Archiv der Kategorie: Über den Bildschirm

HARLEKIN POST (043) Helden

Am Ende des ersten „Stirb Langsam“-Films (1988), reißt Bösewicht Gruber John McClanes (Bruce Willis) Ex Holly mit aus dem Fenster. John kann Holly gerade noch festhalten und Gruber hängt an Hollys. McClane versucht den Griff zu lösen, doch es gelingt nicht. Dann hebt Gruber eine Pistole. Er zielt auf Holly und John. Erst in der letzten Sekunde schafft es McClane Hollys Armbanduhr zu öffnen – Gruber fällt in die Tiefe. Happy End.

John McClane (Bruce Willis) ist das Vorbild für den modernen, agilen Actionhelden. Ein Actionheld mit moralischen Vorstellungen. Wie zum Beispiel:
Man schießt erst, wenn auf einen geschossen wird.
Niemals zuerst zuschlagen, außer der andere hat eine Geisel oder eine Waffe.
Frauen und Kinder schlägt man schon mal gar nicht.
Und töten überhaupt nicht.
Hunde sind tabu, genauso wie Pferde und Katzen. Eigentlich alle Tiere.
Ein Held darf sich selbst überschätzen, im Sinne von: Einer gegen Sieben.
Und ein Held darf sich selbst zerstören, im Sinne von: Hoher Alkoholkonsum und Zigaretten.
Er darf auch mal seine Freundin versetzen, um dann verlassen zu werden und am Ende des Films alleine zu sein.
Das ist alles okay. Einzelgänger = ja. Egoist = nein.
Das Leben eines einzelnen (Helden) zählt immer weniger als das aller anderen. Er opfert sich auf.

Und genauso hab ich mein Leben angelegt. (Okay. Das mit dem „aufopfern“ hat noch nicht so geklappt, aber ich zerstöre mich selbst und ich hab noch nie einen Hund, eine Katze oder ein Pferd getötet!)
Wie dem auch sei: Ich habe nach den Regeln von John McClane und Jack Traven gelebt… erinnert sich noch jemand an Jack Traven? Nein. Ich musste den Nachnamen auch erst wieder bei IMDb nachschlagen. Jack Traven (Keanu Reeves) war der Held in „Speed“. Ja. Genau. „Speed“. Als Blockbuster-Actionfilme noch 30 Millionen kosteten und 350 Millionen einspielten, ohne dabei auszusehen wie „Fire with Fire“.
Himmel war der furchtbar. Da sieht ne Folge „Homeland“ besser aus.
(Diese Scheiß-Inflation!)

Ja. Die guten, alten Actionfilme der 90er. Eben echte Helden.
Doch dann kamen die 2000er und mit ihnen eine neue Generation. Ich nenne sie die „Crystal-Meth-Heldengeneration“. Vollkommen außer Kontrolle!

Den Umschwung – von den klassischen 90er Helden auf die neuen Helden – kann man ziemlich deutlich an zwei Filmen festmachen:
„End of Days“ (1999) und „Collateral Damage“ (2002).

Ich bin ein großer Fan von Arnold Schwarzenegger. Wirklich. Ich habe alle Filme gesehen. Und wenn ich meine: Alle, dann auch wirklich alle.
Sogar „In 80 Tagen um die Welt“, in dem er Prince Hapi spielt – und ab und an guck ich mir „Welcome to the Jungle“ an, nur weil er da am Anfang ein Cameo und einen Satz hat.
Man kann also sagen: Ich habe Arnold in mein Herz geschlossen. Besonders seit er als T-800 im zweiten „Terminator“ die Aufforderung des jungen John Connors ernst nahm und WIRKLICH KEINEN MENSCHEN TÖTETE. In der großartige Szene, in der der T-800 im ersten oder zweiten Stock des halb zerstörten Cyberdyne-Gebäudes steht, sich die Mini-Gun greift und sämtliche umstehenden Polizeifahrzeuge vernichtet, ohne dabei einen einzigen Polizisten zu töten. Großartig. Ein echter Held – und der war nicht mal ein Mensch. Aber das war 1991.

1999 spielt Arnold dann seinen bis dato dunkelsten Helden in „End of Days“. Jericho Cane trinkt (Selbstzerstörung), hat seinen Familie verloren (Einzelgänger) und tritt u.a. mit einem Raketenwerfer gegen den Teufel an (Selbstüberschätzung). Herrlich. (Also das mit dem Raketenwerfer, nicht die Sache mit der Familie!)
Ich will eigentlich nichts verraten, aber: Entweder hat man den Film schon gesehen, oder man wird ihn nie sehen, weil man irgendwelche verqueren Ansprüche an Geschmack und Inhalt hat! Also: Am Ende des Films schmeißt sich Jericho in ein Schwert. Damit widersteht er dem Teufel und verhindert dass sein Körper missbraucht und eine junge Frau von ihm getötet wird. Selbstaufopferung samt Selbstzerstörung. Ein echter Held. Kein Happy, aber ein gutes Ende.

2002 spielt Arnold dann einen Feuerwehrmann in „Collateral Damage“. Der Feuerwehrmann verliert auch seine Familie.
Und wer hier denkt: Gleiches Muster. Langweilig. Falsch gedacht! Diesmal sterben Frau und Kind durch einen Terror-Angriff. Nicht so wie in „End of Days“, wo Frau und Kind durch Auftragsmörder sterben. Nein, nein. Niemand hat hier einfach Copy&Paste betrieben, und die erst Hälfte des vorherigen Drehbuchs einfach kopiert.
Nein, nein. Zwei vollkommen unterschiedliche Storys!
Jedenfalls: Der Feuerwehrmann Brewer (geiler Name!) ballert und kämpft sich durch Kolumbien und bis nach Washington D.C. Nur um am Ende einen Mann mit einer Axt zu zerteilen und eine Frau in eine offene Starkstromleitung zu werfen. Tada!
Am Ende wird er dafür sogar ausgezeichnet. – Happy „fucking“ End! Frau und Kind tod, aber dafür andere Frau umgebracht. Rache ist super!

Was ist da in zwei Jahren passiert? Von Aufopferung zu „Alle sterben, außer ich“.
Wie kommt so etwas?
Die einfach Antwort ist: Der elfte September.

So schlimm der Angriff und die Zerstörung des World Trade Centers waren, so nachhaltig haben sie Amerika verändert.
Auf einmal war es Auge um Auge & Zahn um Zahn. Die „Bitch“ musste sterben.
(Gut. Frauen hatte Arnold Schwarzenegger vorher auch schon getötet: Sharon Stone (als falsche Ehefrau Lori in „Total Recall“) starb z.B. 1990 durch Quaid (Schwarzenegger) auf dem Mars. Aber die war auch echt giftig. Und es ging immerhin um die Zukunft aller Mutanten. Um Mutanten-Kinder und Menschlichkeit und so. Also um Minderheitenschutz. Da kann man Sharon Stone schon in die Tiefe stürzen.)

Doch nicht nur Arnold Schwarzenegger war von der Gewaltwelle betroffen. Nach 2001 wurden die Helden in amerikanischen Actionfilmen gewaltbereiter, gerade wenn es gegen Terroristen ging.
Wunderbar sieht man den Übergang von der alten zur neuen „political correctness“ in der „Stirb Langsam“ Reihe. 2007 prügelte sich Bruce Willis im vierten Teil mit einer Asiatin, tötete sie und berichtet dann – geschmacksbefreit – am Telefon dem Ober-Bösewicht ganz genüsslich vom Ableben der (Zitat) „Schlampe“.
War ja auch total vertretbar. Immerhin: Die „Schlampe“ hat Amerika bedroht.

Den Vogel hat jetzt Gerard Butler abgeschossen. In „Olympus has fallen“ überwältigt er zwei Terroristen, fesselt sie an Stühle und befragt sie dann. Obwohl „befragen“ ein echter Euphemismus ist. Als sie nicht antworten, rammt er einem seiner Gefangenen ein Messer durch den Hals in den Kopf.
Ja. Ernsthaft. Durch den Hals in den Kopf. Einem gefesselten und geknebelten Mann!
(Nicht mal Jack Bauer würde so etwas tun, und was Helden angeht war der bisher einer der Kaputtesten.)
Ich hätte beinahe mein salziges Popcorn wieder ausgekotzt. Hinterher rammt Butler dann das gleiche Messer dem anderen Gefangenen ins Bein. Danach wird schnell weggeschnitten, was uns vor weiterer Film-Folter bewahrt. Wow. Vielen Dank.

Aber was erwarte ich: Ein Land jubelt und feiert den offiziell angeordneten Mord an einem Terroristen in echt, warum sollte es sich über den Tod eines Film-Terroristen aufregen.
Dirty Harry fragte einst einen angeschossen Mann, der unbewaffnet am Boden lag und nach einer Schrotflinte greifen wollte: „Do you feel lucky, Punk.“
Damals galt das als unmoralisch. Dirty Harry wurde als Anti-Held betitelt, als moralisch fragwürdig.
Gerard Butler würde einem unbewaffneten Mann, der nach einer Schrotflinte greift, wahrscheinlich direkt zwischen die Augen schießen. Und hierher sagt niemand: „Oh Gott, wie konnte er.“ sondern „Gut so!“

Die zweite, viel kompliziertere Antwort auf die Frage, warum amerikanische Actionhelden so viel unbarmherziger geworden sind, lautet:
Sie sind gar nicht unbarmherziger geworden. Wir sind es.
Wir sind Unbarmherzigkeit und Gewalt mittlerweile gewohnt.

Das ist keine grundsätzlich kulturpessimistische Aussage, sondern einfach zu erklären: Durch tausende von digitalen Fernsehkanälen, zehn hoch tausend Webseiten im Netz, durch 24 Stunden Nachrichten aus aller Welt und einem ständig größer werdenden Angebot an Entertainment. Durch all das Unterhaltungs- und Ablenkungsangebot wird diese Unterhaltung nicht nur mehr, sie wird breiter.
Die Randgebiete müssen dauernd neu ausgelotet werden, sonst lässt sich die „dreckigste Komödie aller Zeiten“ oder der „brutalste Horrorfilm aller Zeiten“ nicht mehr vermarkten. Unterhaltung ist es eben nur noch, wenn es neu ist. Und neu ist, was anders ist.
So wird in der Breite verschoben. Und so werden bei „Wetten dass..?“ eben nicht mehr „Automodelle am Geschmack der Fußmatten“ erkannt, sondern es wird mit Sprungfeder-Schuhen über Kleinwagen gesprungen.
Und diesem Entertainment-Anspruch muss sich natürlich auch der Action-Held anpassen. Er wird größer (siehe die Schwemme an Superheldenfilmen) und brutaler.

Das klingt natürlich alles sehr pessimistisch. Ist es aber nicht.
Der große Wandel der Actionhelden vollzog sich vor etwas mehr als zehn Jahren. Die Zeit für einen weiteren Wandel scheint gekommen.
Und auch wenn Superman in „Man of Steel“ einfach mal eine komplette Stadt (samt Bewohner) zerstört, nur weil er mehr Bock auf Kämpfen als auf Retten hat, ist diese Heldenfigur noch nicht verloren. Oder wenn bei „Fast & Furious 6“, ohne Kommentar, mit einem Panzer über Kleinwagen gebrettert wird, ohne auf Fahrer oder Beifahrer zu achten: Kein Grund nicht auf Teil 7 der Reihe zu hoffen.

In „World War Z“ spielt Brad Pitt seine erste Blockbuster-Franchise-Hauptrolle. Seine erste ECHTE Action-Helden-Rolle (mal abgesehen von Achill in „Troja“ – Aber das war ja … ach. Das war garnichts!).
Pitt spielt den fürsorglichen Familienvater, schießt erst wenn auf ihn geschossen wird und tut alles um eine einzelne Soldatin zu retten. „World War Z“ hat weltweit fast eine halbe Milliarde eingespielt (und damit auch knapp die enormen Produktionskosten). Der scheinbar „sanfte“ Held Brad Pitt kommt gut an.

2015 soll der nächste „Stirb Langsam“-Film rauskommen. „Die Hardest“ soll die nächste Bruce-Willis-Actionnummer heißen. Vielleicht heißt es dann ja mal wieder: John McClane kommt nach Los Angeles. Vielleicht sucht er wieder Kontakt zu seiner Ex-Frau Holly. Vielleicht gerät er dann mal wieder mitten in einen ausgeklügelten Coup. Vielleicht hängt am Ende Holly wieder aus einem Fenster. Und vielleicht löst John die Situation stilecht mit dem Öffnen einer Armbanduhr.
Wie bei allen meinen Helden aus den 90ern: Die Hoffnung stirbt nie.

