johannes B. Kerner.
„Buddha?“, fragt Kerner grinsend und wird dann von Gastjuror Lothar Matthäus mit der Frage „Budda? Kommt da eigentlich „Budda bei die Fische“ her?“ unterbrochen. Keine Antwort. Eisiges Schweigen.
„Wo ich stehen geblieben war“, führt Kerner fort. „Buddha, bei ihrem letzten Projekt haben Sie als Berater für Quentin Tarantino gearbeitet. Der Film heißt ‚This fuckin’ Reincarnation’ und handelt von einem Buddhisten, der den ewigen Kreislauf der Wiedergeburt leid ist. Deswegen begibt er sich auf einen Amoklauf von biblischen Ausmaßen, nur um am Ende als die schlimmste aller Formen wiedergeboren zu werden: Nichts … und so den Kreislauf der Wiedergeburt endlich durchbricht.“
„Entschuldigung.“, mischt sich ein weiterer Gastjuror ein. „Entschuldigung. Aber ich glaube, wir haben das Patent auf das Wort „biblisch“. Vielleicht benutzen sie doch einen unreligiöseren Superlativ. Danke.“
Nachdem Kerner sich galant und professionell entschuldigt hat, setzt sich der empörte Ratzinger wieder. Die Aufmerksamkeit liegt bei Buddha.
„Nein.“
„Wie: Nein?“ Nun will es Kerner genauer wissen.
„Nein. Ich habe mich geweigert mit Tarantino zusammen zu arbeiten.“
„Aha. Warum?“
„Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin ein großer Fan. Wie Uma Thurman in Kill Bill 1 kurz zwinkert und die Kampfsequenz wird Schwarz-Weiß … großartig. Aber ich habe ein eigenes Skript für einen Buddhismus-Film eingereicht und Tarantino hat es abgelehnt. So hat sich eine weitere Zusammenarbeit für mich erledigt. Er hat sich dann diesen vierarmigen Kerl aus dem Hinduismus geholt. Meinte: Das wirkt sowieso besser vor der Kamera. Vollkommener Schwachsinn. Vier Arme. Wie sieht’n das aus?“
„Hm.“
Kerner wendet sich an den Mann mit langem Spitzbart:
„Ihnen wurde auch mal eine Filmrolle angeboten, oder?“
„Ja. Ich sollte Harrison Fords Vater in Indiana Jones 4 spielen, nachdem Sean Connery abgesagt hatte.“
„Warum haben Sie’s nicht gemacht?“
„Ehrlich gesagt: Damals fand’ ich das ziemlich anmaßend. Ein Sohn armer Eltern aus Mekka soll den Platz des vielleicht größten, schottischen Schauspielers einnehmen … uh, nein. Viel zu viel Verantwortung. Im Nachhinein allerdings: Ich bin froh das ich nicht dabei war.“
„Aha. Warum?“
Während Kerner weiter fragt, beginnt Gastjuror Ricky Martin (selbsterklärter Retter des Latino-Pop) gelangweilt die Os, Ds und Qs auf seinem Fragebogen auszumalen: In Rosa.
„Warum, warum, warum?“, entgegnet der Mann mit dem langen Spitzbart genervt. „Weil der Film Grütze war. Absoluter Scheiß. Das hätte meine Karriere ruinieren können. Und dann dieses Auflösung am Ende: Außerirdische. Ist doch vollkommener Blödsinn.“
„In der letzten Mottoshow, Thema: Auferstehung, kurz vor dem Finale, ist Kebal Kutur ausgeschieden. Er sagt von sich, der außerirdische Erlöser einer irdischen Sekte zu sein.“
„Und? Hat ihm irgendjemand geglaubt?“
Langsam wird der Mann mit dem langen Spitzbart wirklich sauer.
„Das ist doch immer so. Egal wohin ich komme. Überall gibt es diese Spinner, die Paradiesvögel, die glauben sie können einem längst vergangenen Hype hinterherlaufen. Und dann sagen sie, sie sind Außerirdische oder stechen sich ein Auge aus und wollen als Zyklopen durchgehen. Aber sobald es ‚tough’ wird … ich meine: Richtig ernst! Sobald sie mal echt ein Wunder vollbringen sollen, so wie Auferstehung. Hey: Ihr habt den Typen gesehen. Wie der rumgekrebst hat, alleine dabei wie er am Ende den Stein vor der Höhle wegschieben sollte. Amateur. Ich dagegen, und dabei ist Auferstehung echt nicht meine Disziplin, hab’ die Zähne zusammen gebissen und hab’s durchgestanden. So sind wir Muslimen.“
„Okay.“ Kerner scheint beeindruckt.
„Das heißt: Sie denken der Richtige für die weltweite Erlösung zu sein?“
„Klar. Hundert Pro. Und diese Propaganda, vonwegen ich hätte was gegen andere Religionen. Vollkommen übertrieben. Sowas hab’ ich nie gesagt, oder gemeint. Was ich meinte war: Für irgendwas muss man sich entscheiden, warum also nicht für den Islam. Okay, wir haben Fehler. Gebe ich gerne zu. Aber guck Dir mal die Juden an…“
„Bitte?“, meldet sich Gastjurorin Hannah Arendt.
„Nein. Nicht Sie. Ich meine Friedmann und die ganzen Knallchargen.“
„Okay, okay.“, unterbricht Kerner. Gastjurorin Arendt schüttelt derweil mit böser Miene den Kopf.
„Du bist doch auch Jude.“, spricht Kerner den Jungen aus dem Westjordanland an.
„Wenn man Dich fragen würde: Würdest Du erneut das Leid der ganzen Welt auf Dich nehmen?“
„Ich?“, fragt der Junge aus dem Westjordanland unsicher nach.
Kerner nickt.
„Nein. Wieso denn?“
Kurzes Erstaunen bei der Jury. Ein Raunen geht durchs Publikum.
„Aber … aber“, beginnt Juror Ben Becker. „In Deiner Vita heißt es … „und er nahm die Sünden der gesamten Menschheit auf sich.“ oder wie ist das zu verstehen? Bildlich?“
„Nein. Auch nicht bildlich. War einfach nicht so. Alles Folklore.“
Der Junge aus dem Westjordanland scheint nicht erstaunt, dafür springt Gastjuror Dan Brown auf:
„Ha! Das hab’ ich immer gesagt!“
Unruhe bricht unter den Jurymitgliedern und auch im Publikum aus. Kerner hat einige Mühe alles wieder unter Kontrolle zu bringen.
„Gut, gut, gut. Lassen wir das mal mit der gesamten Menschheit weg … wie viele Leute wärst Du bereit zu retten und in eine bessere Zukunft zu führen, so als Worlds Next Messiah? Eine Million? Zwei?“
Kerner fixiert den Jungen aus dem Westjordanland, aber der beißt sich nur kurz auf die Unterlippe und antwortet dann achselzuckend.
„Hm … keine Ahnung. Nicht so viele. Vielleicht zwei Menschen, maximal drei. Vier … wenn’s hoch kommt.“
Unverständnis und fragende Blicke. Der junge aus dem Westjordanland zupft sein ausgewaschenes Offspring-T-Shirt zu Recht und versucht gerade auf seinem Kandidatenhocker zu sitzen. Dann räuspert er sich:
„Um mehr geht’s doch gar nicht. Wer versucht die ganze Welt zu retten, hat definitiv einen Gottkomplex.“
„Garnicht!“, brüllt der Mann mit dem Spitzbart und der Dauergrinsen hört mit dem Grinsen auf.
„Wie Du meinst.“, lächelt der Junge aus dem Westjordanland.
„Aber Fakt ist: Ich kann nicht alle retten. Nicht mal die, die ertrinken … wenn ich nicht schwimmen kann. Mal als Gleichnis gesprochen.“
„Toll. Und das von jemandem der übers Wasser läuft.“
Buddha grinst wieder, und bekommt Unterstützung vom Dalai Lama. Aber der Junge aus dem Westjordanland lässt sich nicht verunsichern.
