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Katastrophale Auswirkungen

Kennen Sie das? Auf einer Party wird das lustige Partyspiel „Was ist Dein Porno-Name?“ gespielt?
Natürlich heißt es nicht wirklich so. Mehr: „Wie wäre Dein Pornodarsteller-Name?“.
Meistens erklärt dann ein bebrillter Intellektueller in Tweed-Jackett und mit diesem leicht ranzigen Eindruck das „Porno-Namen meistens aus dem Namen des ersten Haustiers und der Straße, in der man aufgewachsen ist“ bestehen.
Was für gewöhnlich vollkommener Schwachsinn ist.
Ich kenne niemanden der sein Haustier Kelly nennt. Und zeig’ mir einer die Straße in Deutschland, die Trump-Allee oder Buster-Weg heißt.
Irgendjemand hat aus irgendeinem mittel- bis zweitklassigen amerikanischen Film dieses Spiel adoptiert und dann in deutsche WGs eingeführt. Und die Prenz’lberger gehen darauf ab wie Schmidts und Müllers und sowieso alle Katzen.
Da zeigt sich die verklemmte Kleinstadt-Proletarie. Sinologie studieren, aber statt die Kurzfilme im Arte-Nachtprogramm die Sexy Sportclips gucken.
Feine Bande.
Was uns zur Tatsache führt: Unsexualisiert aufgezogene Kinder, in modernen Großstadt-Kinderläden (als gäbe es nicht genug was man vermarkten kann, stellen sich jetzt auch noch die Freunde des freien Libanon an und feilschen um ihre Brutpflege), werden dieser Tage unvorbereitet und ungenügend auf die moderne Welt losgelassen.
Als früher noch Jim Knopf, ein eindeutig schwarzer Junger, dem weißen Kind die furchtsame Toleranz gegenüber der Willensstärke des schwarzen Mannes lehrte, gibt es heute asexuelle Affen. Dodo, der kleine Affe. Ein eindeutig nicht eindeutig geschlechtlicher Affe tobt mit seinen buntgefärbten Einerlei-Freunden durch einen anti-sexualisierten Urwald. Wie soll sich da ein junges Mädchen auf den anstehenden Kampf am Arbeitsmarkt und auf sexistische Witze vorbereiten? Bei Jim Knopf war immerhin klar: Die Prinzessin war Prinzessin, und sonst nichts. Hier wurde Rollenbild entworfen und gleichzeitig bewusst gemacht: Wenn Du mehr als Prinzessin sein, und vom bösen Drachen Mahlzahn nicht versklavt werden willst, musst Du handeln wie ein schwarzer Junge: Mutig und gestanden. So!
Deswegen fordere ich: Es muss wieder das Erkennen des Rassismus schon in den Kinderzimmern gelehrt werden.
Ein schwarzer Präsident von Amerika darf nicht das Ende, es muss der Anfang sein. Als Erstes: In einer Ben Stiller-Komödie müssen Mischehen Einzug halten (und Jeremy Piven redet mit Nia Long zehn geschlagene Minuten über Blowjobs). Außerdem: Eine neue CSI-Serie, vielleicht Baltimore, muss einen Schwarzen als Leiter der Abteilung haben (Chiwetel Ejiofor, dann kriegen die auch endlich ihren Emmy für besten Darsteller!). Darüber hinaus: Türken sollen nicht nur in Tatorten ermitteln, sie müssen Talkshows im ARD-Abendprogramm moderieren. Talksshows in denen Ehrenmorde und Radikalismus diskutiert werden. Darüber hinaus ein literarisches Quartett mit einem Juden (muss nicht Marcel sein, aber Michel auch nicht), einem Preußen und einem Moslem (vielleicht hat der Khaled ja Zeit).
Soviel dazu.

Plausch

Abschrift einer Online-Spiel-Kommunikation:
[Alle Namen, bis auf meinen natürlich, geändert.]

Floris [2008-09-11 12:21:04]
What a wonderful day. Die Sonne durchbricht den diesigen Himmel über Berlin, Müllwagen donnern melodisch über den schlechten Asphalt, komplettieren sich in einer Symphonie aus Quietschen, Hupen und Rumpeln, schreiende Kinder wetzen über geteerte Spielplätze, schlagen sich die jungen Knochen auf und schreien herzerwärmend. Hach!

Spieler 1 [2008-09-11 12:50:59]
ähnliche geräuschkulisse erreicht mich durch das offene fenster zu hofe ebenfalls, jedoch reduziert um das wärmende geplärre der kinder, da diese in unserem Industriebetrieb noch nicht arbeiten dürfen… !

Floris [2008-09-11 13:13:39]
Aber bald. Bald wird es wieder Kinderarbeit geben. Sklavenschiffe werden nubische Heerscharen gen Norden bringen und die alte Ordnung wieder wiederauferstehen.

Spieler 2 [2008-09-11 13:13:43]
Würde ich auf die Entspannungsmusi, die mich per internetradio erreicht, und meine ohren mittels kopfhörer umschmeichelt verzichten, so würde ich die geräusche umgeblätterter zeitungs- und buchseiten, sowie das unrythmische geklapper verschiedenster Laptoptastaturen vernehmen.

Floris [2008-09-11 13:21:16]
Ahh… die Geräuschkulisse der modernen Welt. Die Post-1984-Generation mit ihrer Selbstkasteiung durch technisch kannibalisierte Kommunikation. Gespräche werden mit „drück dich“ beendet, Ghettosprache, so erklärt uns der halbe Dollar, verkehrt „bad“ in gut und „fett“ in geil. Es ist eine sagenhafte Welt, eine Welt der Mythen. In der von Gott gesandte Alaska-Hühner ins Weiße Haus wollen, wir zu einem Jungen mit Narbe auf der Stirn und Hornbrille beten und anderswo seine Bücher verbrannt werden. Eine Welt der Information, nicht des Wissens. Bücherseiten, statt Konversation. Symplifizierte Arabesken, statt Beobachtung, Aufmerksamkeit und Austausch.