HARLEKIN POST (042) Volkssport

Ich bin seit jeher skeptisch gegenüber Massenbewegungen. Da bin ich sehr undeutsch.
Ich war einmal auf der Love-Parade, einmal auf dem CSD und einmal am FKK-Strand. Dort hab ich überall mehr gesehen als ich wollte und fühlte mich weniger akzeptiert als ich wohl sollte.
Ich gehe regelmäßig in Fußballstadien, dort schüttel ich jedes mal den Kopf über Fanblocks. Ich verabscheue Betrüger genauso wie jeder andere, hab am Ende aber trotzdem zu Guttenberg gehalten. Ich mag Underdogs und Loser.
Deswegen bin ich auch tierisch inkonsequent: Ich war auf Demos für mehr Lehrer und weniger Atomkraft. Bei Länderspielen schrei ich den Fernseher an und freu mich über Blutgrätschen gegen Cristiano Ronaldo. Ich wähle ein Volkspartei und trage die meistverkauften Sportschuhe der Welt. Ich hab alle „Fast & Furious“-Teile gesehen, mehrmals. Und den ersten Transformers-Film kann ich mitsprechen.
Ich bin die Masse. Und ich bin nicht die Masse.
Letzteres besonders wenn es ums Fernsehen, Filme und Videos geht.

Im letzten halben Jahr, wahrscheinlich im letzten halben Jahrzehnt oder gar im letzten halben Jahrhundert, haben sich die deutschen Kritiker des Fernsehens und des Kinos hinter einer Front vereinigt:
Alles wird schlechter. Fernsehen sucks! Und: In Deutschland besonders.
Eine Vielzahl an Kritiken, Blogs und Zeitungsartikeln überschwemmen mit immer der gleichen, weichgespülten Botschaft die Kanäle und verstopfen mir Augen und Ohren.
Aber jetzt ist Schluss!
Mit der Schärfe einer Kultur-Pessimisten-SS und der Eindringlichkeit einer Beleidigten-Gestapo. Die Masse der Kritiker-Nazis schlagen um sich. So sehr: Mittlerweile gibt niemand den ich kenne mehr zu: Ich gucke Fernsehen.
Besonders Leute die Fernsehen machen, sagen: „Nee. Ich guck kein Fernsehen. Und wenn, dann nur 3Sat und Arte.“
Das ist so wie die Szene aus „Mein Führer“, in der sich Hitler den jüdischen Schauspiel-Lehrer Grünbaum bringen lässt, weil der ja ein „Talent“ hat.
Dieser Jude ist gut, den Rest: Weg damit!
Oh. Die Nazi-Fernsehen-Vergleiche gehen zu weit? Fuck you, ihr political-correct-Heuchler. Ihr applaudiert, wenn bei „Braking Bad“ ein Lehrer Crystal Meth – die zerstörerische Droge aller Zeiten – vertickt, aber mit Nazis darf euch niemand vergleichen. Scheiße. An der ein oder anderen Stelle unseres Lebens sind wir alle Nazis.
Das Fernsehen zu hassen ist Volkssport in diesem Land. Und Volkssport betreiben wir gerne.

Natürlich sind Programme wie „Familien im Brennpunkt“ oder „Berlin Tag & Nacht“ furchtbar. Aber wer einmal „The Real Housewives of Beverly Hills“ gesehen hat, der sieht die faustische Genialität der neuen Folgen „Germanys Next Topmodel“.
Was der präsenten und der sonstigen deutschen Fernsehkritik fehlt sind … Eier!
Genau. Richtig melonengroße, haarige Eier. Mut. Chuzpe.
Jeder Artikel über die deutsche Fernsehlandschaft beginnt und endet mit Entrüstung. Alles ist sooo schlecht. „Nee. Also dafür will ich meine Rundfunkgebühren nicht ausgegeben sehen.“
Dabei gibt es viele großartige Sendungen, Filme und Videos (auch im Netz). Aber über die wird nur in Nebensätzen geschrieben, während im Hauptsatz gestöhnt wird.
Über den grandiosen Versuch einer obskuren Comedy-Serie, den das ZDF mit „Lerchenberg“ gestartet hat, wurde immer nur im Zusammenhang mit dem „so furchtbaren Sendeplatz“ geschrieben. (Wenn überhaupt mal geschrieben wurde.) Die beeindruckend-unterhaltsame Talkshow „Roche & Böhmermann“ hat man nicht unterstützt, sondern erst beachtet, als sie schon abgesetzt war. Die Kritiken beschäftigten sich mehr mit Günther Jauch und „wie schlecht wieder alles war“. Oder das „Wetten dass..?“ mit Lanz nicht funktioniert. (Ist doch klar! Es ist Markus Lanz! Da kann man genauso gut fragen: Warum schmeckt Styropor so trocken?)
Dabei laufen dutzende Formate (z.B. die heute Show & Extra-3) die auch ein großes Publikum ansprechen und nicht an Bissigkeit verloren haben.
Und dann beschweren sich immer alle Kritiker über das deutsche Kino.
„Oh Boy“ haben sie auch immer nur im Kontext von: „Warum sind nicht alle deutschen Filme so?“ Weil nicht alle fucking, deutschen Filme ein Schwarz-Weiß-„Manhattan“-Aufguss sein können. Verdammte Zucht!
Sicherlich: „Schutzengel“, „Kokowäh 1 bis 11“ und „Der Baader-Meinhof-Komplex“ waren Grütze. Aber als Dani Levy mit „Mein Führer“ eine der besten Komödien aller Zeiten drehte, fragten die Kritiker nur: Darf man das? Uh. Hitler. Der darf doch als Mensch nicht lustig sein. Pfui!
Aber dann aufstehen und Bruno „talentlos “ Gans als Hitler-Abklatsch zujubeln. Da war ja Harald Schmidt als Hitler glaubwürdiger und weniger Klischee.

Der Fernseh- und Medienkritiker Thorsten Dewi hat jetzt einen Abschiedsbrief ans Fernsehen geschrieben. Ans deutsche Fernsehen natürlich. (Weil das französische Fernsehen sooo geil ist. Da mal versucht eine ordentliche Nachrichtensendung, oder eine Show zu finden? – Ist auch nicht alles ARTE im Land von Alexandre Dumas! Musketiere am Arsch.)
In dem Brief also, macht Dewi mit dem deutschen Fernsehen Schluss. Vielen Dank auch. Tolles Bild. Wirklich. Diese formvollendete Sprachgewandtheit – hinreißend.
Thorsten will jetzt mehr mit „on-demand“ machen. Das ist so, als würde man nach einer langen Beziehung mit einem Flugzeugträger, auf ein Ruderboot umsteigen.
Äpfel & Birnen, mein Lieber.

Ich sehe das eher so: Fernsehsendungen sind wie Frauen. Nur weil mal eine dabei war, die scheiße war, mir das Herz gebrochen hat, mich betrogen und belogen hat, schrei ich doch nicht gleich in die Welt: Nie wieder Frauen!
Erstens: Das glaubt sowieso niemand. Und zweitens: Deswegen gibt es doch so viele Frauen (beziehungsweise Fernsehsendungen!). Damit man sich ausprobieren kann (z.B. mit Olli Dietrichs „Frühstücksfernsehen“ … ist ne nette Flirt-Beziehung. Nicht zu ernst … eher casual) … dann die Hörner abstoßen … (mit den MILFs „Maybrit Illner“ und Sandra „Maischberger“ … bis man merkt: Vielleicht sind die zu alt … oder ich noch zu jung, wenn auch nur gefühlt) … dann probiert man vielleicht mal ne dauerhafte Beziehung … (mit „Türkisch für Anfänger“ oder „KDD“) … allerdings werden die dann auch abgesetzt. Und schließlich landet man bei der Richtigen. Die richtige Beziehung, die große Liebe … vielleicht ganz nah … dort wo man sie nicht vermutet hätte. Vielleicht schon immer da gewesen.
Ich habe einen Kumpel der ist seit Jahrzehnten der „Lindenstraße“ treu. Kehrt jeden Sonntag zu ihr zurück. Am Samstag schläft er mit der „Sportschau“ und gelegentlich am Sonntagabend mit dem „Tatort“. Immerhin: Polygamie ist mit Fernsehsendungen möglich. Man muss nur wissen: Wann hol ich mir was und wo!
Mal bin ich Masse. Mal eben nicht.

HARLEKIN POST (041) Zehn Gründe …

Der neue Star Trek Film „Into Darkness“ ist mittlerweile die zwölfte Installation der Reihe. Allerdings ist es der erste Film, der ein direktes Remake einer der elf vorherigen Filme ist.
Zeit Star Trek 2 mit Star Trek 12 zu vergleichen. Beziehungsweise in kulturpessimistischer Art und Weise dieses Blogs zehn Gründe zu finden, warum Star Trek 2 „Wrath of Khan“ besser ist als Star Trek 12 „Into Darkness“.
Aber der Reihe nach:

Erster Grund: Die Geschichte

Keine Ahnung was die drei Autoren Kurtzman, Orci und Lindelof geraucht haben, aber entweder sie wechseln den Dealer oder reduzieren die Dosis. Im Rausch (den man schon mal kriegen kann, wenn einen jemand anruft und sagt: Du schreibst den neuen Star Trek Film!) haben sie vergessen das Original von 1982 zu gucken. Hätten sie das getan: Sie hätten die Hände von einem Remake gelassen.
„Der Zorn des Khan“ hat eine geradezu spielerische Einfachheit in der Zusammenführung aller Charaktere und Geschichten. Es gibt einen Bösewicht (Khan) der seine Motivation, Kirk zu töten, wunderbar aus fast 15 Jahren herleiten kann, die seit dem Ende der Original-Serie vergangen sind. Seit damals schmort Khan in der Isolation und wird nun – durch Chekov, der sich – anders als die Figuren in Star Trek 12 – tatsächlich fortentwickelt hat – wieder frei gesetzt. Dazu kommt eine der besten Raumschlachten der Science-Fiction-Geschichte, ein Vater-Sohn-Komplex (mühelos und nicht sperrig in die Handlung eingebaut) und der finale Tod von Spock (Ups. Spoiler!). Ja! Und – obwohl es eine kleine Szene mit Hoffnung gibt („Das alles, vergiss bitte nie.“) – am Ende von Star Trek 2 ist Spock wirklich tot. Nicht so wie Kirk in 12 stirbt, nur um drei Minuten später wieder aufgeweckt zu werden. (Haha. Nichts passiert. Ätsch!) Man kann eben seine Zuschauer fordern (und die Geschichte einer Freundschaft, in Star Trek 3, anbahnen) – oder verarschen.

Zweiter Grund: Die Optik

Okay. Star Trek 11, also der erste Star Trek nach dem Reboot (und der Abram-isierung des Franchise), war optisch wirklich ein Genuss. Neue Effekte, neue Leichtigkeit in der Inszenierung, neue Kragenweite der Action. Einfach ein Star Trek Film für 2009. (So einen Star Trek Film haben wir gebraucht, nach Jahren der Jonathan Frakes Syfy-MoW-Optik.) Und jetzt haben wir 2013: Und auf ein mal … leuchtet alles zu doll. Die Brücke der Enterprise sieht aus wie ein Apple-Store (nicht meine Worte) und mit Lense-Flare-Effekten holt man auch niemanden mehr aus der Reserve. Dagegen war Star Trek 2 von 1982 ein solider Science-Fiction-Film. Alles sah irgendwie gebraucht aus, abgewetzte Raumschiffe, abgewetzte Kulissen, gleichzeitig niemals altbacken fotografiert. Er konnte sich mit Filmen wie Outland und Aliens messen. Gleichzeitig war die Darstellung immer erhaben und dem Alter der Schauspieler angemessen. Der erste „echte“ Unterhaltungsfilm, nachdem damals Star Trek den Sprung auf den Silver-Screen versucht hatte.

Dritter Grund: Die Uniformen / die Kostüme

„What the Fuck?“ möchte man sagen: Wie kam J.J. Abrams dazu diese bescheuerten Badeanzüge im neuen Star Trek Film abzunicken. Glaubt der denn wirklich er sei der Gott der Coolness und alles geht? Und dann die Uniformen: Danke für den Retro-Look, aber irgendwann ist ja mal Schluss. Alle Hemden sehen aus wie eingelaufen.
Deswegen trugen die Helden in Star Trek 2 auch Zweiteiler und auch alle in Rot. Selbst Ricardo Montalban, der Khan von einst, ist in seiner zu weit ausgeschnittenen Sibirien-Kutte viel besser zu ertragen, als „Robocop“-Peter-Weller in seinem 2013-Schlafanzug.

