Kürzlich kam eine Studie raus, die statistisch nachzuweisen versucht, dass treue Männer intelligenter als untreue Männer sind. Oder andersrum. Außerdem sind intelligente Menschen öfter ungläubig, also nicht „ungläubig“-ungläubig, sie glauben eben nicht an Gott. Da dies gesagt ist, sage ich nur noch das: Ich bin treu und Gott gibt es nicht!
Und an Wiedergeburt glaube ich auch nicht. Da bin ich aber wohl der Einzige: Drei neue Alben sind draußen. Von drei Künstlern die tot sind. Nachgewiesenerweise. Drei Künstlern, na ja nennen wir sie Musiker, also von Musikern die ich sehr bewundere, bewundert habe. Als sie noch lebten, und bevor die grabräuberische Plattenindustrie sich ihrer B-Seiten-Überreste bemächtigte. Nicht jeder Pop-Star gehört nachinterpretiert wie Beethoven oder Mozart, von denen immerhin im Jahr gefühlte tausend neue CDs rauskommen. Und wer will schon das „Rock me Amadeus“ in hundert Jahren noch von flinkfingrigen Chinesen, deren Vorname genauso ‚lang’ wie ihr Nachname ist, am Piano nachinterpretiert wird? Oh Herrgott, vergib mir dieses Wortspiel … ehm, hab’ ich Herrgott gesagt? Ich meinte … niemand.
Erfreulicher ist da die Nachricht dass der Papst jetzt doch was gegen Missbrauch der „so called“ ‚Schutzbefohlenen’ hat. Oh, wie ich die Kirchen liebe. Gerade wenn man als liberaler, sozialdemokratisch erzogener und die Basisdemokratie anstrebender Häretiker denkt, endlich haben wir alle Gnostiker vertrieben und sind vollkommen säkular … dann donnern die Kleriker mit 1,5 (oder wie viel auch immer) Promille zurück in die Öffentlichkeit, erklären dem Staat mit donnernder Faust und Gischt vor den schiefgebeteten Zähnen, sich raus zuhalten und richten die ihren und sich selbst nach eigenem Ermessen. „Talk about“ Parallelgesellschaften!
[Anmerkung in eigener Sache: Ich muss das wirklich lassen mit diesen englischen Redewendungen, außerdem sollte ich mal an Fremdwörtern sparen, so krieg ich das Diplom auch nicht schneller.]
Eine andere Parallelgesellschaft ist der Feuilleton. Ich meine „das“ Feuilleton. Fuck you, Word 2007! Rote und grüne Zickzacklinien, seit wann lass ich mir eigentlich von so was mein Schriftbild diktieren?
Also „das“ Feuilleton. Das Feuilleton? Ich finde nur wirklich wichtige Dinge sollten „das“ heißen, und sollten so den Ritterschlag der Sächlichkeit bekommen. So wie „das“ Kino. Das Brandenburger Tor. Das Ekzem. Na ja, war gut das ich mit Linguistik aufgehört habe. Zurück zum (danke) Feuilleton:
Jemand im „Business“ hat mir mal erzählt das nur 11% der Zeitungsleser den ‚Kulturteil’ überhaupt aufschlagen. Meistens sind es Leute die selber im Kulturbetrieb arbeiten oder an dessen schattenhaftem Rand. Diese liefern sich nun, was im Fachjargon eine „Schlammschlacht“ heißt über Axolotl. Ich musste es erstmal wikipedien … wikipediaen … erstmal bei Wikipedia eingeben … (Google, diese Schweine, den perfekten Namen für das perfekte Verb): Es ist ein Lurch.
Für mich sieht das Wort aus wie eine Abkürzung für „Hugs and Kisses“ und jemanden der laut auflacht, aber scheinbar ist es ein Lurch (was den „Roadkill“ auch verständlicher macht).
Keine Ahnung was das mit einer überprivilegierten Göre aus Berlin zu tun hat, aber es hat. Jedenfalls sind irgendwie alle für die junge 17-Jährige … manche auch nicht, die werden dann aber ganz schnell runter gemacht, mit Argumenten wie „auch Bertold Brecht hat abgeschrieben“ oder so was. Wahrscheinlich hat er das sogar. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass Brecht mehrere junge – ich nenn sie mal – Schreibsklavinnen / Schrägstrich / Sexsklavinnen hatte, also keine echten Sklavinnen, die er im Keller seines Hauses, nein, dass machen nur Österreicher, nein, ich meine willige und freiwillige junge Literaturstudentinnen oder andere Schreiberinnen, die alles für ihn getippt haben, was er wollte und er, also Brecht, konnte dann, was er wollte, unter seinem Namen veröffentlichen. Bestimmt war es so, die haben doch sowieso nur getippt und gefickt im Osten (uhoh!), hatten ja nichts, jedenfalls kann ich mir das gut vorstellen, schließlich war der olle Berthold so was wie Robert Pattinson heute, nur das er geschrieben hat und nicht halb so weibisch aussah.