Wait. What the hell I’m talkin‘ about?
Oh. Have to go. Oprah is on.

Was mein’ ist

Galileo Galilei wird in Bertold Brechts „Leben des Galilei“ vorgeworfen er hätte der venezianischen Regierung die Erfindung des Fernrohrs als seine eigene Erfindung vorgestellt. Galilei hatte ein Jahr zuvor von Lippersheys „holländischem“ Fernrohr erfahren und lediglich etwas am Schliff der Linsen herumgespielt (dies ist natürlich eine Untertreibung: Galilei lernte extra die Kunst des Linsenschliffs um ein Fernrohr zu konstruieren, mit dem er sogar die vier großen Monde des Jupiters von der Erde aus entdecken konnte). Egal ob man Brecht glaubt oder nicht: Es bleibt ein fader Beigeschmack. Niemand mag jemanden der Ideen klaut.
In der Schule beschuldigte mich meine Deutschlehrerin einmal einen Aufsatz aus der Zeitung abgeschrieben zu haben. Allerdings ohne auch nur einen Blick in eine Zeitung zu werfen oder irgendeinen Beweis für meinen Betrug vorzulegen. Sie sagte damals ich wäre „gar nicht in der Lage gewesen einen solchen Aufsatz zu schreiben“, jedenfalls nicht so einen wie ich abgegeben hatte. Ich möchte nicht sagen das mein Aufsatz tatsächlich so besonders gut war, oder mein Talent herausragend für mein Alter war, aber: Das Gefühl das ich damals hatte … dieses gelähmte Gefühl. Ohnmächtig fast, aber mit tausend schreienden Stimmen im Kopf. Das Gefühl werde ich nie vergessen. An dem Aufsatz hätte ich nämlich zwei Tage gesessen und nicht eine Silbe irgendwo abgeschrieben.
Nicht viel anders ist es wenn jemandem eine Idee geraubt wird. Wie gerade beschrieben in David Mamets neuem Film „Redbelt“. Ein großartiger Film, nebenbei. So eine Art „Crash“ trifft „Karate Tiger“. Ohne Witz. Die Kampfszenen des, sich zum neuen Denzel Washington mausernden, großartigen Chiwetel Ejiofor sind, genauso wie sein Spiel, ohne Schnörkel und deswegen umso beeindruckender. (An dieser Stelle fällt mir auf: Es ist schon geradezu rassistisch von jedem neuen, schwarzen Schauspieler als „neuer Denzel Washington“ zu sprechen. Auf der einen Seite: Denzel Washington ist nicht der allerbeste Schauspieler. Und auf der anderen Seite: Schwarze Schauspieler sind in anspruchsvollen und nicht mit absoluten Klischees überfrachteten Rollen leider rar. Niemand traut sich mal anders zu besetzten! Einen Exkurs über „schwarzes Kino“, wie es Jade Pinkett einmal in „Scream 2“ nannte, will ich an anderer Stelle fortführen. Soviel sei aber gesagt: Ice Cube kommt dabei nicht besonders gut weg!)
Also „Redbelt“: Der Besitzer eines Jiu-Jitsu-Studios in L.A. rettet bei einer Kneipenschlägerei einem Action-Film-Schauspieler (Tim Allen – leider mehr als abwesend spielend) und kann sich leider nur kurz über den neuen Freund im Showbusiness freuen, durch den ihm nämlich bald seine kreative Wettkampfmethode geklaut wird und er sie nur über die bewusstlos geschlagenen Körper alter Nebenbuhler zurückfordern kann.
Klingt nicht nach viel, aber wer Mamet kennt: Der alte Meister macht da ne Menge draus.
Ein ähnlicher Ideenklau wird auch im neuen Film mit Greg Kinnear „Flash of Genius“ weniger mit Faustkämpfen, dafür mehr mit juristischen Streitereien gelöst. Im Trailer zum Film (der „Catch me if you can“ mässig abgefilmt und ähnlich dramatisch – Augenzwinkern – aussieht) scheint es ganz so als würde im Amerika der sechziger Jahre ein Erfinder für die Rechte am elektrischen Scheibenwischer kämpfen, den er erfunden haben soll, und so der Ford Motor Company vor Gericht gegenüberstehen. Alles wohl basierend auf wahren Begebenheiten … allerdings macht mich da eine schnelle Wikipedia-Suche stutzig:
Schon 1926 kam Bosch in Deutschland mit einem elektronisch angetriebenen Wischschwamm auf den Markt und Baron Rothschild baute dann 1929 einen ersten elektrischen Scheibenwischer in einen Bugatti ein … also: Ich weiß ja das Wikipedia nicht immer ganz zu trauen ist, aber … hm … ich will nicht wissen beim wem sich dieser (von Greg Kinnear bestimmt wieder einmal eloquent dargestellte) amerikanische Erfinder mit seinen Ideen bedient hat. Andererseits würde ich Ford und eigentlich jedem Großunternehmen zutrauen so ungefähr alles an Ideen zu klauen was der Markt hergibt. Da fällt mir ein:
Ein paar Ideen die ich hier mal ganz frei und ohne Probleme vorstellen will …
Erstens: Geschmackskeyboards für Sehschwache. Das „B“ schmeckt wie Blaubeeren, „C“ schmeckt nach Clementinen und „K“ schmeckt wie – – –
Zweitens: Milch-Zero! Null Fett, Null Kalorien … eigentlich nur weißes Wasser!
Drittens: Ein-Weg-DVDs … ach nee. Die gibt’s ja schon. (Der größte Schwachsinn, by the way!) Dann doch lieber noch was Orales: Handy-Dynamo-Zahnbürsten. Ganz tolle Erfindung: Wenn man mal wieder lange unterwegs ist und man noch ein wichtiges Gespräch führen will, aber mal wieder der Akku leer ist, dann setzt man die Handy-Dynamo-Zahnbürste auf. Durch eine kreisförmige Bewegung im Mundraum wird Energie gewonnen und es kann wieder telefoniert werden. Außerdem (sozusagen die Perpetomobile-Geschichte an der ganzen Sache!) hat man immer saubere Zähne!
Hm? Was für euch dabei? Anale Ideen gibt’s beim nächsten Mal …
Cheers!

