Archiv der Kategorie: Über den Bildschirm

and vice versa

Niemand kennt Wolfgang Höbel. Ich kannte ihn bisher jedenfalls nicht. Das ist nicht schlimm für Wolfgang Höbel. Schlimmer wär’ das für Johanna Moosdorf, schließlich war sie eine berühmte Schriftstellerin und erst kürzlich wurde nach ihr die Stadtbibliothek Neu-Westend benannt. Aber weg von meiner Irritation darüber und zurück zu Wolfgang Höbel. Genau weiß ich immer noch nicht wer er ist, aber ich weiß jetzt: Ich mag ihn nicht. Das sag’ ich einfach mal so, er kann es halten wie er will, ich mag ihn trotzdem nicht. Auch wenn er mich einladen sollte eine Kolumne für spiegel-online zu schreiben, es würde nichts daran ändern. Was nicht heißen soll: Er kann es nicht einfach versuchen, ich sag’s halt nur.
Jedenfalls ist Wolfgang Höbel schon ziemlich alt. Nicht so alt wie einige andere Personen die bei spiegel-online schreiben dürfen, aber auch nicht so jung wie ich. Damit will ich nicht sagen: Ich könnte seine glossenhafte Sparte für die Kultursektion übernehmen, auch wenn ich (durch mein noch sehr knabenhaftes Alter) einen frischen Wind, junge Ideen und viel Ausdauer in die Kultursektion bringen würde. Aber weiter.
Wolfgang Höbel ist Jahrgang 62 (viel älter als ich, um das nur mal so zu erwähnen). Wolfgang Höbel hat für die Süddeutsche Zeitung geschrieben, ein Blatt das ich sehr verehre (nur um das klar zu stellen), und schrieb soeben einen Artikel für den Kulturteil von spiegel-online über Oliver Pocher.
Das ist ja nicht schlimm. Da soll man mich auch nicht falsch verstehen. Ich toleriere Oliver Pocher, jedenfalls auf einer rein humanistischen Mensch-Mensch-Ebene. Soll soviel heißen: Ich würde mir zweimal überlegen ob ich ihn, während er vor meinem Kühlergrill einen Zebrastreifen überquert, überfahre. Vorrangig weil mir mein Kühlergrill zu schade wäre, dann natürlich auch weil ich überhaupt kein Auto habe (ich könnte also wirklich diesen Job bei spiegel-online gebrauchen) und zuletzt aus ganz banalen, pazifistischen Aspekten. (Aber da lässt sich bestimmt noch was machen … )
Meiner Toleranz gegenüber Pocher steht die vollkommene Abscheu gegenüber, die ich jedes Mal empfinde wenn er seine Fresse in eine Kamera hält oder (noch schlimmer) den Mund aufmacht. Keine Ahnung woher das kommt.
Es könnte Neid sein, oder auch nicht. Es könnte vorhandenes Schambewusstsein sein, oder auch nicht. Es könnte Anspruch an Unterhaltungssendungen sein … (und dazu gibt es kein „oder“).
Jedenfalls teilt Wolfgang Höbel (oder wie ich ihn im Folgenden nennen werde: „Höbli“) meine Auffassung nicht. Nein, er vergleicht Pochers Entgleisungen gar mit dem steilen Medienabstieg von Martin Walser.
Wenn irgendwann rauskommt das Pocher vor seinem Leben als „Comedian“ (und ich muss mich hier wieder auf den Humanismus berufen um „Comedian“ überhaupt schreiben zu können) … wenn also rauskommt das Pocher vor seiner Arbeit beim Fernsehen den Georg-Büchner-Preis bekommen hat, bitte teilt es mir mit. Dann ist es nämlich definitiv nur noch Neid (ohne „oder“).
Bis dahin bleibt als unkommentiertes Beispiel, für das was ich an Oliver Pocher nicht mag, die gestrige (29. Mai 2008) Ausgabe von „Schmidt & Pocher“.
Ahhh … wen will ich hier verarschen: Natürlich werde ich die Sendung kommentieren.
Vorher aber noch ein kurzes Zitat. So zum Warmwerden! Höbli schrieb also über Pocher:

„Pochers größte Momente sind aber gerade die, in denen er jede Leistung verweigert. Wie in jenem Moment, als Schmidt gerade von Martin Walser redete und Pocher mit absolut unbewegter, super ahnungsloser Miene sagte: „Was macht der?“ Ein Glanzlicht deutscher Fernsehunterhaltung.” (spiegel-online, 29.05.2008: http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,556296,00.html)

What the fuck ist „super ahnungslos“? Soll das gut sein?
Heißt das, wenn in einem Drehbuch steht „Hans sieht Monika ahnungslos an. Monika schluckt und setzt an Hans zu beichten das sie eine Affäre mit Günther hat.“ es dafür noch eine Steigerung gibt? Wenn also Hans Monika „super ahnungslos“ ansieht, denkt er sich dann insgeheim: „Oh! Jetzt wird sie mir alles beichten, alles aber nicht das sie eine Affäre mit Günther hat!“ Hä? Was soll das?
Macht nicht eigentlich die Überhöhung wieder eine Erniedrigung aus? Hat Hans dann nicht eigentlich – – – Ach! Da kriegt man ja Kopfschmerzen!
Und was soll das mit „größte Momente“ wenn er „jede Leistung verweigert“? Gutes Vorbild. Ganz toll.
„Warum bist Du nicht zur Bundestagswahl gegangen?“
„Ich dachte ich provoziere einen großen Moment, indem ich jede Leistung verweigere!“
„Danke. Jetzt wird Oettinger Außenminister!“
Ja, ja: Ganz tolles Glanzlicht.
