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Piano

Gorch Fock, Gorch Fock, Gorch Fock. Was ist denn nur los? Ein Thema beherrscht seit Tagen die Nachrichtenmagazine, wie es vorher nur der olle Thilo getan hat (keine Angst zu dem komm ich auch noch). Und die Nachrichtenmacher wundern sich: „Huch. Da scheint ja Diskussionsbedarf zu bestehen.“ (Nein. Ihr seid die einzigen die diskutieren! Allen anderen ist klar: Auf einem Segelschulschiff ist es nicht wie im „International Economics“-Studium. Da kann man nicht schon in der ersten Pause den Rotkäppchen-Sekt kippen und vor „Einführung in Wirtschaftsethik“ reinhauen, um den Rest des Tages mit einer ukrainischen Zwangsprostituierten bei Herrn Ackermann im Keller zu versacken!) Doch es wird weiter berichtet. Jeden Tag ein neuer Experte oder ein ehemaliges Besatzungsmitglied, was dann in die Kamera weint: „Nee. So was hat es damals bei uns nicht gegeben. So was glaube ich auch nicht. Und sowieso. Gemeinsam segeln. Buhuhu.“
[Der Autor des letzten Abschnitts möchte Sie darüber informieren, dass in der ursprünglichen Fassung „Berufsschule“ statt „International Economics“-Studium stand. Allerdings kam ihm dann die Erleuchtung, anstatt auf Außenseitern herum zu hacken, er viel lieber die geistig und moralisch zurück gebliebenen Manager verunglimpfen möchte. Er hofft diese moralische Schlagseite nachzuvollziehen. Vielen Dank.]
Gibt es denn momentan kein Dritte-Welt-Land mit irgendeiner Krise? Ach ja, Tunesien. Wann kriegen es die eigentlich mit ihrem Aufstand endlich gebacken? Damit unbescholtene Star-Wars-Fans endlich wieder an die Original-Schauplätze von Tatooine reisen dürfen, hm? Das dauert!
Und sonst? Was ist zum, Beispiel mit … ehm … Sambia? Klingt exotisch. Nichts los da?
Doch! Hey. Die haben da die höchste HIV-Infektionsrate auf der Welt. Ist doch schon mal was. Verdrängt nicht die stundenlangen Bernd-Eichinger-Rückblicke aus den Tagesthemen, aber schafft es vielleicht in die „Kurzmitteilungen“ des Auslandsjournals.
Ha. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Sambia ist in den letzten 15 Jahren von 60 auf 37 gefallen. Sehr gut. Aktueller Bezug. Weiter! Jedes zehnte Kind stirbt, knapp jede hundertste Mutter auch. Ohh!!! Wunderbar. Tote Kinder. Wahrscheinlich kriegen wir damit immer noch nicht Jay und Indira [Ich schäme mich so diese Namen zu kennen!] aus der Vorschau von RTL Aktuell, aber ins heute-journal sollten wir es schaffen.
Nun zu den Gründen. Ein Schnellschuss der rationalen Erklärung für all das Leid, muss immer parat sein, sonst schaltet selbst der Uni-Professor ab. Tada: Die Hälfte der sambischen Bevölkerung ist christlich. Nur einem Viertel stehen Verhütungsmittel zur Verfügung. Hohe Fruchtbarkeit, viele tote Kinder, tote Mütter und HIV. Ein Gedicht von einer Nachricht!!!
Was können wir damit noch machen? Wertschöpfungskette, Verwendbarkeit. Los, los! Sambia, Du schaffst es auf das Focus-Titelbild! Ich glaub‘ an Dich.
Sambia liegt im Süden Afrikas. In Afrika sind 25 Millionen Menschen mit Aids infiziert. Das sind weit mehr als die Hälfte aller Infizierten auf der Welt. Und jetzt kommt der Hammer! Trommelwirbel: Die meisten der Infizierten leben im Süden des Kontinents. Ja! Von Chad in der Mitte, über die Brennpunkte Sambia, Botswana und Zimbabwe bis nach Südafrika konzentriert sich die Seuche. 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung hat Aids. Und mit Aids ist hier nicht nur HIV gemeint: Hepatitis, Syphilis und alle Arten von Geschlechtskrankheiten. Aber der Clou ist:
Wie in Sambia sind im gesamten Süden Afrikas die meisten Menschen Christen, also missioniert. Am häufigsten Römisch-Katholisch. In Zimbabwe sind es sogar 85%. Und was heißt das? Ha? Keine Kondome, heißt das. Ja! Kondome sind vom Teufel. So sieht’s aus. Ist das nicht mal eine Kausalkette mit der man arbeiten kann?
Vor einiger Zeit hat der ehemalige BDI-Präsident (auch so ein International Economics-Vertreter) Hans-Olaf Henkel bei Maischberger Thilo Sarrazin verteidigt, sogar gelobt: „Endlich eine schonungslose Aufdeckung der Vorurteile die wir schon ewig hatten.“, oder so ähnlich. Henkel ist übrigens der Typ, der einen arischen-Euro will … äh, ich meine einen zweiten, einen besseren Euro für Deutschland (und für alle anderen Länder die er so mag). Er will den jetzigen, den weichen Euro nur für Kanaken-Staaten … ich meine „Süd-Euro-Länder“, wie Griechenland oder in Zukunft die Türkei.
Sein Argument für Thilo ist übrigens die Zahl 57! … Ja. 57 Länder auf der Erde sind muslimisch. Und in fast allen dieser Länder, so Henkel, haben Frauen keine Rechte, werden Minderheiten verfolgt und ist es sowieso total blöde. (Das sich Deutschland mit Sarrazin und Henkel in die Liste der Länder die Minderheiten verfolgt einreiht ist eine Ironie, die Herrn Henkel eher abgeht.)
Also. 57 Länder in denen es ungerecht zugeht. Eines der 57 Länder ist übrigens Algerien, dass liegt im Norden Afrikas. Hier liegt die Aids-Quote unter 5%. Rekord für den Kontinent unserer aller Herkunft. Was hat man wohl für ein Argument gegen christliche, sogar christlich-fundamentale Länder wie Sambia, in denen die Menschen an verhinderbaren Krankheiten krepieren …?
Ich sag nicht, dass in den 57 Ländern die Menschen (vor allem die Frauen) im Glück und in der absoluten Erfüllung leben. Aber immerhin verendet ein ganzes Volk dort nicht an einer Seuche, die mit ein bisschen mehr religiöser Modernität bekämpft und überwunden werden könnte.
Aber vielleicht geht es Herrn Henkel (der als Argument gegen den Islam immer wieder vom „christlichen“ Abendland anfängt) auch gar nicht um den Islam an sich. Und vielleicht geht es auch Sarrazin (Herrn, wie auch Frau) gar nicht nur um den Islam. Vielleicht geht es um Absatzmärkte und um Angst. In einem Land, in dem der Fundamentalismus herrscht, kann man weniger verkaufen. Viele Bedürfnisse werden über die Religion abgedeckt. Hier kommt man nicht so einfach rein, verscherbelt seine Erste-Welt-Abfall-Güter und baut billige Produktionsstätten auf. Eines hat Henkel gelernt: Wenn die vorherrschende Moral nicht der Konsum ist, wird weniger konsumiert. (Klingt ganz einfach, oder?) Deswegen haben Wirtschaftler, wie er, auch so viel Angst vor Religionen (oder jedenfalls den Religionen, die nicht mit prunkvollen Goldbauten bereits vor 1000 Jahren im Kapitalismus ankamen). Es ist irrational und absolut abwegig, für jemanden der es gewohnt ist Bedürfnisse, nach Zahlung einer Abgabe, schnell und effizient zu befriedigen, dass auf einmal die Zahlung einer Abgabe wegfallen soll. Dass Menschen weniger Bedürfnisse haben. Nein. Sollen Sie nicht und dürfen Sie auch nicht. Man will verkaufen, an alle! (Im Grunde muss ich sogar gestehen: Mir gefällt der „an alle“ Aspekt von Henkel. Nur diese ganze „Der Islam ist pauschal scheiße“-Teil, der stößt irgendwie auf.)
Zur gleichen Zeit, da sich die Diskussion um ihren geistig beschränkten Mann abkühlt, tritt Frau Sarrazin auf den Plan. Sie schreit Kinder in ihrer Klasse an, verteidigt das „Stimme erheben“ mit dem Ruf nach mehr Disziplin und fordert bei Maischberger (ah!) das man als Eltern seinem Kind nicht „viel Spaß“ in der Schule wünschen sollte. Die Frage die sich aufdrängt: Was wünsche ich dann? Hals und Beinbruch? Glück? Ja, vielleicht.
Glück, dass die herrische, prä-68er Lehrerin sich mir gegenüber nicht vergisst, all ihren Hass und die Frustration über den beschränkten Lebensumstand in dem sie schon seit Jahrzehnten steckt nicht heraus lässt und mich nicht vor versammelter Klasse zusammenscheißt und anschließend ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt und mich auf den Gang schickt?
Als ich in der zwölften Klasse war, hielt an unserer Schule so ein Spät-Nazi (T’schuldigung, Adenauer-Kumpel) einen Vortrag darüber, dass wir uns glücklich schätzen können, dass niemand in der Schule mehr prügelt. Ich frag mich manchmal ob solchen Leuten nachts von Körperfressern ins Hirn geschissen wird? Die Gesellschaft, vorrangig konservative Politiker, regen sich über Prügelattacken in der Münchener U-Bahn auf und wollen dann mehr „Zucht und Ordnung“ in den Schulen. Weil das ja auch so viel bringt. Weil die Reaktion auf Disziplin und Einengung nicht Revolten, sondern folgsame Kinder sind. Frau Sarrazin: Die größter Denker unserer Zeit, sind die die Spaß an ihrem Fach hatten. Sind die, die Verständnis gefördert nicht eingeprügelt bekamen! Sie wollen ruhigere Kinder? Motivieren Sie mal! Machen Sie ihren Job richtig, nicht mäßig!
Und die Schlussfolgerung, dass Kinder mit Migrationshintergrund noch viel weniger diszipliniert sind als alle anderen ist ebenso absurd wie töricht. Die Kinder die Sie meinen sind eines: Sie sind jung! Sie sind jung und sie hören an jeder Ecke das sie als Türke oder Albaner oder Moslem in diesem Land nicht gewollt werden! Sie lesen es, mit ihrem Gesicht – Frau Sarrazin – daneben, auf jeder Bild-Zeitung und hören es von Menschen, die zu dumm waren und ihre braune Kacke geglaubt haben. Und jetzt überlegen sie mal zurück: Als Sie jung waren, damals unter dem Führer, ich meine den von der CDU. Wie beeinflussbar Sie waren! Wie hilflos und wie sehr Sie sich gefreut haben als es mit Deutschland wieder bergauf ging. Als Sie endlich wieder jemand waren! Hm? Überlegen Sie mal!