„Fakt ist auch: Ich kann nicht mal alle lieben.
Als ich damals mit meinen Jungs durch Galiläa gelaufen bin, haben wir versucht niemanden auszulassen. Wirklich niemanden. Hin und her sind wir gerannt. Wenn ich das heute machen würde, ich würde von einem Baumarkt in Mecklenburg-Vorpommern bis zum kleinsten Shoppingcenter im Wartburgkreis wandern. Aber es würde nichts bringen. Du kannst nicht jeden erreichen und Du kannst auch nicht alle lieben.
Ich erinnere mich an eine Situation, da hat uns so ein bescheuerter, römischer Viehhändler fast von der Straße nach Kana abgedrängt. Da waren wir echte alle auf 180. Lukas wollte ihm schon hinterher und so richtig die Fresse polieren, Markus hat ihm den Mittelfinger geziegt, selbst mir kam ein ‚Fuck you, Römer!’ über die Lippen. War kein schöner Anblick …
Aber egal.
Im Endeffekt ist es auch nicht meine Aufgabe alle zu lieben. Ich hab’ da zuerst meinen Arbeitsauftrag schon so verstanden und oft wird das auch so wiedergegeben. Aber so war das garnicht. Es ist halt nicht einfach der Sohn vom Chef zu sein. Aber es liegt alles viel näher. Zuneigung. Ein paar Menschen ganz nah ran lassen. Das war gemeint. Erlösung durch den direkt Nächsten. So geht das.“
„Sie meinen: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst?“, fragt Kerner nach und schlägt dann ein bekanntes Fantasy-Buch wieder zu.
„Nein. Wo haben Sie’n das her? Wie soll ich denn jeden Nächsten lieben wie mich selbst? Okay: Erstmal muss ich mich selbst lieben. Schon mal nicht schlecht. Aber was ist mit den Ackermännern dieser Welt? Zuviel Selbstliebe ist auch nicht gesund. Also weniger von Beidem. Weniger Selbstliebe und weniger Nächste. Sich einfach mal auf die wirklich wichtigen Personen einlassen. Eine Frau finden, oder einen Mann. Ich bin da echt nicht der, der irgendjemandem was vorschreiben will. Ich war mit zwölf Typen für ne wirklich lange Zeit unterwegs und nicht jeder der Typen hatte sich sexuell schon entschieden. Da lief ne Menge ab. Egal … worauf es ankommt: Jemanden finden. Ihn lieben und genauso mit sich selbst verfahren. Liebe Dich selbst, wie Du Deinen Nächsten liebst. Aber nur den Einen … oder zwei. Nen guten Kumpel vielleicht noch, die Eltern … wobei man da aufpassen muss. Ich selber komm’ aus ner Patchworkfamilie … aufgezogen von nem Typen der nicht mein leiblicher Vater war, aber dauernd mit irgendwelchen Leuten konfrontiert, die durch mich an meinen leiblichen Vater rankommen wollten … war nicht einfach. Mein leiblicher Vater … ziemlich strenger Typ. Hat was echt Angsteinflößendes. Aber mein Ziehvater war cool. Hat viel mit Holz gemacht. Laubsägearbeiten, da kriegt man als Kind was Kreatives mit auf den Weg. Ich hab’ ihn geliebt. Genauso wie ich meine Freundin liebe und unsere Kinder. Aber eben nur diese Auswahl. Mein Best-of. Und so wie ich die liebe, so liebe ich mich. Also nicht die Ich-Perspektive wählen, mehr auf Andere eingehen. Und nicht auf alle. Das geht doch total in die Hose: Wenn ich mich so sehr lieben würde, wie ich die Tante beim Burgeramt liebe, die mir schon wieder das Wohngeld gestrichen hat, dann würde ich vor lauter Selbsthass das Haus nicht mehr verlassen. Kann doch garnicht gehen.“
Die Jury sieht sich an. Es kommt zu keiner Diskussion. Der Junge aus dem Westjordanland fliegt raus.
Auf Platz Fünf der meist verkauften Sachbücher in Deutschland steht diese Woche Sonya Kraus mit „Baustelle Body“ Untertitel: „Sonya’s Secrets“. Ehrlich gesagt: An dieser Stelle fallen mir so viele Seitenhiebe ein, ich bin geradezu genötigt nichts zu schreiben. Nur soviel: Auf Platz Neun steht der Rechtschreibduden.
Auf Platz Drei der Bundesliga steht, seit diesem Samstag, Bayern München. Mit hängenden Gesichtern und Schultern und was weiß ich noch allem, haben Rummenigge, Hoeneß und der Rest des ewig grantig wirkenden Bayern-Vorstands auch gleich Klinsmann entlassen. Ich will das ja nicht auf die Vereinsführung schieben, und Gott weiß: Ich kann den FC Bayern nicht ausstehen, aber denken diese dauerhaft schmollenden War-einmal-Fußballlegenden wirklich das Jupp Heynckes in fünf Spielen irgendwas ändern kann? Vor der Saison sagte man noch: Die Ziele gehen über die Spielzeit 08/98 hinaus. Was ist passiert? Hat die Fußreflexzonenmassage, die Luca Toni nun jeden Morgen kriegt, kein Vertrauen mehr erzeugt? Ich meine: Gegen Barcelona habt ihr doch nur ganz knapp – – – Ach, nee: Ziemlich deutlich verloren. Und immerhin: Ihr verliert vielleicht gegen Barcelona, Schalke und Wolfsburg, aber gegen Frankfurt, Bielefeld, Karlsruhe, Bochum und Hannover habt ihr gewonnen. Das ist doch schon mal was. Teilweise sogar mit mehr als mit einem Tor … außer gegen Bielefeld und Karlsruhe. Also: Kopf hoch. Vergesst eure Depressionen, sagt ja zum Leben und zum UEFA-Cup … (so nebenbei: Hat schon mal jemand Uli Hoeneß lachen gesehen? Und wenn: War es so ein echtes lachen, so eins wie sein Bruder hat … oder eher so eine Art Gesichtsentgleisung … anders kann ich mir das nämlich nicht vorstellen.).
Auf Platz Eins der meistgesehenen Kinofilme in Deutschland steht in dieser Woche Crank 2. Was super ist: Bedenkt man, dass sich über 300tausend Deutsche eine geisteskranke Klamotte angesehen haben, die aussieht als wäre sie für lau gedreht worden, dabei aber 20 Millionen Dollar gekostet hat. Eine Summe, die der Film (Gott sei Dank – sehr viele Gott-Verweise in diesem Eintrag, oder?) noch nicht eingespielt hat. Was bedeutet: Nach dem erfolgreichen ersten Teil (12 Mio. Budget – mehr als 44 Mio. weltweit eingespielt) wird es keinen dritten Teil geben. Puh!
Eine Frage bleibt: Crank 2 hat in Deutschland keine Jugendfreigabe bekommen, was heißt: Er ist für Jugendliche unter 18 nicht zu sehen. Trotzdem führt er die Spitze der Kinocharts in seiner ersten Woche an. Hm? … Die ausgewiesene Zielgruppe für Crank, mit seinem eingängigen (und zusehens nervigen) Klingelton, dem Handygame, den Wallpapers und was nicht noch alles, ist die übliche Gruppe von 14 bis 49: Ich hab’ aber keinen 49-Jährigen mit nem Crank-Wallpaper auf seinem iPhone gesehen oder wie er sich auf Facebook als „Freund“ von Crank-Star Chev Chelios verlinkt.