Vierter Grund: Die Zitierbarkeit

„Der Zorn des Khan“ gab uns das erste Mal den „Kobayashi Maru“-Test. Den Abrams dann in Star Trek 11 so schön kopiert hat. Außerdem zitiert Khan in Star Trek 2 das legendäre, klingonische Sprichwort: „Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert.“
Keine Ahnung woher Khan, der niemals einen Klingonen getroffen hat, klingonische Sprichwörter kannte. Aber selbst Quentin Tarantino fand den Spruch so geil und setzte ihn als Motto vor Kill Bill.
Einzig zitierbar von „Into Darkness“ war … war … wa — keine Ahnung. Mir fällt nichts ein. Selbst die Sprüche im Trailer waren mies.

Fünfter Grund: William Shatner

So sehr sich Chris Pine auch anstrengt, aber er ist einfach nicht mit William Shatner zu vergleichen. Aber wer mag ihm das vorwerfen: Es ist Wiliam „Tiberius“ Shatner. Krik spielt Shatner und Shatner spielt Kirk. So wie Al Pacino Michael Corleone und Ian McKellen Gandalf ist.

Sechster Grund: Leonard Nimoy

Siehe Fünfter Grund, tausche Chris Pine gegen Zachary Quinto und William Shatner gegen Leonard Nimoy und ergänze:
Zachary Quinto spielt in seinem zweiten Star Trek Film Spock noch etwas schlechter als in seinem ersten Star Trek. Eigentlich ist er kein schlechter Schauspieler, aber irgendwie geht ihm was abhanden. Oder ist es die Beziehung zu Uhura, die Spock jetzt zu menschlich macht?
Außerdem: Wenn man sich als Spock aus Dimension 2 Rat vom alten Spock aus Dimension 1 holen muss … uah. (Aber das kann man Quinto nicht vorhalten, dafür sind wieder Kurtzman, Orci und Lindelof verantwortlich. Sollten die auch Star Wars schreiben … puh. Bloß nicht dran denken.)

Siebter Grund: Je Oller desto doller!

Einem alten Kirk, der mit seiner eigenen Sterblichkeit und dem nahendem Rentenalter kämpft, nimmt man die Entscheidungen und die Cleverness in Star Trek 2 einfach ab. Er hat eben schon drei Staffeln und einen Kinofilm, plus diverse Comic-Episoden hinter sich. Aber einem jungen Kirk … der eigentlich noch grün hinter den Ohren ist: Warum sollte der gegen Khan gewinnen? Warum sollte er überhaupt so einen Hass und so eine Energie aufbauen, wie es Chris Pine in Star Trek 12 spielt? Es macht keinen Sinn. (Erneut: Minuspunkte verdankt dieser Film direkt Kurtzman, Orci und Lindelof. Warum braucht es bei diesem Film eigentlich drei Idioten um ein Drehbuch zu versauen? Aaron Sorkin schafft alleine gute Drehbücher zu schreiben (siehe: The Social Network) und im 3er-Team auch (siehe: Moneyball). Sind Orci, Lindelof und Kurtzman so viel schlechter? Ja!
Ah. Super Idee: Sorkin schreibt Star Wars 7. Dann hört sich ein Gespräch von Leia und Han ungefähr so an:
(Um den richtigen Effekt zu bekommen, bitte sehr hektisch und schnell lesen, dabei sich die beiden Figuren in einem komplizierten Labyrinth aus Gängen, laufend vorstellen.)
Leia: Han? Hast Du das Geschenk besorgt?
Han: Welches Geschenk?
Leia: Das Geschenk zum Geburtstag meines Bruders.
Han: Oh. Das war heute?
Leia: Du bist unmöglich.
Han: Jetzt tu mal nicht so. Vor Endor wusstest Du nicht mal das Luke Dein Bruder ist.
Leia: Wir stehen uns aber seitdem sehr nah.
Han: (leise) Kein Wunder, bei dem Vater.
Leia: Was?
Han: Nichts. Aber ich kenne haufenweise Familientherapeuten …
Leia: Erzähl Du mir nichts über Therapie. Diese komische Herr-Sklaven-Beziehung, die Du mit diesem Pelz-Vieh hast … dafür bräuchte man eine Armee von – – –

Ja. Ja. Übrigens wirken die „Kinder“ auf der Brücke der neuen Enterprise manchmal wie Twilight mit Außerirdischen. Beziehungsweise: Ohne Außerirdische. Ist nur noch ein Haufen Kids … und die gucken irgendwie komisch. Ich vermisse Weisheit.

Achter Grund: Das Budget und das Einspielergebnis

Normalerweise finde ich ja das Einspielergebnisse, besonders vom ersten Wochenende, nichts über Filme aussagen. Aber wenn sie meine Argumente untermauern: What the hell.
Star Trek 12 kostete 190 Millionen Dollar und spielte am ersten Wochenende 70 Millionen ein. Das sind weniger als 40%. Er wird die 180 Millionen natürlich noch erreichen, mit internationalen Ergebnissen und DVD-Verkäufen und so weiter.
ABER: Star Trek 2 kostete 11 Millionen und spielte alleine am ersten Wochenende nur in Nordamerika 14 Millionen ein.
Die Fortsetzung einer abgesetzten TV-Serie, deren Vorgänger-Film so verdaulich war wie 2001… und trotzdem: Ruckzuck das Geld eingespielt. Das muss dem Regisseur Nicholas Meyer mal einer nachmachen!

(Kurze Frage an mich selbst: Warum hab ich gerade Nordamerika, statt nur Amerika geschrieben?)

Neunter Grund: Echte Star Trek Momente

In „Into Darkness“ gibt es ein Haufen Anspielungen auf Star Trek-Momente aus den vergangenen 11 Filmen. Ein Tribbel taucht auf, Spock schreit „Khan“ (wie es einst William Shatner), die oberste Direktive wird angesprochen … aber keiner dieser Momente zieht auch nur im Geringsten. Es sind eine Anhäufung von leeren Story-Elementen (Lindelof!!!), unausgereift präsentiert und meistens schlecht gespielt. In Star Trek 2 gab es hingegen eine junge, noch frische Crew. Alte Hasen die sie ausbilden, eine aufmüpfige Vulkanierin, die Selbstzerstörungssequenz wurde aktiviert … Es gab Star Trek Momente, ohne irgendetwas billig zu zitieren. Gleichzeitig schloss der Film (mit der Figur Khan) leichtfüßig an die Serie an.

Zehnter Grund: Richardo Montalban

Okay. Hier ist es fast ein Unentschieden. Montalban gegen Cumberbatch. Nur meine nostalgische Art lässt mich zurückfallen: Der alte Khan war besser als der neue Khan. Benedict Cumberbatch versucht sich tapfer als großer Bösewicht, als Gegenspieler (aber auch hier machen ihm die Drehbuchautoren einen Strich durch die Rechnung: Warum rettet er Kirk und dann will er ihn wieder töten? Warum dieses hin und her und warum diese bescheuerte Sequenz am Anfang, mit dem todkranken Kind? Findet der beste Krieger und Attentäter keinen anderen Weg in eine gesicherte Anlage? Und wenn damit die tiefe der Figur gezeigt werden sollte, warum sagt er später: Alle minderwertigen Menschen müssen sterben? Das ist nicht charaktertief, sondern inkonsistent!) Der mexikanische Gentleman Richardo Montalban, auch bekannt aus „Fantasy Island“, war als Khan einfach mehr. Er spielte die behauptete, gentlemanhafte Überlegenheit und den Fanatismus irgendwie immer mit. Und genau das fällt Benedict Cumberbatch in all dem Khan-kämpft CGI-Gewimmel gar nicht leicht. Na ja. Sagen wir: Montalban gewinnt 4 zu 3. So wie Bayern. Nicht verdient, aber nach Punkten.

So. Zehn Gründe für den alten Star Trek „Khan“-Film. Einräumen muss ich hier noch: Es gibt natürlich auch Gründe für den neuen Star Trek:
Alice Eve, Simon Pegg, tolle Effekte, John Cho, Zoe Saldana und natürlich die Tatsache das es ein fucking neuer Star Trek Film ist. Irgendwie muss man den einfach gucken und auch seine Schwächen verzeihen. (So wie man es auch mit dem furchtbarsten aller Star Trek Filme getan hat: Star Trek Nemesis. Immerhin wurde danach der Fan belohnt: Star Trek 11 kam!)
Dazu fällt mir eine Szene aus Star Trek 2 ein. Kirk liest aus „Die Geschichte zweier Städte“ das Zitat vor: „Es war die beste aller Zeiten, es war die schlimmste aller Zeiten.“
Spock antwortet: „Sicherlich mit die beste aller Zeiten.“ Irgendwann wird er wieder recht haben.

HARLEKIN POST (040) The World Needs Supermen

Momentan läuft „Iron Man 3“ im Kino. Bald kommt „Man of Steel“ raus und irgendwann dann auch der neue „X-Men“-Film. Superheldengeschichten häufen sich. Und jeder Superheld hat seinen Superschurken. Eine Nemesis, einen Gegenspieler.
Im aktuellen Iron Man ist es der Mandarin. Was sich wie eine Fanta-Sorte anhört ist tatsächlich ein Terrorist und einer der klassischen Marvel-Superbösewichte.
Ich möchte eine kleine Geschichte eines anderen Superbösewichts erzählen. Vielleicht nicht so bekannt wie der Mandarin, aber er steht ihm im „Bösewichtsein“ in nichts nach.
Das Licht im Kino wird gedimmt. Der Vorhang öffnet sich und der Projektor startet:
Die Weltkugel rollt ins Bild – das Orchester spielt auf – Universal Pictures. Kurz Schwarz, dann die erste Szene:
Auf einer Farm in Nordamerika (wir könnten hier auch Hochebene in Indien, in Südamerika oder in Mecklenburg-Vorpommern (wo es weniger Hochebenen, dafür aber mehr Tieflandschaften gibt) sagen). Der Farmer steht an einem sonnigen Morgen am Traktor und will gerade raus aufs Feld. Er muss sich um die Ernte kümmern. Die Tage werden schon wieder kürzer.
Da fährt ein grauer Mittelklassewagen auf sein Grundstück. Eindeutig ein Mietwagen. Wo kommen die Leute her? – Zwei Männer steigen aus. Schwarze Anzüge. Sie fragen den Farmer ob er der Eigentümer sei. Er nickt. Dann weisen sie sich als private Ermittler aus. „Ermittler für wen?“ Keine Antwort. Stattdessen: „Sie haben doch nichts dagegen wenn wir uns umsehen, oder?“ „Doch.“ „Warum? Haben Sie etwas zu verbergen?“ „Nein, aber – – -„ „Na dann.“
Nach kurzem hin und her machen die privaten Ermittler klar: Der Farmer bekommt Probleme, wenn er ihnen keine Einsicht in seine Unterlagen gewährt. Sie wollen doch nur sichergehen dass er keine Patentrechte verletzt hat.
„Patenrechte? Ich baue Mais an.“ „Die Patenrechte unseres Auftraggebers.“ sagt einer der Ermittler mit felsenfester Stimme. „Wie bitte?“ „Haben Sie etwa noch nie von … Monsanto gehört?“ (Kamerafahrt auf das Gesicht des privaten Ermittlers. Die Musik schwingt sich auf.)
Der Farmer schaut sich um, Reißschwenk, dann zoom in seine Lagerhalle: Säckeweise stapelt sich hier das Monsanto-Saatgut. Der Farmer schluckt. Abblende.