Die Samstagmorgen-Einsicht-Phase

Parfümiertes Toilettenpapier. Klingt erstmal nach viel Spaß. Sozusagen: Die Duft-Industrie tilgt auch die letzten Zweifel an menschlicher Reinlichkeit.
(Oh. Das klang sehr überraschend nach Kapitalismus-Kritik…?)
Aber so neu ist das ja auch nicht. Parfümiertes Toilettenpapier gibt es jetzt … wie lange?
Neu für mich war Toilettenpapier mit akzentuiertem Sommerduft. Ehrlich. Akzentuiert. Steht so auf der Packung. (Ich hätte genauer lesen sollen. Nichts was „akzentuiert“ ist, kann auch nur irgendwie gut enden …) Aber ich mal wieder, als preisbewusster Jung-Konsument und mit dem geschulten Blick für die Durchschnittspreise:
Wenn Sommerduft Ein Euro Neunundachtzig für acht Rollen kostet. Dabei die Rollen Drei Lagen dick sind … daneben normales „Servus“-Papier Drei Euro Neunundzwanzig für zehn Rollen, aber mit vier Lagen … dann … sind es cirka … jap! Sommerduft im Angebot gewinnt! … Da entscheidet Floris sich auch gleich mal drei Packungen Sommerduft zu kaufen. Super gemacht! Und nicht mal probegerochen!
„Hm“ denk’ ich mir zuhause: Gespart und dann riecht es jetzt auch noch – – – uuuuhh! Zu früh gefreut!
Sommerduft, pah! Vonwegen! Was heißt das überhaupt? „Sommerduft“? Wie riecht denn der Sommer? Nach Chemie-Toilette und penetrant wie ein Rudel nasser Frettchen? – Wenn er so riecht, dann: Mission Accomplished!
So riecht nämlich jetzt mein Bad, dem parfümierten Toilettenpapier sei dank!
Das ist so eklig, dass man sogar zögert sich damit – ihr wisst was ich meine! – abzuwischen. Und überhaupt: Wie kriegen die den komischen Geruch eigentlich aufs Papier? Kann sowas gut für meine – ihr wisst schon welche – Haut sein?
Argh … Ich hasse diese Samstagmorgen-Einsicht-Phase.

Noch was eingesehen habe ich eigentlich schon am Vorabend. Aber es war nach Zwölf, also … technisch gesehen … Samstagmorgen!
Wenn ich das nächste Mal von einem bezaubernden Mädchen auf einer – gar nicht so schlechten Party – gefragt werde: „Hey … komm’ doch mit tanzen … mit mir und meinen beiden dänischen Freundinnen.“ (Ihr müsst euch den bezaubernden Ton dazu denken!) … dann sage ich „Ja!“, oder „Kann losgehen!“, oder „Super! Gerne.“, oder wenigstens „Hm … mal nachdenken … tudidum … sicher warum nicht.“ … aber bitte auf gar keinen Fall:
„Hm … meine Mitfahrgelegenheit … hm … und sowieso … tanzen … hm … weiß nicht … mein Kumpel, der in der Küche sitzt … und … tjaja … lieber nicht … so spät …“. (Hier müsst ihr euch keinen Ton dazu denken. Das klang genauso abgehackt wie ihr es gelesen habt!)
Wie dumm kann man sein? Ich stehe kurz davor meinen Potenz-Horizont zu überschreiten … und mir passieren solche Sachen nicht sehr oft … eigentlich nie! Gott!
Ich hatte mir ja eigentlich geschworen dass dies kein Blog werden würde, in dem ich nur über mich – mich – und wieder mich (!) schreibe. Aber: Jetzt mal ehrlich. Wie bescheuert!
[Übrigens: Das Lied zur Stunde ist Brendan Benson mit „What“. Anlage voll aufdrehen. Nach dem lahmen Intro kommt der gute Teil!]
Zurück zu mir … wie dumm war ich noch mal? Ach ja: Komplett bescheuert!