Vielleicht sind es nicht nur Killerspiele, die man dieser Tage härter ins Gericht nehmen sollte. Die Werbung über Internet, Handy und Fernsehen wird selten von einem neuen Teil der „Wolfenstein“-Saga so eingespannt, wie sie es für neue Filme wird. Und obwohl ihre moralische Unzulänglichkeit – wie im Fall von Crank 2 – mit einer Wertung eingestuft wird, werden die Filme beworben wie Hölle. Zigarettenwerbung ist aus dem Fernsehalltag verschwunden, nach Bierwerbung folgen „Don’t drink and drive“-Hinweise … ich hab’ nichts gegen Filme ab 18. Himmel! Die meisten Filme, die ich mag sind ab 18 oder gehören in ihrer FSK-Einstufung unbedingt heraufgesetzt, und – – – Oh! Okay: Ich weiß wie sich das anhört … Nein! Ich spreche jetzt nicht von Pornos! Jedenfalls nicht hauptsächlich … zurück zum Punkt: Es ist die Fokussierung, die mich rasend macht. Passiert eine Schießerei, gehen alle auf die Computerspiele los. Dabei gibt es hier deutlich Fortschritte:
Auf Platz Eins der Spieler-Hitliste für Computerspiele stehen „Die Sims 3“, obwohl das Spiel erst am 4. Juni rauskommt (illegale Raubkopien sind doch ein Segen…). Na gut: Dahinter folgen, auf Platz 2 bis 5, Spiele die „Command & Conquer“ heißen, oder „Hell’s Highway“, „Total War“ oder „Warhammer“ im Namen tragen. Doch auf Platz Sechs folgt der beschauliche „Landwirtschaftssimulator“. Wer will sich beschweren, wenn das eigene Kind – nach einem Tag mit Erniedrigungen und Problemen in einer völlig überfüllten Gesamtschulklasse (und einem überforderten Pädagogen) – nach Hause kommt und anfängt seine eigenen Genmaisfelder virtuell anzulegen, damit er Subventionen durch die EU kassiert.
Wie viel man natürlich von, per Internet-Befragung erzeugten, Benutzer-Hitlisten ableiten kann, ist fragwürdig. Ebenso ist es fragwürdig ob die Internetnutzer, die Lady Gaga mit ihrem Album „Fame“ an die Spitze der deutschen Hitparade gewählt haben, alle auch das Album käuflich erworben haben; oder ob es eine Klingelton-Hitparade geben muss, die mir durch diesen Blog-Eintrag erst wirklich bewusst wurde und deren „Scheiße, ich liebe Dich“ vom schlecht animierten Bieber „Mauli“ mich bis ans Ende aller Tage in Alpträumen verfolgen wird.
Fakt ist: Wir lieben Hitlisten. Gerade am Wochenende hab’ ich wieder meine Lieblingsfilme aufgelistet. Ohne das jemand nachgefragt hat, einfach so. Dabei ist mir aufgefallen: Für all die guten Filme die es gibt, reichen fünf Plätze … reichen nicht mal zehn Plätze aus. Eventuell ist was falsch an meiner Herangehensweise.
Die meisten Filme die ich mag sind so unterschiedlich – und ich meine nicht nur die Pornos (Girl on Girl, Boy on Girl, Boy on Boy, Animal Erotica …) – man kann die gar nicht vergleichen.
Okay: „Heat“ mit Al Pacino kann man mit „Der Duft der Frauen“ mit Al Pacino vergleichen, immerhin ist es beide Male Al Pacino und er ist beide Male unglaublich gut, aber ansonsten?
Beim Frühlingsfest in Weißensee (fragt mich nicht wie ich darauf komme), welches an diesem Sonntag stattfand, traten 16 Talente auf. Darunter war ein behindertes Mädchen das Mundharmonika spielte. Am Ende gab irgend so ein Penner mit Mikrofon, der scheinbar die Jury anführte, den Kontrahenten eine Wertung und Verbesserungsvorschläge (Und wir dachten: Castingshows hätte keine Auswirkungen auf unsere Gesellschaft!). Verbesserungsvorschläge für Behinderte und Dreijährige Kinder, die nacheinander aufgetreten sind. Drei der „Talent-Acts“ waren mit Erwachsenen besetzt, oder was ich in diesem Zusammenhang mal Erwachsene nennen will. Eines waren irgendwelche schwergewichtigen Schotten, dann noch ein übermotivierter Alleinunterhalter und zwei Jungs mit Gitarren. Gewonnen haben die zwei Jungs mit Gitarren. Gegen ein behindertes Mädchen mit Mundharmonika.
Selbst wenn ich der fucking beste Mundharmonikaspieler der Welt wäre, der mit seinem Mund, diesem kleinen Metallinstrument und seiner Zunge [Und meine Zunge ist nicht untrainiert!] „The Age of Aquarius/Let the Sunshine In“ (in der Version von „Hair“ und in voller orchestraler Besetzung) spielen könnte, selbst dann würde ich nicht gegen ein behindertes Mädchen antreten. Und ich wollte nicht bewertet werden. Ich weiß, man soll Rollstuhlfahrer und Downies (Ja, ich hab’ „Downies“ geschrieben für Menschen mit Down-Syndrom.) behandeln als wären sie so wie alle.
Hey! Newsflash! Wenn ich Zwei Meter und Vierzig groß wäre, würde ich auch nicht bei H&M nach Hosen fragen, oder?
Was ich machen würde, wenn ich saugut Mundharmonika spielen könnte? Ich würde mit dem behinderten Mädchen zusammen spielen, ich würde ihr zuhören und zusehen wie sie das Instrument spielt. Ich würde lernen, weil sie anders spielt als ich.
Ich würde mich nicht von einem dahergelaufenen Penner mit Mikrofon auf einem Frühlingsfest bewerten und verbessern lassen und ich würde Filme, Musik und Bücher die ich mag, nicht in kleine Top-5-Listen in meinem Kopf packen. Moment… irgendwas davon müsste auch gehen, ohne das ich saugut Mundharmonika spiele. Oder ich fang gleich an zu üben.
Rückenschwimmen fördert die Vorstellungskraft. Vorausgesetzt, man schwimmt nicht in einem dieser langweiligen Schwimmbäder, mit vergilbten Deckenlamellen, dann fördert es wohl nur den Drang endlich Kraueln zu lernen. Unter freiem Himmel allerdings … wobei: Man sollte schon eine Badehose anziehen. Nur so als Tipp. Es gibt ja auch Raubvögel. Gerade unter freiem Himmel.
Worauf ich eigentlich hinaus will: Viel von dem was wir so machen, ich so mache (ich muss aufhören im Kollektiv zu sprechen!), hat neben der offensichtlichen Eigenschaft, dem offensichtlichen Vorteil noch eine ganze Reihe von Nebenvorteilen. Oftmals kaum erkannt oder wenig erforscht.
Rückwärtsgehen. Ein Mann in Indien hat jetzt den Rekord im Rückwärtsgehen aufgestellt. Er ist in knapp vier Monaten rückwärts von Mumbai nach Neu-Delhi gelaufen (oder vorwärts von Neu-Delhi nach Mumbai, je nachdem welcher Denkschule man angehört). Achttausendsechsundneunzig Mal ist er hingefallen. Außer den offensichtlichen Vorteilen (Landschaft genießen und keine Tränen in den Augen durch Fahrtwind) wurden ihm so auch die nicht so offensichtlichen Vorteile (Gottvertrauen und Stärkung des peripheren Sehens) klar. Sechs Mal ist er übrigens von einem Auto angefahren worden. Nur einer der Autofahrer hatte dabei einen Airbag. Was uns dass, indirekt durch das Rückwärtsgehen, über die Zustände indischer Fahrgastsicherheit sagt? – Indische Airbags sind scheinbar viel zu sensibel eingestellt, wenn sie schon durch Rückwärtsgeher ausgelöst werden.
