
Wenn ich in einen Elektroladen gehe, eine Pistole zücke und … sagen wir mal … die neue TRON: Legacy 3D-Blu-Ray erpresse, anschließend den Laden verlasse und die Staatsanwaltschaft es nicht schafft meine Schuld zu beweisen, habe ich, dem Gesetz nach, kein Verbrechen begangen. Der Ladenbesitzer mag seine Vorstellung der Realität (mich mit Pistole, gierig die Blu-Ray umschließend und die TRON-Titelmelodie summend, den Laden verlassen) für die Wahrheit halten. Ich mag meinen, dass ich ein von Gott gegebenes Recht habe die Blu-Ray zu besitzen, und so meinen Diebstahl legitimieren. (By the way: Jeder, wirklich jeder, hat ein Recht auf den neuen TRON-Film. Auf Bilder, nahe der Perfektion und einen Soundtrack, der Lang Lang wie einen untalentierten Kammbläser klingen lässt. Damit will ich nicht sagen: Ab zum nächsten Media Markt und mit Waffengewalt einen Datenträger freipressen, aber hey … wenn man nicht gerade ein 3D-Kino um die Ecke hat, gibt es ja auch noch so Internet-Film-Portale die vielleicht noch nicht geräumt wurden …)
Vielleicht wird sogar die überwältigende Mehrheit aller Menschen mich als Verbrecher sehen: So lange ich nicht verurteilt bin, habe ich nichts getan. (Warum fällt mir in dem Zusammenhang Andreas Türk ein?)
Also: Erstes bis drittes Semester Soziologie (je nachdem ob man noch Diplom oder nur Bachelor macht!). Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, passiert durch ausgehandelte Regeln. Eine davon ist: Schuldig ist der, der verurteilt wird. Und es zählt einen Dreck ob 85 Millionen Menschen schreien: Schuldig. Das sind Meinungen. Recht ist, was Richter sprechen. Oder was der Schiedsrichter pfeift (Aber Fußball ist noch eine ganz andere Wirklichkeitskonstruktion).
Wenn es um Doktortitel geht, entscheidet eben nicht die Allgemeinheit. Die hat einen Zugang zur Arbeit und kann sich eine Meinung bilden, sie sogar artikulieren. Mehr aber nicht. Aberkennen ist keine Aushandlungssache und Wikis sind keine Steintafeln auf denen man die Gesetze mal eben um-meißelt. Das Internet kann viel, besonders Meinungen und Kommentare hervorbringen. Genau das tu ich auch. Und zwar furchtbar gerne. Aber die zusammengeschmissene Meinung, selbst von tausend Akademikern hat nicht mehr Gewicht und nicht mehr Relevanz, als die doodle-Abstimmung in nem Star Wars-Forum, ob Greedo oder Han zuerst geschossen hat. (Again, by the Way: Natürlich hat Han zuerst geschossen. Diese Änderung in der SE-Version … ich bin mir sicher: Mr. Lucas stand da unter dem Druck von ein paar Studiobossen und musste sich fügen. Aber ich kläre das … mit dem „Experten“, sollte ich ihn mal treffen. Wenn er dann sagt: Nein. Meine Idee. Akzeptiere ich das. … Ich versuche vielleicht ihn umzustimmen, und davon zu überzeugen, dass der Charakter von Han deutlich tiefschichtiger wäre, wenn er zuerst feuert, aber … sollte sich Mr. Lucas durch meine Argumente, vielleicht ein, zwei Flip-Charts und mehrere psychologische Studien nicht umstimmen lassen … akzeptiere ich das.)
Das heißt also: Wenn ein gewisser FDP-Politiker oder ein CDU-Politiker ihren Doktortitel VIELLEICHT aberkannt bekommen, dann ist das die Entscheidung eines Expertengremiums. Nicht irgendwelcher, selbsternannter Experten, nicht von anonymen Plaggern und auch nicht von Journalisten der ZEIT. Es ist die Aufgabe der zuständigen Experten. (Sollte dieses System Fehler machen, Probleme bereiten und einer Renovierung bedürfen … wird dies die Gesellschaft tun. Nicht durch Selbstjustiz oder einen medialen Lynchmob. Das brauchen wir nur, damit wir unterhalten sind und uns – in der eigenen Schwäche – besser fühlen. Und es fühlt sich gut an, wenn „die da Oben“ mal eins in die Fresse kriegen. Manchmal vergessen wir dabei aber, dass wir der Psychologie der Masse unterliegen. Das wir beginnen auf Einzelne einzudreschen, schuldig oder nicht. Das wir Grundgebote des Zusammenlebens, unseren Humanismus (welcher in Institutionen gesellschaftlich ausgehandelt wurde) zur Seite treten und zum rasenden Mob werden. Dann ist es Hetze. Egal ob von anonymen Plaggern oder namentlich genannten Journalisten. Meinungsmaschinen mit unterschiedlichen Dosierungen. Der Vorteil für den Leser, für alle: Wenn ich weiß woher eine Meinung kommt, kann ich einschätzen wie ich damit umgehen soll.)
Ein Kumpel, der sehr viel schlauer ist als ich, hat mir geraten: Argumentier nicht mit dem Internet. Da kommt doch nichts bei raus. Ich hoffe auf das Gegenteil. Ich selber weiß, dass ich übertreibe. Vielleicht sogar radikal bin. Meine Meinung zu Vroniplag führe ich deswegen so engagiert (engagiert in diesem Zusammenhang gleichbedeutend mit kampflustig/blutdurstig), weil ich in einer Auseinandersetzung immer gerne die andere, die unpopuläre, scheinbar schwächere Seite einnehme, um am Ende ein besseres Argument zu führen. Außerdem hab ich eine Schwäche für die, die am Boden liegen. Egal ob Umweltminister, Atheisten oder nordafrikanische Moslems. Und dann ist da noch meine Abneigung gegenüber Gruppendynamik. Die führt noch zu ganz anderen Problemen, aber dazu mal wann anders mehr. (Es liegt wahrscheinlich in der persönlichen Konstruktion meiner Wirklichkeit. „Theo gegen den Rest der Welt.“ Der Rest der Welt ist auch ein „die da Oben“, aber wenigstens lasse ich meine Aggressionen nicht an Einzelnen aus. Apropos: Ich muss los. Media Markt schließt gleich. Weiß jemand wo ich jetzt noch eine täuschend echt aussehende Spielzeugpistole her kriege?)