So. Damit ist das raus. Ich versuch’ jetzt mal die Rotweinflecken aus dem Sofa zu bekommen … wie die wohl dahin gekommen sind? Hab’ ich etwa versucht betrunken eine Flasche zu öffnen? (Das ist schon nüchtern nicht gerade meine Stärke!) … dazu wahrscheinlich Sexy-Sport-Clips … irgh … ich will gar nicht weiter denken …
Oder ich bau ne Pyramide aus Sommerduft-Klorollen … natürlich auf dem Balkon, damit die Nachbarn auch was davon haben.
Bis später. 😉

Leiterwagen in den Galgenhimmel

Um platzsparend zu argumentieren: Ich bin natürlich für Obama.
Nicht nur weil mir das der SPIEGEL-Wahl-O-mat empfiehlt, sondern auch aus rein gesellschaftspolitischen Gründen. Und außerdem stört mich noch etwas anderes:
Ist irgendjemandem mal aufgefallen wie scheinbar wenig Menschen es in Amerika geben muss? Ja. Die haben nicht mal genug Leute um alle acht Jahre einen Präsidenten aus einer anderen Familie zu berufen. Ist doch furchtbar für die Amerikaner.
Sollte jetzt, also gerade im Nominierungswahlkampf der Demokraten, ein Außerirdischer in Amerika laden … der denkt doch die haben noch ne Monarchie.
Da geht es ab wie bei Karl Mantell und Otto dem Ersten. Zuerst gab’s da Papa-Bush. Der wurde abgewählt weil … na ja: Er es nicht ganz bis nach Bagdad geschafft hat … wahrscheinlich hat ihn auf halber Strecke sein damaliger Verteidigungsminister Dick Cheney (der dann auch in der Familie wie ein abgewetztes Schnuffeltuch weiter gereicht wurde) angerufen und gesagt: „Scheiße, George. Lass mal schnell wieder abziehen. Am Ende müssen wir noch über Jahrzehnte Truppen im Irak lassen.“ Nach Papa-Bush kam dann der Saxophonspieler Bill. Über Bill möchte ich an dieser Stelle keine abfälligen Praktikantinnen-Witze machen, nur soviel: Ich bewundere einen Mann der zwei Grammys gewinnt und den Zweiten für seine Hörspielversion von „Peter und der Wolf“ zusammen mit Michail Gorbatschow. (Und das ist tatsächlich wahr. Nicht mal mit vierundsechzig Stunden Schlafentzug und auf zwölf Nasen Koks kann ich mir so was ausdenken!) Etwa zwei Wochen bevor Bill als Präsident abdankte hievte sich seine Gattin Hillary als Senatorin des Bundesstaates New York ins Amt und ist bis dato dort geblieben. Nun will sie auch Präsident werden, aber ich greife der Geschichte vor: Zuerst kam George Double „U“. Nachdem sich nämlich Papa-Bush zum Präsidenten hatte küren lassen und im Irak beschäftigt war, kaufte sich sein Sohn, nennen wir ihn Klein-Bush, ein Baseballteam und wurde Gouverneur in Texas. Gute Ausgangslage: Nachdem Klein-Bush, dem 1976 mal der Führerschein wegen Trunkenheit abgenommen worden war, 152 Begnadigungsgesuche von Todeszelleninsassen abgelehnt hatte (was man als blutrüstig beschreiben kann, von den Amerikaner – gerade den Leuten in Florida – aber als richtungsweisend aufgefasst wurde) wurde er 2001 auch Präsident. Und wie beim Vater so fand auch beim Sohn Dick Cheney einmal mehr einen Job. Diesmal als Vize-Präsident. Tada! Ob sich Dick wohl an Papa-Bush erinnert fühlte, als jüngst mal wieder amerikanische Soldaten im Irak starben?
Man weiß es nicht. Sicher ist nur: Der Außerirdische, der sich dieses Amerika ansieht, kommt ziemlich ins Grübeln. Zuerst Papa, dann Sohn. Zuerst Bill und dann Frau Hillary? Das klingt doch alles nach englischer Monarchie und den Heinrichs, Elisabeths und Maria Stuarts unserer Geschichte. Dabei ist der große Vorteil einer Demokratie doch: Scheißegal woher du kommst, jeder kann man König sein. Oder Präsident, oder Kanzler.
Im Zweifelsfall sogar Kanzlerin. Aber vielleicht geh’ ich da auch zu naiv ran. Schon die Kennedys waren mehr Hofstab als großbürgerliche Familie mit Kontakten in die Politik. Was wäre eigentlich wenn Herr Merkel nach den vierzehn Jahren Amtszeit die Angela noch vor sich hat kandidiert? Ist der überhaupt in der CDU? Hat jemand von dem schon mal ein Foto gesehen? Oder ist nach Angie erstmal Doris Schröder-Köpf dran? Doris war 2004 immerhin Frau des Jahres (wenn man die Bunte fragt). Hillary hat dagegen 2004 nur den Deutschen Medienpreis in Baden-Baden verliehen bekommen und ist 2007 auf Platz 25 der 100 mächtigsten Frau der Welt abgerutscht (laut Forbes). Dort war Angela auf Platz Eins. Oprah war immerhin auf Platz 21 und die macht jetzt immer mehr Wahlkampf für Obama. Den braucht er eigentlich nicht mehr, jedenfalls nicht gegen Hillary. Obwohl sie es noch nicht zugibt: Es wird noch mindestens fünf Jahre dauern bis eine Frau amerikanischer Präsident ist. Bis dahin kann man nur hoffen das Barack im Nominierungswahlkampf nicht zu viele Federn gelassen hat. Mal sehen was wohl aus seinen Töchtern wird … die Klein-Obamas. Ein Baseballteam kaufen die sicher nicht und 152 Leute in die Nadel laufen lassen … traut man ihnen auch nicht zu. Vielleicht werden die ja mal was ganz anderes: Lehrer, zum Beispiel. Irgendwas mit Substanz. Da freut sich der Außerirdische.