Aktien. Wer bisher an das schnelle Geld durch Aktien geglaubt hat, lernt nun die alte Weisheit „Kakao ist es, worin Du investieren sollst!“. Na gut, es ist keine wirklich alte Weisheit, aber wäre doch toll wenn. Und warum gibt es eigentlich keine Notierungen für Lakritze? Im letzten Quartal hab’ ich deutlich mehr Lakritze gegessen als Kakao getrunken. Es gibt auch keinen Schaumgummi-Index, Shrimp-Cocktail oder Chipsletten. Aber Soja und Orangensaft, war ja klar. Warum alle in Weizen investiert haben, wobei es doch auch wunderschöne Aktien zu Edelweinen oder Kaviar gibt, bleibt mir ein Rätsel. Das tolle Spiel mit Kursentwicklungen, hübschen Grafiken und den roten oder grünen Pfeilen, nach Unten oder nach Oben, lässt sich doch genauso gut ohne an Unterernährung sterbende Kinder in Afrika betreiben. Oder macht es dann keinen Spaß mehr? Einer der Vorteile der Finanzkrise ist vielleicht der endgültige Beweis der Komplexitätstheorie: In New York kann ein Broker Weizen oder Reis empfehlen und in Simbabwe gibt es Jubelschreie oder Massensterben. Der Broker ist natürlich nicht allein verantwortlich. Ich bin es mit ihm (oh wie gerne würde ich jetzt wieder zum Kollektiv greifen!). Jedenfalls solange ich nicht selbst-geklöppelte Holzschuhe, gewebte Hosen, gestrickte Pullover mit Wolle von südhessischen Schafen, Kartoffeln aus dem eigenen Garten, Wasser aus dem Brunnen nutze und in einer Hütte aus deutscher Eiche schlafe. Klingt doch garnicht so schlimm … jedenfalls wenn die Hütte WLAN hat.
Man stelle sich also vor auf dieser Party zu sein: Und da trifft man sie…
Ehrlich gesagt: Man stelle sich vor es wäre meine Party. Mein Geburtstag.
Das heißt also: Alles beginnt bei mir zuhause. In der Dusche.
Würde man diesen Teil des Abends mit einem Teil der Erdgeschichte vergleichen, es wäre das Hadaikum. Hadaikum ist das erste Äon, oder die vorgeologische Ära, ungefähr viereinhalb Milliarden Jahre her.
Ich steh’ also unter der Dusche und muss mich entscheiden: Welches Duschgel man nimmt, kann einen fundamentalen Einfluss auf den Verlauf des Abends haben.
Ähnlich dem … genau, dem Hadaikum. In dieser Zeit wurde aus der zähflüssigen Magmakugel, die um die noch junge Sonne kreiste, die Erde. Noch wichtig war dabei: Theia.
Theia war ein marsgroßer Protoplanet, der wie ein Meteor auf der Erde einschlug und durch heraus gebrochenes Magma den Mond bildete, außerdem die Eigenrotation der Erde ankurbelte und für eine deutliche Abkühlung sorgte, wodurch Leben erst möglich wurde. So ähnlich wie ein Deo, oder ein gutes T-Shirt … Hemden sollen auch wirken.
Ich entschied mich für Parfüm. Nicht das normales Deo nicht auch ausreicht … Ich bin der Meinung, gut zu riechen ist unabdingbar. Jeden Tag. Ich weiß natürlich: Man kann mir vorwerfen dadurch unnatürlich zu sein, aber ehrlich gesagt: Ich riech lieber gut und bin unnatürlich, als zu stinken und mich meiner herrlich nasekräuselnden Natürlichkeit zu erfreuen. Also Parfüm. Davidoff (es ist eine Party und mein Geburtstag, etwas Luxus muss sein!). Darüber ein Hemd. Weiß, aber mit hochgekrempelten Ärmeln, Easy-Iron (ich wollte nicht spießig daherkommen). Etwas das sagt: Ich habe Stil, aber kann auch zugreifen. Sozusagen, bestimmt sein ohne ein Fehlen von Klasse.
Nach den Vor-Vorbereitungen, der Dusche, dem Anziehen und zur Party fahren, kam die eigentliche Vorbereitung im Partyraum.
Ich hatte eine Kneipe gemietet. Nicht zu groß (für etwa 80 Leute) und nicht zu gestylt (ich wollte das sich alle wohlfühlen). Dort angekommen beginnt das Herrichten: Musik aufbauen, Buffet installieren (mit Buffet meine ich Chips, Tortillas, Dips) und die richtige Beleuchtung finden. Beleuchtung, so denke natürlich nur ich, ist auf Partys geradezu kritisch bis lebensbedrohlich (für die Party, nicht für mich):
Wenn das Licht zu hell ist … niemand tanzt, weil sich keiner (und keiner die anderen) dabei ertragen kann. Zu dunkel … irgendwann knutscht man mit der Falschen … es ist ein Minenfeld!!!
So ein bisschen wie das Archaikum.
Wenn wir uns also immer noch im Präkambrium des Abends, der Vorphase, befinden, ist die Einrichtung der „Location“ ein eigenes Äon der Erdgeschichte. Es ist der Augenblick wenn es Makromoleküle, durch die Anlagerung anderer Moleküle, schaffen sich zu vergrößern und dann selbst zu reproduzieren. Leben entsteht … wenn alles richtig läuft. Richtiges Licht, richtige Temperatur … auf einer Party darf es nicht zu kühl sein, ebenfalls darf man nicht so sehr schwitzen das jemand beim Tanzen umkippt.
Im Archaikum bildet sich zudem die Atmosphäre und erstmals wird Sauerstoff freigesetzt, der für die folgenden Jahrmillionen und für alle Lebewesen unabdingbar ist.
Was uns zum Proterozoikum des Abends bringt: Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre steigt und erstmals (mittlerweile durch Fossilen nachgewiesen) kann man von tierischem Leben sprechen. Die ersten Gäste kommen.
Es sind die Frühstarter, keine Frage. Viele von ihnen sind die, die schon um halb elf wieder gehen, aber einige halten es bis ganz zum Schluss durch (meistens weil sie sowieso niemand zum Tanzen auffordert, oder sich keiner mit ihnen unterhält, weswegen sie irgendwann einfach in einer Ecke einschlafen).
Und dann geht es los: Kurzes Durchatmen … Das Paläozoikum, oder Erdaltertum ist erreicht. Vor 542 Millionen Jahren, im ersten Paläozoischen-Systems des Kambriums, gibt es einen Einschnitt in der weltweiten Verteilung des Kohlenstoff-Isotops C-13. Globale Erwärmung (damals ohne Probleme und Al Gore) setzt ein und der Meeresspiegel steigt. Plötzlich findet man (besser gesagt man findet heute, damals tauchten sie nur erstmals auf) die Trilobiten, und zwar ganze Schwärme. Das besondere: Sie sind zwei klein und unscheinbar, sehen aus wie Kakerlaken, haben aber ein Kalkskelett. (Außen zwar, nicht sehr schicklich, aber immerhin!)
Irgendwas hat sie angelockt, irgendwas aus ihren Höhlen getrieben und auf einmal sind sie da.
Ob es die besten Verbindungen mit dem ÖPNV an diesem Abend sind, oder ein abstinenter Kumpel der eine große Gruppe von Freunden zur Party fährt, oder die Happy-Hour die ich mit dem Besitzer der Kneipe vereinbart habe (und die Kindl für Einsfünfzig rausgibt) … man weiß es nicht, aber: Plötzlich füllt sich der Raum und die Party beginnt.
Was folgt sind die berüchtigten Phasen (Systeme): Ordovizium, Silur, Devon, Karbon … immer mehr und mehr Arten tummeln sich (Hip-Hop wird gespielt, kurz mal Rock, Drum-and-Base, Elektro …). Fische bilden sich heraus, Korallen … und dann passiert der Gau: 50% der Arten sterben aus. Das Perm ist erreicht und damit das letzte System des Paläozoikums. Hier folgt das größte Massensterben der Erdgeschichte.
Wissenschaftler meinen: Durch eine Absenkung des Sauerstoffgehaltes im Wasser wurde ein Sterben provoziert und gleichzeitig die Herausbildung der Amphibien beschleunigt.
So auch auf der Party. Die ersten Gäste gehen. Besser gesagt: All jene die mir gratulieren wollten, und auch wirklich nur gratulieren wollten (oder Pärchen sind und schnell wegmüssen), sie gehen. Irgendwann, einfach so. Irgendwas ist passiert, ich weiß nicht was: Das Bier ist wieder teurer, die Bahnen fahren gleich nicht mehr … was auch immer. Sie sind auf jeden Fall weg.