Bevor wir in die Gegenwart zurückkehren und unseren Superschurken auf seinem Höhepunkt erleben, folgt eine kurze Montage der Vergangenheit. (Mit Saxophon unterlegt. Langsame Zooms auf alte Fotos, Überblendungen. Eben der typischen Rückblick-Schnickschnack. Dazu vielleicht eine tiefe Erzählerstimme. So in die Richtung Götz George, oder der Cowboy aus Big Lebowski.)
1901 wird Monsanto in St. Louis geboren. Er stellt zuerst Saccharin her und verkauft dieses an die Coca-Cola-Company. Saccharin gilt als zweifelhaftes Produkt. Es gibt Studien die ein Gesundheitsrisiko nicht ausschließen. Monsanto will davon nichts hören. Die Produktion läuft weiter.
1907 wird der Pure Food and Drug Act eingeführt: Saccharin als Zugabe in Lebensmitteln wird verboten. Monsanto steht vor dem Aus. Mit dem Rücken gegen die Wand entscheidet sich der junge Konzern das Gesetz zu brechen. Die Regierung mag Saccharin für gesundheitsschädlich halten, doch dies stört nicht. Mit seinem Kumpel, Coca-Cola, wird weiter Saccharin in die Cola gepumpt. Der Weg zum Schurken wird eingeschlagen.
Als 1924 die Regierung vor Gericht scheitert ist der Weg frei. Die Studien sind nicht eindeutig. In Hinterzimmern besticht Monsanto Experten und fälscht Unterlagen. Heute kann immer noch kein direkter Zusammenhang zwischen Saccharin und Krebs hergestellt werden. Noch nicht. (Die Szene endet mit einem Foto von Monsanto: Ein leichtes Lächeln um die Mundwinkel ist dem jungen Kerl von damals schon anzusehen. Hinter seinen Augen funkelt der gerade geborene Bösewicht!)

Dann kommt der Vietnamkrieg. Und Monsanto trifft auf seinen Mentor, den Ober-Superschurken. Den Lehrmeister: Das amerikanische Militär.
Das Pentagon hat Schwierigkeiten gegen den Vietkong aus der Luft vorzugehen. Der Dschungel ist zu dicht. Also schmiedet man einen teuflischen (und vollkommen bekloppten Plan): Entlaubung.
(Wie bitte? Ja, ja. Noch mal? – ENTLAUBUNG. Ent-Laubung! Die Entfernung von Blattwerk aus den Bäumen, um bessere Sicht auf Bodentruppen zu bekommen. Klingt das nicht vollkommen bescheuert? Wie aus einer Folge „Pinky und Brain“, oder? Ist aber so geschehen. Hat natürlich nicht funktioniert. Jedenfalls nicht so wie beabsichtig.)
Um die Entlaubung zu betreiben, braucht das US-Militär ein Herbizid. Monsanto (bekannt für ätzende Substanzen!) entwickelt also Agent Orange. Was für ein großartiger Tag! Während der Herstellung wird Agent Orange mit TCDD verunreinigt. Die Herstellung muss schnell gehen, und Sicherheitsmaßnahmen sind teuer.
Viele hunderttausende Bewohner und noch mehr US-Soldaten erkranken irreversibel, durch die Wirkung von Agent Orange. Eine Katastrophe. Oder?
Doch es gibt nichts, was Monsanto nicht mit Geld regeln kann:
Sieben Firmen lieferten Agent Orange. Diese Firmen zahlen auch in einen Entschädigungsfond ein. 3788 Dollar pro Person. Insgesamt 180 Millionen Dollar, verteilt auf sieben Unternehmen. Schon 1955 hat Monsanto alleine einen Jahresumsatz von 632 Millionen Dollar. Monsanto zieht sich also ohne Schäden aus der Affäre. In den Entschädigungsfond wird aus der Portokasse eingezahlt.
Der Aufstieg zum Superschurken ist geglückt. Nun kann Monsanto niemand mehr aufhalten. Monsanto wächst und wächst. Der Superschurke wird global.

Was folgt sind dutzende Gerichtsprozesse. Monsanto besticht z.B. 140 indonesische Regierungsbeamte um Umweltkontrollen zu unterlaufen. Die Strafe: 700 tausend Dollar. (Noch mal: 700000 … das ist alles!)
Dann kommt Monsanto mit Gen-Technik in Kontakt.
Jetzt sind wir in der Gegenwart. Monsanto hat ein riesiges Imperium aufgebaut. Unternehmen aus allen Bereichen wurden aufgekauft, zwischenzeitlich Ölförder-Betriebe (mittlerweile wieder verkauft) und vor allem Agrarmittelproduzenten. Der Netto-Jahresumsatz liegt bei 1,66 Milliarden Dollar.
Und nun kommt die Gen-Technik. Besser gesagt: Gen-Manipulation von Feldfrüchten.
Und dieser Teil ist jetzt wirklich komplett aus dem Superschurken-Handbuch:
Monsanto hat erkannt das die Menschen immer eine Sache tun müssen: Essen. Wer Nahrung kontrolliert, kontrolliert die Menschen. (Das hätte auch Lex Luthor nicht besser beschreiben können!)
Und Nahrung sind Agrarerzeugnisse. Selbst wenn die Menschen Fleisch essen, muss dieses Fleisch (respektive die Tiere von denen es kommt) ja mit irgendwas gefüttert werden. Und Monsanto hat sich nicht dem Agrarsektor zugewandt, weil es die Menschheit ernähren wollte. Das war keine humanitäre Entscheidung. Monsanto hat erkannt: „Wenn die Menschen immer essen müssen, kann man mit Nahrung immer Geld verdienen. Aber selbst Nahrung herzustellen, anzubauen ist zu kompliziert. Ich verkaufe jetzt Saatgut! … Und wie stelle ich es an das jeder Saatgut bei mir kaufen muss? – Mit Gen-Manipulation, Motherfucker!“

(Nur so als kleiner Einschub: Gen-Manipulation betreiben Forscher und Farmer seit langer Zeit. Und grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Gen-Manipulation ist auch die Zucht, die Kreuzung von Saatgut. Anpassung eben, Verbesserung. Der Friedensnobelpreisträger Norman Borlaug entwickelte in den 40er Jahren für das amerikanische und das mexikanische Agrarministerium, zusammen mit gemeinnützigen Einrichtungen, verschiedene, verbesserte Weizenarten. Mit seiner Hilfe konnte die Weizenproduktion Mexikos und die Ernteausbeute in Indien verbessert werden. Hundertausende Menschen sind dank ihm nicht verhungern. Merke: Staatliche Behörden & gemeinnützige Einrichtungen! Nicht: Großer, am Gewinn orientierter Konzern. Das nennen ich mal: „Mit Gen-Manipulation, Motherfucker!“)

Monsanto schwingt sich also zum größten Lieferanten für genverändertes Saatgut auf. Und warum ist das Saatgut genverändert? … Und warum sollte ich das als Farmer kaufen?
Weil dieses Saatgut hitzeresistenter und kälteresistenter als das normale, alte Saatgut ist. Nicht viel, aber gerade genug damit man „Neu!“ auf die Packung schreiben kann.
Und dann, wenn alle Farmer und Bauern das neue, „bessere“ Saatgut von Monsanto gekauft haben, geht der teuflische Plan auf:
Monsanto knüpft nämlich Verpflichtungen an den Kauf vom neuen Saatgut: Der Farmer darf nicht die Keimlinge vom letzten Jahr auf seinem Feld aussäen, er muss sich neues Saatgut von Monsanto kaufen. Jedes Jahr. Dazu verpflichtet sich der Farmer beim Kauf des Monsanto-Saatguts. (Wir erinnern uns an die privaten Ermittler aus der Eingangs-Sequenz!) Und das neue Saatgut muss er kaufen, weil es alle anderen Farmer auch benutzen. Und deren Ernte fällt sonst besser aus. Er will nicht zurückfallen, also …
Außerdem ist das Saatgut von Monsanto unfruchtbar. Keimlinge von diesem Saatgut können also nicht nächstes Jahr wieder gepflanzt werden. Jedes Jahr neues Saatgut … mit neuen Features … wieder etwas teurer. So macht Monsanto die gesamte Agrarwirtschaft von sich abhängig.
Das ist ein bisschen so wie es Heroindealer machen: Der erst Schuss ist fast umsonst. Die Nächsten dann nicht mehr.

Das ist der Punkt an dem der Superheld im Film spätestens auftauchen sollte. Aber wirklich allerspätestens. Eigentlich ist es hier schon zu spät. Monsanto kontrolliert die Welt … da braucht es schon die Avengers um das wieder gerade zu biegen.
Leider sind die Avengers Filmfiguren. Nicht real. (Abgesehen von Hawkeye. Aber ganz ehrlich: Hawkeye kann gegen Gen-Saatgut soviel ausrichten, wie der Hulk gegen Mundgeruch.) Monsanto steht aber, als Basis von hunderttausenden Lebensmitteln, wahrscheinlich in jeder Küche dieses und fast aller anderen Länder dieser Erde.

Und wer soll nun gegen den Superschurken antreten? Monsanto ist ein genmanipulierender, Gerichtsurteile niederkämpfender, Herbizide vergiftender Riese. Ein echter Megaböseweicht. Wer soll was gegen diesen Konzern ausrichten?
Die UNITED STATES SECURITIES AND EXCHANGE COMMISSION etwa? (Die versucht es immerhin.)
Ich hätte nichts dagegen wenn der Film sich nach dem furchtbaren und hoffnungslosen Anfang in einen Handlungszweig mehrerer, engagierter Ermittler stürzt. Sie arbeiten unnachgiebig und krempeln ihre Hemdsärmel bildwirksam hoch. Diese alltäglichen Helden kämpfen und triumphieren am Ende im Gerichtssaal. Und während der Abspann schon läuft, eine Montage von Bildern: Auf der ganzen Welt werden Monsanto-Produkte eingezogen und zurück gerufen, Firmenschilder werden abmontiert und die Verantwortlichen wandern in den Knast. (Ende.)
Leider wird der Film so nicht enden.
Monsanto bekam in seinem letzten Verfahren eine Strafe von nur 1,5 Millionen Dollar. Eins Komma fucking fünf Millionen Dollar. Das ist nischt. Nada. Ein Witz. Niemand wurde gefeuert, niemand ging in den Knast. Der Konzern, der Superschurke hat nicht einmal gezuckt.

Deswegen rollt der Abspann nicht nach dem Triumph des Helden, sondern nachdem der Schurke die Welt als Geisel genommen hat. Und aus lauter Frust, weil keiner sich für die verschissenen Geiseln interessiert, wird eine Geisel nach der anderen umgebracht.
Und nächste Woche kommt der nächste Teil. (Wenn so etwas am Sonntagabend im Fernsehen laufen würde, die Zuschauer würden vor Angst erstarren, und dann schnell die letzte Staffel How I Met Your Mother auf DVD rauskramen, um sich der Realität nicht stellen zu müssen.)
Und es gibt viele Superschurken die auf ihren Film warten. Die ihren Film schon leben:
In „Superschurke II: Dark Water“ lernen wir den Fiesling Nestlé kennen. Er übernimmt mehr und mehr Süßwasserquellen auf der Erde und zapft afrikanischen Dörfern ihr Grundwasser weg, um es in Flaschen zu füllen und an die Reichen zu verkaufen.
In „Superschurke III: Wings of No Liberty“ wird dann Red Bull vorgestellt. Dann IKEA, Google, Amazon, Apple, Nokia, Facebook, Microsoft, Unilever …
Jede Woche ein anderer Superschurke, gleiche Handlung. Gleiches Ende!

Eigentlich ist das Problem nicht das die Helden fehlen, sondern das die Superschurken leider keine Schurken sind. Es sind Unternehmen. Und Unternehmen können als einziges Ziel ausgeben: Mehr Gewinn. Koste es was es wolle. Jeder akzeptiert das.
Ein Unternehmen kann man nicht einsperren, nicht in einem Showdown niederringen und nicht in seiner geheimen Basis, einem ausgebrannten Vulkan, aufspüren. (Nein. Unternehmen haben riesige Firmenzentralen. Direkt in der nächsten Großstadt … und mein Onkel arbeitet da, oder meine Schwester, oder ich.
Fuck. Wir sind die Superschurken! – Guter Twist fürs Ende!)
Ein Unternehmen kann man nicht in die Fresse schlagen, auch wenn man das manchmal will. Deswegen wird das Franchise von Superschurkenfilmen noch eine ganze Weile weiterlaufen. Teil 2, und 3, und 4 … und auch in 3D. Und wir sind die Zuschauer. Ohne das wir was dagegen machen können. Wir lösen die Tickets, wie Zombies. Wie wollen wir das nur aufhalten?
„Mit Gen-Manipulation, Motherfucker?“
Schön wär’s.

