Ein Mann bedroht eine Frau, oder nicht, mit einem Messer, oder nicht, zwingt sie zum Sex, oder nicht. So etwas passiert wahrscheinlich jeden Tag, vielleicht sogar zwei Mal oder drei Mal am Tag alleine in Berlin. Das macht es nicht weniger schlimm, aber es war auch nie anders.
Und dann auf einmal ist es ein Wettermann. Ein Wettermann? Der komische Kauz, der als langer Lulatsch vor einem Green-Screen herum hampelt und wie eine Schamanin in den vielsagenden, blinkenden und sich verschiebenden Pfeilen auf einer viel zu groben Deutschlandkarte die metrologische Zukunft liest. Der uns sagt „es könnte so, aber auch so“ sein … genauso wie die Richter und im Zweifel sowieso für den Angeklagten. Aber irgendwie mochten wir Kacheljörg. Er tat niemandem was, trat als Wetterexperte auf, war unpolitisch … ein Schwiegersohn-Abziehbild. Und dann tat er das, was alle Männer mal tun: Ein Arsch sein. Weil sie es können. „Aber doch nicht unser Jörg. Mit einem Messer? Nein. Trotzdem. Das der in sowat verwickelt ist …“
Und plötzlich fiel der gesamten Talk-Elite des Landes auf: Hui. Da is ja was. Wir haben immer noch Unterdrückung in diesem Land, und wir kultivieren sie. Illner, Will, Plasberg und Maischberger. Voll von nur einem Thema. Kachelmann. Und ich musste wochenlang auf meine Dosis Krisengespräche zum Nahostkonflikt oder Schuldenberg warten. Wozu? Damit Alice Schwarzer in tatsächlich jeder Sendung was zur Unterdrückung der Frauen sagen konnte. Haben wir keine anderen Feministinnen? Ist das nicht auch Sexismus, wenn man seinen eigenen Geschlechtsgenossinnen das Wasser mit der eigenen Überpräsentation abgräbt? Man muss quasi anfangen selbstbewusste Frauen zu hassen, wenn man beim Wort „Gleichberechtigung“ immer gleich an Schwarzers Unbarmherzigkeits-Gesichtsausdruck denkt. Die ist wie Kohl, der wollte auch nicht gehen. Und jetzt macht seinen Job eine Frau. Nicht viel sympathischer, aber besser. Und satt haben wir sie auch noch nicht. Vielleicht wird es Zeit, dass ein Mann aufgeklärten Feminismus betreibt und sich gegen Sexismus in der Gesellschaft stark macht. Und dann wird aus der „Emma“ „Emma & Emil“. Ein Magazin in dem die Frau zuerst kommt, weil sie lange zu kurz kam, und der Mann stolz hinter seiner Frau steht. Ein Mann der das Messer nur zum Gurkenschneiden (äh … ach ja, die sind wieder freigesprochen), oder nicht, in die Hand nimmt. Und das Wetter macht wieder eine Frau, der kann ich sowieso viel leichter verzeihen.
HARLEKIN POST (003) Die Kachelmann-Frauen
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