Höbli kritisiert, es wäre ja soo einfach auf Pocher einzudreschen. Natürlich ist es einfach, aber nur weil es einfach ist muss es doch nicht schlimm sein?
Als Al Gore den Oskar für den besten Dokumentarfilm bekommen hat war das auch einfach, aber es war nicht schlimm.
Okay. Der Vergleich hinkt jetzt wirklich. Da muss noch mal anders argumentiert werden. Sekunde.
Höbli schreibt im gleichen Artikel auch:

„Es sind frisurproblembeladene Oberlehrer und durch gefühlte tausend Jahre ARD-„Scheibenwischer“-gestählte Schreckenslangeweiler, die Oliver Pocher aus Schmidts Show verbannen möchten.“

Erstmal: Scheibenwischer gibt es keine gefühlten tausend Jahre. Hundert, höchstens. Und Zweitens: „Schmidt & Pocher“ ist schon unter Scheibenwischer-Niveau angekommen.
Tatsache.
Während der schon angesprochenen, gestrigen Ausgabe von „Schmidt & Pocher“ gab es mehrfach minutenlang keine Reaktion vom Publikum. Nicht mal Husten. Bei Scheibenwischer klatschen die wohlerzogenen Zuschauer wenigstens nach jeder noch so unlustigen Pointe. (Was übrigens das größte Unding von Kabarett und Comedy (irghh) geworden ist: Klatschen statt Lachen!)
Im Mittelalter wurden Hofnarren die niemanden zum Lachen brachten aus dem Schloss gejagt oder gesteinigt (in einigen amerikanischen Open-Mic-Clubs wird das, glaube ich, immer noch so gemacht). Im deutschen Fernsehen klatschen wir die peinliche Stille nach einem vergeigten Witz einfach weg. Und diese peinliche Stille wird mit Pocher immer länger und länger.
Man kann jetzt sagen „Wie innovativ. Der will doch provozieren!“, man kann es aber auch lassen.
Und da liegt die Gefahr von Pocher: Die Harald Schmidt Show war vorher, auch wenn nicht immer brüllend komisch, auf jeden Fall unterhaltsam. Jetzt ist es nur noch peinlich. Finde mal die Glanzlichter darin, Höbli!
Es kann natürlich auch sein, dass Schmidt einfach spontan beschlossen hat alt zu werden. So wie Chevy Chase, der eines Morgens aufwachte und einfach nicht mehr lustig war. Kann ja sein. Trotzdem bleibt der Eindruck: Vor Pocher war Schmidt ein Gewinn, jetzt hat er höchstens einen einzigen guten Moment in der Show. Von Glanzlichtern ganz zu schweigen. (Und die Relation ein einziger „guter Moment“ zu 60 Minuten Sendung: Das ist nicht nur betriebswirtschaftlich ungenügend.)
Ne andere Sache ist natürlich: Vielleicht wünsche ich mir auch einfach nur Manuel Andrack zurück.
Wie wäre das schön: Hain Saban kommt plötzlich, während einer Live-Aufzeichnung, ins Studio, Schmidt springt auf, die beiden Männer umarmen sich und Hain verspricht eine Sat.1-Programmrevolution (man will das Pest-Leichen-Schiff Pro7 abstoßen und Claus Kleber abwerben um mit ihm eine ganz neue Nachrichtenredaktion aufzubauen). Dann kommt Manuel Andrack auf einem Fahrrad herein, schlägt Helmut Zerlett mit einem Saxophon K.O., Tita von Hardenberg und Katrin Bauerfeind stürmen hinzu und überwältigen Oliver Pocher. Während sie ihn zu Boden drücken setzt sich, der von Hain Saban zum neuen Kulturressortleiter gewählte, Jörg Thadeusz auf Pochers Rücken. Nach einer kleinen Keilerei und als sich der Dunst verzogen hat, läuft man (beziehungsweise Manuel Andrack fährt) Hand-in-Hand in den Sonnenuntergang.
Abspann.

Höbli, sowas kannst Du Dir mit Pocher natürlich an den Hut stecken. Was natürlich schon sehr traurig ist. Hm?
Vielleicht entwickelt man ja bald einen Dimensionstransporter und ich kann mich in eine parallele Welt begeben, wo es noch Fernsehen mit Perspektive und Niveau gibt.
Ich frag mich, ob in der Dimension dann Chevy Chase auch noch Filme machen darf …

– – –

Dieser Eintrag wurde nicht – anders als wahrscheinlich erwartet – unter dem Einfluss von starken Psychopharmaka geschrieben. Obwohl ich zurzeit eine leichte Sommergrippe aussitze und man dies als Grund heranziehen könnte, warum ich nach dem Durchlesen einfach meinte „Ah … What the Hack!“ und die Eingabe-Taste drückte.

Die Runde der Dummen

ZUR SENDUNDUNG „Menschen bei Maischberger“, vom 11. September 2007, 22:45, ARD

Zuerst möchte ich zugeben: Das letzte Mal habe ich „Menschen bei Maischberger“ gesehen, als ein offensichtlich zugedröhnter Ex-DDR-Schlittschuhläufer felsenfest behauptete, es hätte kein Doping im DDR-Sport gegeben und Stasi-Spitzel gab’s natürlich auch nicht. Dabei guckte er nicht nur leidend, sondern auch absolut heroinschwanger in die Kameras. Der Name dieses Mannes ist mir leider entfallen, aber irgendwie signalisierte mir die damalige Runde: Sandra Maischberger ist schon lange nicht mehr bei n-tv, die guten Interviews sind vorbei und jetzt sitzt man eben in beige-gelben Ikea-Sesseln vor einer Mauer-Imitat-Studio-Wand und redet dummes Zeug oder wenigstens über dummes Zeug.