Momentan wird auch noch – neben dauernd mehr und immer mehr Gorch Fock (allein der Name klingt schon wie für die Schlagzeile einer Regionalzeitung reserviert.) – über das Verbot der FSK den Film „Tal der Wölfe – Palästina“ aufzuführen berichtet. Wesentlich weniger natürlich als über die Gorch Fock und den Typen der dabei war als Sean Connery „Im Namen der Rose“ drehte, aber immerhin …
Kleiner Vorschlag meinerseits zum Ende: Übersetzt den Film endlich ins Deutsche, zeigt ihn überall, lasst drüber streiten, zeigt ihn vor Schulklassen, diskutiert die historische Wirklichkeit und wertet den Film künstlerisch ordentlich aus. Am Ende zeigt sich sowieso: Das ist nur ein Film und nicht mal ein Guter. Gleichzeitig: Bringt endlich die Selbstmordattentäter-Komödie „Four Lions“ raus.
Und an die Spinner der CSU, die neuerdings wieder gerne Dinge verbieten lassen: Hat beim tausendjährigen Reich ja auch so gut funktioniert ihr Spacken!

Lady in Black

Es ist ein ganz gewöhnlicher Montagmorgen in Deutschland: Die Vögel, jedenfalls die Dummen, pfeifen von den Dächern und haben den Abflug gen Süden verpasst … aber das Problem hat sich ja im nächsten Frühling dann erledigt. Charlotte Roche … wie spricht man das eigentlich aus? Roche, wie „Rocher“ … obwohl „Rocher“ spricht meine Oma auch anders aus als ich. Also „Roche“ wie „Roach“ oder „Roche“ wie „Roch“? Ist auch egal. Ist nicht so als müsste das irgendjemand außer ihr Mann demnächst beim Sex schreien …ah! … (Ja. Ich weiß auch das man heutzutage nicht mehr Vor- und Zunamen beim Sex schreit … aber wer weiß, vielleicht hat das bald n’ Comeback: „Oh, Herr Wulff, ja, tiefer, tiefer!“ „Ja, Frau Roach. Ja!“ „Man sagt Roch.“ „Wirklich?“ „Ja. Ich hab‘ den Namen seit meiner Geburt.“ „Komisch.“ „Wieso komisch? Seit wann haben Sie ihren Namen?“ „Nein, ich meine nicht den Namen, ich meine mich daran zu erinnern mal bei Spiegel-TV gehört zu haben „Charlotte Roach“.“ „Ach, die von Spiegel-TV sind auch nicht mehr das was sie mal waren.“ „Das stimmt wohl. Noch mehr Sex?“ „Unterschreiben Sie die Laufzeitverlängerung?“ „Ich unterschreibe gar nichts.“ „Dann bitte gern.“)

Okay. Den letzten In-Klammern-Einschub hab ich etwas übertrieben. Aber vielleicht findet sich ja auch jemand der mit Ursula in die Kiste hüpft, diesmal vielleicht mit Verhütungsmittel, dann kriegt Deutschland vielleicht doch noch gerechte Hartz-IV-Sätze. All die ganzen Anti-Stuttgart-21-Aktivisitinnen schlafen mit Bahn-Funktionären & … na ja, ich will aus der Bundespolitik keinen caligulanen oder hedonistischen (je nachdem was für ein abstraktes Wort man für die unnötig umständliche Beschreibung eines eigentlich klaren Sachverhalts bevorzugt) Ein-Akter machen.