Gina-Lisa, die Maske des Bösen & Ich

Jetzt hat also auch ProSieben uns betrogen. Letztendlich zeigt der Moloch seine Abgründe. Publikumsliebling Gina-Lisa ist raus!
Wovon ich spreche? Natürlich „Germany’s next Topmodel“.
Ach, das gucken Sie nicht? Okay. Ja. Verstehe. Was? Unterschichtenfernsehen?
What the frack?
Schon was anderes als Unterschichtenfernsehen gesehen? Irgendwo? Gibt es nicht! Nein. Keine Widerworte! Gibt es nicht! Anne Will, Sandra Maischberger & Maybrit Illner. Scheiß auf die Öffentlichen. Stefan Raab war am Donnerstagabend so peinlich, selbst meiner Schuppenflechten wurde ganz übel.
Es ist ein Kreuz mit dem Fernsehprogramm aber neuerdings ist es ein absoluter Scheiß!
Wie kann ein Geile-Kotze-Sender wie ProSieben die einzige Figur mit Unterhaltungswert aus ihrer Donnerstagabendsendung kippen? Auf einmal haben die den fairen und freien Wettbewerb entdeckt, oder was?
Wollt ihr mich verarschen?
Bei ProSieben gibt es nicht mal fair wenn es um die Farbe der Sofa-Garnitur bei Taff geht. Haben die da überhaupt Sofas?
Hier wird geherrscht. Jetzt hat man sich klar verherrscht! Ficken, eben! (So sagt man das neudeutsch!)
Heidi Klum am Arsch! Vonwegen „Entscheidung“. Rausgeschmissen wird der, der keine Quote bringt. Tja. Das haben die jetzt davon! Sich selbst ins lahme Bein geschossen. Gina-Lisa aus „Germany’s Next Topmodel“ zu schmeißen ist wie Thomas Gottschalk gegen Petra Pau tauschen. Dann guckt Wetten dass? auch niemand mehr!
„An meiner Wand hängt ein japanisches Holzwerk
Maske eines bösen Dämons, bemalt mit Goldlack.
Mitfühlend sehe ich
Die geschwollenen Stirnadern, andeutend
Wie sehr es anstrengt, böse zu sein.“
Die letzte Konstante ist aus dem Gleichgewicht der öffentlichen Ordnung gewichen. ProSieben steht nicht mehr für Konsum. Es steht für Chaos. Wahnsinniges Chaos. Eine Scheiße sondergleichen vor dem Herrn! Zahnschwitzende Scheiße!
Jetzt brechen alle Dämme!
Demnächst gibt es eine neue Popstars-Staffel. Ob dann wohl die Kandidaten einfach nach Losverfahren weiterkommen? Macht auch keinen Unterschied mehr. Wenn man sich nicht mal auf die kapitalistische Verwertungslogik verlassen kann … worauf dann? Vielleicht erschießen sie diesen Tanzbären direkt auf der Bühne und lesen dann in seinen Eingeweiden die Zukunft den Privatfernsehens. Ein Fortschritt wär’s!

BaLi

„Geäst“ war das Allererste woran er denken konnte. Obwohl es bereits frühlingte, brach sich die tiefstehende Sonne nur trüb im Geäst der vorbeirauschenden Bäume. Die enge rhoener Landstraße war gesäumt von Buchen, Birken und Borken. Jedenfalls dachte er es wären Buchen, Birken und Borken. Eigentlich hatte er gar keinen rechten Schimmer wie Bäume aussahen die Buchen, Birken und Borken hießen. Er kannte die Begriffe lediglich aus elterlichen Erzählungen, aus naturalistischen Büchern des weiterführenden Gymnasiums und aus Tolkiens Herr der Ringe. Allgemein glich hier Vielerlei dem Auenland. Nicht nur die Bewohner.
Das nächste Ortsschild sauste heran und der wortkarge Busfahrer bremste routiniert aber ruppig ab: „Merkers“
Das ausgestorbene Dorf diente, zu Lebzeiten, wohl nur einem einzigen Zweck: Bergbau. Welchen Sinn sollte es haben, in Zeiten von Lasertechnologie und wieder beschreibbaren Blue-Ray-Rohlingen, unter der Erde nach schmalen Brocken Erz zu suchen? Er schüttelte beinahe körperlich den Kopf.
Die Hauptstraße schien ungewöhnlich schattig, als hätten die Risse im Asphalt eine kränkliche Flüssigkeit auf die Straße gespuckt und damit weite Teile der Fahrbahn schmutzig bis beißend unansehnlich gemacht. Er rümpfte die Nase und ließ sich zurück in seinen Sitz fallen. Zwischen den frierenden Fingern – der Busfahrer hatte wohl auf den Dienst der Heizung an diesem Morgen verzichtet – taumelte die Fahrkarte mit der verheißungsvollen Aufschrift „BaLi Bhf.“. Bali. Er wiederholte das fremd und vertraut klingende Wort in Gedanken. Nirgends würde er sich nun falscher fühlen als auf einer Insel. Er war doch seine eigene Insel. Wie konnte das gehen? Eine Insel konnte keine andere Insel besuchen. Eilande zu vereinigen brachte nur eins: Ein neues Eiland. Wer sollte das wollen? Brauchte man nicht so viele Inseln wie möglich?
Die kuriosen Gedanken davontreibend griff er nach seinem Musikspieler und sprang ein paar Lieder weiter voraus. Er erwischte ein elektronisches, so genanntes „Low Tempo“ Stück. Die Welt rauschte jetzt zu einem wabernden Klangteppich aus synthetisierten Beckenanschlägen eines verzerrten Schlagzeugs vorbei. Er mochte komplizierte Sätze wie diesen. Sie machten ihn glauben seine Gedanken bedeuteten etwas.
Der Anblick von BaLi ließ ihn daran wieder zweifeln. Die Häuserfassaden waren, wenn verputzt, grau oder beige. Hängende Schultern wohin sein Auge sah. Parkplätze waren nicht geteert, Parkbuchten durch das „an den Rand der Fahrbahn abstellen“ ersetzt. Diese Insel war kein Paradies, sie glich vielmehr einem Bohrturm. Hässlich, verletzend und hineingeworfen aber standhaft.
Er versuchte die Hauptstraße in gedeuteter Richtung leise hinunter zu laufen. Der Splitt unter seinen Schuhen verriet ihn. Hier war er fremd und ein Jeder wusste es. Der Griff um die Fahrkarte in der Hosentasche wurde fester, doch die vier Buchstaben – zwei klein, zwei groß – hatten ihre magische Kraft verloren. Es war ein Witz. Ein bescheidener Witz. Er schloss die Augen und ging weiter.