An dieser Stelle sollte man schwer ausatmen und ein kurzes, schulterzuckendes „Whatever“ gen Himmel schicken und sich trollen. Ich hätte das so tun sollen. Hab’ ich leider nicht.
In den letzten Tagen dann, schaltete ich wieder hinein, in die Talkshows des ersten Deutschen Fernsehens. Zuerst, weil ich dachte, vielleicht mal wieder etwas Qualität zu finden. Ich wollte jemanden reden hören, der nicht absolut hirnverbrannt vor sich hin brabbelt. Also genau das nicht tut, wonach sich die gesamte Fernsehlandschaft anhört. Und tada: Ich fand so eine Runde. Vor mehr als einer Woche, Sonntagnacht, ARD, nachtstudio. Nicht gerade ein sympathischer Sendeplatz, aber immerhin gab es hier einen ehemaligen Redenschreiber von Willy Brandt, den Kultur-Ressortleiter des SPIEGELS und noch ein paar andere Leute, die mit einem kauzigen Moderator über die Zeitschriftenkultur im eigenen Land und auch in Übersee stritten. Nett war das … das war aber auch alles! Als ich mir sogleich am Montag den SPIEGEL kaufe, werde ich wieder enttäuscht! Kultur-Fuzzi vom Dienst, Matthias Matussek (SPIEGEL Redakteur), hatte in der Nacht vom Sonntag auf Montag noch so glorreich von sich, vom SPIEGEL und der großen Qualität gesprochen. Davon, dass er ein ja soo witzigen Video-Blog im Internet hätte. Nachdem ich seinen Deutschaufsatz zu „Romantik. Eine deutsche Affäre“ (Rüdiger Safranski) im Kulturteil las, wollte ich nicht mal mehr den Video-Blog sehen und meine Fertig- Spaghetti kamen mir auch noch hoch. Selten hab’ ich so ausgehöhlte Berichterstattung gelesen. Eigentlich war es mehr eine Zusammenfassung, sozusagen ein längerer Klappentext zum besprochenen Buch. Besprochen wurde allerdings auch wirklich nur jedes Vorurteil, welches Matussek sich so aus den selbstgeilen Fingern saugen konnte. Was den Spiegel sonst anging war ich mehr oder weniger ernüchtert: Vor ein paar Jahren noch, las ich gerne die Artikel über deutsche und internationale Politik. Mittlerweile werden diese Artikel nach Schema F, dem Schema für wir-berichten-über-eine-Person-und-flechten-ein-paar-Allgemeinplätze-mit-ein, gewoben. Kein Feuer, kein gar nichts. Dröge Zeitschrift kann man da sagen. Und in den großen super-sonder- Reportagen? (In diesem Fall der Aufmacher über die „Bio-Welle“): Noch mehr Allgemeinplätze, Vorurteile, bittere Formulierungen und das ewig gleiche Rauschen im Wald. Dann doch lieber die zehntausendste Aufmacher-Überschrift zum zweiten Weltkrieg. Solche Reportagen kriegen sie wenigstens hin, die Jungs vom SPIEGEL.
Das Fernsehen wollte ich, nach dem nachtstudio, nun aber trotzdem für mich zurückgewinnen. Auf Wiederentdeckungstour, erschien mir das Warten auf Anne Will und ihre gleichnamige Sabine Christiansen Kolportage eine gute Idee. Aber dann packte mich der Eifer: Zu neugierig, zu wissensdurstig zappte ich vorschnell in das Abend- und Nachtprogramm.
Zum Beispiel sah ich mir die zweiteilige RAF-Dokumentation von Stefan Aust an. Und auch, ganz der artig Zuschauer und Konsument von Progamminformationen, die Beckmann-Talkrunde im Anschluss an den zweiten Teil am 10. September.
Dort ereignete sich der erste, kleine Supergau einer Talkshow: Die eigentlich zu erwatenden, so kontrastreich eingeladenen Figuren Stefan Aust (Chefredakteur DER SPIEGEL) und Günter Beckstein (Bayrischer Innenminister und mittlerweile designierter Stoiber-Nachfolger) waren sich einig. Ja, sie stimmten einander zu. Und nicht nur einmal. Es war wie ein Kanon, eine zweistimmige Arie. Ein Duett!
Ich traute meinen Augen nicht: Das kann nicht ihr Ernst sein. Wo blieb die Diskussion? Warum hatte ich sonst eingeschaltet? Wenn ich einander zustimmende Menschen sehen will, dann guck ich mir doch die Super-Nanny oder Kerner an.
Aber doch nicht hier und nicht der Aust.
Stefan Aust, mittlerweile größtenteils mit dem Ausverkauf seines Lebenswerkes über die RAF beschäftigt, dreht zuerst eine Bullshit-Langweil-ewig-die-gleiche-Leier-Dokumentation für die ARD. Eine Dokumentation, die selbst Jörg Schleyer, der Sohn des ermordeten Hanns Martin Schleyer, als absolut langweilig und ohne Nährwert oder mit auch nur irgendwelchen neuen Erkenntnissen gespickt bezeichnet. Dann setzt sich Aust auch noch zu Beckmann und verliert dort so sein Gesicht, dass der Kuscheltalker Beckmann gegen ihn wie ein beinharter, investigativer Journalist aussieht. Beckmann! Beckmann, zu dem sonst nur Gäste kommen, weil alle wissen: Wenn einer keine konkreten Fragen zu umständlichen oder problematischen Antworten stellt, dann er.