Wo wir gerade bei Theater sind: Ein neues Killerspiel ist draußen. Ich sage den Namen nicht, aber es beginnt mit „C“ und endet auf „all of Duty: Black Ops“. In Deutschland erscheint der blutrünstige Titel in einer entschärften Ab-18-Version. Trotzdem schreien immer noch alle prä-P90-Lehrer und prä-prä-C64 Politiker und Aktivisten laut und lauter gegen jegliche Art von virtueller Schießerei. Und irgendwie haben sie ja alle Recht: Ja. Computerspiele in denen immer realistischere Szenarien des ersten, zweiten, dritten oder Korea-, Vietnam- oder jedes anderen Krieges gezeigt werden und bespielt werden können, erzeugen Spannung, Adrenalinausschüttung, Gänsehaut (wenn es ein gutes Spiel ist) und volle Kassen bei den Produzenten. Ja. Computerspiele, ebenso wie Horrorfilme, Actionfilme, Liebeskomödien, Theaterstücke, Rockkonzerte oder Kochlehrgänge haben im besten Fall eine Auswirkung auf ihr Publikum. Und im schlechtesten Fall endet man schwanger nach einem Uriah Heep-Konzert, bei dem man sich von einem Hilfsarbeiter hinter nem Bierstand hat bumsen lassen. So ist das nun mal. Unterhaltung heißt Unterhaltung, weil man sich hinterher darüber unterhalten kann. (Uh. Das war wirklich der schlechteste Satz den ich je geschrieben habe.) Aber das alles heißt noch nicht, dass Jugendliche durch Killerspiele zu Mördern werden. Bei allen Schul-Amokläufen hatten die Jungs auch immer auch Zugang zu Waffen. Hätten sie nämlich keinen Zugang zu Waffen gehabt, hätten sie erst mal welche klauen müssen. Das wiederum wäre für die realitätsfernen Computerjunkies eine so unglaublich echte Erfahrung gewesen, sie wären schnurstracks zu ihren Polygonen zurückgekehrt und hätten lieber eine Streitaxt bei World of Warcraft einem Troll abgenommen … Der Punkt ist: Es gibt eine Milliarde von Faktoren die aus einem gewöhnlichen, verpickelten Teenager einen Amokläufer machen. Einer davon ist das Spielen von Killerspielen. Ein anderer ist das Nicht-spielen von Killerspielen und der damit verbundene soziale Abstieg. Denn seien wir mal ehrlich: Teenager sind unglaublich statusfixiert. Egal was hundert Jahre Disney-Channel-TV-Filme uns weißmachen wollen. Andere Gründe für den Schul-Amok kann es aber auch noch geben: Zum Beispiel Pickel. Jugendschutz ist gut, Jugendschutz ist wichtig. Aber es ist ein Schutz, keine Bestrafung.

Zur gleichen Zeit in einer ganz anderen Ecke der Welt: Mit einer Motorsäge rücken in Simbabwe Tierschützer Nashörnern zu Leibe und Walschützer wollen eine gesetzliche Fangerlaubnis mit Japan aushandeln. Wenn Du mit sturem Protest nichts änderst, oder Wilderer nicht über den ganzen, verdammten Kontinent jagen kannst: Pragmatismus. Pragmatismus ist toll. Nicht nur weil das Wort so futuristisch „ploppend“ auf der Zunge liegt, man kriegt endlich mal was hin. Ich würde gerne besseres, deutsches Fernsehen sehen. Vielleicht eine Science-Fiction-Serie die mich nicht vor Fremdscham in die hintersten und mit Chipskrümeln vollgestopften Winkel meiner Couch zwingt. Ich könnte jetzt rumheulen, weinen und zetern. Und ich denke ich hab das schon ausschweifend gemacht. Pragmatisch wäre: Ich mache meine eigene Science-Fiction-Serie. Hey. Gar keine so dumme Idee. Was der SWR kann … kann ich leider nicht, weil dazu müsste ich meinen guten Geschmack und jeglichen Anspruch abschalten und mir von Mike Tyson, einem Grizzlybären und einer Bohrinsel voller Schwerstarbeiter mit Rohrzangen den Schädel einschlagen lassen und diktatorisch für volksverblödendes Programm auch noch gesetzlich verordnete Gebühren kassieren. Ich tu ja viel für die Kunst, aber das …
Jedenfalla ist das jetzt mal eine Ansage. Weitere Details folgen.
Und so: Bis auf weiteres … Hochachtungsvoll … euer … F.
(„Jim! Spiel mir was zum heroischen Ausmarsch!“ … Bum-chak … Bum-chak … „Ja. Der Beat gefällt mir. Nun der Text.“ … For in Darkness I was walking … „Hm? Kommt mir bekannt vor.“ … And destruction lay around me, from a Fight I could not win .. „ah ja … und jetzt der Refrain“ … ah hahahahahaaaa …. Ah hahahahahahaaa … „Uh … Gitarrensolo“ …)

Le suicide et le hartz

Vor etwas mehr als hundert Jahren schrieb ein junger Franzose ein Buch über „Selbstmord“. Nicht wie man ihn begeht, sondern wer ihn begeht und unter welchen Voraussetzungen. Der Franzose unterschied verschiedene Selbstmordarten, wobei der egoistische Selbstmord die zentrale Rolle einnahm.
Egoistischer Selbstmord kann unterschiedliche Gründe haben. Finanzielle Probleme, psychische Leiden und so weiter und so weiter. Wichtig beim egoistischen Selbstmord: Man tut es für sich.
Der Franzose fand heraus: Es gibt gewisse Faktoren die den egoistischen Selbstmord begünstigen, also Umweltbedingungen unter denen Selbstmord statistisch häufiger auftritt als unter anderen Bedingungen. Eine Bedingung die eher gegen Selbstmord immunisiert, ist familiäre Eingebundenheit. Demnach begeht ein verheirateter Mann mit vier Kindern weniger selten Selbstmord, als ein gleichaltriger Single. Die Wahrscheinlichkeit Selbstmord zu begehen sinkt für den Single nur wenn er jünger wird. Warum? Weil jüngere Menschen im Durchschnitt seltener Selbstmord begehen. Ist doch klar.
Also: Umso älter man wird und Single ist, umso größer die Wahrscheinlichkeit für Selbstmord. Wobei man auch nicht zu alt sein darf. Dann nämlich setzt die Weisheit und Gelassenheit des Alters ein (auch wieder statistisch belegt) und man begeht wieder seltener Selbstmord.
Warum ich das alles hier aufschreibe?
Die Hartz-IV-Sätze sollen um nicht viel mehr als DER SPIEGEL kostet erhöht werden. Statistisch wird dies bedeuten, dass – einmal mehr von der Politik enttäuscht und hoch verschuldet – die Selbstmordrate in gewissen Teilen der Bevölkerung und somit auch im Durchschnitt steigt. Und in diesem Fall meine ich nicht nur den egoistischen Selbstmord, ich meine auch den altruistischen Selbstmord, also einen Selbstmord den man für andere, für die Gruppe selbstlos begeht. Zum Beispiel wenn man damit seine Familie entlasten kann. (Aufgemerkt alle Alten und Gebrechlichen die auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen sind: Man kann nie früh genug anfangen sich über einen netten, altruistischen Selbstmord Gedanken zu machen. Oder was ist mit Querschnittgelähmten die auf staatliche Hilfe und das knappe Geld ihrer Verwandten angewiesen sind? Einfach mal mit dem elektrischen Rollstuhl über den Rand einer Klippe steuern. Wenn keine Klippe zur Hand, dann tut es auch eine steile Treppe, am besten in Altbauhäuser mit hohen Decken, dann ist der Weg runter auf die Zwischenebene länger.)
Die neuen Hartz-IV-Sätze werden übrigens mittels Statistiken berechnet. (Statistische Mittelwerte, zum Beispiel. Wie der Durchschnittspreis für einen Liter Milch, der durchschnittliche Gebrauch dieses Mittel und die durchschnittliche Erfordernis im Haushalt eines Hartz-IV-Empfängers.)
Wie man (also jeder) anhand des Selbstmordbeispiels nachvollziehen kann, begeht nicht jeder Single zwischen Vierzig und Sechzig Selbstmord. Warum auch. Es gibt Beate Uhse, den Sky Erotikkanal und das Internet. Das heißt: Statistiken bedeuten für den Einzelnen gar nichts. Hartz-IV bedeutet für den Einzelnen alles. Hartz-IV, Steuern, der Bundeshaushalt, die Vergabe von Staatsgeldern, Löhne, so ungefähr alles in dieser Welt was mit Verteilung und Vergabe zutun hat, enthält in seiner Berechnung statistische Werte. Statistische Werte sind aber – der Definition nach – nur Annäherungen. Statistische Werte bedeuten eine Abbildung, niemals die Wirklichkeit. Statistische Werte sind nicht das Objekt vor dem Feuer, sondern sind die Schatten an der Wand. Sie sind flach, runtergebrochen und entbehren jeder Differenzierung. Statistische Werte werden übrigens auch von einem gewissen Ex-Bundesbänker oder bald Ex-Bundesbänker herangezogen. Statistische Werte werden als Tatsachen verkauft. Sie sind es nicht. Die Realität ist anders. Wüssten wir sie, wir bräuchten die statistischen Werte nicht. Aber wir kennen die Realität nicht. Das ist das Problem. Dabei ist ein Teil der Realität zum Beispiel, dass sich Menschen nun mal umbringen. Sie verlassen ihre Familien, manchmal auch wenn sie zwei Kinder und eine Frau haben. Manchmal gehen sie eben, aus freien Stücken, ohne finanzielle Probleme und ohne einen triftigen Grund. Aber was wissen wir schon über triftige Gründe. Wir sind nicht gegangen.
Die Studie des Franzosen, die er vor mehr als hundert Jahren anfertigte, sagt viel aus. Sie beschreibt ziemlich genau wie man wissenschaftlich, gesellschaftswissenschaftlich eine komplexe Erhebung durchführt und auswertet. Der Franzose hat damit den Vergleich als wissenschaftliche Methode eingeführt und salonfähig gemacht. Aber in allen Kategorien und allen Unterteilungen findet man am Ende einfach keine Antwort auf das Warum in der Realität. Weil es eben nur Statistiken sind. Die Beliebigkeit, mit der ein Familienvater am Leben bleibt und ein anderer Familienvater den Freitod sucht, diese Beliebigkeit lässt sich mit Statistik nicht erklären. Statistisch ist ein Zufall ausgeschlossen.
(Zum Thema Zufall und seinem Einfluss auf so ungefähr alles müsste man weit mehr als nur einen Nebensatz in einem schnöden Blog anführen. Ich will es hier mal dabei belassen.)