Was dann noch kommt: Nachtschwärmer & Nachzügler.
Willkommen im Mesozoikum.
In der Zeitspanne zwischen 251 und 65 Millionen Jahren (vor heute) befinden wir uns im Erdmittelalter. Auf unerklärliche Art und Weise starben vor dem Mesozoikum mehr als drei Viertel aller Arten aus. Die Erde, die Kneipe ist verwaist. Große Lücken auf der Tanzfläche.
Und die Welt wird wie wir sie kennen. (Wüst & leer? Nein! Überschaubar und wunderschön.) Die ersten Blütenpflanzen entstehen, die ersten Bäume und die ersten größeren und kleineren Säugetiere. Und auch sie. Das Mädchen meiner Träume.
Dort ist sie und neben ihr entstehen die Dinosaurier.
Fast das gesamte Erdmittelalter hindurch dominieren die Dinosaurier die Tanzfläche. Passend unpassend wird von Queens of the Stone Age bis zu Metallica alles gespielt. Als ich zum zehnten Mal angeschrien werde doch endlich JBO zu spielen, beschließe ich dann die Erdneuzeit einzuläuten:
War am Anfang des Mesozoikums noch alles eine Gruppe, ein Superkontinent (nennen wir ihn des spaßeshalber „Pangaea“), driften die Kontinente bis zur Erdneuzeit, dem Känozoikum, auseinander. Klimazonen richten sich ein, dass Wetter stabilisiert sich und der Atlantik wird geschaffen.
Viele sagen: Es war ein Meteorit, der auf Yucatán einschlug, und zum Aussterben der Dinosaurier führte … ich sage: Mit der Erdneuzeit kam die Chill-Out-Mucke.
Zu Massive Attack, Kruder & Dorfmeister und Portishead sitzen nun alle – die vom zweiten Massenaussterben der Erdgeschichte übrig geblieben sind und sich weiterentwickelt haben – auf den verteilen Sofas und Bänken herum. Einzeln werden Colas bestellt, weil man schon nicht mehr gerade gucken kann.
Die Alpen falten sich auf, dass heutige Europa (vielleicht ohne die Grenzen) beginnt in seiner Gestalt uns nun ziemlich bekannt vorzukommen und mit der letzten Eiszeit vor 2,8 Millionen Jahren kühlt sich alles auf normal runter und der Nordpol entsteht. (Der Südpol entstand schon 35 Millionen Jahre früher, aber sprechen Sie ihn nicht darauf an: Er ist da empfindlich.)
Die jüngste geologische Epoche der Erdgeschichte ist das Holozän. Es dauert von vor 11700 Jahren bis heute an. Der Sonnenaufgang jeder Party.
Man hat all das übrig Gebliebene und die gebrauchten Plastikbecher, jedenfalls die die nicht auf der Tanzfläche platt getreten wurden, in großen Mülltüten eingesammelt und bringt es raus auf die Straße. Über der Stadt hängt dieser kühle Dunst und feucht schimmernde Morgenluft. Man atmet kurz durch und meint: Den letzten Jägermeister hätte ich nicht trinken dürfen. Dann tritt sie aus der Kneipe.
Sie ist extra länger geblieben. Ihre beste Freundin hat schon im Mesozoikum die Flucht ergriffen, sie aber hat getanzt. Mit den Dinosauriern und nachdem diese ausgestorben waren weiter zu „Teardrop“, zu „Roads“ und zum ganzen DJ-Kicks-Album.
Man sieht sie an und lächelt. Ich sehe sie an und lächle.
„Was machst Du nach dem Holozän?“, möchte ich fragen.
Irgendein Bäcker hat bestimmt schon auf und es gibt warme Croissants.
Eigentlich mag ich keine Croissants, aber sie mag die bestimmt und man ist ja nur einmal jung.
Sie lächelt zurück.
Es gibt ein allgemeines Gesetz, welches beschreibt das in einer Gaswolke immer ein innerer Druck besteht, der versucht das Gas auseinander zu treiben. Dieser Druck sorgt dafür, dass sich Gase in einem Raum immer gleich verteilen. Das heißt: Wenn ich mir eine Hand aus diesem Raum nehme, werde ich – egal wohin ich greife – immer die gleiche Anzahl von Gas-Molekülen erwischen.
So kommt es auch, dass man einen Luftballon nicht einseitig aufblasen kann. Der Luftballon, also die Luftwolke im Ballon, folgt der Form des Raumes (des Ballons). Egal ob diese Form rund, lang gezogen oder eckig ist. (Und: Nein, ich habe auch noch nie einen eckigen Luftballon gesehen. Bleiben wir beim Thema.)
Das Gesetz des inneren Drucks gilt auch für interstellare Gaswolken. In diesen Gaswolken herrscht aber auch noch eine weitere Kraft, neben dem inneren Druck: Gravitation. (Gravitation wirkt natürlich auch im Luftballon, sagen wir aber einfach mal: Die Auswirkungen in einer riesigen, interstellaren Gaswolke sind … eindrucksvoller.)
Gravitation, also die gegenseitige Anziehung aller Atome in der Gaswolke, hält sich mit dem inneren Druck lange die Waage. Allerdings kann es dazu kommen, dass unsere interstellare Gaswolke so groß (und/oder dicht) wird, dass die Gravitation überwiegt.
Nun passiert etwas Grandioses: Die Gaswolke fällt in sich zusammen.
Klingt erstmal öde, aber man stelle sich das so vor: Auf einem Kindergeburtstag bläst ein Clown (oder der Vater, der die Kinder bespaßen muss) einen Luftballon so weit auf, dass dieser irgendwann mit soviel Luft (und Spucke) gefüllt ist und in sich zusammenbricht. Hat dies einmal begonnen, ist es nicht mehr aufzuhalten. Es geht weiter und weiter: Der Luftballon, äh die Luft im Ballon – also unsere interstellare Gaswolke – konzentriert sich um einen immer kleinen werdenden Punkt. Die Gravitation wird immer stärker, weil: Wenn mehr Masse dazu kommt, sich auch die Anziehungskraft erhöht.
Der Ballon (wahrscheinlich mit Vater-Schrägstrich-Clown, der gesamten Kindergeburtstagsgesellschaft und mindestens dem halben Wohnzimmer) fällt, in rasendem Tempo (und da große Masse auch Auswirkung auf die Zeit hat, wirklich rasend!) immer weiter in sich zusammen. In diesem Kollaps kommt es zu Turbulenzen, ganz wie auf einem echten Kindergeburtstag. Die Turbulenzen sorgen dafür, dass der Ballon (unsere Gaswolke) nicht gleichmäßig in sich zusammenfallen kann. Es bilden sich Verdichtungen, die wiederum in sich zusammenfallen, neue Turbulenzen bilden, wiederum Verdichtungen und so weiter und so weiter: In diesem Towabo entstehen schon die ersten Sterne, die wiederum mit ihrer Strahlung andere Verdichtungen und Wolken anstecken und so auch deren Kollaps provozieren. In Windeseile ist nicht nur der Ballon, die Kindergeburtstagsgesellschaft und das Wohnzimmer, sondern mit ihr auch der ganze Block gravitationsinstabil geworden und in sich zusammengefallen.
So ein Ballon-Kollaps ist aber eine vertrackte Angelegenheit: Zuerst, wenn die Gaswolke noch sehr groß und die Teilchen weit voneinander entfernt sind, fallen sie beim Kollaps noch ungehindert nebeneinander her. Problem ist nur: Alle fallen auf einen Punkt.