Alles ist drin.

Gedämpft fällt das Licht durch die schon lange nicht mehr geputzten Fenster. Ein schwacher Schein, aber er kündet von etwas Großem. Der Winter ist vorbei. Der Sommer lugt um die nächste Hausecke.
An einem Sonntagmorgen, wenn irgendjemand für die Welt auf „Pause“ gedrückt hat, füllt sich alles noch sehr viel schöner, sehr viel realer an. Man braucht diesen Sonntag. Man braucht die geschlossenen Geschäfte, Menschen die sich langsamer fortbewegen, als hätten sie einfach etwas mehr Zeit. Etwas mehr Zeit weil alle mehr Zeit haben. Sonntage sind wie das Durchatmen nach einem Zwischenspurt, wie die kleine Verschnaufpause beim Seitenwechsel.
Und Sonntagmorgen ist die Freiheit in Reinform. Nirgendwann anders hat der zivilisierte Mensch, normalerweise gekettet an Termine und Schichtbeginn, so viel Freiheit wie am Sonntagmorgen.
Einmal durchatmen, noch mal umdrehen, weiterschlafen oder aufstehen. Alles ist drin.

Die reine Wahrheit über Arthur Miller

Arthur Miller war mit drei Frauen verheiratet. Seine erste Frau ließ er sitzen, als er Marilyn Monroe kennen lernte.
Arthur Miller war ein Dramatiker. Arthur Miller hielt nicht viel von der Ausrichtung des Lebens nach beruflichem Erfolg. Arthur Miller appellierte an die Ethik und an die Vernunft des Menschen.
Arthur Miller hat am zehnten Februar seinen zweiten Todestag.

Wie kann man sich jetzt noch über die Gewinnsucht und das Ausschlachten von hohlen Programminhalten und menschenverachtenden Serienformaten beschweren, wenn Arthur Miller damit schon vor so vielen Jahren anfing. Jetzt ist er tot. Nichts hat sich geändert. Alles ist nur schlimmer geworden.
Die Fatalisten rufen: Man beklage sich schon immer (seit altersher) darüber, dass Früher alles besser gewesen sei.
Fatalisten sind die, die auf der Titanic der noch spielenden Band zugehört haben, als alle Anderen versucht haben zu schwimmen.
Die Wahrheit ist: Es wird schlimmer. Es wird schlimmer, wenn man Jahrzehnte eine Mauer stehen lässt und dahinter etwas verfault.
Jeder Zahnarzt weiß das. Regelmäßig Putzen, die Zahnschmerzen nicht hinnehmen, zum Arzt gehen und eine Füllung machen lassen.
Fatalisten gehen doch auch zum Zahnarzt, oder?
Es wird auch schlimmer, wenn man in jedem Haus einen DVD-Spieler, der weniger als eine Kiste Bier kosten soll, stehen haben will und gleichzeitig Probleme damit hat, dass Nokia nach Ungarn abwandert.
Fatalisten trinken Bier, während sie sich einen Film ansehen. So ist das.
Es wird schlimmer, wenn man untalentierten Grinsern aus den Achtzigern eine eigene Talentshow gibt um über das Talent der Gegenwart zu richten. Klar das da einer gegen nen Gurkenlaster rast. Und es wird schlimmer, wenn zur gleichen Zeit die achte Staffel eines Sozialexperimentes startet, aus dem noch niemand etwas gelernt hat. Wie soll man auch etwas daraus lernen, wenn sich ein Großteil der wählenden Bevölkerung scheinbar mit der Inhaftierung von Freiheitsrechten abgefunden hat.
Eine Konvertitendatei. Himmel!