Der Franzose hieß übrigens Emil Durkheim, ein Mitbegründer der Soziologie. Ein Kollege von ihm war Max Weber. Max Weber hat viel über Bürokratie geschrieben, über den Staat und Ordnung. In einer seiner Schriften schreibt er, dass nach allen Vorgaben und allen Gesetzen, Pflichten und Regeln, der Bürokrat im Einzelfall immer auf seinen gesunden Menschenverstand im Umgang mit dem ihm gegenübersitzenden Bürger zurückgreifen soll. Max Weber sprach vom „wohl gesonnenen Bürokraten“, einem Beamten mit Fingerspitzengefühl.
Wow. Wenn es also so sehr auf Menschenverstand und Einfühlungsvermögen, schon bei einem auf Regeln und Kausalitäten versessenen Soziologen ankam, warum entscheiden dann Merkel und Westerwelle über Hartz-IV?

Paracetamol

Die erste Tablette schmeiß ich um kurz nach Acht ein. Die ersten eMails sind sechs Mal abgerufen, mir raucht der Kopf. Billige DVDs werden in acht Newslettern für 2,99 bei Amazon angeboten und ich mach mir nen Kopf darüber ob Zwölf Euro, nein: Elf, Neunundneunzig zuviel sind für einen Film, der schon auf VHS eher unterdurchschnittlich war. Aber die „Bildqualitätswertung“ ist „überdurchschnittlich“, also: What the hell.
Kann Tron 1 jemals „gestochen scharf“ sein? Der ist aus den Achtzigern.
Kurz nach Neun: In der Mediathek hab ich alle Talkshows der vergangenen Woche gesehen. Fazit: Nina Hagen nervt und diese bescheuerte Alte, die jetzt überall rumsitzt und davon erzählt, dass sie mit Siebzig ihren ersten Orgasmus hatte find ich so spannend wie das letzte Album der Fantastischen Vier. Hey, wenn man sich nicht mindestens einmal im Leben als Künstler neu erfinden will, dann bitte wenigstens wie Herbert Grönemeyer Soundtracks schreiben. So erspart man dem leidgeprüften Bundesbürger immerhin das Gejaule.
„Ich wollt’ noch Danke sagen, aber lieg im Krankenwagen?“ Dreijährige in logopädischer Behandlung reimen besser:
„Und als sie so vor mir stand,
so rot und mit Sonnenbrand:
Ihr Akzent war französisch, ihr Pass war es nicht,
Au-Pair ihre Aufgabe, Au-Pair ihre Pflicht.
Sie trug Rippunterhemden und Spange im Mund,
Mückenstiche entzündet, der rechte Arm schon ganz wund.
Für mich war sie wunderschön, dieses Bild einer Frau,
wie Liv Tyler oder Lena, oder ihr Lego-Nachbau.
Und wie ein Gast in Mareikes Mini-Lädchen,
war ich hin und weg für mein wunderbares … exorbitantes … fabelhaftes, osteuropäisches Kindermädchen.“
(Na gut, jetzt bin ich etwas zu weit abgekommen.)
Wo war ich? Ach ja. Die Siebzigjährige. Tut mir eher Leid für sie, aber eine Meldung sieht anders aus. Es ist kurz nach Zwölf: Die vierte Paracetamol. Wann hören diese Kopfschmerzen eigentlich mal auf?
Mit Siebzig das erste Mal Toast gegessen, über so was sollte man eine Kerner-Sendung machen. Ach was: Einen Marathon. „Toast. Wie die Kriegsverlierergeneration ihr Vertrauen in Weißbrot verlor.“ Wichtig ist „Kriegsverlierer“, wir hätten ja auch gewinnen können. In hundert Jahren heißt es bestimmt: Wer erinnert sich noch daran wer hier wen überfallen hat?
Meine Kopfschmerzen hören ja gar nicht mehr auf!
Vielleicht sind es die Strahlen von all den überfälligen Atomkraftwerken. Was war die Logik dahinter noch mal? Atomkraftwerke nicht abschalten, damit die Wirtschaft angekurbelt wird? Das ist ungefähr so logisch, wie weiter essen bis man erstickt um am Ende eine gute Basis für ein Wetttrinken zu haben. Übrigens: Die Uranvorkommen der Erde reichen noch zirka siebzehn Jahre. „Was? Das hat uns keiner gesagt!“ Klasse Strategie, Angie!
Die nächste Paracetamol nehme ich gegen die Migrationsdebatte. (Ha, hier bietet sich ein guter Name für mein nächstes Online-Game an: Migrationstablette. Welche Arznei hilft gegen dummes Geschwafel?) Oder doch lieber gegen Thilo? Hass auf Ausländer gehört so sehr zum guten Ton eines jeden demokratischen Landes, wie von Lobbyisten finanzierte Geschlechtsumwandlungen zur FDP gehören. Die jungen Migranten sind also aggressiv? Geh Du doch mal in ein fremdes Land und lass alle Inländer Dich von Oben herab angucken und jeden Polizisten so vollgestopft mit Vorurteilen sein, dass er Dich bei der kleinsten falschen Handbewegung wegsperrt und dann sieh Dir die Sträflingsstatistiken in diesem Land an: Klar, bist Du da an erster Stelle. Dann bist Du der gewaltbereite Ausländer, immerhin hast Du Dich bei der Verhaftung gewehrt, wusstest Du doch nicht warum man Dich aufgreift. Wer würde sich nicht wehren?
Was? Aber die jungen Türken in Deutschland wissen doch genau – – -? Was wissen die? Die wissen dass ihnen sowieso niemand traut. Die wissen dass die Chancen für Deutschlands Jugend steigt, aber nur die blonde Jugend.
Aber die Statistiken! Aber was? Mit irgendwelchen Statistiken begründeter Fremdenhass bleibt immer noch Fremdenhass. Und wenn ein Volk, dass tagtäglich von den Nachrichten eingebläut bekommt dass es ja immer nur bergab geht und jeder sehen muss wo er bleibt, wenn dieses Volk eines kann, dann ist es alle nicht Völkischen zu hassen. (Merkt man wie ich das vorbelastete Wort „Völkisch“ hier einflechte? Dabei hat das rein gar keine echte negative Bedeutung. Die ganze Welt ist „völkisch“ …tz!)
Wäre es in Deutschland gestattet Araber auf der Straße tot zu prügeln, ich müsste mit einer Schneeschaufel die blutigen Leichen vor der Tür wegschieben um zu Netto zu kommen.
Puh! Die nächste Paracetamol.
Diesmal für abgehalfterten Retro-Pop-Chic von „The Hurts“ oder nur „Hurts“, keine Ahnung. Sind die „The“-Bands schon wieder out? Vielleicht sollte man in Zeiten von Google und den intelligenten Ergänzungen („meinten Sie „The Hurts“?“) vielleicht ganz auf Präpositionen verzichten. Da lobe ich mir Arcade Fire. Hätte ja auch „The“ Arcade Fire heißen können. Tut es nicht. Track 10 wirkt wie eine Kopfschmerztablette. Alles ist vergessen, alles wird taub. Für einen Moment ist Ruhe.
Wie hieß noch mal dieser Film für dessen Trailer ein Arcade Fire-Hit herhalten musste. Der Film von diesem „wahnsinnig kultigen“ Regisseur, der sich „unglaublich“ viele „unwahrscheinlich“ tiefsinnige Gedanken zu einem echt „megamäßig“ bedeutenden Kinderbuch gemacht hat, von dessen Film aber nach der Veröffentlichung keine Sau mehr gesprochen hat? Das ist der Hype. Die Welle bricht am Scheitelpunkt. Begraben wird alles und jeder.
Wo die wilden Kerle wohnen möchte ich auch mal hin.
Jetzt fangen die Kopfschmerzen wieder an. Es ist kurz nach halb Vier. Zeit für eine letzte Tablette. Was mich aufregt ist die Debatte über Reduzierung der Neuverschuldung.
Die, die Ausländer hassen und am liebsten wieder jeden Tag die rot-weißen Fahnen mit den lustigen vier schwarzen, zusammengebundenen Füßchen in der Mitte raushängen würde (ja, ich meine die Bild-Zeitung) fragen: Warum denn überhaupt Neuverschuldung? Dann doch lieber soziale Leistungen abbauen bis man überhaupt keine Steuern mehr zahlen muss.
Ich würde fragen: Wenn man sich für das geliehene Geld endlich mal den „WISO-Steuersparer auf DVD“ kauft, warum nicht?
Eine Überdosis Paracetamol kann zum Tod führen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Diese Schweine