Beim Fallen geben die Wolken-Teilchen zudem Strahlung ab – sind ja schließlich auch schnell unterwegs, so im freien Fall. Zuerst kann die Strahlung gut entweichen, sobald sich die Teilchen allerdings immer weiter annähern, hitzt sich die ganze Schose immer weiter auf. Im Inneren, also auf dem Punkt, bildet sich ein heißer Kern. Der Kern ist wiederum mit einer ausgedehnten Hülle umgeben, die allmählich auf den Kern herunterfällt. Die Strahlung, die vom heißen Kern ausgeht, wird von der Hülle absorbiert und bei rund 500° Celsius fängt sie selbst an im Infrarotbereich zu strahlen. Das erste Mal ist ein Stern zu erkennen, den man logischerweise Infrarotstern nennt. Da sich aus der ehemaligen Gaswolke viele Sterne bilden, sieht das ganze dann wie eine Batterie roter Luftballons aus, die wie Mamis Wärmelampe glühen (nur um im Beispiel zu bleiben).
Nun bleibt es aber nicht beim Infrarotstern, sondern die Hülle wird immer dünner und irgendwann durchsichtig. Man kann bis auf den Kern gucken und hier spricht man nun endlich von einer jungen Protosonne.
Diese Protosonne ist allerdings viel größer als später der stabile Zustand sein wird: In unserem Sonnensystem war die Protosonne 60mal größer als heute und die Leuchtkraft war sogar 100mal größer, was zu erheblich dunklerem Teint für uns Mitteleuropäer geführt hätte (auch ohne Bräunungscreme), hätte es damals schon eine Erde gegeben.
Was die Protosonne dann macht ist einfach: Sie schrumpft. Gleichzeitig steigen natürlich die Temperaturen im Inneren, sie wird weiter kleiner und heißer und irgendwann ist es so weit: Bei mehreren Millionen Grad (mehr oder weniger, so hoch misst kein Thermometer) zündet der Wasserstoff. Uh, moment: Ist natürlich klar das auch in der Protosonne hauptsächlich Wasserstoff vorkommt, schließlich kommt der auch sonst überall am häufigsten vor.
Nun verbrennt also der Wasserstoff zu Helium und das Schrumpfen hat ein Ende. Der Druck im Inneren kann der Schwerkraft das Gleichgewicht halten.
Im Zentrum bildet sich ein Heliumkern und der Wasserstoff verbrennt nach Außen. Blöd nur, dass der Heliumkern nichts zu tun hat, er wird von der eigenen Schwerkraft wieder zusammengedrückt, und Energie wird frei, der Druck steigt und wird wieder größer als die Schwerkraft: Der Stern bläht sich wieder auf. Die Protosonne kriegt einen Spitznamen: Roter Riese. Dies passiert – kosmisch gesehen – relativ schnell. In nur 500000 Jahren stoppt die Expansion wieder und im zusammengedrückten Kern sind Temperaturen erreicht, die aus dem Helium Kohlenstoff brennen. Man kann raten was passiert: Natürlich, nun brennt das Helium nach Außen durch (so wie vorher der Wasserstoff).
Wenn nun alle Kernprozesse und alle Verbrennungsprozesse und eben das Ganze „Brennen-Kern-bilden-zusammenfallen“ abgeschlossen ist, gibt es manche Sterne die eine explosive Phase durchmachen und am Ende ihres Sternenlebens zur Supernova werden. Ich hab’ zwar selbst noch keine Supernova gesehen, aber es muss ein unvergleichbarer Anblick sein: Wahrscheinlich wird es auch der letzte sein den man hat. Die Explosion einer Supernova ist nämlich für kurze Zeit hundertmillionen Mal heller als der Stern jemals vorher war.
Was danach passiert hängt ganz von der ursprünglichen Masse des Sterns ab:
Entweder der Stern war sowieso nie sehr groß, fällt am Ende einfach in sich zusammen und bildet wieder ein Gleichgewicht (und wird dann ganz treffend „Weißer Zwerg“ genannt, was dem entspricht was er ist: Das verschrumpelte Überbleibsel einer Sonne.), oder die Protonen und Elektronen falten sich zu ladungsneutralen Neutronen zusammen. Neutronensterne und Pulsare entstehen, die dann durch sehr dichtes Teilchenpacken Magnetfelder bilden und Signale auf Radiofrequenzen senden (ohne Scheiß! Die Jungs von SETI haben schon oft gedacht endlich meldet sich jemand, dabei war es nur wieder ein neuer Pulsar!). Das beste Ende haben aber Sterne die besonders massereich waren:
Hier wird beim Zusammenfalten der Protonen und Elektronen die Schwerkraft so stark, dass selbst das Licht nicht mehr gegen sie ankommt. Und nun ist auch kein Stern mehr da, weil wir auch nichts mehr sehen können: Das Licht kann nicht entweichen, ein schwarzes Loch ist entstanden. Wobei „schwarz“ eher ungenau ist, und man eigentlich auch einfach „Löcher“ sagen kann.
Dort eben, wo nichts ist.
Und alles nur, weil jemand einen Luftballon zu weit aufgeblasen hat.
Warum hat man eigentlich den Februar ausgesucht um kürzer zu sein als die anderen Monate? Zwölf Monate, damit man auf ein Dutzend kommt? Oder zwölf Apostel? Nein.
Und dann gemerkt: Huch. Passt nicht mit ner gleichen Anzahl von Tagen für alle. Okay, machen wir Dreißig/Einunddreißig. Warum nicht elf Monate mit dreißig Tagen und im Dezember fünfunddreißig Tage? Würde sich keiner beschweren. „Zwischen den Jahren“ wäre definitiv länger. Mehr Zeit um Geschenke nach Heiligabend umzutauschen, bevor man wieder Böller kaufen muss.
Aber was soll das mit dem Februar? Wirkt wie ein „Behelfs“-Monat. Zu kurz um wirklich zu zählen. Sagt ja auch keiner: Ach, ich mach’ den nächsten Monat frei. Oh. Das ist Februar. Nee, dann warte ich noch bis März.
Undankbarer Monat, wirklich. Ich will jetzt gar nicht anfangen mit Geschichten über Schaltjahre.
Womit ich anfangen will, ist der März. Aus persönlichen Gründen steht mir der Monat ziemlich nahe. Außerdem fängt in diesem Monat der Frühling an. Jetzt nicht dass sich irgendjemand dran hält, schon gar nicht die äußeren Umstände. Auch Osterkram gibt es bereits im Februar. Aber der März ist schon besonders. Wie die zehntausend Kilometermarke eines Autos. Dann, wenn es richtig eingefahren ist. Wenn schon ein paar Spuren im Lack sind, oder man das erste Mal durch den TÜV muss. Der März ist ein Bewährungsmonat. Das neue Jahr hat sich eingependelt. Meistens früher als man denkt.
Das liegt natürlich auch daran das im März die wichtigen Achtelfinals des UEFA-Cups sind. Ich sag’ nicht das es die wichtigsten Spiele sind, nur: Immerhin steckt schon „Finals“ im Titel … irgendwas muss das ja bedeuten.
Und im Februar wird die „Zwischenrunde“ ausgetragen. Platzhalter eben. Ich wette wenn man sich das genauer anguckt, werden im Februar auch weniger Kinder geboren als in allen anderen Monaten … nein, natürlich nicht nur weil es weniger Tage gibt … auch weil alle Mütter versuchen noch länger auszuhalten:
„Nein, nein. Ich schaff’ das. Ich will das es ein März-Kind wird!“
Viele Kinder wurden auch im August geboren. Im August 1969. Woodstock. Ich persönlich war nicht dabei, aber mir wurde erzählt: Es soll fan-tastisch gewesen sein. Menschen, wohin man sah. Arme, Beine … alle nackt. Na ja, die Arme & Beine wahrscheinlich sowieso. Immerhin war es August.
Es war der „Sommer der Liebe“. Wieder mal hat der Februar, und mit ihm der Winter, total abgestunken. Ich hab’ noch nie gehört: Hey, lasst mal ein Festival der „Freien Liebe“ im Februar machen. Klingt auch nicht. „Frühjahr der Liebe“? Tz.
Und „Winter der Liebe“ klingt nach nem apokalyptischen Film.