HARLEKIN POST (039) Frei, wie alle

Nun ist es raus: Mario Götze war in der Waffen-SS. Hitlers falsche Neun.
Oder hab ich da was nicht richtig verstanden?
Müsste er dann eigentlich erst recht, oder dürfte er dann nicht zum FC Bayern?
Apropos: Selbstanzeige. Warum wartet Uli nicht einfach bis alles auf DVD raus ist?
Oder CD? Und ein Apropos weiter: Wer verschickt heute eigentlich noch Steuer-CDs? Passt da überhaupt alles drauf? Was ist mit Extras? Audiokommentaren, Making-Of, Englische Tonspur. Warum nicht Blu-Ray? Oder einfach ein Stick? Vielleicht ne SD-Karte? Warum nicht per Steuer-Cloud? Dann kann man die Daten im Stream abrufen. Ist auch kostengünstiger. Den Speicher zahlt der Anbieter. Und darum geht es den Jungs doch, oder?

Überhaupt: Ist das sicher? Steuer-CDs mit der Post zu verschicken? Machen die das per Einschreiben? Oder mit „pin“?
Irgh, „pin“. Dann kann man es auch gleich lassen.
Ich hab neulich ein Schreiben vom Bürgeramt im Hausflur auf dem Boden gefunden. Auf dem Boden! Gleich neben dem Mülleimer, der immer mit Werbezetteln überquillt, die der Nachbarjunge wegwirft statt sie auszutragen. Welcher „Postal Service“ (ha!) hat diesen Brief wohl geliefert?
Da lobe ich mir DHL: Wie schnell die mir von Quasi-Zwangsarbeiter-Händen gepackte Amazon-Pakete zustellen … Unglaublich!
Was ist das überhaupt: „Quasi-Zwangsarbeit“? Muss sich nicht, kann sich aber zwingen?
So wie Vegetarier, die dann doch auch mal Fisch essen? Weil der wird ja nicht brutal in Schleppnetzen, zwischen verendeten Delfinen, gefangen. Ooooh Nein!
Oder wie die freiwillige Frauenquote.
Ha! … Da muss ich jedes Mal lachen. Freiwillige Frauenquote. Diese Schröder… hu. Ist die bescheuert. Was für eine Idiotin! Kann man die nicht mal absägen? Die hat doch auch nen Doktor. Da findet man bestimmt was. Schröder-Plag … Oder war die vielleicht auch in der Waffen-SS? Hach, wäre das herrlich. Aber nein: Frauen waren ja nicht in der Waffen-SS. Glück gehabt.

Derrick ist die am weitesten verbreitete, deutsche Serie auf der Welt. War doch klar das die was mit Nazis zu tun hat. Wenn man in Machu Picchu, auf 2350 Metern, einem alten Peruaner begegnet und der dann fragt: Wo kommst Du her? Und ich antworte: Deutschland. Sagt der doch ganz bestimmt „Ah. Heil Hitler!“ und lacht mit seinen drei Zähnen.
Vorurteile gehören dazu. Immerhin hab ich noch alle 29 Zähne … nicht gerechnet die Brücke und die zwei Goldenen. Wir sind zwar Nazis, aber immerhin haben wir Zahnhygiene.

Und die Niederlande wollen jetzt keine Wiederholungen von Derrick mehr ausstrahlen … hm. (Ich dachte immer alle Derrick-Folgen wären Wiederholungen. War Tappert eigentlich bei der Erstausstrahlung noch in der Waffen-SS?)
Wie kommt das holländische Fernsehen zu diesem Schritt? Derrick, alias Horst Tappert, war also auch in der Waffen-SS? Oder wie jetzt? Der Schauspieler ist die Rolle, die Rolle ist der Schauspieler?
Dann dürfte man auch nicht mehr die „Nackte Kanone“-Filme in Holland zeigen. Da hat O.J. Simpson mitgespielt.
Oder heißt es: O.J. ja, Nazis nein? Beides schlimm, aber ist der Nazi schlimmer als O.J.?
Was ist mit Neo-Nazis? Geert Wilders. Gab es da nicht auch so ein Problem mit nem Film? – Die Niederländer sind nicht gerade sehr … offen … für die Ideen der freien Meinungsäußerung, hm?

Aber zurück zur Gleichung: Filmfigur = Schauspieler = Ignoranz.
Hm? Geht es dann eigentlich auch andersrum? Muss man Anthony Hopkins einsperren, weil er Hannibal Lecter gespielt hat? Das gibt dem Begriff „Method Acting“ eine ganz neue Dimension.
Und noch was: Ist Horst Tappert nicht tot?
Welche Filme von toten Nazis darf man dann auch noch nicht mehr zeigen? Zwischen 1933 und 1945 waren doch alle Nazis. Besonders die beim Film. Ich glaube „Jud Süß“ ist zwar nicht in Deutschland, aber in Holland zu erhalten. Hm …???

Unsere Großeltern-Generation erzählt: „Also ich war damals nur in der Waffen-SS weil … weil es ja gar nicht anders ging.“
Ihre Kinder und Enkel sagen dann: „Also ich wäre niemals in der Waffen-SS gewesen.“
Aber mal ehrlich: Damals in Deutschland in der Waffen-SS gewesen zu sein war wie heute bei Facebook zu sein.
Es führt kein Weg daran vorbei! Die Masse ist … wo die Masse ist. Eine SUUUPER-Erklärung!
Genau die gleichen Kinder und Enkel sagen nämlich auch: Ich bin nur bei Facebook, weil alle bei Facebook sind.
Bullshit. Die größten Facebook-Hasser sind bei Facebook, weil sie da sein wollen.
Und sie regen sich über Facebook auf Facebook auf, weil sie dort das größte Forum haben. Weil sie Teil von etwas sind. Sich alleine über etwas aufregen ist soooo langweilig. Und irgendwann kommt man auf den Trichter: Scheiße. Ich kann ganz andere Dinge mit meiner Zeit machen.
Aber nicht so die „aktiven“ Facebook-Hasser. Und wir sind alle aktive Facebook-Hasser … oder?
Wir sind alle wie übergewichtige Teenager, die noch mehr fressen, weil sie es nicht ertragen dick zu sein. Wir sind alle Heuchler.
Immerhin haben die übergewichtigen Teenager noch ne Erklärung für ihre Sucht: Zucker, Fett und … hab ich schon Zucker gesagt?
Und ich steh auf Zucker und Fett. Ich steh auf die Kommentare, auf die Antworten, auf die Nachrichten, auf den News-Feed im Facebook-Fenster.
Ich bin zu dick weil ich zu dick bin. Nicht weil da Zucker in der Lakritze drin ist. Ich könnte, wenn ich wollte, will ich aber nicht! Wir sind frei zu wollen, aber nicht gewillt frei zu sein.
„Oh. Mein Gott! Es war die Masse. Ich musste mitmachen. Hilfe! Hilfe! Ich hatte gar keine andere Wahl als Mitglied der NSDAP … äh … Facebook zu werden. Da waren doch alle anderen auch! Ich hatte keine Ahnung was da hinter den Kulissen ablief … der Daten-Holocaust!“ (Too soon?)

Ich kenne ein paar Menschen die nicht bei Facebook sind. Wahrscheinlich sind die einfach nur nicht so verdammt abhängig von der Meinung anderer! Nicht so schwach! Sie wollen nicht unbedingt Teil des Kollektivs sein. Diese Menschen können sich übrigens auch beherrschen, wenn vor ihnen eine offene Tüte Chips auf dem Tisch liegt. Ich nehm die Tüte in die Hand und leg sie erst wieder weg wenn sie leer ist. Aber wenigstens beschwer ich mich nicht, wenn mich die H&M-Verkäuferin mustert und fragt: „Wollen sie die Jeans nicht doch lieber in ner 34 nehmen?“

Horst Tappert ist einer wie alle. (Wow. Große Erkenntnis.) So sind auch Uli Hoeneß und Mario Götze. Und wer jetzt sagt: „Ich würde niemals zu den Bayern gehen oder Steuern hinterziehen …“
– Schon mal die Chance gehabt? Nein? Also: Shut The Fuck Up! Und zurück auf Facebook … Kommentare schreiben!

HARLEKIN POST (037) Shit. Ich mag den Scheiß.

Als ich in der Schule war – so ungefähr Mittelstufe – las die Parallelklasse im Deutschunterricht Sibylle Bergs Erstling „Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“.
Während in meiner Klasse Effi Briest durchgenommen wurde, las ein Viertel meines Jahrgangs ein Buch, erschienen 1997.
Da es aber einen regen Austausch im Jahrgang gab, und ich in den 5-Minuten- und der „Großen“-Pause Gespräche über dieses komische, nicht-klassische Buch mitbekam, lieh ich mir eine Ausgabe aus.
Das Buch war gut. Wirklich gut. Es ist gegenständlich geschrieben, was immer das auch genau heißen mag (aber es stimmt). Die Geschichte, bzw. das Kaleidoskop der Geschichten die im Buch angerissen werden, handeln von alltäglichen Dingen und doch vom Großen-Ganzen! Es geht um Einsamkeit. Ich mag dieses Thema. Einsamkeit bewahrt uns vor dem Wahnsinn des „Zuviel“. Alleine sein ist wichtig. Es regelt die Selbstwahrnehmung, lässt uns auf uns hören.
Einsamkeit ist anstrengend, bitter und kommt mit einem ewigen Kampf, die Einsamkeit wieder loszuwerden. Es ist ein guter Kampf.

Sibylle Berg schreibt mittlerweile für SPIEGEL ONLINE. Eine Kolumne. Natürlich. Weil „echte“ journalistische Arbeit zu anstrengend wäre. Weil der Kommentar, der kleine Bruder von allem ist – ich weiß wovon ich rede. Der Kommentar ist das Kompensat der Einsamkeit von einsamen Menschen. (Oh ja. Das will ich auf einem T-Shirt!)
Nun hat Sibylle Berg über Katja Riemann geschrieben. Über den Aussetzer von Riemann in einer Talkshow und darüber das die Medien ja etwas hassen müssen. Hassen für die Masse. Weil die Masse sich empören, aufregen und den Kopf schütteln will. Weil die Masse neidisch sein will. Neidisch ist.
Was für ein gequirlter Scheiß. Natürlich wollen wir uns aufregen, natürlich sind wir neidisch. Wir alle, auf alle.
Der erste Schritt eines Menschen, aus der Höhle heraus, war ein forschender Schritt: Was ist hinter dem nächsten Hügel? Warum geht die Sonne unter? Was sind das für Punkte am Nachthimmel? Und natürlich auch: Warum hat der da Feuer und ich nicht? Das will ich auch! Warum wohnt der in einem Zelt und ich nur in einer dreckigen Höhle? Das mach ich jetzt auch!
Wir sind neidische Wesen. Ich bin kein Pessimist, aber wir sind alle von Neid getrieben. Wahrscheinlich war es Neid, der Katja Riemann ein „Star“ werden lies. Und „Neid“ ist es, der sie ein Star sein lässt. (Was ist das überhaupt: Ein „Star“? Klingt so wie ein Schimpfwort. Keiner will ein „Star“ werden, oder? Und wenn ja, hat er es doch verdient dafür gehasst zu werden. Jedenfalls sollte ihm das klar sein. Es schwingt im Titel mit. So wie „Models“. Kann ich auch nicht leiden.)
Nur weil die „Masse“ neidisch ist, kriegt Katja Riemann die Gagen, die sie bekommt. Und jetzt ist das schlecht?
Darstellende Künste sind nun mal darstellend, sonst würde Riemann zuhause sitzen und für sich alleine spielen. Wenn ich schreibe und es nicht veröffentliche, nicht blogge oder Bücher schreibe und Verlage finde die es drucken, dann kann dass Kunst sein. Aber es ist keine darstellende Kunst. Für die Darstellung brauche ich das Publikum, egal wie groß es auch sein mag. Dies ist der Vertrag.
Der Fernsehmonteur montiert. Das ist sein Job. Dafür wird er bezahlt. Der Darsteller, stellt dar. Darstellen heißt: Er stellt sich dem Publikum (cleverer Wortwechsel, ha?). In all seiner Form.

