Es gibt Tage, an denen hasse ich alle Spekulanten dieser Welt. Ende April wurde SETI eingestellt. Vielen Dank Bankenkrise. Und wie soll ich jetzt jemals einen echten Kilrathi zu Gesicht bekommen?
Ich bin aufgewachsen mit den zukunftsgewandten Visionen der Generation Mond. Jener Generation, die am Fernseher oder am Radio hing, als der erste Mensch endgültig das Versprechen der Aufklärung einlöste, sich vom Heimatplaneten der selbstverschuldeten Unmündigkeit entfernte und den Fuß auf einen nicht-irdischen Himmelskörper setzte.
Klar das meine Eltern ein Haus bauten. Klar das sie nicht 1,37 sondern 2,0 Kinder hatten, dass sie schon gegen die Atomkraft waren, als die Generation davor noch ihre Werte und ihren Anstand zusammensuchte. Klar das diese Generation, die Generation der Spielbergs und Lucas, begeistert vom Morgen war.
Am 20. Juli 1969 lebte eine Generation, die heute eine nicht mehr werberelevante Zielgruppe genannt wird.
Meine Generation hingegen ist werberelevant. Die Werbung pendelt deswegen auch zwischen Verdrängung und dem vermeintlichen Gefühl von Sicherheit. Sportautos und Wertanlagen. iPhone 5 und Altersvorsorge.
Die Antwort auf die Frage, warum SETI eingestellt wird und das letzte Spaceshuttle letzten Freitag zum letzten Mal gestartet ist: Es ist kein Geld da. Die Währungen sind instabil, die Banken leer. Tatsächlich? Wo ist das Geld hin? Schulen sind immer noch unterfinanziert, Kindertagesstätten auch nicht genug da, die Umwelt liegt weiter brach. Arbeit gibt’s auch nicht. Was haben wir also damit gemacht? In die Raumfahrt gesteckt? Mitnichten. Noch sind wir sprichwörtlich Lichtjahre vom Mars entfernt, noch gibt es keine interstellare Skype-Freundschaft zu E.T.
0,001% des amerikanischen Haushalts war der Anteil für die Mars-Mission. Nur mal so ein Gedanke: Macht daraus 0,01% und ihr kreiert tausende Jobs, Forschungsergebnisse und vielleicht landet dann 2030 wirklich jemand auf dem roten Planeten.
Ein Mensch auf einem anderen Planeten. Das ist nicht egomanischer Ausbreitungswille, dass ist der nächste Schritt. Nach der Atomkraft kommt die Solarenergie, nach dem Verbrennungsmotor der Elektromotor. Nach Kerosin verschlingenden Düsenflugzeugen, der Solarflieger. Nach Funk, Satellitenkommunikation. Nach Diktaturen, Demokratie. Nach Printmedien, der Newsfeed. Und nach Harry Potter 7.1 , kommt 7.2. Das ist einfach so, es ist Logik.
Nach der Erde, kommt der Mars.
Einige Entwicklungen mag ich vielleicht für blöd halten: Ich kann mich, zum Beispiel, immer noch nicht mit Bluetooth-Headsets fürs Handy anfreunden. Sieht einfach superpeinlich aus. Aber das man beim Autofahren nicht mit dem Handy telefonieren soll, leuchtet sogar mir ein.
Entwicklung, Evolution heißt aber: Gucken was hinter der nächsten Ecke liegt, hinter dem nächsten Hügel. Inspiration. Ob man dann den übernächsten Hügel nimmt oder nicht … irgendwo geht’s hin:
Ich, zum Beispiel, will irgendwann auf den rostroten Hügeln der Hochebenen von Utopia Planitia stehen. Die Steine unter mir dunkelrot gefärbt, vom hohen Anteil an Eisenoxiden. Über mir, am Nachthimmel, an dem gerade ein blauer Planet aufgeht, stehen schon die beiden ovalen Monde Phobos und Deimos. Zwei Monde, dahinter ein kleiner, blauer Punkt. Dann geht es weiter: Ich durchquere den Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Mehr als 400000 Asteroiden und kleine Zwergplaneten kreisen in diesem Bereich des Sonnensystems. Aber es ist viel Platz, also hab ich sogar die Chance einen der kleineren Brocken, mit etwa 300 Metern Durchmesser, einzufangen. Vielleicht fürs Wohnzimmer, vielleicht fürs Museum. Als Weltraumgeologe wird man Kometenjäger. Zeig mir einen kleinen Jungen, der, wenn er groß ist, nicht diesen Job haben will?
Im Budgetplan der ESA taucht die bemannte Weltraumfahrt nur mit knapp 9% auf. Ungefähr soviel Millionen Euro, wie die Amerikaner für die Mars-Mission ausgeben. Die Chinesen und Russen senden erst mal eine unbemannte Sonde. Vorsichtig geht es weiter, schleppend. Meine Eltern rannten noch überall hin, ich bleib dauernd stehen und muss auf meinem Handy Statusupdates bei Facebook checken.
Ich weiß nicht wie ich drauf komme, aber heute war jemand auf unserem Dach: Er hat die Regenrinnen gereinigt. Ich hätte es fast nicht mitbekommen. Ich schau kaum noch nach oben. Schade eigentlich. (Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass es in Berlin dauernd bewölkt ist.)