Apropos Film: 2009 kommt ein Film in die Kinos (wahrscheinlich eher in Amerika, als bei uns) der „Miss March“ heißen wird. Irgendwie geht’s da um ein Mädel aus dem Playboy…bla,bla,bla … der Punkt ist: Der „working title“ lautete „Miss February“. Haben sie aber geändert, in „Miss March“. Muss ich noch mehr sagen?
Warum ist man dick? Warum ist man nicht dick? Was sind die Risikofaktoren?
Eine aktuelle Studie zum Thema „Diäten“ besagt: Wenn man mit 16 Jahren eine Diät gemacht hat, stehen die Chancen besser mit 30 an Adipositas (was soviel heißt wie: Fettleibig zu sein) zu leiden (siehe: Viner & Cole).
Darüber hinaus macht es keinen Unterschied ob man ausgeglichene Diäten (fettarme Ernährung, Gemüse & Obst, etc.) bevorzugt oder sich einfach dünn hungert, also traditionell fastet (siehe: Neumark-Sztainer).
Abnehmen macht also dick? So gesehen sind all die ganzen Fettzellen-Konglomerate, die unglaublich unattraktiven, schwitzenden und keuchenden, dicken Kindern nur ein Opfer der Diätsucht ihrer Eltern? Ja? Wirklich? Bestimmt, und wenn man ganz fest dran glaubt bringt man auch ne Melone zum explodieren. Ganz sicher …
Dicke Kinder sind genauso daran schuld das sie dick sind, wie ich am Sonntagmorgen daran schuld bin das ich nicht aus dem Bett komme.
Der Grund ist doch: Ich hab’ alles dafür getan nicht aus dem Bett zukommen, so wie die kleinen, fetten Kinder alles dafür tun dick zu bleiben. In meinem Fall, hab’ ich zuviel gesoffen, wieder mal Wein und Bier und irgend so einen Gewürzlikör (den Florian weißgott wo aufgetrieben hat) durcheinander getrunken und jetzt muss ich dafür büßen. Und so müssen es auch die fetten Kinder.
Süßigkeiten, Schokolade, Joghurtpaste, Geleebonbons … all jene „Nahrungsmittel“ (wobei ich mir nicht mal sicher bin, ob diese Dinge einen solchen Status überhaupt verdienen) … all das, was man aus nem Automaten am S-Bahnhof (alleine da müsste man schon stutzig werden) ziehen kann … all das hilft dabei dick zu werden, zu bleiben und sowieso nur einem Zweck: Befriedigung.
Ja. Ganz genau. Was haben nämlich alle Süßigkeiten gemein: Zucker. Saccharose.
Eine Zahl dazu: In den letzten 150 Jahren ist der Zuckerkonsum um das 20fache gestiegen. 40 kg Zucker nehmen wir jedes Jahr zu uns. 40 Kilo!
1850 waren es noch 2 Kilo. (Soviel ist mittlerweile in einer Kiste Cola drin … na ja, grob’ geschätzt.) Was doof war für die Leute im neunzehnten Jahrhundert, weil Zucker – neben ein paar anderen Wirkungen – auch für kurze Zeit Serotoninbildung im Gehirn provoziert. Heißt also: Zu Bismarcks Zeiten mussten die Menschen mit weniger „Glückshormon“ im Jahr auskommen als heute. Womit der weitreichende Erfolg der Spiderman-Trilogie erklärt wäre: Nur gedopt kann man so einen Schwachsinn gut finden.
Im neunzehnten Jahrhundert dagegen gab es einfach nicht genug Zucker, in keinem der Rezipienten, um Nietzsche eine heitere Seite abzugewinnen. Heutzutage wäre das durchaus möglich, allerdings lässt sich Nietzsche an die Jugend so schlecht vermitteln. Zwischen Digimon und Pokémon und noch zehntausend anderen geisteskranken, japanischen Stop-Motion-Anime-Serien hat der „Fall Wagner“ soviel Platz wie ein Handvoll Pommes zwischen zwei fetten Kindern.
Der Punkt ist: Man wählt sich sein glückliches Verließ selber.
Und wenn man gewählt hat, dann sollte man wenigstens dabei bleiben. Den Ausgang aus der selbst gewählten Unkenntlichkeit, den muss erst noch jemand proklamieren.
Dick sein ist wie in der PDS sein, oder in der katholischen Kirche: Es zwingt einen niemand dazu.
Aber hat man sich einmal dafür entschieden, man findet allerorts irgendeinen Verein der die „Rechte der Dicken“ schützen will. Moralversessene und meistens Elternbeirats-Medienwächter beschweren sich über die vorrangige Darstellung von Dünnen und die Unterrepräsentation von dicken Kindern. Allgemein seien ja die Vorbilder in Funk- und Fernsehen so unrealistisch dünn und aufgetakelt.
Natürlich sind die alle dünn und aufgetakelt! Schon mal einen Film gesehen in dem auch der Hauptdarsteller nicht geschminkt ist? Hm? Nein? Hätte ich auch nicht gedacht.
Es gibt eben die, die den schnellen Weg zum Glück wählen, über Schokokuchen und Karamellbonbons und die, die bei MacFit auf dem Stepper schwitzen. (oder altmodisch zum Curling gehen, oder wo auch immer richtigen „Sport“ machen!)
Ich nehm’ mich da gar nicht raus. Körperlichkeit ist nichts mit dem ich so einfach umgehe, zusammen mit dem Rest der Menschheit (schätze ich mal). Wir möchten uns die absolute Gleichberechtigung einreden, aber gesteuert von Abermillionen Faktoren (äußere & innere), werden wir klein, groß, dick, dünn und doof oder schlau.
Nur die Einstellung dazu, die wählen wir selbst. Wir kaufen Salzstangen oder Sacher-Torte, Plateau-Schuhe oder Sneakers, Nietzsche oder Tommy Jaud.
Was mir dabei einfällt: Wetten dass…? lief wieder. Angeblich soll es nicht „sooo“ die bescheuerte Sendung gewesen sein. Der „sexiest man alive“ trug die Familienministerin durch die Halle.
Nachdem mir erklärt wurde, dass man mit der Fähigkeit ein Handtuch „aufzurichten“ (mit dem entsprechenden Körperteil) seine Potenz messen kann, fiel mir folgende Saalwette ein: Alle achtundzwanzig Brockhaus-Bände, ohne die Arme oder Beine zu benutzen, in der richtigen Reihenfolge in ein Regal heben. Mal ne Wette mit Substanz.
Ich schmeiß‘ jetzt zwei ben-u-ron ein und kill dann ne Prinzenrolle, mit Anstand. Gute Nacht.
Jemand hat mir neulich das Konzept des Weihnachtsmanns als „doch irgendwie anarchistisch“ verkaufen wollen: Der Weihnachtsmann fährt durch die Welt und verteilt selbstlos seine Geschenke, jeder bekommt was er will.
Ich halte das für ausgemachten Bullshit. Humbug, um germanisch zu bleiben.
Der Weihnachtsmann ist alles, aber kein Anarchist.
Er ist vielmehr wie ein Kaufhaus, in dem man mit Karma-Punkten einkaufen kann. Vielleicht ist er auch ein zuverlässiger Paketdienst, wobei mein „Weltfrieden“, den ich sechsundneunzig bestellt habe, immer noch nicht da ist.
Menschen geraten ja unglaublich schnell in Panik, gerade wenn etwas nicht da ist was eigentlich da sein sollte. Zum Beispiel: Sicherheit.
Und plötzlich rufen alle „Feuer!“
„Droht jetzt die Brutal-Rezession?“, stand vor kurzem auf der Bild-Zeitung. Die SZ verlangte nach der Feuerwehr, glaubte aber dass die Koalition dem nötigen „Rettungspaket“ misstraut. Gleichzeitig führte der Spiegel eine neue Rubrik unter dem Titel „Desolate Wirtschaftslage“ ein.