Ist das so was, wie die Frage auf der Krankenversicherungsanmeldung nach „Raucher oder Nichtraucher“? Oder doch eher so was, wie der Zwang sich biometrisch fotografieren zu lassen. Wenn das nur aus der Idee geboren wäre, dass alle Menschen gleich dämlich auf ihren Passfotos aussehen … ich hätte kein Problem damit. Aber Biometrik ist der tatsächliche Versuch uns zu charakterisieren. Ja. Anhand unseres Aussehens. (Gab’s da nicht schon mal so eine Sache mit Hakennasen?) Und das gilt für Alle. Zur Widererkennung. Damit eine Software hinterher ausspucken kann, dass ich nach dem Fahrkartenkauf am Hauptbahnhof siebzehn Minuten am Kiosk vor den Pornoheften stand. Siebzehn Minuten. Vielleicht hab’ ich Kleingeld für die taz gesucht … -Scheißegal! – Vor den Pornoheften war das Licht besser, da konnte ich besser nach den Münzen suchen… – Scheißegal! Sie standen siebzehn Minuten vor den Pornoheften. Was haben Sie da gemacht? – Ich hab nur Kleingeld … – Papapapapa!
Würden die mir danach einfach einen Erotik-Newsletter zuschicken, hätte ich kein Problem damit. Solange es nur um Konsum geht, verzichte ich auch gerne auf meine Persönlichkeitsrechte. So ist das.
Warum hab’ ich dann sonst ein Problem damit, fragen die Fatalisten. Nein, Stopp!
Das fragen nicht die Fatalisten, denen ist nur alles „Scheißegal!“. Es fragen die Nervösen und die Hektiker. Die hektischen Nervösen. Die, die so viel Schiss haben, dass man meinen könnte: Wir sind der Feind. Also alle. Vielleicht sind wir das ja auch. Was haben wir auch schon zu bieten?
Hirnlose Doku-Krimi-Serien und Einrichtungssendungen müllen uns den Fernsehtag zu. Und es braucht mehr als ein „Trio mit vier Fäusten“ um da mal richtig aufzuräumen.
Auf „Fantasy Island“, mit dem unverwechselbaren Ricardo Montalban, gab es jede Woche in den Jahren 1978 bis 1984 zwei Wünsche, die den Besuchern erfüllt wurden. Das war alles. Das ganze Konzept. Ein Happy End ohne „End“.
Heute schicken wir abgehalfterte Torwarttrainer in den Urwald, damit sie mit ausgemusterten Pornodarstellerinnen formulierungsarme Streitereien vom Zaun brechen. Hinterher hassen sich alle. Super!
Wir wundern uns über sprachgestörte und verstörte Kinder an den Schulen, laufen aber selbst in die neuesten Folterfilme.
Aber sobald mal wieder Einer vom Kirchturm mit ner Fernschusswaffe aus „Jagd & Hund“ rumknallt, jammern wir wieder für zwei Wochen bei Maischberger über gewaltverherrlichende Computerspiele. Oder wir lassen jammern. Scheinbar ist Jammern zum Allheilmittel geworden. Lieber Jammern als Erziehen. Können wir uns ja auch leisten, wenn’s mit dem Balg nicht klappt: Kommt eben die Supernanny! Und die hat jetzt auch schon soviel politische Brisanz, dass der Spiegel sie zu Roland Koch befragt. Der Spiegel! Irgendwann landet die Supernanny auch noch mal im Dschungelcamp, zusammen mit dem Aust. So sieht sie doch aus, die Fernseh-Verwertungskette.
Aber aus den Computerspielen sind wir auch noch nicht schlauer geworden. Das Puzzle-Spiele, wie Myst oder Tetris, das räumliche Verständnis fördern und man als kleiner Bub nach zwei Stunden Killzone 2 schweißgebadet und angespannt im Bett nicht schlafen kann … wer soll daraus auch schlau werden. Das erfordert ja eine gewisse Beschäftigung, einen Dialog. Nicht nur Jammern. Eben eine Erziehung. Aber wir jammern lieber als zu erziehen.
Und erzogen haben wir doch mal ganz gut, oder?
In der Schule hatte für mich die Ringparabel nichts mit Zwergen und Elfen zutun. Und Captain Kirk hat niemanden gefoltert. Picard übrigens auch nicht. Jack Bauer foltert ohne Unterlass. Es gibt jetzt schon „Twenty-Four“-Bettwäsche, wussten sie das? (Es gibt auch „DSDS“-Bettwäsche. Als ich jünger war, wurde man als DJ mit Bechern beworfen (vollen Bechern!), wenn man Modern Talking auflegte.)