Aber hier dominiert er weichgespült sogar über den Mann, der einst mein Weltbild mit dem Buch „Der Baader-Meinhof-Komplex“ veränderte.
Wer war das dort? Er sah doch aus wie der schlaue Kopf aus den Spiegel TV-Sendungen.
Hat er zu lange mit Jürgen-Peter Boock rumgehangen. Boock, der Vorzeige-Schuldige aus der RAF? Aber nein, Aust distanziert sich von Boock. Komisch das er trotzdem dessen gefühllose Schilderungen für bare Münze nimmt. Boock habe ich übrigens der Tage auch bei einer, auf n-tv ausgestrahlten, englischen Dokumentation über die RAF gesehen. Diesmal erklärte Boock, sprachgewandt auf Englisch und nachher synchronisiert, wie das so ablief mit Schleyer und der Landshut.
Natürlich steht es Boock frei aus seinen einstigen Verbrechen, für die er im Knast saß, Kapital zu schlagen, nicht nur in Deutschland. Aber muss n-tv dann so was auch noch senden? Reicht es nicht, dass Aust ihn in seiner Dokumentation im Spielfilmstil wie ein verschrobener Scorsese in geplanten Kameraeinstellungen über Friedhöfe laufen lässt. Gestellt-gespielt trat dort am Sonntagabend Peter-Jürgen Boock ans Baader-Grab und wurde in einer gleitenden Kamerafahrt andächtig aufgenommen. (Es muss ja nicht immer Handkamera bei einer Dokumentation sein, aber bitte auch nicht so!) Danach ging es am Montagabend im zweiten Teil mit dem Auto in den Wald. Dort wo Boocks Mittäter Schleyer hinrichteten. Alles in bester Kinomanier und tragisch mit Musik untermalt. Was auch immer deutsche Dokumentarfilmer dem Meinungsmacher Michael Moore vorwerfen: Mit ihren Schmuddel-Betroffenheits-Dokus sind sie ihm im Gefühle-provozieren weit voraus!
Außerdem: Immer die gleichen Gesichter im Deutschen Fernsehen. Damit meine ich nicht nur die C-Promis in 70er-Revival-Shows.
Peter-Jürgen Boock geht einem ja schon beinahe so auf die Nerven, wie Egon Bahr, der wie ein gieriger Star Trek-Fan scheinbar jede Dokumentation über Willy Brandt aufstöbert und zu allem auch noch seinen Senf dazugibt, weil er den Guten ja kannte und weil früher ja so viel besser war und weil sowieso alles heute ja nur Mist ist.
Jedenfalls beim letzten Punkt, merkt man beim gucken der letzten Maischberger-Sendung, hat Bahr recht: Unter dem Tagesordnungspunkt „Terror“ versammeln sich Wolfgang Schäuble, den irgendein Irrer doch tatsächlich zum Innenminister gemacht hat (Manchmal vergisst man im Strudel der Bundespolitik solche ironischen Seitenhiebe der großen Koalition doch tatsächlich.), und auch Daniel Cohn-Bendit, Fraktionsvorsitzender der Grünen im EU-Parlament, und – immerhin – der Namenspatron meines eigenen, zweiten Vornamens. Das ich ab diesem Dienstagabend bis in alle Ewigkeit darüber nicht mehr froh bin … dazu komme ich gleich.
Was für Cohn-Bendit spricht: Der Junge kannte Jean-Paul Sartre. Das klingt schon mal cool.
Sartre hat natürlich auch viel daneben gegriffen, aber – im Gegensatz zu Cohn-Bendit – sich bei aller Scheußlichkeit immerhin so früh verabschiedet, dass er nie auf beigen Ikea-Möbeln in der ARD sitzen musste.
Neben Cohn-Bendit, Wolfgang Schäuble und natürlich Sandra Maischberger saßen noch weitere Gäste im Studio. Deren Namen habe ich, wie einst den Namen eines DDR-Schlittschuhjungen, auch sofort wieder vergessen. Was allerdings hängen blieb, war die Tatsache dass es Zivilisten waren. Sozusagen normale Bürger. Natürlich mit Bezug zum Thema: Eine ältere Frau hatte ihren Sohn beim Terroranschlag auf Bali 2002 verloren und ein kräftiger Mann seine Schwester am elften September vor sechs Jahren. Dann gab es da noch die Exfreundin oder Exehefrau des einst meistgesuchten Mannes der Welt: Des Terroristen Carlos. Diese „Ex“ wurde allerdings so spät dazu gerufen, sie bekam von der wirklich peinlichen Phase bei Maischberger nur noch die unterkühlten Ausläufer mit.
Kongenial war kurz vorher das Manöver des kräftigen Normalbürger-Gastes Wolfgang Schäuble gegenüber: Mit wenigen und recht ungelenken Worten lockte der Mann den Innenminister so aus der Reserve, dass Schäuble zuerst in Stottern und dann ins Lauterwerden geriet. Schließlich ging es um die von ihm „betont nicht“ geforderte Konvertiten-Datenbank, die gerade vor dem Hintergrund der kürzlich gefassten Konvertiten-Terroristen in Deutschland als präventive Maßnahme zur Terrorbekämpfung eingeführt werden könnte. Der Normalbürger meinte mit vier aufeinander folgenden Tauchurlauben in Ägypten in ein Raster als ständig ins Ausland wechselnder Terroranwärter zu geraten und warnte vor jeglicher Karteiführung. Vorher hatte der Normalbürger zwar noch gesagt, dass man in diesem unserem Land schlecht bis eigentlich gar nicht voran käme, zu vier Tauchurlauben in Ägypten schien es aber doch zu reichen. Vom Tauchurlaub ging es dann gleich weiter zu Autounfällen und einem ziemlich gewagten Vergleich, dass man – wenn man als Bundesregierung denn wollte – doch die 80000 Autounfälle im Jahr verhindern könnte und genauso den Terror!