Sibylle Berg hat auch Til Schweiger erwähnt. Die Medien hassen Schweiger, hat sie geschrieben. Alle hätten ihn abgeschrieben, würden ihn vorverurteilen. Lange bevor sein Tatort ausgestrahlt war, war das Urteil bereits gedruckt. Vernichtung. Hass.
Das stimmt. Zum Teil. In einem SPIEGEL ONLINE Interview, vor zwei Wochen veröffentlicht, kann man die Wut des Interviewers gegen Schweiger praktisch spüren. Immer wieder die gleichen, quasi-provokativen Fragen. Immer wieder nur Anspielungen, eigene Meinungen und kein Funken journalistischer Finesse. Wenn ich mit einem afrikanischen Warlord spreche, erwartet niemand dass man sich nur über das gute Wetter unterhält, aber Til Schweiger ist kein Warlord. (Gut das ich das nochmal festgehalten habe.) Christian Buß behandelt ihn aber wie einen. Mit Ablehnung von der ersten, ungelenken Frage an. So führt man kein Interview. Jedenfalls keins, welches jemand lesen will. Andererseits: Wer führt heute noch gute Interviews? (Kürzlich war in der, von mir so geliebten, 11 Freunde eine absolute Zeitverschwendung von einem Interview (mit Marko Arnautovic) zu lesen. Christoph Biermann hat sich da wirklich nicht mit Ruhm bekleckert. Keine einzige Information, nicht mal annähernd unterhaltsam waren die Fragen und Antworten. Den mutmaßlichen „Bad Boy“ reduzierte Biermann alleine auf ein schmales Image. Mit den vier Seiten Papier hätte man auch Besseres anstellen können! Erster Tadel! Setzen, drüber nachdenken, nicht noch einmal machen.)
Eigentlich gab es doch mal ne gute Interview-Kultur: Über eines der legendärsten Interviews (Frost/Nixon) wurde sogar ein Film gedreht. Ein guter Film.
Zurück zu Sibylle Berg.

Ja. Es gibt eine Vorverurteilung von Til Schweiger. Aber das macht dem doch nichts aus. Millionen Deutsche rennen in Kokowääh 2, oder kaufen die DVD von Männerherzen. Und das ist gut. Besser als die neue „Big Mamas Haus 6“-DVD zu kaufen, oder? (Auf jeden Fall ist es nicht schlimmer.)
Kommerzieller Erfolg ist Anerkennung. Wozu braucht Schweiger da noch die Anerkennung von den Kritikern und den Wenigen, für die diese Kritiker sprechen? (Und ich wette Schweiger denkt ähnlich.)
Wer sich für den Beruf des Schauspielers entscheidet, entscheidet sich für die Darstellung. Er weiß: Seine Gage kann nur dann gezahlt werden, wenn jemand zusieht wie man spielt und dafür bezahlt. (Soweit waren wir schon.) Und zum Spiel gehört auch das Interview. Wer sich im Interview daneben benimmt kriegt eben in den Medien auf die Fresse.
Und wenn ich meine „daneben benimmt“, meine ich nicht: Mal „Scheiße“ oder „Ficken“ sagen, rülpsen oder die falsche Krawatte tragen. So was verzeiht sogar die Meute, die wir heute so nett „Social Web“, „Social Media“ und ganz allgemein „Internet“ nennen. Ich meine wirklich über die gesamte Distanz verkacken. So richtig. Mit Ansage. So wie es Katja Riemann getan hat. Und dabei auch noch deutlich zeigen: Ich hab keinen Bock!
(Wenn mein Sohn so lustlos und bockig Basketball spielen würde, nachdem ich extra am Sonntagmorgen um halb Neun aufgestanden bin, ihn ins Auto gepackt habe, um bis nach Buxtehude zu fahren, nur um ihn dann vollkommen aggro und als quasi nicht-existenten Flügelspieler auf dem Basketballfeld zu sehen, dann sag ich auch zum Trainer: „Wechsel ihn aus!“ Und zu Floris-Maximilian-Henri Jr.: „Alter! Reiß Dich zusammen. Große Scheiße war das. Ein bisschen mehr Einsatz. Vorhin hat Dich ein Mädchen geblockt. Ein Mädchen! – Oder sieht dieser übergewichtige Junge nur aus wie ein Mädchen? Mit den langen Haaren und dem spitzen, aber Doppelkinn?!? Ich kann das nicht unterscheiden, nicht in dem Alter und nicht bei dem Bauchumfang. Auf jeden Fall hat er Dich geblockt. Verdammt. Geblockt. Zwei Mal! Springen, werfen. Ist das so schwer. Setz Dich auf die Bank. Reiß Dich zusammen. Im dritten Viertel will ich wenigstens ein bisschen Begeisterung sehen. Und wenn Dich das dicke Jungen-Mädchen-Whatever dann blockt. Ist das okay. Aber SO nicht!“)
Wie auch immer: Man kann mit den falschen Fragen eines Interviewers auch anders umgehen. Kürzlich gesehen bei der Post-Oscar-Pressekonferenz von Jennifer Lawrence. Komische Fragen, gute Antworten. Und witzig.
Und Katja Riemann ist doch witzig. Kann sie jedenfalls sein. Sie ist eine großartige Schauspielerin. Brilliert in Nebenrollen, genauso wie in Hauptrollen. Neulich erst in die „Relativitätstheorie der Liebe“ und „Türkisch für Anfänger“. Warum muss man sich da so wundern, wenn man ein Interview verhaut und dann dafür bluten muss. Dann eben kein Interview geben. Geht auch. Kein Bock, kurze SMS – Absage. Und die Sendung findet ohne sie statt. Niemand interessiert sich dafür.

Schauspieler und „Stars“ (buah!) begeben sich auf die Autobahn, die das öffentliche Interesse ist, und versuchen Fahrt aufzunehmen. Sie fahren entweder beständig auf der rechten Spur, versuchen geduldig voran zu kommen, ordnen sich ein. Oder sie überholen ab und an, beweisen Weitsicht. Einige rasen auch, dabei erregen sie natürlich Aufmerksamkeit, werden als rüpelhaft betitelt, aber da sind sie schon weitergefahren (siehe Vettel!). Außer sie bauen einen Crash. Aber kein Autofahrer, der mit 220-Sachen in die Kurve geht und dann aufm Acker landet, beschwert sich hinterher über die Autobahn!
Wenn ein Kritiker Til Schweiger ans Bein pissen will ist das ungefähr so, als würde ein Fiat Punto einen Panzer abdrängen wollen. Nicht die beste Idee des Puntos. Der Panzer rollt so oder so weiter. (Passendes Bild für den Schutzengel Schweiger!)

Apropos Schweiger: Ich hätte ein Interview mit ihm wahrscheinlich anders geführt. Hätte ein paar anerkennende Zahlen zu seinen Filmen herunter gebetet, seine Erfolge betont, bevor ich gefragt hätte: Warum lassen sie nicht alle Journalisten zu Premieren ihrer Kinofilme zu? Haben Sie Angst, oder einfach keinen Bock? Und warum muss ihre Tochter immer ihre Tochter spielen? Sehen sie als Vater überhaupt wie schlecht sie spielt? Und warum liegen sie in jedem Film mit ihr im Bett? (Die letzte Frage nur so als Provokation. Aber ist das noch jemandem aufgefallen? In jedem Schweiger-Film liegt er irgendwann neben seiner Tochter im Bett und philosophiert über irgendwas…)
Wenn das dann vorbei wäre, und mir Til Schweiger die Fresse poliert hätte, würde ich noch etwas zugegeben:
Wie sehr ich mich auch über fehlende Plot-Points, eine saubere Geschichte oder die ewigen Zeitlupen bei „Schutzengel“ aufrege; Wie sehr ich auch seine Tochter untalentiert und schrecklich in ihren Rollen finde; Und wie sehr ich sein diktatorisches Gehabe hasse – hasse wie die Masse, oder jedenfalls die Medien – so sehr unterhalten mich seine Filme doch. Filme mit ihm und von ihm. Seine jüngeren Filme sind toll abfotografiert und immer wieder lustig und gut besetzt. (Und ich kann es irgendwie anerkennen, dass er auch stets seine Freunde besetzt … abgesehen von seiner Tochter. Gab es da wirklich kein Mädchen das besser war? Familie und Freunde besetzten, gut und schön, aber: Spielen sollten sie schon können.)
Zu meinen deutschen Lieblingsfilmen wird immer „Knockin’ on Heavens Door“ gehören. Danke dafür Til Schwieger. Schutzengel 2 guck ich mir wahrscheinlich nicht an, aber so sicher wie ich den nächsten Fast & Furious gucke, mit „Mass Effect 3“ die Nächte verbringe (sobald ich meinen PC aufgerüstet habe, damit dieser Grafikspeicher-Fresser läuft) oder mich an Sibylle Bergs Kolumne auf- und abrege, so sicher guck ich auch den nächsten Tatort mit Til Schweiger. Und bin neidisch: So nen Film will ich auch mal machen. Schöne Bilder und Explosionen. Mit mehr Geschichte drin und so, natürlich. Aber … ich will auch.
Shit. Ich mag den Scheiß.

HARLEKIN POST (036) Sonntagabend in Deutschland

Ex-Bahnchef Mehdorn wird Chef des BER – Flughafen Berlin Brandenburg.
„Ha, ha. Ja, genau. Ich lach mich tot.“
„Nein, wirklich. Es stimmt.“
„Verarsch mich nicht. Das ist so, als würde man R. Kelly zum Leiter eines Kinderheims machen.“
„Ja.“
„Als würde man Anette Schavan das Bildungsministerium anvertrauen.“
„Ja. Ist passiert. Sie ist zurückgetreten worden. Nicht mehr aktuell.“
„Als würde man ein Kilo Koks und vier Nutten ins Hotelzimmer von Charlie Sheen schicken.“
„Ist gut jetzt.“
„Du verstehst? Weil … Onkel Charlie würde damit bestimmt nicht verantwortungsvoll umgehen.“
„Ja. Ich verstehe.“
„Als würde man Tarantino Kinderfilme drehen lassen.“
„Es reicht!“

Hugo Chavez war ein komplexer Politiker und Mensch. Das liest man dieser Tage häufig.
Er hat George W. Bush „ignorant“ (Hurricane Katrina!), einen „Esel“ („Mission Accomplished“), „unmoralisch“ (Waterboarding), „feige“ (Patriot Act), einen „Lügner“ (Beweise für WMD im Irak getürkt), „Völkermörder“ (Afghanistan et al), einen „Trunkenbold“ (Drogensucht im College) und „lächerlich“ (siehe Oben) genannt. Alles wahr.
Gleichzeitig nannte er Gaddafi einen „der größten Staatsmänner des Jahrhunderts“ (Hä???).
Chavez umarmte Adolf Hitler, der Charlie Chaplin spielte und beschimpfte Charlton Heston, der Moses spielte. Keine Ahnung was schlimmer ist.

Öfter mal ne Auszeit nehmen. Das Handy ausschalten. Zeit für sich haben. Mal um die eigenen Probleme kümmern. Nicht immer erreichbar sein. Die eigene Mitte finden.
Nordkorea hat die Kommunikation in den Süden gekappt, nachdem Dennis Rodman zu Besuch war.
Gut für Kim Jong Un. Nach Small-Talk mit einem abgehalfterten Sportler, nicht gerade ungewöhnlich. Vielleicht liest er mal ein Buch. Zum Beispiel „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green. Oder er guckt mal wieder einen Film, ungestört. Wie wäre es mit „Seeking a Friend for the End of the World“?
Ach ja, und: Kim? … Lass Dich nicht aus der Ruhe bringen, von UNO-Sanktionen. Das Buch und den Film kann man per AMAZON bestellen, die liefern mit Prime schnell und überall hin. Wenn Du dann fertig mit Lesen und Gucken bist, frag Dich mal ganz ehrlich: Statt Atombomben, wie wäre es mit einer lustigen eCard für Obama? Zum Beispiel mit ner Baby-Katze drauf, die in einem Mao-Anzug steckt und eine Pfote in die Luft hält. In einer Sprechblase steht: „It’s time for a permanent Cat-Volution!“ … Ooooh … wie süß.
Du weißt: Wenn Obama schmunzelt, ist alles vergeben.

Sonntagabend. Öffentlich Rechtlich. 20:15. Endlich. Wie Millionen warte ich auf den Start. Los geht’s.
Der Fall beginnt spannend. Knarren. Schüsse. Spannung. Man fühlt mit den Opfern.
Dann der Held und sein Widersacher: Großartig besetzt. Dieser Ausdruck.
Echte Veteranen des Schauspiels. Körperlicher Einsatz. Harte Schläge. Dann die ersten Opfer und Verletzte. Der Partner des Helden sorgt für Lockerheit. Witz.
Die Frauenrollen definieren die Handlung.
Die Hauptdarstellerin ist perfekt besetzt. Passt zum Helden. Ist wunderschön und eine wirklich großartig Schauspielerin.
Die Handlung springt von Wendepunkt zu Wendepunkt. Auf und ab.
Krasse Verfolgungsjagden und wunderschöne Aufnahmen der Stadt.
Die Kamera tanzt um die Charaktere.
Nahkampfaction. Feuer. Explosionen.
Der Höhepunkt rast näher. Die Filmzeit verfliegt. 127 Minuten.
Und ich merke: Ich hab „Das Urteil“ auf Arte geguckt, nicht den Tatort mit Til Schweiger. So kann jeder Sonntagabend enden. Einer der besten Filme aller Zeiten… „Das Urteil“, nicht der Tatort. Außerdem: In den letzten Wochen wurde genug über Schweiger geschrieben. Ich gehe glücklich ins Bett.