Mittlerweile bin ich übrigens Atheist.
Arthur Miller war auch Atheist.
Ich hab’ das erst gerade nachgelesen. Interessant, oder? Er hat trotzdem den Jerusalem-Preis für die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft bekommen.
Max Frisch hat diesen Preis, ein paar Jahre vor Arthur Miller, auch erhalten. Wissen sie was Max mal gesagt hat:
„Manchmal scheint mir auch, daß jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Krieges, mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos ist, müßig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, daß man es liest…”

Medienkritik 1

Heute stand im Berliner Fenster eine Nachricht.
Wie sich das anhört: Eine Nachricht.
Das Wort klingt doch schon falsch. „Nachricht“
Würde bedeuten, man soll sich danach richten. So geht das aber leider nicht.
Nicht nach den Nachrichten im Berliner Fenster.
Das Berliner Fenster mit seinen eingeschrumpften Meldungen aus der Unterhaltungsretorte.
Erste Nachricht war: Eine archäologische Ausgrabung hat einen Aztekentempel aus dem Jahr 1100 gefunden. 1100.
Erstmal: Wann „1100“?
Vor oder nach? Nicht der Ansatz einer korrekten Zeitangabe.
Naja … normalerweise weiß jeder: Azteken … war „nach“. Aber was ist schon normal bei den BZ-gesponsorten Berliner Fenster Nachrichten. Also „1100“. Und nun?
Was sagt mir das? Wie soll ich mich danach richten?
Hätten sie gesagt: Haben außerirdische Knochen in Aztekenpyramide gefunden. Na dann. Also hatte Erich von Däniken doch nicht ganz Unrecht. Aber so?
Sind die alten Azteken eben schon etwas früher über den Boden des Urwalds getanzt. Bitte. Mir doch egal. Interessiert mich nicht. Wie soll es auch. Azteken haben mit der Zukunft und der Gegenwart eines End-Zwanzigers in Mitteldeutschland soviel zu tun wie Schäuble mit gesunder Innenpolitik. Nischt.
Natürlich interessiere ich mich für Geschichte. Ist schon wichtig. Aber doch nicht die Azteken von „Über dem Teich“, die niemand vor 1492 kannte und auch nicht kennen wollte. Also: Mal schön scheißegal. Trotzdem in der Dauerschleife alle zwanzig Minuten für mindestens dreißig Sekunden als „Nachricht“ im Berliner Fenster der U-Bahn.
Schön. Neben den scheißegalen „Nachrichten“ über Stars on Ice mit Schreckschrauberin Kati Witt und der Belanglosigkeit der Frage „Ist Eva Herman rechts?“ müllt nun auch diese Banalität der Oberklasse zusätzlich das Erinnerungszentrum in meinem Hirn voll. Vielen Dank. Dankeschön, BZ!
Ich will ja nicht sagen: Wer BZ liest „IST“ blöd, aber er wird es bestimmt noch.
Die nächste BZ/Berliner Fenster Nachricht war mal wieder über den beknackten Eisbären Knut! Jetzt soll er für eine Million in einem Hollywoodfilm mitspielen.
Da sollte man doch sagen: Sehr gut. Dann nimmt man das Geld, steckt es in den Landeshaushalt und fertig. Aber so leicht macht sich Berlin das nicht. Nein.
Hier wird darüber diskutiert. Scheiße noch mal. Zuerst rotten wir zehntausende Eisbären in jahrhundertelanger Tradition am Pol aus und jetzt lamentieren wir über den Einsatz eines einzigen Bären bei einem beschissenen Film. Eine Million ist das drin für die Berliner Kassen. Wenn man uns den, ehemals knuffigen „Kevin allein zuhaus“-Darsteller Macaulay Culkin, jetzt gebeutelt durch Drogen und Abstoßung, für ne Million abnehmen würde. Sofort. Natürlich: Ohne zu zögern. Sofort.
Für ne Million Dollar oder auch Euro können wir auch genug Eisbären-Stammzellen kaufen um zwanzig Knuts zu zeugen. Oder funktioniert unsere moderne Verwertungslogik á la großer Koalition nicht so?
Hm? Aber die große Koalition ist doch sowieso das Lieblingsthema der Medien. Hier wird, wie sonst kaum, fehlberichterstattet ohne Grenzen!
Schäuble gibt vor: Es sind 40% gewaltbereite Islamisten in Deutschland.
Oder waren es 40% gewaltbereite, türkische Fundamentalisten? Egal. Araber mit Gewehren. So sieht es aus. Und dann noch 40%! Das ist beinahe die Hälfte. Und statistisch gesehen ist beinahe die Hälfte eine Koalition. Also regierungsfähig! Deswegen ist es eigentlich die Mehrheit! Also: Alle!
So gesehen steht auf den Titelblättern: Alle Araber sind böse!
Danke, Wolfgang, vielen Dank! Jetzt haben wir es. Alle die nicht deutsch sind, sind gewaltbereit. Weil, man weiß ja nie wer nicht noch alles Araber ist. Den Chinesen kann man sowieso nicht trauen, die klauen ohnehin nur unser nicht vorhandenes Know-How, von dem weiß ja auch – seit der Pisa-Studie – jeder! Also: Gewaltbereit.
Und gewaltbereit ist auch gleich gewalttätig. Das wissen wir seit den RAF-Sympathisanten. Scheiß doch auf. Sagen wir einfach: Jeder der nicht strikt dagegen ist, ist dafür. Deswegen sind alle Araber auch böse. Alle die nicht ausdrücklich sagen: Wir sind nicht gewaltbreit und nicht-nicht deutsch: Sind böse! So sieht es doch aus. Oder?
Sagt jedenfalls der Schäuble. So hab’ ich das gelesen.
Und so wird es berichtet und direkt in die Wohnzimmer der deutschen Familien hinein kommuniziert. Kein Wunder das man beim Türken um die Ecke nur noch ungerne den Brotaufstrich fürs Fladenbrot kauft. Da muss einem ja mulmig werden. Alle Araber sind also böse. Verdammt. Dabei war der Mohammed vom Döner-Laden doch immer so freundlich.
Aber wenn der Schäuble, der alte Rennfahrer, es sagt: Dann stimmt das.
Schließlich hat Der ganz andere Erfahrungen mit Attentätern gemacht. Der weiß wovon er brabbelt. Der weiß wie man Angst verbreitet. Und die Medien verbreiten mit.
Ursprünglich war ja mal angedacht, dass Medien auch Informationen auswählen. Sozusagen eine redaktionelle Arbeit leisten und alles im Kontext und reflektiert betrachten. Das ist vorbei. Auch auf Spiegel-Online wird genutzt und gehetzt was das Zeug hält, dabei sollten die Augstein-Jünger doch auf unserer Seite sein. Sind sie aber nicht mehr. Gehört doch alles längst dem Springer. Und wenn es nicht Springer gehört, gehört es dem Profit. Dem Profit des besten Verlegers. Mit den meisten Auflagen und den ängstlichsten Lesern.
Auflagen verkauft man mit Titten oder Angst. Weiß die BZ genau. Im Berliner Fenster sind zwar noch nicht genug Titten zu sehen, aber Angst gibt es auch im Kurz-Text-Format. Angst in dreißig Sekunden, sozusagen. In kleinen Einheiten.
„Arbeitslosenquote in Berlin am höchsten.“ Dass sie trotzdem gesunken ist, interessiert die Angst doch nicht. „Berliner produzieren am meisten Müll.“ Heißt noch lange nichts, wenn die Statistik die unbekannten Variablen wie „überwiegende Industrieabfälle in Ballungsräumen“ oder „Möglichkeiten zur Kompostierung“ nicht rausrechnet.
Aber Das interessiert die Angst doch alles nicht. Hier geht es nur um die Angst an sich. Und die, wissen wir ja, ist es die wir eigentlich fürchten sollen. Vielleicht sollten wir die BZ fürchten. Dann schlagen ein paar mehr gewaltbereite Jugendliche, wie es wieder einmal verkündet wurde, ein paar mehr von diesen Berliner Fenstern ein. Wäre ein Anfang. Das wäre auch mal ne Nachricht.