Das klingt erstmal gut, besonders auffällig beim Normalbürger war, wie wahrscheinlich bei vielen Anderen, die Annahme, dass nur die politische Elite unseres Landes etwas gegen Hoffnungslosigkeit in moslemischen Staaten tun könne. Diese Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit ist, so der Normalbürger im Einverständnis mit dem gros der Deutschen, der eigentliche Grund für Terrorismus gegen den und im Westen.
Etwas kurz gedacht, aber scheinbar symptomatisch. Das der Normalbürger mit jedem gekauften Liter Öl, jedem bei H&M erstandenen Pullover aus Bangladesh und jedem Tauchurlaub in Ägypten an Hoffnungslosigkeit und der Vernichtung von Perspektiven beteiligt ist, kam ihm nicht in den Sinn. (Kommen wir zu einem kurzen Ausflug meinerseits.)
Unser Überleben in Konsum und freiheitlicher Demokratie wird auf der einen Seite durch Kredite und Geld aus den reichen Ölstaaten mit entweder despotischen Herrschern oder zweifelhaften Demokratien gestützt. Auf der anderen Seite ermöglichen billige Produkte aus aller Welt (vor allem der Dritten) den stetigen Konsum. So gesehen werkeln wir alle, nicht nur die politische Elite, am Terrorismus mit. Wenn wir es in einem einfach Schema betrachten. Der Terrorismus kostet allerdings ebenfalls Geld. Man muss, eben neben einem Teppichmesser, auch ein Flugticket für Übersee kaufen um eine Lufthansamaschine zu entführen. Man braucht Vorbereitung, Zeit und Einfluss. Flasche Pässe, Informanten und ein gut funktionierendes Netzwerk. Nur in einer Hütte und mit einem Lama lässt sich auch kein Semtex H oder C4 kaufen, mit dem dann einen Bus beladen wird, der dann in eine amerikanische Militärbasis oder eine englische Botschaft steuert.
Und wo kommt das Geld für Terrorismus her? Wenn ich das mal wüsste.
Am Ende sind es eben auch Interessenverbände.
Selbst für den Terror gegen Deutschland gibt es eine Lobby.
Aber dies sind nur Spekulationen und meine ganz eigene Theorie der Welt.
Zurück zu Maischberger: Interessant wurde es nicht, aber laut.
Nachdem es zuerst so ausgesehen hatte, als kämen Cohn-Bendit und Schäuble nun gar nicht mehr zusammen und sich der Innenminister auf einer Seite für Pauschalisierungen und die Rettung und den Schutz Deutschlands, vor allen Gefahren, Terroristen und bestimmt auch vor Fahrraddieben, einsetzte und der EU-Parlamentarier der Grünen dagegen immer wieder die weit schwingende aber allzu langweilig klingende Keule der Differenzierung warf, gab es dann doch einen gemeinsamen Feind für die beiden Politiker: Terroristen.
Etwas zu tun, sei ihre Aufgabe, skandierten Schäuble und Cohn-Bendit wie aus einer Kehle. Ihr Ziel war die Akzeptanz beim Wähler, also beim Normalbürger. Der allerdings war schon viel weiter: Neben den Gründen für Terrorismus, die in Hoffnungslosigkeit bei deutschen Politikern lagen, erkannte er auch die Unmöglichkeit der politischen Einflussnahme durch sich selbst. „Kein Politikinteresse“, verkündete er. Er, genauso wie – eigenen Schätzungen zufolge – 79,5 Millionen andere Deutsche, nehmen nicht Teil an Entscheidungsprozessen die sich in irgendeiner Art auf Terrorvermeidung oder –bekämpfung auswirken.
Das er lediglich 40 Millionen der Deutschen brauchen würde um eine starke Mehrheit zu formen um, beispielsweise, Verfassungsänderungen wie Direktwahlen herbeizuführen oder seine eigene Partei an die Spitze und sich ins Kanzleramt zu heben, hatte ihm wohl keiner gesagt.
Später ordnete sich Sandra Maischberger dann selbst noch einmal ganz Vorne in die Runde der Dummen ein, womit nicht ihre tatsächliche sondern nur ihre präsentierte Intelligenz bewertet werden soll: Sie zog den Bogen von islamischen und fundamentalistischen Terrorismus gegen den Westen über den anwesenden Daniel Cohn-Bendit, einen so genannten Alt-Achtzundsechziger und Sympathisanten der RAF, zur aktuell wieder diskutierten und aufgearbeiteten Vergangenheit und dem deutschen Terrorismus der Roten Armee Fraktion.