Irgendwie erinnert mich das an die Geschichte von dem Jungen, der vor der Stadt aufpassen soll dass der Wolf nicht kommt … oder sollte er auf die Schafe aufpassen? Egal: Jedenfalls ruft der Junge irgendwann aus Langeweile „Wolf!“ und alle kommen angerannt. Kein Wolf da, Dorfbewohner sauer, der Junge macht das noch einmal und beim dritten Mal kommt der Wolf wirklich … bla, bla … man weiß wie das ausgeht. Gemetzel, tot: Wie ein Eli Roth-Film. (Übrigens: Hostel 2 war ja so unendlich schlecht!)
Der Punkt ist: Diesmal ruft der Junge-Schrägstrich-„Die Medien“ „Wolf“ und die Dorfbewohner-Schrägstrich-„Die Bevölkerung“ glauben ihm. Einfach so. Und wenn man dran’ glaubt, auch ohne Beweise, dann wird der Wolf irgendwann Wirklichkeit. Tada!
Fertig ist die Panik.
Aber seit wann soll die Wirtschaftslage denn „desolat“ sein? Hab ich irgendwas verpasst?
Wir hatten im September ein Außenhandelssaldo (Ausfuhr minus Einfuhr) von 15 Milliarden Euro. Das ist so gut (oder schlecht) wie durchschnittlich in den letzten zwei Jahren [Zahlen vom statistischen Bundesamt].
Wo liegt also das Problem? Aber allerorts hören wir die Gründe für Feiglinge nicht zu investieren: „Oh, nein. Tut mir leid. Honda muss sich aus dem Motorsport zurückziehen. Die allgemeine, schlechte Weltwirtschaftslage … sie wissen schon.“
Ach, hau’ doch ab! Statt vor Jahrzehnten einfach mal zu sagen „Nein, 390 Millionen im Jahr um die Luft zu verpesten und dann auch noch immer hinterherzufahren … lieber nicht“, jetzt über die Generalentschuldigung dieses Weihnachtsfestes austreten.
Panik. Panik. Panik.
Man möchte beinahe glauben: Die Panik hat Methode.
Ganz so, als würde der gesamte Nachrichtenzirkus momentan nach dem altbewährten Acht-Punkte-Plan vorgehen: „Wie zieh’ ich eine PR-Kampagne auf?“
Punkt Eins: Definiere Deine Ziele.
Das ist leicht. Panik.
Punkt Zwei: Führe Forschungen durch.
Ha. Umfragen, Ergebnisse, Statistiken: Kein Vertrauen in die Wirtschaft und die Politik und sowieso alles andere auch. Die Linken sind zu Links, die Rechten zu Rechts und die Tagesschau führt uns jeden Abend vor: So frustriert sind sie. Aha! Was? Sie sind nicht frustriert? Dann wird es aber Zeit. Alle anderen sind es ja schließlich auch …
Punkt Drei: Verändere Deine Ziele auf Basis Deiner Forschung.
Alle sind in Panik? Gut. Dann heißt das neue Ziel … ehm … Sicherheit!
Punkt Vier: Lege eine Strategie fest.
Eine neue Sicherheitsstrategie, zum Beispiel.
Für innere, äußere, soziale und alle andere Sicherheit: Das in Amerika nach der Obama-Wahl ein paar mehr Gewehre in Iowa verkauft wurden, lief bei uns zur Prime-Time auf allen Kanälen! Angst haben sie. Und wir auch und sowieso und jetzt: Jetzt brauchen wir Rettungsprogramme. Und e-Mail-Überwachung und einen neuen Knut und dann noch ein Musical zum Schuh des Manitu und Christkindlmarkt und Gottesdienste im Fernsehen und mehr Qualität mit Gottschalk und und und …
Aber richtig. So mit Ad-hoc-Kommissionen. Milliardengeldern. Programmänderungen und Eingreiftruppen. Mit Soldaten gegen böse Piraten und einem Störtebekerfilm im Kino. Volksbefriedung und Militäreinsatz vor Afrika. Juhu!
Warum gibt eigentlich keiner mal ad-hoc Milliarden gegen den Klimawandel aus, oder für ein Bildungsprogramm das funktioniert? Zum Beispiel für ausgebildete Lehrer und Engagement und Individualabitur und das dreizehnte Schuljahr, damit unsere jungen angehenden Akademiker ein Jahr mehr Zeit haben sich auszutoben, bevor sie den Planeten retten müssen? Naaaaa? Nein. So viel Angst haben wir dann doch nicht.
Punkt Fünf: Erstelle Themengebiete, Symbole und Anreize.
Ha. Wir brauchen Führer. Weise und alte Männer, mit Taschenuhren und Zigarrenqualm. Zuuum Beispiel … Helmut Schmidt.
Was? Echt? Ja, ja. Auf dem Titel des aktuellen Spiegels steht „Wie ein Bundeskanzler a.D. zur Ikone der Deutschen wurde“. Hey: Herr Blumencron und Herr Mascolo. Betonung liegt auf „a.D.“! Außer Dienst. Wie der ICE-Eins. Oder die Audi-TT-Modelle, die sich bei Tempo 180 einfach überschlagen … hm?
Eine Ikone! Ikone, ich glaube ich spinne. Ikone von Stuyvesant vielleicht.
Der alte Seitenscheitelträger raucht wie ein Schlot, scheißt auf Menschenrechtsverletzungen in China und war mal Bundeskanzler und Außenminister zusammen (Ämterhäufung heißt das, glaube ich): Mir geht ja schon der Hut hoch, wenn einer gleichzeitig Aufsichtsratmitglied der Nordstream AG und Beirat der Rothschild-Investmentbank ist. Ups. T’schuldige Gerd.
Punkt Sechs: Rufe eine Organisation ins Leben, um Deine Strategie auszuführen.
Rufen … so wie Merkel am nächsten Sonntag ins Kanzleramt?
Schritt Sieben: Entscheide über das Timing und Taktiken
So wie der Bundesdatenbeauftragte Schaar gerade jetzt, wenn alle Angst um ihr Geld haben, davon spricht das sämtliche Daten der Bundesbürger im Netz gehandelt werden?
Schritt Acht: Führe Deine Pläne aus
Und dann ist es so weit … Die Anti-Angst-Kampagne.
Was ich mir dieses Jahr vom Weihnachtsmann wirklich wünsche: Perspektive.
Perspektive der Medien und in den Medien. Und ich meine echte Perspektive. (Und ich meine die alten Medien: Zeitungen und Anne Will, ähh … Fernsehen!)
Glatt übersetzt heißt Perspektive nämlich Durchblick. Und wer blickt hier noch durch?
Überall Panikmache, Angst, Furchtsamkeit. Nicht nur das einen die kürzeren Tage und dunkle Nächte, matschiger Halb-Schnee in den Straßengräben und auf jedem zweiten Internetwerbebanner ne bescheuerte Weihnachtsmannmütze um den gesunden Verstand bringen, nein! Auch wenn wir unseren Freund den Fernseher anmachen: Überall nur Angst. Dabei haben wir doch gerade da gelernt, nicht zuletzt von den Simpsons, dass am Ende alles gut wird. Homer fällt hundert Meter tief, aber nächste Woche sitz er wieder auf der Couch. Also bitte: Ein wenig mehr Zuversicht.
Nicht auf jeden Panikmache-PR-Gag reinfallen.
Natürlich ist klar: Diese acht Punkte sind schon ziemlich weit hergeholt. Immerhin sind sie fast hundert Jahre alt. Ein Typ namens Edward Bernays hat sie Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts aufgestellt und damit für die Tabakindustrie, genauso wie für Straßenbau geworben. Unter anderem arbeitete Bernays für die Amerikanische Gesellschaft für Multiple Sklerose und reduzierte den Namen der Krankheit auf „MS“, um sie für die Gesellschaft besser verdaubar zu machen.
Goebbels fand das so gut, dass er nach Bernays Buch die antijüdische Propaganda aufbaute. Jaha. Und jetzt kommt der Brüller: Bernays war Jude.
Oh. Ich liebe es wenn Pragmatismus Moral überholt. Was schrei ich nun? „Wolf“ oder „Feuer“?