HARLEKIN POST (035) And the Oscar goes to … Captain Kirk!

Die Oscars 2013 sind vergeben, und ich hab nicht eine Wette, sondern gleich zwei gewonnen. Können wir jetzt nicht alle zufrieden sein?
Okay: Am Anfang war Seth MacFarlane unbeholfen, später aber echt witzig. (Nicht so witzig wie er sein kann, aber die Schuhe von Billy Crystal und Jon Stewart hat er ganz gut gefüllt.) Es wurde gesungen und getanzt, und der beste Schauspieler aller Zeiten hat erneut seinen Preis bekommen. So sollte es sein. Oder nicht?

Nein. Wenn es z.B. nach Spiegel-Online geht.
In der Oscar-Nacht hatte der hochmoderne Nachrichtendienst (hüstel) einen Twitter-Ticker und sonst noch so einiges eingerichtet, was man – wenn es ein Dutzend Live-Streams im Internet gibt – auf keinen Fall braucht. Hier wurde sich, in bester Boulevard-Manier, zum Beispiel über die zerzausten Haare von Robert DeNiro lustig gemacht. (Wow. Die journalistische Qualität einer Horde zwölfjähriger Mädchen. Was kommt als Nächstes: Ein Foto-Blog darüber, dass John Goodman so dick ist?)
Und dann, am nächsten Morgen, folgten die Nachbesprechungen und Kommentare und Bewertungen: Es gab zu viele Busenwitze von MacFarlane, zu wenig Zeit für die Dankesreden und sowieso waren alle Entscheidungen der Academy falsch und feige und doof! (Buah … echt jetzt: Könnt ihr das Meckern nicht den unbezahlten Bloggern überlassen?)

Erstmal: Jeder hat eine Meinung zu den Oscars. Das ist normal. Meine Oma, die keinen der Filme gesehen hat, hat eine Meinung. Aber dafür braucht man doch nicht einen Seite-Eins-Platz, auf der frequentiertesten Nachrichtenseite Deutschlands, verschwenden. „Triumph der Feigheit“, wirklich? Geht’s vielleicht ein bisschen kleiner? Wie wäre es mit: „We Love you, we hate you!“ Das spiegelt wenigstens die manisch-depressive Qualität wider, die die pseudo-liberalen, deutschen Leitmedien mittlerweile zu amerikanischer Kultur einnehmen. Wie ein Heroinabhängiger, der von seinen Eltern zur Ausnüchterung ins Kinderzimmer gesperrt wird. „Bitte. Ich will hier raus. Ich liebe euch, ich bin brav. – Ich hasse euch! Fuck you! Arrrrh!“
Da loben Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Rundschau und Spiegel „Zero Dark Thirty“ – ein Film der einen Diskurs anstößt (Und Argo sorgt gerade nicht für international Verwicklungen, oder was???) – und werden dann sauer, weil aber „ZDT“ nicht ausgezeichnet wurde. Er ist doch nominiert. Herrgott!
Gefühlte zweitausend Mal wurden Bilder aus „Zero Dark Thirty“ an diesem Abend gezeigt. Reicht das nicht an Werbung? Wer den Film nach dieser Nacht nicht sehen will: Selbst schuld. Und wer ihn gesehen hat. Der hat ihn gesehen. Mehr kann ein Film nicht verlangen: Gesehen werden.

Meiner bescheidenen Meinung nach, waren die Oscars dieses Jahr besonders großartig, weil am Anfang William Shatner auftrat. Und zwar als Captain Kirk.
Shatner hat noch nie einen Oscar gewonnen, war noch nicht mal nominiert. (Zu Unrecht, übrigens!) Trotzdem hat Seth MacFarlane mit seiner Zeitreise-Video-Telefon-Anruf-Nummer bewiesen, dass Star Trek vollkommen im Mainstream angekommen ist. Schon immer war! Jeder hat verstanden worauf er hinaus wollte. Jeder kennt Star Trek. Wirklich jeder kennt Captain Kirk.
Und genau darum geht es: Mainstream.
Die Oscar-Verleihung ist eben nicht das Filmfest in Venedig (mit europäischer Arthaus-Kleinkrämerei), auch nicht Cannes (mit deutlichem Fokus auf möglichst anstößige Filme) oder gar die Berlinale. (Wo dieses Jahr wirklich niemand wusste, was die Berlinale eigentlich war. Was für ein konfuses Programm. Blödelei neben jüdischem Realismus, neben zerreißender, belgischer Tragik und dann noch der Iran … Whaaaat? „Okay, ja. Wir verstehen es: Ihr wollt politisch relevant sein, aber gehört dazu nicht ein gewisser, roter Faden? Also ein durchdachtes Programm?“)
Die Oscars sind eine Show. Eine Show über Filme. Nominiert zu sein, bedeutet: Angekommen zu sein. Gewinnen ist zweitrangig. Deswegen stehen immer wieder in Trailern, über Schauspieler-Namen, auch „Oscar Nominee“. Weil das dann heißt: An diesem Schauspieler kam niemand vorbei. Er ist Mainstream!
Und das ist gut so. Dieses Jahr wurde klar gemacht: Politische Filme („Zero Dark Thirty“ und „Argo“) sind Mainstream. Zuschauer wollen politische Filme sehen. Daneben gab es aber auch eine deutschsprachige Produktion („Liebe“) und einen Indie-Film („Beasts of the Southern Wild“). Großartig. Und die Werbebilder für diese Filme laufen und laufen und laufen den ganzen Abend!

Vierzehn Mal war ein Star Trek-Film schon für einen Oscar nominiert. Vierzehn Mal!
Kein einziger Schauspieler, kein Drehbuchautor und auch kein Regisseur, war unter den Nominierten. Einmal war Jerry Goldsmith für die Musik nominiert (1979, „Star Trek: The Motion Picture“), und einmal ein Kameramann (Don Petermann, 1986 für „Star Trek IV“). Beide gewannen nicht.
2009 gewann Star Trek seinen ersten Oscar. Für die beste Maske. Nominiert war der Film außerdem in den Kategorien „Sound“, „Sound-Schnitt“ und „Visuelle Effekte“, wie die anderen Star Trek-Filme vor ihm.
Bei der gesamtkulturellen Relevanz von Star Trek, müssten die Trekkies … oder Trekker (keine Ahnung wie wir uns offiziell jetzt nennen), doch eigentlich die Wände hochgehen. Wo bleibt der Mut, Chris Pine – in seiner Rolle als junger Captain Kirk – mal einen Oscar zu geben. Hm? Im letzten „Star Trek“, eigentlich der Vorgeschichte zu allen Star Trek-Filmen, ging es um die Unfähigkeit die eigenen Leistungsgrenzen einzugestehen, um mit dieser Einstellung zu wachsen. Kobayashi-Maru.
Während in „Zero Dark Thirty“ die Frage gestellt wird, ob Folter vielleicht notwendig ist, setzt „Star Trek“ dagegen ein klares Nein.
Wir sind begrenzt durch unsere Menschlichkeit, vielleicht durch menschliche Körperlichkeit und Angst. Aber wir werden nicht begrenzt durch unsere Ansprüche an uns. Wir überschätzen uns, und das ist gut so. Sich mehr zuzutrauen, als man in der Lage ist zu leisten: Nur so verschiebt man die Grenzen, auch wenn man an ihnen zerschellt. In „Zero Dark Thirty“ zerschellt die CIA-Agentin an ihrer Regungslosigkeit.
„Zero Dark Thirty“ soll realistisch sein. Realistische, bohrende Fragen stellen.
Stéphane Hessel ist gestorben. Er wurde 95. Ich glaube er hätte, auf die Frage ob man Folter zulassen darf, geantwortet: Empöre Dich! Und verhindere es auf jeden Fall! Sei mehr als man Dir zutraut und als Du selbst für möglich hältst.

Ich bin nicht sauer, wenn der neue „Star Trek – Into Darkness“ nächstes Jahr keinen Oscar gewinnt. Aber eine Nominierung für „Sound“, „Sound-Schnitt“ oder die besten „Visuellen Effekte“ quittiere ich mit einem anerkennenden Nicken.

HARLEKIN POST (033) Episode VII

Star Trek und Star Wars. Das waren die zeitaufwendigsten Themen, die zeitintensivsten Beschäftigungen meiner Jugend.
Daneben gab es zwar Schule und Basketball (allerdings längst nicht so zeitintensiv, wie es sich meine Eltern gewünscht hätten), und Mädchen und … Mädchen (längst nicht so zeitintensiv, wie ich es mir gewünscht hätte). Das mein Zeitaufwand für Star Trek und Star Wars etwas mit der chronischen Abwesenheit, gerade von Mädchen zu tun hatten, wurde mir erst viel zu spät bewusst.
Doch da war es längst zu spät. Zwar kann ich es heute einigermaßen verbergen, aber ich rede immer noch am allerliebsten über die beiden Star-Film-Reihen. Und tatsächlich über beide: Star Trek und Star Wars. Es gibt Leute … Fans … die meinen, man müsse sich entscheiden: Aber ich höre auch Rolling Stones und die Beatles. Blur und Oasis. Travis und Coldplay. Kein Problem.

Neulich hab ich mich gefragt: Wie kommt Darth Vader in „Empire“ eigentlich darauf, nachdem er Luke die Hand abgeschlagen hat, ihm zu sagen: Ich bin dein Vater!
Das ist so, als würde mich mein Vater ne Treppe runter schubsen und mir danach sagen: „Übrigens, Du bist adoptiert.“
Was Vader getan hat echt wirklich gemein. Richtig fies. Und Luke vorher auch noch zu fragen: „Wollen wir nicht gemeinsam die Galaxis regieren?“
„Ja natürlich. Jetzt wo ich keinen Arm mehr habe und ach … mein gesamtes Leben eine Lüge war. Sicher. Los geht’s. Let’s kill some Ewoks!“
Wenn man es so sieht: Vader ist zurecht der Bösewicht. Palpatine war niemals so ein Arsch. Der hat Anakin nicht den Arm abgeschlagen, damit der Samuel L. Jackson aus dem Fenster stößt! Und sind wir mal ehrlich: Eigentlich dürfte Vader am Ende gar nicht in diesen durchsichtigen-Geist-Jedi-Himmel kommen …
(So. Mittlerweile sollten alle Nicht-Fans … also Mädchen … aufgehört haben zu lesen. Da wir nun unter uns sind: Es wird noch nerdiger!)

Nun hat Disney Lucasfilm gekauft. Und nicht mal eine Woche hat es gedauert, da hieß es dann: Episode 7 wird gedreht. Und vielleicht noch mehr Filme. (Hoffentlich machen die bei Disney das nicht wie mit ihrer Aladdin-Reihe … da gab es am Ende zehntausend Abklatsch-Serien und zwei Dutzend „Direct-to-DVD“-Filme.)
Es sollen Spin-Off-Filme zu Boba-Fett, Han-Solo oder Yoda entstehen. Bei Star-Trek wäre das so, als würde man sagen: „Wir drehen einen Kinofilm namens ‚Chekovs Traumreise‘.“ Vielen Dank.
(Bei aller Fairness. So etwas gab es. Jedenfalls fast: Moontrap! Und Bruce Campbell spielt auch mit. Und noch was: Wäre Campbell nicht eigentlich der perfekte Kirk-Verschnitt in Galaxy Quest gewesen? Statt Tim Allen? Alter Schwede wäre das dann ein geiler Film geworden! Was Spaceballs für Star Wars war, hätte Galaxy Quest für Star Trek sein können. Aber ich phantasiere.)
Nun wurde vergangene Woche der Feuchte-Traum aller Lost-&-Star Wars-Fans wahr: J.J. fucking „Fringe“ Abrams … J.J. fucking „Alias“ Abrams … J.J. not so fucking great „Super 8“ Abrams … J.J. „Cloverfield“ Abrams … man könnte ewig so weitermachen. Auf jeden Fall, der Typ der uns kein Ende für „Lost“, kein richtiges Ende und furchtbar verwirrende Zeitsprünge für „Fringe“, und der Typ der uns einen der besten Star Trek – Filme gegeben hat … J.J. Abrams wird bei Episode 7 Regie führen. Tada! Wenn das nicht bei einigen Fans zu nasser Hose führt …
Immerhin gilt Abrams als der Superheld in allen Nerd-Träumen. Und ich muss zugeben: Mission Impossible 3 war großartig. Sein „Star Trek“ war toll … keine Ahnung was Eric Bana in diesem Film als Romulaner gemacht hat, aber der Film sah geil aus. Lense-Flare-Effekte noch und nöcher, Action und Karl Urban als Pille. Hammer! (Und war das Tyler Perry als Admiral? Madea himself? Hat der für seinen Alex Cross geübt?)