Die gutbürgerliche Herkunft der einstigen, deutschen Terroristen mit Hass auf ihre so genannte Nazi-Väter-Generation und den tatsächlichen, terroristischen Kulturkampf nach Huntington (siehe Samuel Huntington „Kampf der Kultur“) im modernen Kleid einer globalisierten Welt, wurde dabei geflissentlich übergangen. Cohn-Bendit schoss aber trotzdem den Vogel ab und meinte, der RAF wäre es ja nur um den Angriff auf eine ganz bestimmte, kleine Gruppe von Deutschen gegangen: Den Deutschen mit Einfluss. Als wäre das nicht schlimm genug! Zwar nahm er schnell die Landshut-Entführung als Bestätigung der sonstigen Attentats-Entführungs-Regel der RAF heraus, aber war sich wohl nicht gewahr, dass durch Bombenattentate und Schusswechsel in der Öffentlichkeit, sehr wohl von den Mitgliedern der RAF Verluste in jeder Schicht der Bevölkerung billigend in Kauf genommen wurden.
Letztlich fragte Maischberger natürlich noch nach Cohn-Bendits Begleitung von Jean-Paul Sartre beim Besuch von Andreas Baader in Stammheim. Ein breites Grinsen war auf Wolfgang Schäubles Gesicht zu sehen, als Cohn-Bendit sich versucht mit der Rolle des Vermittlers zu erklären.
So endete die Runde der Dummen. Alle waren blöd. Einfacher kann man es nicht machen!
Langsam sollte sich die ARD mal Gedanken machen, womit man noch in die Zukunft will. Scheinbar gibt es niemanden mehr, der ordentliche Gespräche führen kann. Und wenn es solche Gespräche gibt, dann Sonntagnacht. Anne Will, wir hoffen auf dich!
Neben den Talkshows sieht es nämlich nicht besser aus:
Thomas Gottschalk lädt sich bei Wetten dass..?? profiliersüchtige pseudo-Komiker wie Markus-Maria Herbst ein, die entweder so nervös oder so beschränkt sind, dass sie keinen geraden Satz rauskriegen, nur grinsen und sich selbst – peinlicherweise – in den Himmel loben (Fremdcharme im großen Stil!). Außerdem werden internationale Gäste in den Gottschalkschen Fängen so miserable behandelt, dass man sich fragt: Wieso sollte, wie einst, eine Band wie Take That ihr letztes Konzert bei Wetten dass…?? geben? Guckt doch niemand.
Wenn man nämlich John Travolta und Ray Liota neben deutsche B-prominente Busenwunder setzt und dann auch noch die falschen oder schlecht recherchierten Fragen stellt ohne eine Antwort abzuwarten, dann geschieht einem doch Haribo-Werbung bis zur Stunde Null ganz recht.
Andere „Showevents“, wie sie ja gerne heißen, glänzen mit dilettantischer Regie oder einem verdatterten Frank Elstern. Neulich bei der „großen Show der Naturwunder“ oder wie das Ding hieß, ist Elstner doch tatsächlich meinem ehemaligen Lieblings-Welt-Erklärer Ranga Yogishwa, so tief in den Anus geklettert, dass man sich vor Scham die Fernbedienung in die Augenhöhlen meißeln wollte. Dazu noch fahrige Überblendungen und allenfalls tangierte Themen, sowie ein verkorkstes Spielsystem ohne System und eine Prominentencrew, die nicht wirklich prominent war – bis auf Germanys Next Topmodel Lena Irgendwas vielleicht, die vom Kameraschieber aber so gierig abgefahren wurde, dass man am liebsten ein Kondom über den Bildschirm gezogen hätte: Ein totaler Reinfall. Und nur grau gestrumpfte Omas in der ersten Reihe!
Aber was schimpfe ich über die Öffentlichrechtlichen: Der unglaublich groß angekündigte Terragona-TV-Film von RTL sieht aus wie die Camper ohne Witz und viel zu lang. Der nett abgeknipste Vierteiler Zodiak wirkt in einigen Passagen wie von Dreijährigen mit Hilfe eines Buchstaben-Setzkastens geschrieben und Pro 7-Zugpferd Stefan Raab kriegt nicht mal mehr Lacher vom gekauften Studio-Publikum … sollte das Publikum nicht gekauft sein, sondern Eintritt für die Scheiße bezahlen: Entschuldige ich mich und hoffe das die Zivildienstleistenden die wissen wo sie ihre schutzbefohlenen Geistigbehinderten abliefern.
Ich möchte hier zum Abschluss nicht über die Ausreise-Sendungen, Kochshows mit betrunkenem Jan Fedder oder dem riesigen Wust an Doku-Soaps, die jede noch so kleine Kleinigkeit als „Competition“ verkaufen, reden. Dazu bleibt noch genug Zeit.
Zeit wird es auch, dass sich daran was ändert!
Wie oft kann man schon „Mein neues Leben XXL“ ausstrahlen, bevor die Leute freiwillig zum Islam konvertieren, die Aufnahme in die Konvertiten-Datei billigend in Kauf nehmen, nur um einen Hoffnungslos-Perspektivlos-Anschlag gegen das VOX-Hauptquartier zu begehen? Man kann auch kaum Geld für DVDs mit „Born to cook“ verlangen. (Tut man es trotzdem hoffe ich auf Morddrohungen und Attentatsversuche!)
Übrigens: Sat 1 hat jetzt seine Nachrichten-Redaktion abgebaut. Ein guter Schritt.
Weniger Bildung = Dümmeres Publikum = Gesenkter Anspruch = Alles kann gesendet werden = Blitz in der Dauerschleife!
Sollte es soweit kommen, weiß ich jedenfalls was ich tue: Ich begehe Selbstmord.
Nein, kein Selbstmordattentat, denn so geltungssüchtig bin ich nicht. Nein, ich nehme einfach die letzte Folge Menschen bei Maischberger und drücke die Taste für Dauerschleife auf dem DVD-Recorder. Bei dieser Runde der Dummen, beginne ich schon nach der zweiten Wiederholung mir die Birne am Küchenschrank blutig zu schlagen.