Steffen Seibert, ehemals Moderator von „Hallo Deutschland“ und dem ZDF-Morgenmagazin, ist neuer Leiter des BPA. Er ist die neue Stimme der Bundesregierung. Die vorherige Stimme, Ulrich Wilhelm, wird Intendant des Bayrischen Rundfunks.
Es wirkt alles irgendwie schräg. Nicht das sich das BPA eine Grinsebacke wie Seibert sucht. Natürlich braucht man für die nichts sagenden Äußerungen der CDU/FDP-Regierung wenigstens ein freundliches Gesicht.
Es ist dieses Wechselspiel an der Spitze. Der öffentliche Rundfunk wird, demnächst sogar höchstamtlich und als Steuer, vom Bürger finanziert. Das ist nicht schlimm. Ich bezahle mit meinen Steuern auch Panzer und Landminen, die ich nicht mag, kann ich also auch gleich die Nachrichten und Unterhaltung mit bezahlen. Oder?
Ich will nicht (wieder) über Qualität streiten. Mich nicht (wieder) beschweren das die ersten, zweiten und dritten Programme mittlerweile so abgeflacht, unanspruchsvoll und kulturell egal sind, dass man genauso gut 24 Stunden lang Jamba-Sparabos in Dauerwerbesendungen verkaufen könnte, nur unterbrochen von „Nennen Sie vier Autmarken mit Y“-Spielchen vor Pappwänden. Damit würde man wenigstens Gewinn erzielen. Nein. Keine Qualitätsdebatte. Heute nicht.
Es geht um die Freiheit der Presse. Die vierte Gewalt. Die keine Gewalt mehr ist, oder aber doch. Nur eben keine eigene Gewalt mehr, wenn sie gesteuert und beeinflusst und durch Karrieren verknüpft ist mit der ersten Gewalt und der zweiten und sogar der dritten Gewalt. Steffen Seibert ist mir nie besonders aufgefallen. Nicht als politischer Mensch, nicht als Überzeugungstäter. Ich denke aber es macht sich gut auf einem Lebenslauf „Regierungssprecher“ zu sein. Das ist okay. Jetzt weiß ich wohin ich ihn stecken kann: Karrierist.
Als Intendant des Bayrischen Rundfunks unterstehen Ulrich Wilhelm Rundfunkgebühren von knapp einer Milliarde Euro, welche das Programm auskleiden, dass er „intendiert“. Selbst im Grundgesetz steht etwas von einer „staatsferne“ der Rundfunkanstalten.
Vielleicht sollten wir überhaupt keine Rundfunkgebühren zahlen. Mal sehen wie sich die Medienlandschaft dann verändert. Schlimmer als jetzt kann es ja nicht werden. Vielleicht kommen Zuschauer zurück, wenn man sie – in Konkurrenz – wirklich mit Qualität locken muss. Zuschauer die keiner in irgendeiner Statistik hat, weil sie seit Jahren kein Fernsehen mehr gucken. Angewidert von dem was dort ausgestrahlt wird.

Angewidert war ich auch, als ich das erste Mal vom „Comedy Central Roast“ gehört habe. Dies ist ein Format des amerikanischen Comedy-Spartenkanals, indem abgehalfterte Showgrößen (also F-Prominente) von einem „Panel“, bestehend aus noch viel abgehalfterten Prominenten, niedergemacht und vor laufender Kamera und Studiopublikum beschimpft werden. Sie werden im Neudeutsch „geroastet“. (Ja, genau: Uah!!!) Dieses Format gibt es seit Ende der Neunziger.
Waren am Anfang eher „sympathische“ oder durchaus respektierte Schauspieler und Comedians, wie Jerry Stiller oder Drew Carey, Ziel der einstudierten und klassisch-lustigen Attacken, drehte sich das Format in den letzten Jahren deutlich in Richtung: Abgehalftert. Pamela Anderson wurde 2005 aufs Korn genommen, und es wurde böse. 2006 war William Shatner dran und jetzt: David Hasselhoff.
Gibt es jemanden der abgehalfterter ist? Irgendjemanden? Der kleine Junge mit dem Lichtschwert, von dem Youtube-Video wirkt stolz und respektiert im Vergleich zu ihm.
Moderiert wurde die jüngste Sendung von Seth MacFarlane, dem Schöpfer von Family Guy. Ähnlich war der Humor. Sowieso: Die geskripteten Kalauer-Triaden hörten sich wie das übrig gebliebene Material von verzweifelten, zweitklassigen Sitcom-Schreibern an. Normalerweise müssen die Witze wie „Schatz: Du warst doch einkaufen. Aber Du hast die Milch vergessen.“ „Ja. Geh doch in den Supermarkt und kauf noch welche. Wo Du schon dabei bist: Bring Mehl, Butter, Zucker, Saft, Speck, Aufschnitt, Käse, Brot, Getränke und den Rest mit. Ich hab’ einiges vergessen.“ schreiben, die sich eigentlich nicht mal durch die blechern klingenden Retorten-Lacher ertragen lassen. Da hat sich also einiges aufgestaut. Wichtig bei dem „Roast“ ist auch, dass sich alle gegenseitig rösten.
Ich frag’ mich wie das in Deutschland aussehen würde. Ja. Ehrlich: Mir hat der Hasselhoff-Roast sogar Spaß gemacht. Na gut, es waren ein bisschen viele „David Hasselhoff ist in Deutschland berühmt, deswegen … (es folgt irgendeine Anspielung aufs dritte Reich)“-Witze dabei, aber trotzdem: „The Hoff“ geht mit seiner siechenden Karriere wenigstens so um, dass ich was davon habe. Und wenn es nur ein billiger Lacher ist. Ich wünsche mir mehr solches Verantwortungsbewusstsein. Man könnte in Deutschland doch statt Dschungelcamp auch so etwas machen. Ein deutscher „Roast“. Ich frage mich, wie das aussehen würde:

The Roast of Steffen Seibert

Moderation: Mario Barth. Auf der Bank der Ankläger sitzen: Verona Pooth, Michel Friedmann, Johannes Heesters, Stefan Raab, Benjamin von Stuckrad-Barre und Dieter Bohlen. Das Studio ist gut gefüllt. Dann wird das Licht gedimmt und Mario Barth schleicht zu seiner Anmoderation auf die Bühne:
„Neee, neee. Echt ey. Alle hier. Herzlich Willkommen, ich glaube es ja nicht. The Roast of Steffen Seibert. …
Meine Freundin mag ihn ja. Ja, sie mag ihn. Sacht mir immer: Den Seibert, den sehe ich zu gerne. Dann sach ich immer: Da bist Du nicht die Einzige. Na ja, die Einzige ohne Gehhilfe, vielleicht. Echt ey.
Gut. Die Erste „Rösthilfe“ ist Verona Pooth. Und wisst ihr, wie die sich die 11-88-0 mittlerweile merkt? 11 Euro kostet ihre gesamte Kollektion bei Kik, 88 Näherinnen sind neulich in ner Kik-Fabrik in Bangladesh an Erschöpfung gestorben, und Null Leute hats interessiert. Hier ist: Verona Pooth.“
„Äh, ja … hallo. Danke Mario. Kannst Deiner Freundin sagen: Ich weiß wie sie sich fühlt. Unbefriedigt.
Und das bringt uns gleich zu Steffen. Steffen: Jetzt gehst Du weg vom ZDF, zur Bundesregierung. Deine bisherigen Zuschauer sind jetzt die Leute, die Deine neue Chefin gewählt haben. Die, und die Zivis die sie ins Wahllokal geschoben haben.
Aber ich möchte noch jemanden begrüßen: Dieter. Meine große Liebe. Niemand kannte mich bevor wir geheiratet haben und mittlerweile will mich niemand mehr kennen. Bitte, Dieter, nimm mich zurück. Oder lass mich wenigstens einmal DSDS gewinnen, dann hab ich wenigstens die Chance einen bescheuerten Sommerhit zu singen und anschließend beim Tanz der Vampire aufzutreten.“
Mario Barth schreitet ein:
„Danke Verona. Das war vielleicht etwas zu weit ab vom Thema. Unsere nächste Rösthilfe ist Michel Friedmann. Einige kennen ihn vielleicht auch unter dem Namen: Paolo Pinkel. Allerdings wenn diese Personen heute hier sind: Wie seit ihr aus der Zwangsprostitution entkommen?“
„Danke, Mario und ich grüße Sie, Herr Seibert.
(Ans Publikum) Wussten Sie das Herr Seibert eine Goldene Kamera für seine Berichterstattung zum elften September bekommen hat?
Für eine Vorzeigejuden, wie mich, ist es schön zu sehen, dass außer den jüdischen Lobbyisten in Washington, die den US-Präsidenten nach 9/11 dazu brachten in zwei islamische Länder einzufallen, noch jemand aus dem tragischen Tod von tausenden von Menschen im World Trade Center Kapital geschlagen hat.
Aber wir wollen nicht bei diesem Thema bleiben. Obwohl: Ich sehe gerade Herrn Heesters im Panel, obwohl er wahrscheinlich nicht weiß was Panel heißt, oder welcher Tag heute ist, oder ob er schon wieder in seine Windel gemacht hat. Auf jeden Fall: Herr Heesters. Sie sind doch damals gerade in Rente gegangen, als in Deutschland vier Millionen meiner jüdischen Glaubensgenossen getötet wurden. Möchten Sie mir erklären, warum sie nie was dazu gesagt haben? Oder haben sie damals schon so schlecht gehört, dass ihnen das Schreien und Weinen aus den Wagons, die Richtung Osten fuhren, nicht aufgefallen ist. Ich frag nur.“
„Danke, Herr Friedmann.“, schreitet Mario Barth ein. „Bitte, bedienen Sie sich. Hinter der Bühne gibt es Koks und Haargel. Und falls sie eine Prostituierte brauchen: Drücken Sie die Neun. Morgen können wir dann mit einer der unwichtigen Zeitungen wieder eine Entschuldigung von ihnen bei Bärbel Schäfer protokollieren. Danke.
Der nächste Ankläger ist Stefan Raab, weil Johannes Heesters nicht aufstehen kann, er hat vergessen wie. Stefan, würdest Du und Dein Grinsen und wenigstens eins Deiner karierten Umstandshemden auf die Bühne kommen. Danke.“
„Danke, Mario. Äh, äh, äh … Du wirkst im richtigen Leben gar nicht so witzig, muss ich Dir sagen. Außerdem muss ich Dir sagen, äh, äh, äh … Du musst als Kind viele Videospiele gespielt haben, direkt vor dem äh, äh, äh … Fernseher: Dein, äh, äh, äh … Rücken ist ganz krumm. Oder bist Du noch gar nicht zum aufrechten Gang entwickelt. Ha, ha, ha. (Niemand lacht.) Wie auch immer: Ich kenne Steffen Seibert nicht, äh, äh, äh … dafür hab ich mit allen Mitgliedern von Monrose, Preluders, Queensberry, NoAngels, Bro’Sis, Overground, Room 2012 und Nu Pagadi geschlafen. Some & Any kommen nächste Woche dran. Und wer die nicht kennt, äh, äh, äh … der ist selber doof. Ey!
(Stille: Niemand lacht. Das Publikum ist zusammengesetzt aus der Zeit-Wirtschaftsredaktion, zwei diplomatischen Corps islamischer Länder und den letzten Überlebenden der ersten Adorno-Vorlesung.)
Okay. Wen ich aber, äh, äh, äh, kenne ist Verona. Verona: Deine Stimme … willst Du nicht mit mir einen Song aufnehmen? Lena konnte auch nicht singen und die hat Stockholm gewonnen. Die war einfach so natürlich, äh, äh, äh … Wie wär’s? Wir machen was zusammen? Vielleicht n’bisschen ne andere Richtung? Eher so Tierimitationen? Hm?“
„Danke, Stefan.“ Wieder schreitet Mario Barth ein. Langsam wird er sogar den Zuschauern sympathisch.
„Wenn jemand wieder sehen will, wie Du und die Überlebenden der Kelly-Family einen Berg in einem Soßentopf runterrutschen oder sich in fahrenden Werbebannern gähnend langweilige Duelle liefern, rufen wir Dich.
Der nächste Ankläger ist Benjamin von Stuckrad-Barre. Benjamin: Ich hab’ keins Deiner Bücher gelesen. Ich kann nämlich gar nicht lesen. Aber irgendwann in den Neunzigern haben ein paar ungewaschene Redakteure und genauso viele Leser von elitären Wochenmagazinen beschlossen: Sie brauchen einen koksenden Anführer, ein Idealbild. Aber da Christoph Schlingensief keine Zeit hatte, haben wir Dich eingeladen. Bitte verklag mich nicht wegen dem Witz. Danke.“
„Werde ich nicht, werde ich nicht.“, sagt Stuckrad-Barre und richtet sich erstmal den P&K-Anzug. Die Augen sind leer. Sein Blick wandert zu Michel Friedmann:
„Herr Friedmann. Keine Angst. Ich werde keine Witze über einen Juden machen. Ich bin die furchtvolle Nachfolgegeneration der Verdränger. Ich mache keine Witze über Juden, über Nazis ja. Natürlich. Nur. Über meine eigenen Unsicherheiten, ja. Natürlich. Nur. Aber ich mache die Witze über mich. Niemand sonst.
Steffen Seibert: Über Sie kann ich auch keine Witze machen. Wie auch? Sie sind die Durchschnittlichkeit in Person. Das Mittelmaß. Die Glocke, nicht die Kurve. Ebenso wie die Regierung, wie Schwarz-Geld, eigentlich nur wie Schwarz. Sie greifen nach allen die Ihnen in die gleiche Richtung laufen. Oder: Sie greifen einfach nach allen. Nach allen Seiten. Ohne politische Meinung, ohne Verstand. Rechts, Links, Rot, Grün, Gelb, Pink, Braun … Wenn man alle Farben lange genug mischt kommt immer schwarze Suppe heraus: Alles tendiert dahin. Nun tendiert schwarz auch zu allen.
Dieter Bohlen: Was soll man da noch sagen. Im letzten Jahrzehnt, oder so, haben Sie ihr Ding ungefähr in alles rein gehalten, was in der Gala auf Seite Drei abgebildet war: Und im Hintergrund eines Fotos von irgendeiner Premierenfeier, oder der Eröffnung einer Douglaz-Filiale im Breisgau stand. Sie und Oliver Pocher und Lothar Matthäus sollten eigentlich in jeder Dorfdisko einen eigenen Raum bekommen: Nur damit es leichter wird.“ Mario Barth steht auf und applaudiert: Die letzten beiden Namen kannte er auch.
„Danke, Benjamin: Verursacht es eigentlich körperliche Schmerzen, wenn man mal für Harald Schmidt geschrieben hat, als dieser noch wirklich wichtig war, und jetzt von einem proletarischen Analphabeten (Verona kichert: „Er hat anal gesagt!“) von der Bühne gewunken wird, der jetzt wirklich wichtig ist? Denk darüber nach, während Du und Florian Illies wieder an den Milliarden Kopien eurer neuen Bücher erstickt, die wieder niemand lesen will und wieder alle Feuilletons besprechen.
Der letzte Ankläger ist Dieter Bohlen: Dieter, komm nach vorne. Stell Dich genau auf den Stern und … Du kennst den Rest.“
„Ja … moin, erstmal: Danke Mario. Du kannst jetzt mal abwackeln und weiter Dankesgebete gen Himmel schicken, dafür dass Du nicht – wie alle anderen „Comedians“ in diesem Land – dauernd bei „Genial Daneben“ auftreten musst.
Steffen Seibert. Sie sind Konvertit. Ich wette aber sie tauchen in keiner Datei von Wolfgang Schäuble auf …
(Ein Raunen geht durch das Publikum. Niemand hat diesen Kommentar von Dieter Bohlen erwartet. Gespanntes Erwarten, dann dreht sich Dieter Bohlen zu Verona Pooth.)
Verona. Du bügelfreies Männerhemd. Du billige Velur-Kabeljau-Fregatte.
(Und Dieter ist zurück wo er hingehört. Das Publikum entspannt sich wieder.)
Johannes Heesters. Sie sind so alt, sie hatten schon was gegen Juden, da haben die noch Jesus ans Kreuz genagelt.
Michel Friedmann. Sie haben zum Thema Willensfreiheit in Philosophie promoviert. Da steckt ein guter Witz drin, in Beziehung zu Zwangsprostituierten, aber davon hatten wir schon einen, also diese Frage: Wo ist die Willensfreiheit in der jüdischen Gemeinschaft, wenn sie immer wieder aalglatte und gottlose Sheyster wie sie in den Vorsitz des ZdJ wählen?
Stefan Raab. Seit Moses Pelham Dir eine reingehauen hat, hat keiner mehr von ihm gehört. Danke dafür.
Und Benjamin von Stuckrad-Barre: Wer liest schon die Welt?“
Mit diesen Worten verlässt Dieter Bohlen die Bühne. Mario Barth kommt zurück:
„Okay, ja … äh. Neee, neee. Wir sind noch nicht am Ende. Für die Antwort kommt jetzt Steffen Seibert auf die Bühne. Steffen … bitte.“
Mäßiger Applaus.
„Danke Mario. Ich will nur eines sagen: Mich interessiert das alles eigentlich überhaupt nicht. Warum auch? Ihr seid so unwichtig. Die Menschen im Fernsehen, ohne jede Bedeutung. Das wichtige ist: Ich bin jetzt Regierungssprecher, der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Ich bin im Rang eines Staatssekretärs. Ich habe ausgesorgt. Ganz Oben in der Nahrungskette, und ich bin noch nicht mal Fünfzig. Ich brauche nichts machen, außer lächeln und stetig sinkende Arbeitslosenzahlen verkünden, oder mal betroffen für ein Unglück gucken. Und es wird viele Unglücke geben und die Arbeitslosenzahlen werden weiter sinken, weil immer weniger Leute einen Job brauchen. Ja. So ist das. Und ich werde es als Erfolg verkaufen. Es ist mein Job. Verkaufen. Ihr interessiert mich nicht. Wähler interessieren mich nicht, weil ich nicht gewählt werde. Ich werde angepasst geboren und so komme ich nach Oben. Und vielleicht, wenn es keiner merkt, bleibe ich auch bei der nächsten Regierung. Und die Nachrichten die ich rausgebe: Es sind keine Nachrichten. Es sind Pressemeldungen. Statements. Und sie interessieren mich einen Dreck. Also entschuldigt wenn ich mich einen Dreck um euch schere.“
Mit diesen Worten lässt Steffen sprichwörtlich das Mikrofon fallen, es gibt einen kurzen Rückkopplungseffekt und er geht von der Bühne.
Es wird unruhig im Saal. Selbst Mario Barth weiß nicht was er tun soll. Dann greift er sich das Mikrofon.
„Wer weiß was der Unterschied zwischen dieser Show und der Wirklichkeit ist? In der Wirklichkeit würde er niemals das Mikrofon fallen lassen.“

Wer muss sterben?

Apple hat eine neue App raus gebracht. Für das neue iPhone 5, oder 4?
Jedenfalls: Die App zeigt genau an, wie viele Menschen sterben müssten, damit man Bundeskanzler wird. Also wer in der Machtreihenfolge ausgeschaltet werden müsste, durch eine Atomexplosion oder so. Außerdem zeigt die App, für alle 30 Millionen Menschen, oder so, die zum Beispiel bei mir sterben müssten, sämtliche Allergien, Krankheiten, Routen zur Arbeit, Lieblingsferienorte, Schwächen für Schoko-Kuchen (Diabetes – der schmackhafte Tod!), eben alles an, was man so gebrauchen könnte um einen „Unfalltod“ einzufädeln.