Doch irgendwie will sich bei mir nicht recht die Begeisterung einstellen, die ich seit der Verpflichtung von J.J. Abrams empfinden müsste.
Liegt es vielleicht daran, dass ich gar keinen neuen Star Wars – Film sehen will?
Kann das sein? Wie war das damals? In der ersten Mitternachtspremiere meines Lebens.
Episode I. Und es wurde geklatscht, schon als das Lucasfilm-Logo aufblendete.
Und dann: Ein furchtbarer Film. Furchtbar. Soviel war mir nach dem ersten Mal, und ist mir auch nach dem zwanzigsten Mal klar.
Ja. Ich habe Episode I – auch in der normalen, mit JarJar-Bings-Fassung – mehr als zwanzig Mal gesehen. Einfach weil er dazu gehört. Und weil George Lucas ihn gemacht hat. George Lucas. Er hat mit Star Wars eine Familiengeschichte erfunden. Vielleicht ist das sogar der springende Punkt.
Das ist die Unterscheidung von Star Wars und Star Trek: Star Wars war immer auf die Charaktere bezogen. Immer auf die Familie Skywalker. Deswegen heißt Lucas Anwesen auch „Skywalker Ranch“ und nicht „Star Wars Ranch“. Weil es um Luke und Leia und ihrem Drecksack von Vater, Darth Vader geht.
Bei Star Trek ging es immer um die ganze Crew. Ja. Da ging es auch um Kirk und Spock. Aber die waren Arbeitskollegen. Im Grunde während der gesamten Serie. Erst später – so ab Star Trek II – dann auch Freunde. Eben der normale Gang. Es war wie im Büro. Wenn Du nur oft genug, nach einer Weihnachtsfeier, neben nem Kollegen in der gemeinsamen Kotzelache aufgewacht bist, dann wird man Freunde.
Star Wars war immer eine Familiengeschichte. Eine zerrüttete zwar, mit dem disfunktionalen Vater/Schrägstrich/Peiniger Darth „Anakin klingt zu niedlich, deswegen heiß ich nur ohne Maske so“ Vader.

Diese Familiensaga – deswegen auch Star Wars-Saga – war mythischer und tiefenpsychologischer. Die Figuren in Star Trek sind immer am Weltraum, an einer „realistischen“ (hihi. Genau. In der Zukunft gibt es kein Geld!!!) Zukunftsvision interessiert. Eine Utopie. Und keine Dystopie eines Vaters, der seinen Sohn verstümmelt und dann seiner Tochter habhaft werden will, nur um sie einem alten Greis im schwarzen Mantel mit weißer Papier-Haut anzuvertrauen, um alle auf die „dunkle Seite“ (was nur anal sein kann!) zu ziehen. Happy-End? Wieviel Probleme hat sich Han wohl mit Leia ins Haus geholt? Und dann die pseudo-sexuelle Beziehung von Luke und Leia. Geschwisterliebe á la „Verbotene Liebe“! Na, kein Wunder. Bei dem Vater.
Wie dem auch sei. Genau wegen dieser Unterscheidung (Arbeiter-Freundschaftsromantik versus Space-Opera) kann ich auch ganz klar sagen: Ich mag beides. Star Wars und Star Trek. Klar hab ich mehr Stunden mit Star Trek verbracht – gab ja auch mehr zu sehen, der Weltraum ist groß – aber nichts knallt so in den Ohren, wie der „Imperial March“ von John Williams. Was das Visuelle angeht, war Star Wars schließlich immer einen Schritt voraus. (Aber immerhin hat Kirk Spock nie lasziv gefragt: „Na? So jung, und schon bei der Sternenflotte?“)

Was ich sagen wollte (bevor ich Schaum vor dem Mund hatte): J.J. Abrams dreht also Star Wars Episode 7. Und alle drehen durch. Ja, der kann das. Der ist gut. – Okay. Stimmt. Er kann Geschichten erzählen. Schnell und eifrig und meistens mit zu vielen Geheimnissen und Sub-Plots … egal.
Muss ich aber Star Wars von ihm sehen? Muss das sein? Die Geschichte von Darth, Luke und Leia, die gesamte Skywalker-Familiensaga ist doch beendet. Außer Leia dreht durch und verprügelt ihre Kinder, weil ihr klar wird das ihr Vater ihre Mutter umbrachte und dann auch daneben stand, als ihre Zieheltern umgebracht wurden … kann doch nichts mehr passieren. Oder?
Star Trek wird dagegen nie auserzählt sein: Deswegen freu ich mich jetzt auch schon auf „Into the Darkness“. J.J. Abrams hat die visuelle Kraft – die Star Trek unter Jonathan Frakes irgendwie verloren hatte (kein Wunder – der hat ansonsten nur „Clockstoppers“ gemacht. Clockstoppers!!!) – zurückgewonnen. So wie damals bei Star Trek – Der Film. Angelehnt an „2001“. Es war eine bildgewaltige, philosophische Welt. Und J.J. Abrams hat vielleicht etwas von der Philosphie genommen, aber er hat beeindruckende Bilder zurück gebracht.
Danke. Ernsthaft. Und Benedict Cumber-Sherlock als Khan (!?!) im neuen Trailer … großartig.
Aber Star Wars? Mit Lense-Flare? Star Wars sah doch schon immer gut aus. (Mal abgesehen von Yoda in der Kinofassung von Episode I. Ich hab den Schnitt nicht mehr bekommen, mittlerweile haben sie ja einen CGI-Yoda in die DVD-Fassung eingesetzt, aber da war ganz sicher eine echt hässliche Puppe drin! Richtig hässlich! Wie ein Gremlin.)

Warum nicht etwas anderes ausprobieren? Einen anderen Regisseur, jemanden der nicht schon zwei Franchises (Star Trek (Three-Picture-Deal) & Mission Impossible (eine Fortsetzung muss noch her!)) im Sack hat. Der vielleicht was probiert.
Gene Roddenberry hat damals mit Star Trek eine mutige Zukunftsvision entworfen. Und ist erst mal gescheitert. Re-Runs auf kleinen, lokalen Fernsehsendern hauchten einer toten Serie neues Leben ein. Und haben das mit zu verantworten, was im Mai wieder mal ins Kino kommt.
George Lucas hat damals mit „A New Hope“ mutig eine Space-Opera inszeniert, die niemand wirklich haben wollte. Die ersten Kameramänner haben ihm abgesagt, Schauspieler wollten lieber nicht mitmachen (Warum sollte man sich sonst für Mark Hamill entscheiden?), die ersten Kritiken waren vernichtend. Und jetzt?
Bei Episode I, II & III war die Fanbase da und hat einen finanziellen Absturz, trotz schlechter Filme, verhindert. Aber jeder gibt zu: So wirklich super-duper-geil war die neue Trilogie nicht.

Der Letzte, der wirklich Mut bewiesen hat, war Andrew Stanton. (Ja. Ich meine den Typen der Nemo und Wall-E gemacht hat.) Und ist damit kolossal gescheitert. Und ich meine wirklich kolossal. Der 250-Millionen-Sciencen-Fiction-Gigant „John Carter“ war ein Millionengrab, welches den Studiochef von Disney zum Rücktritt zwang. Warum auch immer. (Wenn Du jemanden nach Zahlen einstellst, solltest Du dann nicht ein anderes Unternehmen, als ein Filmstudio leiten? Lässt sich nicht in fast jeder Branche mehr und gezielter Geld verdienen, als mit Filmen?)
Andrew Stanton kreierte, basierend auf dem über 100 Jahren alten Buch von Edgar Rice Burroughs – der, wie Jules Verne und H.G. Wells eine Zukunft der Weltraumfahrt mit Dampfmaschinen beschrieb – eine nicht alltägliche Science-Fiction-Welt. Keine fliegenden Autos (die alle wie der Prius aussehen) und keine hypermodernen Tablet-Computer (die dann doch nur das iPad-3 nachstellen). Okay, „John Carter“ war vielleicht zu lang. Aber mutig. Eine phantastische Welt, großartig in Szene gesetzt. Aber leider viel zu verspielt für ein Publikum, dass Expendables 2 zum erfolgreichsten Stallone-Film seit … eigentlich den besten Stallone-Filme aller Zeiten macht!
Und alle hacken auf „John Carter“ herum, und wenn sie nicht auf dem Film, dann hacken sie auf seinen Einspielergebnissen herum … oder eben gerade Nicht-Einspielergebnissen.

Aber jetzt freuen sich alle auf J.J. fucking „Episode 7“ Abrams. Als könnte er mit dem beliebtesten Franchise der Welt einen Fehler machen. Warum häuft er wohl Franchises? Weil er weiß: Die Fans sind schon da. Niemand kannte „John Carter“, und wenn den Namen mal jemand kannte … aus dem Buch „Princess of Mars“, dann war dieser jemand schon seit Jahren tot. Also schlecht über eine Facebook-Fan-Kampagne zu erreichen.
Mal aufgefallen: Es gibt keine Franchises mehr, die aus Filmen geboren werden. Twilight … war ein Buch. Harry Potter auch. Der Hobbit. Avengers, Iron Man, Thor, Hulk … Batman (!) … alles Comics. Lediglich The Fast and the Furious … okay. Die berühmte Ausnahme. Oder The Expandables. Aber wirklich große Science-Fiction oder Fantasy … nur nach Buchvorlage oder mit einer soliden Comic-Fan-Basis.
Warum legt man Star Wars nicht mal in die Hände eines unbekannteren Regisseurs, eines unbekannteren Autoren. George Lucas war vor Star Wars unbekannt. Jetzt könnte ein junger Regisseur dem Ganzen neuen Wind geben. Was ist zum Beispiel mit Shane Carruth? Der Typ der „Primer“ gemacht hat? Hm? Oder Andre Ovredal. Der Regisseur von „Trollhunter“? Glaubt niemand das solche Typen Star Wars noch eine Dimension hinzufügen könnten? Vielleicht sogar etwas entdecken, etwas erzählen was wir so noch nie erzählt bekamen?
Was ist mit Gareth Edwards? Seit Jahren sitzt der an der Vor-Produktion zum neuen Godzilla-Film. Vielleicht sind Monster nicht sein Ding. Der kriegt bestimmt auch Lichtschwerter ordentlich in ne Szene integriert.

Was ich damit sagen will: Ich möchte ins Kino gehen und von Science-Fiction nicht nur unterhalten, ich will begeistert und mitgerissen werden! Und das nicht wie bei „Lost“, mit nicht-aufhören wollenden Cliffhangern, sondern wie bei „2001“ … durch meine pure Vorstellung, genährt von tollen Bildern und großen Fragen.

Als ich jung war, investierte ich – zum Leidwesen meiner Eltern – nicht sehr viel Zeit in Schule oder Basketball. So wurde ich auch nie wirklich gut darin Dingen. Mit Mädchen war es ähnlich. (Ich könnte auch eine Reihe von Zeuginnen anführen, die dies gerne bestätigen.)
Doch die eine Sache, die ich ganz ohne falschen Stolz als mein Steckenpferd bezeichnen kann, ist eine Faszination für Science-Fiction. Ob es um Figuren, Familiengeschichten, Freundschaften oder den Weltraum und die großen Fragen dahinter geht.
Bei Mädchen, Schule und Basketball ist es vielleicht zu spät, aber Science-Fiction werde ich nicht einfach so aufgeben. Hier ist Arbeit zu verrichten. Gute Filme unterstützen, mutige Filme machen. Und wenn man nicht weiß wo man anfangen soll, dann eben ganze einfach damit, sechs Mal die Bluray von „John Carter“ zu kaufen. Ich krieg den Film schon noch ins Plus. Und wenn Disney das merkt, dann trauen sie sich vielleicht auch wieder was.