Wo ist eigentlich Harald Schmidt, frage ich mich in solchen Momenten immer. Dann fällt es mir wieder ein: Er hat Oliver Pocher zu seinem Nachfolger gemacht.
Da mach’ ich mich doch gleich mal auf den Weg in die Küche.
Good Night and good luck!

In your Face …

Achtung, Achtung. Vierzig Minuten sind gespielt, der Höhepunkt des Tages ist erreicht. Alles wartet auf … ja: Das abschließende Voice-Over.
Zur Erklärung: Voice-Over wird gemeinhin als allerletztes Mittel einer Fernsehserie bezeichnet, um auch wirklich allen Zuschauern noch einmal die dünne bis sehr dünne Quintessenz der jeweiligen Folge näher zu bringen. Sozusagen eine dramaturgische Atombombe: Hinterher steht garantiert nichts mehr. Jede fragile Struktur eines Handlungsbogens wird ebenso wie der angestrengte Versuch einer „realistischen“ Charakterentwicklung ausgelöscht und dem Erdboden gleich gemacht.
Schlussendlich bleibt nur eines: Die leicht nachhallende Stimme des Hauptprotagonisten mit solch fundamentalen Weisheiten wie „und am Ende erklärte sie uns was sie eigentlich damit meinte und wir sahen sie von nun an mit anderen Augen“ … gibt es schönere Scheiße?
Immer noch nicht klar was ein Voice-Over ist?
Ein kurzes Beispiel:
Nehmen wir eine beliebige Krankenhausserie. Nennen wir sie … ähm … Rachels Urologie … ja, klingt nach einem Gassenhauer! Okay, also Folge Sechzehn der ersten Staffel. Der Titel der Episode lautet „Letzter Wille“!
Rachel hat zu beginn der Folge einen neuen Patienten bekommen. Nennen wir ihn Steve. Steve hat Lungenkrebs im Endstadium. Da gibt es nicht viel zu machen, außer: … und hier setzt das dramatische Element ein! … Steve ist gerade einmal siebzehn Jahre alt … noch Jungfrau und hat noch nie auch nur ein Mädchen geküsst. Die durchaus reizend aussehende Rachel, ihre leicht promiskuitive, beste Freundin Maggie und ihr tölpelhafter Mitbewohner Ryan fahren also mit Steve nach Las Vegas. (Ach ja, damit die Reisekosten nicht in die Millionen gehen: Rachels Urologie spielt natürlich in Californien … da Los Angeles zu ausgelutscht ist, hat man sich für den feinen Vorort Santa Barbara entschieden … ach, und nochwas: Wem auffällt das eine Urologin wie Rachel kaum Lungenkrebspatienten wie Steve bekommt, dem wird in den ersten dreißig Seriensekunden und im Eröffnungs-Voice-Over damit geholfen, dass Chefarzt Nigel, in den Rachel natürlich insgeheim verliebt ist, Rachel den Patienten sozusagen ‚übergibt‘ … warum? Weil Nigel – und das ist unser Nebenplot der Folge „Letzter Wille“ – zur Beerdigung seines Onkels muss!) Wo waren wir? Ach ja, Las Vegas: Erster Außendreh der ersten Staffel. Die Einschaltquoten sind gut, jetzt geben wir Geld aus!
Während also Nigel nach Ohio … alle sterbenden Serienonkel leben in Ohio … unterwegs ist, fahren Rachel, Freundin Maggie und Mitbewohner Ryan (der irgendwie seit Folge Eins ziemlich schwul wirkt … trotzdem aber schon drei unglaublich schöne Frauen in Folge 4, 6 und 9 hatte!!!) sowie natürlich der todkranke Steve … für den man ja nichts mehr machen kann … und der, der Einfachheit halber, seine Eltern vor zwei Jahren bei einem Verkehrsunfall verloren hat (die würden sonst Stress machen) … dieses Quartett der amerikanischen Serienheiligkeit fährt also nach Las Vegas. Dort angekommen, begibt sich Maggie erstmal mit ihrem Monatsgehalt ins Casino, Mitbewohner Ryan und Lungekrebsopfer Steve wollen zusammen in einen Stripclub und Rachel … ja, Rachel gerät an einen jungen Mann vom Valet-Parking der sie nur allzu gut von Nigel – der ja in Ohio ist – ablenkt. Soviel Aufbau, fünfundzwanzig Minuten sind rum, kommen wir zum extrem in die Länge gezogenen Schlusspunkt:
Was ist wichtig für den weiteren Verlauf der Serie?
Nigel wird bei der Testamentseröffnung seines Onkels aus Ohio eine hübsche Praxis in … Ohio! … überschrieben und er überlegt sich tatsächlich ob er nicht nach Ohio! gehen soll um seinem Traum als Kinderarzt! endgültig nachzukommen.
Maggie verliert all ihr Geld … und noch mehr beim Roulette: Weswegen sie in Folge Siebzehn bei Rachel einziehen muss, was im weiteren Verlauf zu allerlei Chaos und lustigen Wohngemeinschafts-Witzigkeiten führt. Und Ryan und Steven?
Ja … Ryan und Steven wollen zuerst eine Prostituierte für Steven auftun … natürlich wehrt sich Steven dann doch gegen gekauften Sex … immerhin ist er das moralische Opferlamm im Serienschlachthof … da kann er keine Liebe per Barscheck annehmen … also muss Ryan alleine ran … und weil der halb-schwul-Mitbewohner als hübscher Draufgänger angelegt ist, bekommt man eine dreißig Sekunden Vorspiel-Sex-Musik-Einlage Marke Baywatch zu sehen und auch die männlichen Zuschauer sind zufrieden.