Wo war ich: Ah ja, Helene. Ach, nein.
Das Ding ist, und ich fasse es nicht das ich einen geschriebenen Satz mal so beginnen würde, aber bei mir ändert sich ja sowieso der Stil gerade, also egal: Das Ding ist, das Abschreiben, Gedanken, Worte, ganze Sätze oder gar Absätze zu klauen, bestimmt nichts neues ist. Es gibt sogar eine Diskussion darum, ob nicht Darwin der Erfinder des „Darwinismus“ ist, sondern ein Typ namens Alfred Russel Wallace, was Darwin dann zum Erfinder des „Wallaceismus“ gemacht hätte, was wiederum dumm klingt und irgendwie ist es ja auch egal.
Es ist der spezielle Gedanke der zählt. Viele Leute reden dieser Tage, oder schreiben in den eckigen Klammern die „das“ Feuilleton ist, über Urheberschaften und das alle bei allen abschreiben. Aber wie von alleine finden große Werke, große Ideen immer zum richtigen Namen, selbst wenn die Namen die Patente abgeben, wie Tesla zum Beispiel. Am Ende geht es nämlich nicht ums Abschreiben, es geht um die herausragende, die neue Idee. Das einzigartige Element, welches man nicht vortäuschen kann, welches man hat. Die Tatsache dass über das Lurch-Buch nicht anders, als im Streit über die Urheberschaft berichtet wird, lässt mich zweifeln dass dort so ein einzigartiges Element versteckt ist. Es ist nur ein Buch unter vielen Büchern. Von einer nicht mal ganz post-pubertierenden, mittlerweile und unter den Augen von hunderten Journalisten erst kürzlich, achtzehn Jahre alt gewordenen Autorin geschrieben.
Ich geh’ davon aus, gäbe es nur einen interessanten, einen neuen Gedanken (und ja, die gibt es. Nicht alles ist schon mal da gewesen, dass merkt man allein daran wie Ideen einen ansprechen), gäbe es also auch nur eine unikäre Seite im Lurch-Buch, niemanden würde es interessieren von wem sie den Rest abgeschrieben hat.
Ein Beispiel? Ihr fragt nicht, ich antworte trotzdem. Die Geschichte von Matrix, all der Auserwählte und künstliche-Intelligenzen-übernehmen-die-Welt-Kram, all das war schon lange vorher da. Auch dieser Bullet-Time-360-Grad-Kamera-Bullshit sieht heutzutage blöd und altbacken aus. Trotzdem hat dieser Film etwas Einzigartiges. Und deswegen dürfen diese beiden Freak-Brüder jetzt jeden Scheiß ins Kino bringen, eben deswegen. Genauso wie Günter Grass, der nach Waffen-SS plötzlich von der Stasi verfolgt wurde und sich so in den Gehirnen rehabilitieren will: Warum geben wir einen Dreck? Weil die Blechtrommel nun mal eines der besten Bücher in deutscher Sprache ist. Das merkt man übrigens bis in den Film hinein.
Und so geht es hunderten und tausenden anderen Werken auch. Sie sind einzigartig, besonders und deswegen lesens-, guck- oder hörwert. So wie Johnny Cashs letzten fünf Alben. Country in Schwarz. So wie Falco, jedenfalls als er noch lebte und so wie Tupac. Den würde doch niemand unzählige Male wieder auflegen und sampeln, wenn er nicht einzigartig gewesen wäre. Bücher, Filme, Lieder, Bilder, Comics … Natürlich klauen die Menschen wie wild, aber wer klaut ist selber schuld. Weil das Level einer geklauten Idee kannst Du nie halten.
Und wenn man doch von Diebstahl redet: Dann ist das Neid. So wie mein Neid auf den Feuilleton.
Gott, würde ich gerne dazugehören.
Und Gott sei Dank tu ich es nicht.
Ach ja, es gibt ja keinen Gott.