Ich hatte neulich eine Todesphantasie von Mao. Mao stand an einer Klippe und trug einen roten Fallschirm und lächelte mich an. Jedenfalls dachte ich er würde lächeln, wir Europäer können das ja nie so genau sagen bei den Asiaten. Auf jeden Fall (nach dieser zum Himmel schreienden Verallgemeinerung und rassistischen Äußerung gelockert) lächelte Mao und sagte: „Flieg Du Arsch. Nun flieg doch endlich.“ Ich nahm ein Messer aus der Tasche, ich trage sonst nie Messer dabei, aber dieser Tag schien perfekt um damit anzufangen, schnitt die Träger von Maos Fallschirm durch, stach zur Sicherheit auch noch in den gefalteten Schirm und stieß ihn die Klippe herunter. Warum hab ich eigentlich so einen Hass auf Mao? Steht der für alle Chinesen? Den Typen aus Tiger & Dragon fand ich doch voll nett.

In einer Umfrage unter kürzlich Geschiedenen gaben achtundsiebzig Prozent an, dass ein baldiges Ableben des Ex-Partners keine oder eine positive Auswirkung auf ihren Gemütszustand haben würde. In einer ähnlichen Umfrage unter Verwitverten, die an ihrem Beziehungsstatus maßgeblichen Anteil hatten (ja das heißt: Sie haben den Anderen ermordet, und was ist das bitte für ein geiles Wort „Verwitverte“??) war die einhellige Antwort: „Fuck you. Ich hab zwölf Jahre bis Lebenslänglich bekommen, ich beantworte keine beschissenen Fragen, Vierauge. Troll Dich!“ (Das „Troll Dich!“ ist es, was diesen Absatz ausmacht. Findet ihr nicht?)

Woody Allen hat bei seinem Vater angefragt ob er seine Mutter heiraten darf. Sein Vater hat ihn daraufhin erschlagen. Seine letzten Worte waren: “If you had the low ground, try the high ground.“

Roman Polanski wurde aus dem Hausarrest entlassen. Wenn man mich dafür fünfundzwanzig Jahre lange Filme überall auf der Welt machen lässt, mit den besten Schauspielern, fast grenzenlosen Budgets und dauernd irgendwelchen Umbauten an fremden Orten, die dann wie die USA aussehen sollen, nur um mich dann für ein paar Monate in eine Luxuswohnung in der Schweiz mit Internet, Lieferservice und Pay-per-View zu sperren, setzte ich auch gerne mal eine Minderjährige unter Drogen und vergewaltige sie unter den Augen von Jack Nicholson.

Mit dem letzten Absatz sollte nicht gesagt werden: Roman Polanski soll sterben. Verdammt noch mal, und „Ghostwriter“ war auch echt gut. Nein. Manchmal stehe ich einfach neben mir.

In einer nicht ganz ohne Verbindung zur vorangegangenen Idee stehenden Meldung (wow ist die deutsche Sprache kompliziert): Steve McQueen ist seit dreißig Jahren tot. Er stand mal als erster Name auf einer Todesliste von Charles Manson. Ich erwähne das nur, weil: Charles Manson lebt noch. Wirklich. Tatsache. Er sitzt irgendwo in Amerika im Knast und … wartet wahrscheinlich. Weil im Jenseits reißt ihm Bullit dafür auf jeden Fall den Arsch auf. Ich meine: Steve McQueen starb an einer Astbest-Vergiftung, weil er seinen Kopf bei mörderischen Rennen, in absolut unsicheren aber pfeilschnellen Autos, in Umschläge eingehüllt hat, die in flüssiges Astbest getaucht waren. Scheiße. Du kannst noch so viele Hippies dazu bringen für Dich eine Dinnerparty zu sprengen und wehrlose Schwangere zu töten, aber das: Steve reißt ihm auf jeden Fall so was von den Arsch auf … ich würde sagen dafür hat Jesus schon jetzt alle Karten verkauft.
Und dann sitzen sie da. Gott und Jesus, auf den billigen Plätzen Petrus und Paulus. Gott lehnt sich runter zu seinem Sohn und sagt „Papillion am Arsch. Mein Lieblingsfilm ist Gesprengte Ketten.“ Und schon verpasst Steve Charles eins mit nem Schiffsanker.

Ich weiß nicht wie ich drauf komme, aber der Lieblingsfilm von Oliver Kahn, kein Scherz, ist Papillion. Den guckt er mindestens einmal im Jahr … oder war es im Monat?
Da wird man Titan. Ist eigentlich die adrette Sportmoderatorin schon aus dem Koma aufgewacht? Warum trifft so was eigentlich nicht mal Leute wie Kim Jong-il?

Die Brücke

Beschwingt setzte ich mich auf die Balustrade. Das dunkle Gewässer spülte in tief-seufzender Einsilbigkeit unter mir her. Noch immer klang „Go with the flow“ in meinen Ohren. Hatte die Stimme, die so sehr meinen Freunden glich, wirklich Recht? War dies wirklich die Nacht der Entscheidungen?
Ich goss mir etwas mehr des kurz-vor-kühl-Getränks aus der schimmernd-grünen Flasche in meinen Hals. Sinne und Motorik gehorchten mir schon seit geraumer Zeit nur eingeschränkt. Betrunken, schoss es mir durch den Kopf, es muss doch nicht jeden Abend betrunken sein. Aber ich war betrunken, wie jeden Abend.
Lieber hätte ich mich selber ins eigene Bett getragen, mir die vertraute Decke über das unvertraute Antlitz gezogen, hätte für ein paar kurze Wimpernschläge ganz nah die Fasern betrachtet, ihr Gewebe halb-halluzinierend bewundert, dann wäre ich eingeschlummert, entschlafen zurecht, aber nein.
Ich saß auf gemeißelter Stadtverschönerung, mit der Absicht mich selbst zu verunstalten. Was hatte ich noch vor wenigen Augenblicken vorgehabt? Eine Schlägerei? Mit wem? Gott stand nicht zur Verfügung, obwohl ich mit ihm mehr als eine Rechnung zu begleichen gehabt hätte. Vielleicht gab es woanders eine Projektionsfläche.
Ich richtet mich auf, spürte wie meine Beine zitterten, zitterten und bebten. Wie die Erde der Steppe bebt, bevor eine Horde Wild unaufhaltsam und ohne Einsicht stürmt. Ich vergesse immer wieder wie ich auf Afrika-Metaphern komme. „Grüßt mir die Sonne!“, rief ich ein paar verschlungenen Paar-Touristen zu, die nicht mehr als ein Abwenden für mich übrig hatten. Dann sprang ich. Hätte ich gewusst, dass dies tatsächlich mein letzter Sprung war, hätte ich versucht eine Schraube, vielleicht einen Salto oder gar eine Drehung mit Standbeinwechsel hinzu bekommen. Stattdessen plumpste ich wie ein schwerer Sack Kartoffeln ins Wasser. Beim Aufschlag schon versagte mir der Atem. Die Luft wurde aus meinen Lungen gepumpt wie nur ein Vorschlaghammer sie pumpen kann. Dann war Stille, ein weites Rauschen, vielleicht auch ein weit entferntes Rauschen. Dunkelheit, natürlich, war es doch Nacht. Ich versuchte zu atmen, Wasser rann zwischen Zähnen bis in mein Inneres. Obwohl mir die Tragweite der Situation bewusst war, war mir zu gleichen Teilen die Ironie bewusst: Student der Ozeanologie ertrinkt. Was hatte mich nur geritten mein Leben an so etwas zu verschwenden. Schlampe!