Rachel sitzt derweil mit ihrem Valet-Parking-Boy (der unglaubliche Ähnlichkeit mit Luke Perry hat!!!) im Restaurant und sieht dann Steve vorbeilaufen … Nein, jetzt passiert nicht was man denkt! Rachel soll emotional auch noch für ein paar mehr Folgen glaubhaft sein, also bringt sie Steve nur ins Hotel und lässt ihn dann dort Essen aufs Zimmer bestellen.
Jetzt kommt das Happy-End … Steve bekommt das Essen von einer jungen Kellnerin (die er natürlich schon bei der Ankunft in der Lobby gesehen hat und die ihm zuzwinkerte … !natürlich!) serviert und sie bleibt bei ihm auf dem Zimmer … nein, kein Sex … aber der benötigte Kuss!
Das ganze läuft ungefähr so ab:
Klopf, Klopf. „Herein.“ „Hi. Ich bringe das Essen.“ „Hm … danke.“ Verschmitztes Lächeln. „Schönes Zimmer. Wo ist deine Freundin?“ „Welche Freundin?“ „Na, das Mädchen mit dem du in der Lobby angekommen bist.“ „Oh … äh, nein … die ist nicht meine Freundin … ähm … meine … Schwester.“ „Cool.“ Verschmitztes Lächeln von ihr … Übergang mit Musik.
(Wenn einem nichts mehr einfällt: Übergang mit Musik. Und da soll noch einer glauben Steven hatte noch keinen Kuss … er sieht zwar elend aus, aber so scheiße nun auch wieder nicht.)
Rachel findet übrigens den Valet-Parking-Boy nicht wieder … sondern telefoniert an einer Telefonzelle, die natürlich formschön am Las Vegas Boulevard steht (mit großartiger Lichterkulisse im Hintergrund!), mit Nigel in Ohio und weint ganz bitterlich weil er nun vielleicht … vielleicht auch nicht … nach Ohio zieht!
Ja … und nun zum Voice-Over: (Wie? Man hätte die ganze Vorrede mit der Serie nicht gebraucht?)
Generell ist zu sagen, dass Voice-Over mit einem ‚Manchmal‘ oder einem ‚Meistens‘ anfangen … es kann auch ein beschwingtes ‚Die Dinge die uns…‘ oder ein ‚Oftmals ist es so…‘ sein.
Diesmal hört sich das Abschluss- Voice-Over von Rachel, die natürlich schon das Eingangs- Voice-Over gesprochen hat, ungefähr so an:
„Manchmal passieren in einer Nacht so viele Dinge, dass man am nächsten Morgen gar nicht mehr genau weiß was davon ein Traum und was davon Wirklichkeit war. Es passieren schreckliche und beängstigende Dinge, und es passieren abgefahrene und einfach wunderschöne Dinge.“
Während dieser ersten Sätze des Abschluss- Voice-Overs sehen wir eine Montage unserer Helden, unterlegt mit Gitarrenmusik und einer säuselnden Südstaaten-Pop-Newcomerin. Wir sehen, bei ’schrecklich‘ und ‚beängstigend‘, zuerst Maggie die heulend in einem Hotelflur sitzt und sich den zerflossenen Lidschatten über die Wangen wischt, anschließend sehen wir Rachel, die ganz alleine, traurig und versonnen vor einem Wasserbassin mit Springbrunnen steht (genau jenes Wasserbassin mit Springbrunnen, welches wir noch aus Ocean 11 kennen!). Zu den Stichworten ‚abgefahren‘ und ‚wunderschön‘ sehen wir zuerst einen grinsenden Ryan umschlungen von zwei unbekleideten Mädels, nur mit Zipfeln aus Satin verhüllt, und wir sehen Steve: Steve unser stetig blasser (warum sind todkranke Amerikaner eigentlich immer blass? Die können doch theoretisch auch ins Sonnenstudio gehen…) … und traurig dreinschauender Lungenkrebspatient, wie er lächelnd und zufrieden – absolut kreusch und angezogen natürlich! – neben der Kellnerin einschläft.
Die letzten Sätze von Rachel im Voice-Over werden gesprochen, während die Musik schon leicht im Hintergrund verklingt und sie und Ryan über den morgendlichen Hotelflur laufen. Er erzählt ihr lachend seine Geschichte und sie schaut nur melancholisch ins Leere. Sie sammeln die verheulte Maggie ein und treten vor ihre Zimmertür:
„Eines ist aber sicher: Egal was in einer solchen Nacht auch passiert sein mag, danach folgt immer ein neuer Morgen.“
Plötzlich hören Rachel, Maggie und Ryan einen Schrei aus ihrem Zimmer. Schnell schließen sie auf und stürmen ins Zimmer.
„Vielleicht ein neuer Morgen mit Überraschungen … aber auf jeden Fall ein neuer Morgen.“
Im Zimmer finden sie die junge Kellnerin, die gerade neben einem toten Steve aufgewacht ist. Sie ist in Panik, schützend legt Ryan seinen Arm um sie. Maggie ruft einen Krankenwagen.
Rachel tritt ans Bett und sieht sich – den noch blasseren und erkalteten – Steve an.
Merkwürdig: Er scheint zu lächeln.
Rachel legt den Kopf schief.
„Allerdings: Nicht alle erleben diesen neuen Morgen. Nicht alle …“
Abblende.